Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang beim Erwerb verleaster Anlagen

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 25.04.1990; Aktenzeichen 15 Sa 1439/89)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 19.10.1989; Aktenzeichen 9 Ca 5963/88)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 25. April 1990 – 15 Sa 1439/89 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen vom Kläger angenommenen Betriebsübergang und daraus resultierende Zahlungsforderungen des Klägers gegen die Beklagte zu 2).

Die ICS … GmbH (im folgenden Gemeinschuldnerin genannt) stellte den Kläger aufgrund eines unter dem 9./13. Juli 1987 geschlossenen Arbeitsvertrages als Verkaufsleiter ein. Als Vergütung sollte er neben dem monatlichen Bruttogehalt von 12.000,– DM eine Provision in Höhe von 10 % des Nettoerlöses aus der jeweiligen endgültigen Projektabrechnung für die von ihm vermittelten Geschäfte erhalten. Hierauf sollten in den ersten sechs Monaten anrechenbare Abschlagszahlungen von monatlich 6.500,– DM gezahlt werden, was bis einschließlich August 1988 auch geschah. Dem Kläger wurde außerdem ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt, das er auch privat nutzen durfte. Die Kündigungsfrist betrug 6 Monate zum Halbjahresende.

Die Gemeinschuldnerin verleaste an einen größeren Abnehmerkreis in der Bundesrepublik Deutschland EDV-Anlagen des Herstellers IBM. Diese Anlagen standen entweder im Sicherungseigentum der IBM oder der Refinanzierungen Banken. Die von den Leasingnehmern zu zahlenden Mieten waren von der Gemeinschuldnerin an die refinanzierenden Banken abgetreten worden. In deren Auftrag zog die Gemeinschuldnerin sie in eigenem Namen und für Rechnung der Banken ein. Zusätzlich waren Forderungskäufe und Sicherungsübereignungsverträge, bezogen auf die einzelnen Mietgeschäfte und Mietobjekte, abgeschlossen worden. Ab 2. September 1988 war die S.-Bank alleiniger Finanzier der Gemeinschuldnerin. Als bei der Gemeinschuldnerin wirtschaftliche Schwierigkeiten auftraten, erteilte diese am 20. September 1988 der S.-Bank die Vollmacht zur Verwertung der Sicherheiten.

Die Beklagte zu 2) erwarb die Leasingobjekte daraufhin per 22. September 1988. Mit Schreiben vom 27. September 1988 teilte sie den Leasingnehmern mit, sie sei über den Erwerb der Mietobjekte in die mit der Gemeinschuldnerin geschlossenen Mietverträge als neue Vermieterin eingetreten und forderte Zahlung der Miete auf das Konto der S.-Bank. Die S.-Bank versandte unter dem gleichen Datum ähnlich lautende Schreiben an die Leasingnehmer. Der größte Teil der Leasingnehmer erteilte zunächst nicht das erbetene Einverständnis zum Eintritt der Beklagten zu 2) in das mit der Gemeinschuldnerin begründete Mietverhältnis.

Zwischen den Parteien ist im wesentlichen unstreitig, daß das wirtschaftliche Interesse am Erwerb der Mietobjekte darin besteht, eventuell die bereits vorhandenen Kunden übernehmen und mit ihnen bereits geschlossene Verträge verlängern oder die vorhandenen Anlagen gegen neue austauschen und die alten verwerten und Ergänzungsverträge betreffend die Datenverarbeitung abschließen zu können.

Am 11. November 1988 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt M., der Beklagte zu 1) im ersten Rechtszug, zum Konkursverwalter bestellt. Dieser kündigte mit Schreiben vom gleichen Tage das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Dezember 1988 unter Berufung auf § 22 Abs. 1 Satz 2 KO. Gleichzeitig verwies er den Kläger auf einen möglichen Übergang des Betriebes auf die Beklagte zu 2) und deren Eintritt in die im Zeitpunkt der Betriebsübernahme bestehenden Beschäftigungsverhältnisse gem. § 613 a BGB. Es steht rechtskräftig fest, daß die Kündigung des Beklagten zu 1) unwirksam ist.

