Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Tankstellenverwalterin

 

Leitsatz (amtlich)

1. Tankwarte sind auch im Bereich des öffentlichen Dienstes Arbeiter.

2. Dagegen sind Tankstellenverwalter Angestellte. Für sie gelten die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst.

3. Im Rahmen der „gründlichen Fachkenntnisse” (VergGr. VII BAT Fallgruppe 1 b) sind auch Fachkenntnisse in Sicherheitsvorschriften und Versorgungsanweisungen berücksichtigungsfähig.

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 10.07.1985; Aktenzeichen 2 Sa 2/84)

ArbG Bremen (Urteil vom 08.11.1983; Aktenzeichen 3 Ca 3647/82)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 10. Juli 1985 – 2 Sa 2/84 – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft angehörende Klägerin, die über eine Ausbildung als Tankwartin verfügt, wird seit dem 16. April 1973 als Angestellte in den Diensten der Beklagten beschäftigt. Als solche verwaltet sie die Tankstelle in der L.-Kaserne in B.. Sie bezieht Vergütung nach VergGr. VII BAT.

In der von der Klägerin geleiteten Tankstelle wurden im Jahre 1982 150.000 Liter Benzin im Werte von 189.600,– DM und 200.000 Liter Dieselkraftstoff im Werte von 255.200,– DM umgeschlagen, außerdem Betriebshilfsstoffe im Werte von 52.538,68 DM. Seit Beginn ihrer Tätigkeit untersteht der Klägerin ein Tankwartgehilfe.

Ab 1. Oktober 1982 obliegen der Klägerin die nachfolgenden Aufgaben zu den angegebenen Anteilen ihrer Gesamtarbeitszeit:

1. Anforderung von Betriebs- und Betriebshilfsstoffen

12 v.H.

2. Übernahme der Betriebsstoffe

2 v.H.

3. Übernahme der Betriebshilfsstoffe

6 v.H.

4. Ausgabe der Betriebsstoffe bzw. deren Überwachung

23 v.H.

5. Ausgabe der Betriebshilfsstoffe

12 v.H.

6. Fertigen des Tagesabschlusses

17 v.H.

und

7. Führung der Materialbestandskartei

18 v.H.

Mit Schreiben vom 7. April und 3. Juni 1982 hat die Klägerin erfolglos Vergütung nach VergGr. VI b BAT unter Bezugnahme auf ihr Recht auf Teilnahme am Bewährungsaufstieg geltend gemacht.

Mit der Klage hat die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an sie ab 1. Januar 1983 Vergütung nach VergGr. VI b BAT zu zahlen und die monatlichen Differenzbeträge jeweils mit 4 v.H. zu verzinsen. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, vom Beginn des Anspruchszeitraumes an erfülle sie die tariflichen Erfordernisse der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2. Ihre Tätigkeit erfordere gründliche Fachkenntnisse. Einmal müsse sie alle Fachkenntnisse eines Tankwartes besitzen und anwenden. Dasselbe gelte aber auch für einschlägige Sicherheitsbestimmungen und Versorgungsanweisungen. Außerdem besitze und benötige sie ein erhebliches Erfahrungswissen, schon im Hinblick auf die Ermittlung des jeweiligen Bedarfs. Berücksichtigt werden müsse auch, daß mit ihr einzelvertraglich sowohl ihre Angestellteneigenschaft als auch Vergütung nach VergGr. VII BAT vereinbart worden sei. Die Klage sei aber auch dann begründet, wenn man ihre Tätigkeit als die eines Magazin- oder Lagerverwalters ansehen wollte. Da ihr ständig ein Tankwartgehilfe unterstellt sei, sei sie als Lagervorsteher im Sinne der VergGr. VII BAT Fallgruppe 26 anzusehen, aus der ebenfalls der Bewährungsaufstieg in die VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 möglich sei. Sie trage auch eine besondere Verantwortung. Die von ihr geleitete Tankstelle müsse als „besonders wertvolles Lager” im tariflichen Sinne angesehen werden. Demgemäß hat die Klägerin beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1. Januar 1983 Vergütung nach VergGr. VI b BAT zu zahlen und die monatlichen Differenzbeträge zwischen den Vergütungsgruppen VII und VI b jeweils mit 4 v.H. zu verzinsen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, der Klägerin stehe die eingeklagte Vergütung nicht zu. Ihre Tätigkeit entspreche lediglich den Merkmalen der VergGr. VIII BAT Fallgruppe 1 a, so daß sie allenfalls im Wege des Bewährungsaufstieges in die VergGr. VII BAT habe aufrücken können. Damit scheide eine Teilnahme am Bewährungsaufstieg in die VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 aus. Gründliche Fachkenntnisse im tariflichen Sinne seien für die Ausübung der Tätigkeit der Klägerin nicht erforderlich. Behördliche Vorschriften wie Sicherheitsbestimmungen, die lediglich die Tätigkeit des Angestellten selbst regelten bzw. bei ihrer Ausführung zu beachten seien, könnten ohnehin im Rahmen der VergGr. VII BAT Fallgruppe 1 b keine Berücksichtigung finden. Dasselbe gelte für Feuerschutz- und Unfallverhütungsvorschriften. Auch die Erfordernisse der VergGr. VII BAT Fallgruppe 26 würden von der Klägerin nicht erfüllt.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klagebegehren erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin, die in der Revisionsinstanz ihre Zinsforderung auf die den Bruttobeträgen entsprechenden Nettobeträge beschränkt hat, beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden.

