Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewährungsaufstieg. Tarifliche Ansprüche und Haushaltsplan

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die tarifliche Mindestvergütung der unter den BAT fallenden Angestellten und die sich daraus weiter ergebenden rechtlichen Folgerungen bestimmen sich nach der jeweils in Betracht kommenden Vergütungsgruppe und nicht nach Fallgruppen. Daher ist eine auf Vergütung nach einer bestimmten Fallgruppe gerichtete Klage unzulässig (Bestätigung von BAG 9.7.1980 4 AZR 579/78 = BAGE 34, 57, 62 = AP Nr 14 zu § 23a BAT).

2. § 24 Abs 1 BAT kann nur angewendet werden, wenn einem Angestellten vorübergehend eine einer höheren Vergütungsgruppe entsprechende Tätigkeit übertragen wird. Die Vorschrift kann nicht herangezogen werden, wenn verschiedene Tätigkeiten derselben Vergütungsgruppe und lediglich unterschiedlichen Fallgruppen zuzuordnen sind.

3. Die Beschäftigung der Angestellten des öffentlichen Dienstes bestimmt sich nach dem Arbeitsvertrag. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers wird durch den Arbeitsvertrag begrenzt, umfaßt jedoch, sofern keine vertragliche Konkretisierung vorliegt, die volle Reichweite der jeweiligen Vergütungsgruppe ohne Rücksicht darauf, ob aus einzelnen Fallgruppen ein Bewährungsaufstieg möglich ist oder nicht (Bestätigung von BAG 2.21.1981 4 AZR 383/79 = BAGE 37, 145, 150 = AP Nr 6 zu § 75 BPersVG).

4. Unter Berufung auf das Haushaltsrecht und den behördlichen Stellenplan können Vergütungsansprüche der Angestellten des öffentlichen Dienstes nicht zurückgewiesen werden.

 

Orientierungssatz

Überprüfung der Auslegung individueller Willenserklärungen durch das Revisionsgericht.

 

Normenkette

BAT § 24; BAT Anlage 1a; ZPO § 256; BAT § 22 Fassung: 1979-07-02

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 27.01.1984; Aktenzeichen 9 Sa 1204/83)

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.08.1983; Aktenzeichen 1 Ca 10546/82)

 

Tatbestand

Der Kläger steht seit dem 15. Mai 1964 beim W K im Dienstbereich der Wasser- und Schifffahrtsdirektion West als Verwaltungsangestellter in den Diensten der Beklagten. Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden tariflichen Bestimmungen vereinbart.

Am 1. Juli 1976 wurde dem Kläger die Tätigkeit eines Sachbearbeiters für Angelegenheiten der Binnenschiffahrt und des Schiffseichamtes unter gleichzeitiger Eingruppierung in die VergGr. V b BAT übertragen. Im Jahre 1978 wurde im Zuge einer Neuorganisation der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung die Rheinstrecke im Amtsbereich K von 60 auf 120 Kilometer verlängert. Das führte zu einer Erweiterung der schiffahrtspolizeilichen Aufgaben, wirkte sich aber auch erschwerend und verantwortungserhöhend auf die Tätigkeit des Klägers aus, dessen Dienstposten SB 3 - 2 neu zugeschnitten wurde. Im Hinblick darauf teilte die Wasser- und Schiffahrtsdirektion West unter dem 23. August 1979 seinem Beschäftigungsamt und dem Kläger schriftlich mit:

"Aufgrund der Dienstpostenbeschreibung und Ihrer Berichtsausführungen genehmige ich gem. § 24 Abs. 1 BAT die Zahlung einer persönlichen Zulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Fallgruppen 1 c und 1 a der Vergütungsgruppe V b BAT an den Büroangestellten Dieter W mit Wirkung vom 1. 12. 1978.

Die in der Dienstpostenbeschreibung geschilderten Tätigkeiten bleiben dem BA W bis zur Zuweisung einer V b - Stelle vorübergehend gemäß § 24 Abs. 1 BAT übertragen.

Ich bitte die Bundesbesoldungsstelle entsprechend anzuweisen."