Der Kläger hatte sich vor der Kündigung des Konkursverwalters bereits im Oktober 1988 an die Beklagte zu 2) gewandt und die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei auf sie übergegangen. Mit Schreiben vom 15. November 1988 stellte diese einen Betriebsübergang in Abrede und kündigte vorsorglich ein etwa bestehendes Arbeitsverhältnis zu ihr zum nächstzulässigen Termin. Der Kläger seinerseits kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 1989.

Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung der Beklagten zu 2) und macht Zahlungsansprüche geltend, auf die er erhaltenes Konkursausfallgeld und Arbeitslosengeld in Anrechnung bringt.

Der Kläger hat vorgetragen, der frühere Betrieb der Gemeinschuldnerin sei gem. § 613 a BGB auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Das wesentliche Betriebsvermögen der Gemeinschuldnerin sei der Bestand an Leasingverträgen gewesen. Diese Verträge seien von der Beklagten zu 2) übernommen worden. Dies lasse sich schon daraus entnehmen, daß die Beklagte zu 2) die monatlichen Rechnungen für die verleasten Geräte schreibe und das Geld in Empfang nehme. Sie führe auch die Mehrwertsteuer für die erhaltenen Rechnungsbeträge ab. Auch die Maschinenwartung werde von der Beklagten zu 2) durchgeführt, soweit dies nicht durch die Leasingnehmer selbst geschehe. Die Kündigung der Beklagten zu 2) sei gem. § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam und nach § 1 KSchG sozial nicht gerechtfertigt.

Als Vergütungsansprüche stünden ihm für die Monate September bis Dezember 1988 das vereinbarte Bruttogehalt von monatlich 12.000,00 DM, außerdem für die Monate August bis Dezember 1988 der vereinbarte Provisionsvorschuß von monatlich 6.500,00 DM brutto zu. Ab 1. August 1987 habe er an Provisionen den Betrag von 246.666,00 DM erworben. Er habe für die Gemeinschuldnerin während seiner Beschäftigung einen Gesamtprofit von 2.466.664,75 DM erzielt. In den Monaten August 1987 bis Juli 1988 seien ihm als Provisionsvorschüsse insgesamt 78.000,00 DM gezahlt worden, die er in Anrechnung bringe. Der restliche Provisionsanspruch betrage somit 168.666,00 DM.

Für den Ausfall der privaten Nutzung des Firmenwagens ab September 1988 bis einschließlich Dezember 1988 sei ihm ein Betrag von 5.755,16 DM zu zahlen.

Der Kläger hat, soweit revisionsrechtlich noch von Bedeutung, beantragt,

die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn 254.921,16 DM brutto nebst 4 % Zinsen ab 1. Januar 1989 zu zahlen, abzüglich am 6. Januar 1989 durch das Arbeitsamt Düsseldorf gezahlter 18.498,55 DM an Konkursausfallgeld für die Zeit vom 1. September bis 10. November 1988 und weitere noch im Jahre 1988 von dem Arbeitsamt Brühl gezahlte 3.654,00 DM (Arbeitslosengeld).