Im Ergebnis zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß zwischen den Parteien der BAT gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend gilt. Fraglich wäre das freilich, wenn die Klägerin (wie es der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 9. April 1973 ausdrücklich vorsieht) nur als Tankwart beschäftigt würde. Dann wäre sie nämlich Arbeiterin und würde, wie die Revision insoweit zutreffend ausführt, vom persönlichen Geltungsbereich des BAT (§ 1) überhaupt nicht erfaßt. Dabei nimmt der Senat Bedacht darauf, daß Tankwarte auch in den Tarifwerken für den öffentlichen Dienst als Arbeiter angesehen werden (vgl. die Lohngruppen IV und V des Lohngruppenverzeichnisses zum MTL II), weil ihre Tätigkeit überwiegend körperlich-manuell geprägt ist (vgl. das Urteil des Senats vom 18. September 1974 – 4 AZR 566/73 – AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT mit weiteren Nachweisen). Das entspricht neben der Verkehrsauffassung auch der tatsächlichen Hauptaufgabe eines Tankwartes, die in der Ausgabe von Betriebsstoff und Betriebshilfsstoffen besteht (vgl. Blätter für Berufskunde 1 – VIII A 401 1 1.1 sowie Meyers Enzykl. Lexikon, Deutsches Wörterbuch, Band 32, S. 2562).

Diese Charakterisierung mag vorliegend für die Tätigkeit des der Klägerin unterstellten Tankwartgehilfen zutreffend sein. Für die Aufgabenstellung der Klägerin gilt das jedoch nicht. Sie ist nämlich weder im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches noch des diesem entsprechenden Rechtsbegriffes Tankwart, sondern Tankstellenverwalterin. Das wird bereits daraus deutlich, daß sie nicht nur Betriebsstoffe und Betriebshilfsstoffe ausgibt, sondern – abgesehen von dem in der Privatwirtschaft dazugehörigen Geldverkehr – alles das tut, was normalerweise der Eigentümer oder Pächter einer Tankstelle erledigt. So fordert die Klägerin selbständig und selbstverantwortlich Betriebsstoffe und Betriebshilfsstoffe an. Entsprechend fertigt sie Tagesabschlüsse, führt eine Kartei über Zugänge, Bestände und Abgänge und überwacht die Tätigkeit des ihr unterstellten Tankwartgehilfen, wobei alle diese Aufgaben etwa zwei Drittel ihrer Gesamtarbeitszeit ausmachen. Damit übt die Klägerin überwiegend eine leitende, überwachende und beaufsichtigende Tätigkeit aus, woraus sich ihre Angestellteneigenschaft ergibt (vgl. das Urteil des Senats vom 18. September 1974 – 4 AZR 566/73 – AP Nr. 80 zu §§ 22, 23 BAT mit weiteren Nachweisen). Danach entspricht die arbeitsvertragliche Vereinbarung der Parteien, wonach die Klägerin als Angestellte gilt, auch der Tarifrechtslage.

Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllende Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr für sich beanspruchten VergGr. VI b BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 –, 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – und 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 –, alle zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Senatsrechtsprechung).

Die Vorinstanzen befassen sich mit der Frage der Arbeitsvorgänge der Klägerin und deren Zuschnitt nicht. Vorliegend ist das jedoch unschädlich. Der Senat hat nämlich in allen Eingruppierungsprozessen die rechtliche Möglichkeit, die Arbeitsvorgänge eines Angestellten selbst zu bestimmen (vgl. auch dazu die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – und 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 –, beide zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Dazu liegen auch die erforderlichen Tatsachenfeststellungen aufgrund des unstreitigen Sachverhalts vor.