Diese Mitteilung ergänzend und korrigierend schrieb die Wasser- und Schiffahrtsdirektion West weiter unter dem 27. November 1979 an sein Beschäftigungsamt und den Kläger:

"Aufgrund der mit Bericht vom 2. 11. 1979 - 3897/79 A/A 6 -

vorgelegten ergänzten Dienstpostenbeschreibung bin ich damit

einverstanden, daß die dem BA W gem. § 24 Abs. 1

BAT vorübergehend übertragene Tätigkeit der Vergütungsgruppe

Vb Fallgruppe 1 b BAT zuzuordnen ist."

Mit Amtsverfügung vom 7. September 1981 wurde dem Kläger seine erweiterte Sachbearbeitertätigkeit "auf Dauer übertragen". Mit Schreiben vom 1. Juni 1982 verlangte der Kläger seine Höhergruppierung in die VergGr. IV b BAT im Wege des Bewährungsaufstiegs unter Hinweis darauf, daß er seit dem 1. Dezember 1978 Tätigkeiten der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b ausübe. Darauf antwortete das W K dem Kläger unter dem 7. Juli 1982:

"Mit Wirkung vom 01. 08. 1981 wurden Sie in Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 b der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert. Die Zeit des Aufstiegs nach Bewährung in dieser Vergütungsgruppe und Fallgruppe ist nach 4 Jahren erfüllt, und zwar zum 01. 08. 1985.

Eine Anrechnung von Zeiten, während der Sie Tätigkeiten dieser Vergütungs- und auch Fallgruppe vorübergehend (§ 24 Abs. 1 BAT) ausgeübt haben, kann hierbei bestimmungsgemäß nicht erfolgen. Diese Anrechnung ist jedoch bei dem Bewährungsaufstieg nach § 23 a BAT möglich. Die Zeit der 6-jährigen Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. V b BAT wäre dann zum 01. 12. 1984 erfüllt."

Mit der Klage hat der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an ihn ab 1. Dezember 1982 Vergütung nach VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b zu zahlen. Dazu hat der Kläger vorgetragen, rechtlich sei allein entscheidend, daß er ab 1. Dezember 1978 eine nach VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b zu bewertende Tätigkeit ausübe. Seine dementsprechende Eingruppierung sei damals nur deswegen unterblieben, weil eine Planstelle der VergGr. V b BAT nicht zur Verfügung gestanden habe. Darauf komme es jedoch nach den tariflichen Bestimmungen nicht an. Diese ermöglichten es auch nicht, ihm seine Tätigkeit zunächst nur "vorübergehend" zu übertragen. Dabei übersehe die Beklagte, daß er schon vorher der VergGr. V b BAT entsprechende Tätigkeiten ausgeübt habe. Zudem habe ihm in Wahrheit der neue Dienstposten von vornherein auf Dauer übertragen werden sollen. Innerhalb derselben Vergütungsgruppe sei für eine Heranziehung des § 24 Abs. 1 BAT ohnehin kein Raum. Demgemäß hat der Kläger beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an

den Kläger ab 1. Dezember 1982 Vergütung nach VergGr.

IV b BAT Fallgruppe 1 b zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für das Klagebegehren fehle es an einer Rechtsgrundlage. Der Kläger verkenne, daß ihm die höherwertige Tätigkeit zunächst nur vorübergehend nach § 24 Abs. 1 BAT übertragen worden sei, weil eine Planstelle der VergGr. V b BAT nicht zur Verfügung gestanden habe. An Haushalts- und Stellenpläne sei aber jede Verwaltung zwingend gebunden. Eine Umgehung der §§ 22, 23 BAT zu Lasten des Klägers sei weder beabsichtigt gewesen noch feststellbar. Nachdem im August 1981 eine entsprechende freie Planstelle zur Verfügung gestanden habe, sei seine erweiterte Sachbearbeitertätigkeit dem Kläger in tarifgerechter Weise sogleich auf Dauer übertragen worden. Da es sich vorliegend um einen Fallgruppenbewährungsaufstieg handele, sei für eine Anwendung des § 23 a BAT kein Raum.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Klagebegehren erkannt. In seinem Tenor hat es die Verpflichtung der Beklagten festgestellt,

"den Kläger seit dem 1. 12. 1982 aus der Vergütungsgruppe

IV b (Fallgruppe 1 b BAT) zu bezahlen."