Die Beklagte zu 2) hat Klagabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, sie sei nicht Betriebsnachfolgerin der Gemeinschuldnerin geworden, denn nicht alle Kunden der jetzigen Gemeinschuldnerin hätten sich mit ihrer Vertragsfortführung einverstanden erklärt. Einige Leasingverträge seien noch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung des Landesarbeitsgerichts nicht auf sie übertragen worden; soweit es zur Übertragung gekommen sei, sei dies nicht sofort geschehen, sondern habe sich über einen Zeitraum von Ende 1988 bis einige Wochen vor dem Termin der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hingezogen. Vertragliche Vereinbarungen mit der Gemeinschuldnerin seien nie getroffen worden. Der seinerzeitige Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe lediglich der S.-Bank und der Hamburgischen Landesbank die Erlaubnis erteilt, von ihrem Sicherungseigentum Gebrauch zu machen und die EDV-Anlagen zu verwerten. Die Geschäftsräume der Gemeinschuldnerin seien nicht von ihr übernommen worden und auch nicht die Originalgeschäftsunterlagen. Erst 1990 habe sie mit Erlaubnis des Konkursverwalters Einsicht in Unterlagen nehmen und diese fotokopieren dürfen. Übernommen habe sie alle im Sicherungseigentum der S.-Bank und der Hamburgischen Landesbank stehenden Anlagen. Es gebe aber noch weitere Anlagen der Gemeinschuldnerin, die im Sicherungseigentum anderer Banken stünden. Sie habe seinerzeit die Anlagen gekauft in der Erwartung, sie könne in die Mietverträge eintreten. Es biete sich dann die Möglichkeit, daß die jeweils auf 36 Monate abgeschlossenen Verträge vorzeitig nach 24 Monaten aufgelöst würden und sie Ersatzmaschinen liefern könne, um die vorzeitig zurückgegebenen Anlagen neu zu vermarkten. Diese Erwartung habe sich nicht erfüllt, weil die meisten Leasingnehmer sich mit der Übernahme der Mietobjekte durch sie nicht einverstanden erklärt hätten.

Zu den Zahlungsansprüchen hat sie geltend gemacht, der Kläger habe gegen sie keine Forderungen. Sie habe gegen ihn jedoch eine Gegenforderung in Höhe von 31.334,00 DM, mit der sie aufrechne.

Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen. Dem Zahlungsanspruch des Kläger hat es in Höhe von 249.166,00 DM brutto abzüglich gezahlter 18.498,55 DM netto und weiterer bereits gezahlter 3.654,00 DM stattgegeben, den weitergehenden Zahlungsanspruch hat es abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, der Kläger jedoch mit dem Antrag, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn weitere 186,00 DM netto und weitere 1.723,00 DM brutto nebst Zinsen auf die hierauf entfallenen Nettobeträge zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des Klägers auf die Berufung der Beklagten zu 2) das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 2) in vollem Umfang abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts sowie die teilweise Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

I. Das Landesarbeitsgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte zu 2) habe den Betrieb der Gemeinschuldnerin nicht übernommen, so daß keine arbeitsvertragliche Grundlage für die Geltendmachung von Zahlungsansprüchen bestehe. Die sächlichen Betriebsmittel der Gemeinschuldnerin hätten vor allem in den zur Vermietung bestimmten EDV-Anlagen, die immateriellen Werte in den bestehenden Verträgen und im know-how bestanden. Die wesentlichen sächlichen Betriebsmittel, nämlich die EDV-Anlagen, seien zwar von der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte zu 2) übergegangen, nicht jedoch die immateriellen, nämlich die Kundenverträge. Zwar sei die überwiegende Zahl der Leasingnehmer nach und nach in die Leasingverträge eingetreten, jedoch sei diese „stückweise” Übertragung immaterieller Werte eines Betriebes dann kein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB, wenn zwischenzeitlich der alte Betrieb seine wirtschaftliche Betätigung aufgegeben habe. Davon sei auszugehen, da die Gemeinschuldnerin nichts unternommen habe, was der Beklagten zu 2) oder einem anderen Unternehmen die Weiterführung des alten Betriebes ermöglicht hätte. Sie habe weder ihre Geschäftsräume weiter zu vermieten versucht noch habe sie der Beklagten, der Käuferin der meisten ihrer EDV-Anlagen, die erforderlichen Geschäftsunterlagen zur Verfügung gestellt. Eine Übertragung der immateriellen Betriebsmittel sei deswegen erst erfolgt, als die Gemeinschuldnerin ihre eigene Geschäftstätigkeit schon längere Zeit zuvor aufgegeben gehabt habe. Der frühere Betrieb der Gemeinschuldnerin habe daher nicht mehr als funktionsfähiger Betrieb übergehen können, da er bereits stillgelegt gewesen sei.

II. Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Aufgrund des vom Berufungsgerichts festgestellten Sachverhalts kann der Senat abschließend beurteilen, daß die Beklagte zu 2) durch Rechtsgeschäft eine Position erlangt hat, die es ihr ermöglicht hat, das Betriebssubstrat der Gemeinschuldnerin weiterhin nutzen zu können. Damit sind die Voraussetzungen nach § 613 a Abs. 1 BGB erfüllt.

1. Die Beklagte zu 2) hat mit dem Erwerb der Leasingobjekte und dem damit verbundenen Kundenkreis in Verbindung mit der Freigabeerklärung der Gemeinschuldnerin im September 1988 die Möglichkeit erhalten, in die bestehenden Leasingverträge einzutreten. Das ist ausreichend, um einen Betriebsübergang annehmen zu können. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, in welchem Umfange und wann die ehemaligen Kunden der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten zu 2) tatsächlich kontrahiert haben.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts machen die sächlichen und immateriellen Betriebsmittel dann einen Betrieb aus, wenn der neue Inhaber mit ihnen oder mit Hilfe von Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Nicht erforderlich ist es, daß der Betriebsinhaberwechsel auch zu einem Wechsel des Eigentums führt; es genügt, wenn der Erwerber eine Nutzungsberechtigung auf Zeit erlangt, wie z.B. etwa bei Pacht oder bei Nießbrauch. Entscheidend ist, ob der neue Inhaber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen fortführen kann. Die Übertragung eines Betriebes setzt nicht die Übernahme aller, sondern nur der für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlichen Betriebsmittel voraus (vgl. BAGE 48, 365, 371, 374, 375 = AP Nr. 42 zu § 613 a BGB, zu II 1 und 3 c, bb der Gründe; BAGE 53, 267, 273 = AP Nr. 58 zu § 613 a BGB, zu B II 3 b, aa der Gründe; Urteil des erkennenden Senats vom 29. September 1988 – 2 AZR 107/88 – AP Nr. 76 zu § 613 a BGB, zu A II 1 a der Gründe).

b) Für die Frage, welche Betriebsmittel für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlich sind, ist jeweils auf die Eigenart des Betriebes abzustellen. Für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, deren Betriebsvermögen hauptsächlich aus Rechtsbeziehungen zu Kunden besteht, sind es in erster Linie die immateriellen Betriebsmittel wie Kundenstamm, Kundenlisten, Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das „know-how” und der „goodwill”, also die Einführung des Unternehmens auf dem Markt, gegebenenfalls, anders als bei Produktionsbetrieben, auch Geschäftsräume und Geschäftslage, sofern diese Bestandteile des Betriebes es ermöglichen, den bisherigen Kundenkreis zu halten und auf den neuen Betriebsinhaber überzuleiten (vgl. dazu nur Urteil des erkennenden Senats von 2.9. September 1988, a.a.O., zu A II 1 b der Grunde, m.w.N. aus Rechtsprechung und Literatur).

Bei Dienstleistungsunternehmen ist ferner zu unterscheiden, ob es sich um solche Unternehmen handelt, die konkret auf Bestellung von Kunden kurzfristig zu erledigende Reparatur- oder Installationsarbeiten ausführen, ohne eine Dauerbeziehung oder nur mehr als nur kurzfristige Bindungen mit ihren Kunden einzugehen. Bei diesen Betrieben ist es denkbar, daß mit den sächlichen Betriebsmitteln unter weiterer Berücksichtigung der Lage des Betriebes und seiner bisherigen Betriebsform dem Erwerber zugleich der „good-will” des Betriebes und der Zugang zum Kundenkreis des Veräußerers eröffnet wird. Das gilt insbesonders dann, wenn Geschäftsunterlagen und Kundenlisten übergeben werden, die dem Erwerber die Betreuung des Kundenkreises ermöglichen (vgl. BAGE 48, 345, 348 f. = AP Nr. 41 zu § 613 a BGB, zu II 1 der Gründe; Senatsurteil vom 29. September 1988, a.a.O., zu A II 3 b, bb der Gründe).