Die Verwaltung der Tankstelle in der L. Kaserne in B. durch die Klägerin stellt sich als Innehabung einer Funktion mit leitendem und beaufsichtigendem Charakter dar. Alle Einzelaufgaben der Klägerin dienen einem gemeinsamen Arbeitsergebnis, das in der sachgerechten und eigenverantwortlichen Leitung der Tankstelle besteht. Dabei stehen Verwaltungsübung und Zusammenhangstätigkeiten der Klägerin fest, insbesondere die Abgrenzung der Aufgaben der Klägerin von denen des ihr unterstellten Gehilfen, dem in erster Linie die unmittelbare Ausgabe von Betriebsstoffen und Betriebshilfsstoffen obliegt. Im Hinblick auf das einheitliche Arbeitsergebnis können die verschiedenen Aufgaben der Klägerin nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht mehr weiter aufgeteilt werden. Sie sind auch einheitlich tarifrechtlich bewertbar. Damit stellt sich die gesamte Tätigkeit der Klägerin als ein großer Arbeitsvorgang dar (vgl. BAG 48, 17, 21 = AP Nr. 99 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Damit kommt es nicht mehr darauf an, in welchem zeitlichen Ausmaß die einzelnen Aufgaben der Klägerin anfallen, worüber zunächst zwischen den Parteien Streit bestand. Daß bei der Klägerin die Ausgabe von Betriebsstoffen und Betriebshilfsstoffen nur einen beträchtlich unter der Hälfte ihrer Gesamtarbeitszeit ausmachenden Anteil beträgt, war und ist indessen zwischen den Parteien ohnehin unstreitig.

Im Gegensatz zum Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht für die Tätigkeit der Klägerin die speziellen Tätigkeitsmerkmale für das Magazin- bzw. Lagerpersonal herangezogen, wonach zu vergüten sind

nach VergGr. VIII BAT Fallgruppe 27

Magazin-, Lager- und Lagerhofvorsteher und

nach VergGr. VII BAT Fallgruppe 26

Magazin- und Lagervorsteher mit besonderer Verantwortung in besonders wertvollen Lagern.

Die zuletzt bezeichneten Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII BAT Fallgruppe 26 sind mit dem Hinweiszeichen gekennzeichnet, so daß daraus der Bewährungsaufstieg in die VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 möglich ist.

Das Landesarbeitsgericht hält bei der Klägerin die Erfordernisse der VergGr. VII BAT Fallgruppe 26 und der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 für erfüllt. Dabei geht das Landesarbeitsgericht davon aus, die von der Klägerin geleitete Tankstelle müsse als Magazin oder Lager im tariflichen Sinne angesehen werden. Die Tarifnormen enthielten nämlich keinerlei gegenständliche Beschränkungen bezüglich des jeweils zu lagernden Gutes oder Materials. Außerdem sei die Klägerin dauernd für die ausreichende Bevorratung und Ausgabe von Benzin, Dieselkraftstoff, Ölen, Fetten, Frostschutzmitteln und sonstigen Betriebshilfsmitteln zuständig und verantwortlich. Lager-Vorsteher sei sie, weil ihr der Tankwartgehilfe unterstellt sei. Sie trage auch eine herausgehobene Verantwortung und leite ein besonders wertvolles Lager.

Dieser Beurteilung des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Revision sind begründet. Mit den vom Landesarbeitsgericht herangezogenen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen hatte sich der erkennende Senat bereits in zwei Urteilen beschäftigt, auf die auch das Landesarbeitsgericht hingewiesen hat (vgl. BAG 34, 250 = AP Nr. 3 zu § 11 SchwbG sowie vom 25. März 1981 – 4 AZR 1026/78 – AP Nr. 43 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei sind als „Lager” im tariflichen Sinne die Bekleidungskammer einer Garnison der Bundeswehr sowie das Materiallager der Zentralen Beschaffungsstelle der Wirtschaftsabteilung einer Universität angesehen worden. Im übrigen hat der Senat in den beiden Urteilen zum Ausdruck gebracht, daß die Tarifvertragsparteien in den Merkmalen der VergGr. VIII BAT Fallgruppe 27 und der VergGr. VII BAT Fallgruppe 26 den Begriff des „Lagers” im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches und ohne eine gegenständliche Beschränkung bezüglich des jeweils zu lagernden Gutes oder Materials verwenden. Das entspricht auch der Beurteilung im Fachschrifttum (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO, Anm. 142).

Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter einem „Lager” Räumlichkeiten, in denen Waren gleich welcher Art bis zu ihrer Weiterverwendung aufbewahrt werden (vgl. Meyers Enzykl. Lexikon, aaO, Band 31, S. 1620). Dabei ist charakteristisch, daß das Lager zwar der Aufbewahrung der Waren oder Güter, aber nicht ihrer eigentlichen Zweckbestimmung dient. Demgemäß dient auch ein Treibstofflager, wie es beispielsweise die Bundesbahn, aber auch die Verteidigungsverwaltung unterhält, lediglich der Aufbewahrung der Treibstoffe.

Demgegenüber ist es die kennzeichnende Aufgabe und Funktion einer Tankstelle – sei es in der Privatwirtschaft, bei allgemeinen Verwaltungen und auch im Bereiche der Bundeswehr –, Kraftfahrzeuge mit Kraftstoff, Öl und sonstigen Betriebshilfsstoffen zu versorgen, weswegen auch das Bild der Tätigkeit des Tankwartes davon gekennzeichnet wird, daß er an die Kraftfahrer zur Betankung der Kraftfahrzeuge Betriebsstoff und je nach Bedarf und Anforderung Betriebshilfsstoffe ausgibt. Dabei übersieht der Senat keineswegs, daß es zum ordnungsgemäßen Betrieb einer Tankstelle notwendig ist, daß Betriebsstoffe und Betriebshilfsstoffe dort im erforderlichen Ausmaß bereitgehalten werden. Das ändert jedoch, wie auch die Revision zutreffend hervorhebt, an der eigentlichen Zweckbestimmung einer Tankstelle nichts. Andernfalls wäre, wie die Revision weiter richtig ausführt, beispielsweise der Küchenbuchhalter im Bereiche der Verteidigungsverwaltung (früher Fourier genannt) ebenfalls als Lagerverwalter anzusehen, da er in bestimmtem Umfang in seinen Lagerräumen zum alsbaldigen Verbrauch oder Verzehr bestimmte Lebensmittel bereithält. Dasselbe müßte für Sanitätspersonal gelten, das zur alsbaldigen Verwendung bestimmte Medikamente und Verbandsstoffe bereithalten muß, auch für Behördenangestellte, denen die Ausgabe von Büromaterial obliegt und die daher auch verpflichtet sind, einen gewissen Vorrat an Papier, Farbbändern und Schreibmaterial vorzuhalten.

Bei dieser Beurteilung übersieht der Senat nicht, daß zwischen der Tätigkeit der Klägerin und der zuvor genannten Angestellten und den Aufgaben eines Lager- oder Magazinverwalters Beziehungen und Berührungspunkte bestehen. Da es im übrigen wie in anderen Verwaltungen gerade auch in der Verteidigungsverwaltung Lager für Treibstoff, Verpflegung, Sanitätsmaterial und anderes gibt, hätte es nahegelegen, daß die Tarifvertragsparteien für das Personal in Tankstellen besondere tarifliche Merkmale geschaffen oder diejenigen für Lagerverwalter für anwendbar erklärt hätten. Das ist jedoch ersichtlich nicht geschehen. Daher ist es den Gerichten für Arbeitssachen versagt, auf Angestellte mit den Aufgaben der Klägerin die tariflichen Tätigkeitsmerkmale für Lagerverwalter unmittelbar oder entsprechend anzuwenden.

Da andererseits nicht erkennbar ist, daß die Tarifvertragsparteien Tankstellenverwalter aus der Vergütungsordnung zum BAT haben ausnehmen wollen, sind mit dem Arbeitsgericht vorliegend die allgemeinen Merkmale des Teils I der Vergütungsordnung zum BAT heranzuziehen, wonach zu vergüten sind

nach VergGr. VII BAT Fallgruppe 1 b

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert. (Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises).

Auch diese Tätigkeitsmerkmale sind mit dem Hinweiszeichen versehen, so daß daraus der Bewährungsaufstieg zur Verg. Gr. VI b BAT Fallgruppe 2 möglich ist, worauf sich die Klägerin zur Begründung ihrer Klage auch und in erster Linie bezogen hat.