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Fallgruppe in seinem Klageantrag fallengelassen hat, beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Im Ergebnis zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab 1. Dezember 1982 Vergütung nach VergGr. IV b BAT zu zahlen. Der Antragsbeschränkung des Klägers entsprechend und gemäß der zutreffenden Rechtslage hat der Senat jedoch den Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils in der Weise neugefaßt, daß die Nennung der Fallgruppe 1 b darin entfällt.

Wenn der Kläger mit seiner Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, an ihn ab 1. Dezember 1982 Vergütung nach VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b zu zahlen, und das Arbeitsgericht ein dementsprechendes Urteil erlassen hat, so übersehen sowohl der Kläger als auch das Arbeitsgericht, daß ein derartiges Klagebegehren unzulässig ist. Die tarifliche Mindestvergütung der unter den BAT fallenden Angestellten und die sich daraus weiter ergebenden rechtlichen Folgerungen bestimmen sich nämlich gemäß § 22 BAT nach der der Tätigkeit des Angestellten jeweils entsprechenden Vergütungsgruppe und nicht nach bestimmten Fallgruppen (vgl. die Urteile des Senats BAG 34, 57, 62 = AP Nr. 14 zu § 23 a BAT sowie vom 28. April 1982 - 4 AZR 707/79 - AP Nr. 62 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Dieser Rechtslage entsprechend hat der Kläger in der Revisionsinstanz in seinem Klageantrag die Fallgruppe fallengelassen. Damit entspricht nunmehr seine Klage den Erfordernissen der allgemein im öffentlichen Dienst üblichen Eingruppierungsfeststellungsklagen, mit denen jeweils die Feststellung begehrt wird, an einen Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes Arbeitsentgelt nach einer bestimmten Vergütungsgruppe zu zahlen. Demgemäß hat der Senat den Tenor des arbeitsgerichtlichen Urteils klargestellt.

Wie nochmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt wurde, haben die Parteien einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge vereinbart. Damit kommt es darauf an, ob die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge den Merkmalen der VergGr. IV b BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Indessen bedarf es der Bestimmung der Arbeitsvorgänge des Klägers deswegen nicht, weil die Parteien ausschließlich darum streiten, von welchem Zeitpunkt an dem Kläger aufgrund der tariflichen Bestimmungen über den Bewährungsaufstieg Vergütung nach VergGr. IV b BAT zusteht.

Nach VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b sind zu vergüten

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst

und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch

aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a heraushebt,

daß sie mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist,

nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe V b

Fallgruppe 1 b,

während nach der darin in Bezug genommenen VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b zu vergüten sind

Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst

und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch

aus der Fallgruppe 1 a heraushebt, daß sie mindestens

zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist.

Hierzu führt das Landesarbeitsgericht aus, der Kläger erfülle ab 1. Dezember 1982 die Merkmale der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b. Es handele sich vorliegend um einen mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichneten Fall des Bewährungsaufstieges, so daß § 23 a Abs. 1 BAT eingreife. Der Kläger habe durchgehend seit dem 1. Dezember 1978 eine den Merkmalen der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Zu seinen Gunsten sei § 23 Abs. 2 Nr. 5 BAT heranzuziehen. Danach seien beim Bewährungsaufstieg auch Tätigkeiten anzurechnen, für die der Angestellte lediglich die Zulage des § 24 Abs. 1 BAT erhalten habe, wie es beim Kläger der Fall gewesen sei. Unter diesen Umständen komme es nicht mehr darauf an, ob für die vorübergehende Übertragung der höherwertigen Tätigkeit an den Kläger ein sachlicher Grund bestanden habe.