Anders ist es hingegen bei Dienstleistungsbetrieben, die mit jeweils einem Kunden einen längerdauernden Dienst- oder Werkvertrag abschließen. In diesen Fällen setzt die Überleitung der Beziehungen zu dem gegenwärtigen Kunden in der Regel auch den Eintritt des Erwerbers in den mit dem Kunden bestehenden Vertrag voraus, da dieser das wesentliche Betriebssubstrat ausmacht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 29. September 1988, a.a.O., zu A II 3 b, cc der Gründe).

c) Der Betrieb oder Betriebsteil muß gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB ferner durch Rechtsgeschäft vom bisherigen Inhaber auf den Erwerber übergehen. Die Vorschrift setzt jedoch keine unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen dem früheren und dem neuen Inhaber voraus. Es reicht aus, wenn der neue Betriebsinhaber die Befugnis zur Betriebsführung aus einem Rechtsgeschäft mit einem Dritten oder aus einer Vielzahl von Rechtsgeschäften mit Dritten herleitet. Jedoch müssen das Rechtsgeschäft oder die Rechtsgeschäfte insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes oder Betriebsteils ausgerichtet sein, im letzteren Fall die Aufspaltung in verschiedene Rechtsgeschäfte dagegen nur durch die Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse bedingt sein (BAGE 48, 376, 383 = AP Nr. 43 zu § 613 a BGB, zu B II 3 a und b der Gründe; Urteil des erkennenden Senats vom 29. September 1988, a.a.O., zu A II 1 c der Gründe).

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend von einem Betriebsübergang auszugehen.

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien bediente die Gemeinschuldnerin sich sogenannter Finanzierungsleasingverträge mit einer Refinanzierung durch Banken. Der Leasingvertrag wird hier über eine bestimmte, mehrjährige Zeit (Grundmietzeit) abgeschlossen und kann während dieser Zeit vom Leasingnehmer nicht gekündigt werden. Die Leasingraten sind so bemessen, daß nach Ablauf der Grundmietzeit die dem Leasinggeber entstandenen Anschaffungskosten voll abgedeckt sind und daneben dem Leasinggeber eine Verzinsung sowie ein Gewinnzuschlag verbleibt (vgl. dazu nur OLG Hamm Urteil vom 4. Dezember 1979 – 4 U 244/79 – WM 1980, 474, 476; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 3. Aufl. 1987, Rz 26; Lwowski, ZIP 1983, 900, 901; Uhlenbruck/Sinz, WM 1989, 1113 f.).

Im Bereich der Groß-EDV-Anlagen verkauft der Leasinggeber seine Forderung aus den Leasingverträgen an die Bank, diese trägt das Risiko, daß der Leasingnehmer nicht mehr zahlen kann. Dieses Risiko der Bank wird gemindert, indem sie sich die Leasingsache zur Sicherung ihrer Forderung aus dem Leasingvertrag zur Sicherheit übertragen läßt (vgl. dazu nur Lwowski, a.a.O., 900 f.; zu einem – gestörten – Finanzierungsleasingvertrag mit Refinanzierung vgl. auch BGH Urteil vom 16. Mai 1990 – VIII ZR 108/89 – BB 1990, 1369 ff., m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Wird nun der Leasinggeber in diesem Vertragsgeflecht notleidend, ist ein Austausch nicht dadurch möglich, daß die refinanzierende Bank die Leasingsache veräußert. Nötig ist vielmehr, daß Leasingnehmer, alter Leasinggeber und neuer Leasinggeber einen dreiseitigen Vertrag über den Wechsel des Leasinggebers schliessen.