Zwar ist die Tätigkeit einer Tankstellenverwalterin keine ursprüngliche und eigentliche Verwaltungsaufgabe. Das steht der Heranziehung der vorstehenden tariflichen Tätigkeitsmerkmale jedoch nicht entgegen. Die allgemeinen Merkmale der Vergütungsordnung für den Verwaltungsdienst haben nämlich eine Auffangfunktion und sind demgemäß vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung im Sinne einer extensiven Auslegung angewendet worden. Demgemäß hat der Senat diese Tätigkeitsmerkmale beispielsweise angewendet auf Lebensmittelkontrolleure (Urteil vom 14. August 1985 – 4 AZR 322/84 – AP Nr. 105 zu §§ 22, 23 BAT 1975), die sogenannten Sicherheitsmeister der Verteidigungsverwaltung (Urteil vom 16. Oktober 1985 – 4 AZR 149/84 – AP Nr. 108 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), Angestellte mit Aufgaben im Umweltschutz (Urteil vom 21. März 1984 – 4 AZR 76/82 – AP Nr. 89 zu §§ 22, 23 BAT 1975), die sogenannten Materialkontrollmeister der Verteidigungsverwaltung (BAG 40, 183, 189 = AP Nr. 67 zu §§ 22, 23 BAT 1975) und deren auf nichttechnischem Gebiet tätige Güteprüfer (vgl. die Urteile des Senats vom 3. Juni 1981 – 4 AZR 1118/78 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 28. Mai 1980 – 4 AZR 461/78 – AP Nr. 33 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Demgemäß sind die vorstehenden tariflichen Tätigkeitsmerkmale auch vorliegend heranzuziehen. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerin bei Ausübung ihrer Tätigkeit auch gewisse technische Grundkenntnisse einzusetzen hat.

Das Landesarbeitsgericht wird daher nunmehr zunächst zu überprüfen haben, ob bei der Klägerin die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII BAT Fallgruppe 1 b erfüllt sind. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, daß das Tarifmerkmal der „gründlichen Fachkenntnisse” ein quantitatives und ein qualitatives Element besitzt, so daß als „gründliche Fachkenntnisse” im tariflichen Sinne Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art anzusehen sind (vgl. Urteil des Senats vom 24. August 1983 – 4 AZR 32/81 – AP Nr. 78 zu §§ 22, 23 BAT 1975 sowie Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, aaO, Anm. 137). Dabei sind entgegen der Meinung der Beklagten auch Fachkenntnisse in den zu beachtenden Sicherheitsbestimmungen der Beklagten (ZDv 44/1) und den Versorgungsanweisungen für das Heer, die nach dem Akteninhalt nicht unbeträchtlichen Umfang haben, mitzuberücksichtigen, da die tariflichen Tätigkeitsmerkmale die Fachkenntnisse gegenständlich weder generell einschränken noch auf solche beschränken, die unmittelbar das jeweilige Arbeitsergebnis betreffen. Demgemäß ist auch das Erfahrungswissen der Klägerin mitzuberücksichtigen, ebenso ihre Kenntnisse auf dem Gebiete der Unfallverhütungsvorschriften und des Betriebes einer Tankstelle. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, daß, wie auch die Beklagte zu gerichtlichem Protokoll bestätigt hat, die Klägerin alle Fachkenntnisse eines Tankwartes benötigt (vgl. Bl. 88 der Vorakten), was auch vom Arbeitsgericht festgestellt wird. Dem Senat ist die entsprechende Entscheidung angesichts des unbestimmten Rechtsbegriffes der „gründlichen Fachkenntnisse” und des bei seiner Anwendung bestehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraumes versagt.

Sollte vom Landesarbeitsgericht bei der Klägerin die Erfüllung der Merkmale der VergGr. VII BAT Fallgruppe 1 b bejaht werden, so ist von ihm weiter zu prüfen, ob das auch für die VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 zutrifft. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, daß sich die Klägerin unstreitig im tariflichen Sinne bewährt hat (vgl. Bl. 88 der Vorakten). Unbeachtlich find demgegenüber die mehrfachen von der Beklagten vorgenommenen „Umgruppierungen” von einer Fallgruppe in eine andere innerhalb der VergGr. VII BAT (vgl. das Urteil des Senats vom 23. Oktober 1985 – 4 AZR 216/84 – AP Nr. 10 zu § 24 BAT). Entscheidend ist allein, ob die Klägerin die Merkmale der VergGr, VII BAT Fallgruppe 1 b und der VergGr. VI b BAT Fallgruppe 2 erfüllt.

Da die Klage schon vor Beginn des streitbefangenen Anspruchszeitraumes zugestellt worden ist, macht die Klägerin lediglich Prozeßzinsen geltend. Das ist auch bei Eingruppierungsfeststellungsklagen unbedenklich möglich (vgl. BAG 36, 245, 259 = AP Nr. 49 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dagegen hat die Klägerin der Rechtsprechung des Senats entsprechend (vgl. BAG 42, 244, 258 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II) ihre Zinsforderung auf die den Bruttodifferenzbeträgen entsprechenden Nettobeträge beschränkt.

Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten mitzuentscheiden haben.

 

Unterschriften

Zugleich für den wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung verhinderten Vizepräsidenten Dr. Neumann, Dr. Feller, Dr. Freitag, H. Hauk, Brocksiepe

 

Fundstellen

RdA 1987, 63

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