Damit kommt das Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zum zutreffenden Ergebnis. Seiner Begründung vermag der Senat jedoch nur teilweise zu folgen. Auszugehen ist davon, daß der Kläger schon seit dem Jahre 1976, also vor dem Beginn des vierjährigen Bewährungszeitraumes der VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b, Vergütung nach VergGr. V b BAT bezogen hatte, wobei nach dem Akteninhalt beide Parteien darüber einig sind, daß dem Kläger aufgrund seiner damaligen Tätigkeit diese Vergütung auch zustand und über die Einzelheiten seiner Tätigkeit kein Streit besteht. An dieser zuvor schon bestehenden Rechtslage haben die beiden nach Änderung und Erweiterung seines Aufgabengebietes an den Kläger und sein Beschäftigungsamt gerichteten Schreiben der Wasser- und Schiffahrtsdirektion West vom 23. August und 27. November 1979 entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten überhaupt nichts geändert. Jedenfalls sollte der Kläger nämlich auch danach weiterhin Vergütung nach VergGr. V b BAT erhalten.

Die rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts, daß mittels der beiden Schreiben dem Kläger wirksam vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit nach § 24 Abs. 1 BAT übertragen worden sei, was auch die Beklagte annimmt, ist unzutreffend. Diese rechtliche Folgerung ist nicht möglich. § 24 Abs. 1 BAT regelt nämlich sowohl nach seinem insoweit klaren Wortlaut als auch nach seinem Sinn und Zweck ausschließlich die Fallgestaltung, daß einem Angestellten vorübergehend eine Tätigkeit übertragen wird, die deswegen tariflich höherwertig ist, weil sie einer höheren Vergütungsgruppe als derjenigen, in der sich der betreffende Angestellte befindet, entspricht. Damit hätte vorliegend § 24 Abs. 1 BAT nur herangezogen werden können, wenn die Tätigkeit des Klägers vor der Umorganisation in seiner Dienststelle der VergGr. V c BAT entsprochen hätte. Das war aber nicht der Fall. Vielmehr entsprach auch schon die frühere Tätigkeit des Klägers nach den Feststellungen der Vorinstanzen und dem unstreitigen Sachverhalt den Merkmalen der VergGr. V b BAT, so daß für eine Heranziehung des § 24 Abs. 1 BAT kein Raum war.

Daran ändert nichts, daß von den Tarifvertragsparteien nunmehr innerhalb der VergGr. V b BAT in den einzelnen Fallgruppen unterschiedliche Anforderungen gestellt und besondere, teilweise aufeinander aufbauende Qualifizierungen vorgesehen werden. Während die Tarifvertragsparteien nämlich in der Fallgruppe 1 a der VergGr. V b BAT lediglich gründliche, umfassende Fachkenntnisse und selbständige Leistungen fordern, verlangen sie in der Fallgruppe 1 b derselben Vergütungsgruppe darüber hinaus, daß die Tätigkeit mindestens zu einem Drittel besonders verantwortungsvoll ist. Zwar mag diese subtile rechtliche Differenzierung innerhalb derselben Vergütungsgruppe im Einzelfall zu Schwierigkeiten bei der Darlegungslast und im Beweisverfahren führen. Gleichwohl steht es den Tarifvertragsparteien frei, im Rahmen ihrer Rechtssetzungsautonomie auch innerhalb derselben Vergütungsgruppe derartige Differenzierungen vorzunehmen. Weiter ändern derartige rechtliche Differenzierungen in den einzelnen Fallgruppen der tariflichen Vergütungsordnung auch entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts und der Beklagten nichts daran, daß - wie vorliegend - bei einem Wechsel der Tätigkeit von der einen zu einer anderen Fallgruppe innerhalb derselben Vergütungsgruppe des BAT § 24 Abs. 1 BAT weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden kann.

Im übrigen haben das Landesarbeitsgericht und die Beklagte verkannt, daß die Beschäftigung der Angestellten des öffentlichen Dienstes nicht tariflich geregelt ist, sondern sich nach dem Arbeitsvertrag bestimmt, so daß einmal das Direktionsrecht des öffentlichen Arbeitgebers seine Grenze im Arbeitsvertrag hat, andererseits aber - wenn keine vertragliche Konkretisierung getroffen ist - die volle Reichweite derjenigen Vergütungsgruppe umfaßt, nach der der Angestellte zu vergüten ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob aus den einzelnen Fallgruppen der betreffenden Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg möglich ist oder nicht (vgl. die Urteile des Senats BAG 37, 145, 150 = AP Nr. 6 zu § 75 BPersVG und BAG 34, 57, 62 = AP Nr. 14 zu § 23 a BAT mit weiteren Nachweisen). Demgemäß hätte die Beklagte auch mit dem Kläger nach der Umorganisation in seiner Beschäftigungsdienststelle ohne Rechtsverstoß verfahren können.