Das Leasinggeschäft selbst zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer wird danach durch folgende immaterielle Betriebsmittel bestimmt: Kundenstamm der Leasingnehmer, Kundenlisten der Leasingnehmer, Geschäftsbeziehungen zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer einerseits und zwischen den refinanzierenden Banken andererseits, zum Teil auch mit den Herstellerfirmen, sowie die Einführung des Leasingunternehmens auf dem Markt, also das „know-how” und der „good-will”. Die Geschäftsbeziehungen sind dabei von überragender Bedeutung, da es im Bereich der Groß-EDV-Anlagen oft zu Nachfolgeaufträgen der Kunden kommt, wenn die bestehenden Computerkonfigurationen erweitert oder verändert werden müssen. Sächliche Betriebsmittel sind dagegen lediglich die Büroeinrichtungen und -maschinen sowie Fahrzeuge für die Arbeitnehmer im Vertrieb. Bei diesem Finanzierungsleasing mit Refinanzierung gehört zu den sächlichen Betriebsmitteln nicht das Eigentum an den Leasingsachen. Denn dieses ist typischerweise im Wege des Sicherungseigentums an die refinanzierende Bank abgetreten, wobei es dahingestellt bleiben kann, wie die Rechte der Leasinggeber daran ausgestaltet sind.

b) Die angesprochenen immateriellen Betriebsmittel (Beziehungen zu den Leasingnehmern) sind von der Beklagten zu 2) übernommen worden. Die Beklagte zu 2) hat von der S.-Bank sowohl die überwiegenden Leasingsachen der Gemeinschuldnerin selbst als auch die Forderungen gegen die entsprechenden Leasingnehmer erworben. Damit hat die Beklagte zu 2) zugleich sowohl den überwiegenden Kundenstamm als auch die der Übergabe der Kundenlisten gleichstehende Bekanntgabe des überwiegenden Teils der Kunden der Gemeinschuldnerin erhalten, denn mit der Übertragung der Leasingsachen und der Forderungen gegen die Besitzer der Leasingsachen sind der Beklagten zu 2) als Erwerberin zugleich die Adressen der entsprechenden Kunden übermittelt worden; sie konnte diese unschwer aus den entsprechenden Verträgen ablesen.

c) Die Beklagte zu 2) war damit in der Lage, den Betrieb der Gemeinschuldnerin weiterführen zu können. Es ist zwar richtig, daß die Beklagte zu 2) anstelle der Gemeinschuldnerin in die Verträge nur mit Zustimmung der Leasingnehmer eintreten konnte, die überwiegend zwar den Vertragswechsel genehmigten, aber nur über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Trotzdem liegt der Übergang eines noch nicht stillgelegten Betriebes vor. Hierfür reicht nach ständiger Rechtsprechung die Möglichkeit aus, den Betrieb fortführen zu können. Bereits wenn, eine Rechtsposition erlangt ist, die die Möglichkeit zur Weiterführung des Betriebes bietet, ist der Übergang vollzogen (vgl. BAGE 27, 291 = AP Nr. 2 zu § 613 a BGB; BAG urteile vom 18. August 1976 – 5 AZR 95/75 – AP Nr. 4 zu § 613 a BGB, zu 1 a der Gründe; vom 15. November 1978 – 5 AZR 199/77 – AP Nr. 14 zu § 613 a BGB, zu II 1 a der Gründe; Urteile des erkennenden Senats vom 13. November 1986 – 2 AZR 771/85 – AP Nr. 57 zu § 613 a BGB, zu II 2 c, aa der Gründe und vom 27. November 1986 – 2 AZR 706/85 –, nicht veröffentlicht, zu B III 3 a der Gründe sowie BAG Urteil vom 16. Oktober 1987 – 7 AZR 519/86 – AP Nr. 69 zu § 613 a BGB, zu III 1 b der Gründe).

Bei einem Leasingunternehmen, welches Groß-EDV-Anlagen verleast, bei dem es zwecks Fortführung der Kundenbeziehungen entscheidend auf die Vertragsübernahme ankommt, ist dies jedenfalls dann gegeben, wenn – in Fortführung der Entscheidung des erkennenden Senats vom 29. September 1988, a.a.O. zu A II 3 b, cc der Gründe – das alte Unternehmen kurz vor dem Konkurs steht, es eine Freigabeerklärung gegenüber dem Erwerber bzw. der refinanzierenden Bank abgegeben hat und die Bank die Leasingforderungen und die Leasingsachen an den neuen Leasinggeber übertragen hat. Damit ist der Betrieb nicht stillgelegt worden, sondern es wird durch diese Verfahrensweise dem Erwerber gerade ermöglicht, nahtlos den Betriebszweck fortsetzen zu können. Für den Leasingnehmer liegt es nahe, zum neuen Leasinggeber zu wechseln, damit dieser ihn weiterhin betreuen und die vorhandene Hard- und Software evtl. fachkundig ergänzen kann.

d) So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Nach den Schreiben der S.-Bank und der Beklagten zu 2) vom 27. September 1988 hat die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 19. August 1988 ihre Freigabeerklärung zur Verwertung der Sicherheiten gegeben, da sie überschuldet war. Daraufhin erwarb am 22. September 1988 die Beklagte zu 2) sowohl die Forderungen der Gemeinschuldnerin an die Leasingnehmer als auch die Leasingsachen selbst. Am 11. November 1988 wurde der Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin eröffnet.

Die Beklagte zu 2) hat damit jedenfalls mit dem 22. September 1988 die Möglichkeit erhalten, anstelle der Gemeinschuldnerin in die Leasingverträge einzutreten, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Leasingnehmer die Unsicherheiten über die Vertragsfortführung überwunden hatten.

e) Sächliche Betriebsmittel sind von der Beklagten zu 2) in Form der Leasingsachen selbst übernommen worden. Die daneben noch vorhandene Büroausstattung und die Büromaschinen fallen für den Betriebsübergang nicht ins Gewicht, da sie für die Erfüllung der arbeitstechnischen Zwecke nicht wesentlich sind.

Der Betrieb der Gemeinschuldnerin ist schließlich auch durch Rechtsgeschäfte auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Diese liegen in Form der Forderungsabtretung und der Eigentumsübertragung an den Leasingsachen durch die Bank in Verbindung mit der Freigabeerklärung der Gemeinschuldnerin vor nach den oben unter I 1 c aufgestellten Grundsätzen.

3. Da spätestens am 22. September 1988 der Betrieb der Gemeinschuldnerin auf die Beklagte zu 2) im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB übergegangen ist, ist die Beklagte zu 2) gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB seit diesem Zeitpunkt in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger eingetreten. Die Beklagte haftet daher gem. § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB neben der Gemeinschuldnerin für die restlichen Zahlungsansprüche des Klägers, wobei hinsichtlich der Möglichkeit einer Haftungsreduktion auf die BAG-Entscheidung vom 17. Januar 1980 (BAGE 32, 326 = AP Nr. 18 zu § 613 a BGB) hingewiesen wird.

III. Der Senat kann über die grundsätzlich bestehenden Zahlungsansprüche des Klägers nicht entscheiden, da diese im Berufungsverfahren streitig geblieben sind und das Landesarbeitsgericht sich mit diesen – aus seiner Rechtsauffassung konsequent – nicht befaßt hat.

 

Unterschriften

Hillebrecht – zugleich für den durch Urlaub an der Unterschrift verhinderten Richter Triebfürst, Dr. Ascheid, Timpe, Mauer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1070629

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