Nach dem Akteninhalt hat sich die Beklagte jedoch weder am Arbeitsvertrag der Parteien noch an tariflichen Bestimmungen orientiert. Während zwischen den Parteien Einigkeit darüber besteht, daß die neue Tätigkeit des Klägers, die er seit dem 1. Dezember 1978 ausübt, in jeder Beziehung den Anforderungen der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b entspricht und die Beklagte dies dem Kläger sogar schriftlich bestätigt hat, hat sie sich gleichwohl der fehlerhaften und rechtlich nicht möglichen Heranziehung des § 24 Abs. 1 BAT nur deswegen bedient, weil zunächst aus Haushaltsgründen eine Stelle der VergGr. V b BAT für den Kläger nicht vorhanden war. Haushaltsrechtliche Erwägungen und Gründe des Stellenplanes können jedoch, obwohl die öffentliche Verwaltung daran gebunden ist, einem Anspruch auf tarifliche Mindestvergütung nach dem BAT nicht entgegengesetzt werden (vgl. BAG 42, 29, 41 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG 38, 221, 232 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975 sowie das weitere Urteil des Senats vom 6. Dezember 1978 - 4 AZR 321/77 - AP Nr. 11 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Unmaßgeblich für entsprechende Ansprüche der Angestellten des öffentlichen Dienstes aus Tarifvertrag und Einzelarbeitsvertrag ist auch, daß insoweit im Beamtenrecht andere Grundsätze gelten. Sie haben in dem besonderen und andersartigen rechtlichen Status des Beamten ihre Ursache (vgl. das Urteil des Senats vom 11. April 1979 - 4 AZR 567/77 - AP Nr. 21 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen).

Hat aber, worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht, die Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 1. Dezember 1978 bis 30. November 1982 den Merkmalen der VergGr. V b BAT Fallgruppe 1 b entsprochen, nimmt er auch im Sinne des Klagebegehrens ab 1. Dezember 1982 am Bewährungsaufstieg in die VergGr. IV b BAT Fallgruppe 1 b teil, wobei beide Parteien davon ausgehen, daß sich der Kläger bewährt hat.

Damit kommt es auf die weiteren Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht mehr an, wobei das Landesarbeitsgericht ohnehin übersieht, daß es sich vorliegend um einen Fall des sogenannten Fallgruppenbewährungsaufstiegs handelt, der durch den Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT über die Neufassung der Fallgruppen vom 24. Juni 1975 eingeführt worden ist und bei dem im Gegensatz zur Regelung in § 23 a BAT gemäß § 24 BAT vorübergehend oder vertretungsweise ausgeübte Tätigkeiten nicht auf die Bewährungszeit angerechnet werden können (vgl. das Urteil des Senats BAG 43, 374, 378 = AP Nr. 6 zu § 24 BAT). Aus den dargelegten Gründen sind auch die weiteren Ausführungen der Revision zur Frage des Vorliegens eines sachlichen Grundes für die "vorübergehende Zuweisung" seiner Tätigkeit an den Kläger gemäß § 24 BAT (vgl. hierzu das Urteil des Senats vom 19. Juni 1985 - 4 AZR 540/83 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen), zu einem etwaigen Rechtsmißbrauch und der Bindung der Verwaltung an Haushaltsrecht und Haushaltspläne rechtsunerheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 439059

RdA 1986, 134

AP § 24 BAT (Leitsatz 1-4 und Gründe), Nr 10

AR-Blattei, Öffentlicher Dienst IIIA Entsch 307 (Leitsatz 1-4 und Gründe)

PersV 1991, 230-231 (Kurzwiedergabe)

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