Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieblicher Zuschuß zum Altersübergangsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

Wird im Februar 1991 im Beitrittsgebiet in einer Betriebsvereinbarung für betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer, die “entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Bezieher von Altersübergangsgeld sind”, eine zusätzliche betriebliche Leistung zum Altersübergangsgeld vereinbart, so kann diese Regelung dahin auszulegen sein, daß der Anspruch entfällt, wenn der Arbeitnehmer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beanspruchen kann, auch wenn der Arbeitnehmer einen Rentenantrag nicht stellt und weiter Altersübergangsgeld bezieht.

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 30 Abs. 2; AFG § 249e; SGB VI § 38

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 17.02.1994; Aktenzeichen 3 Sa 577/93)

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 08.06.1993; Aktenzeichen 4 Ca 697/93)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger einen Ausgleichsbetrag zum Altersübergangsgeld zu gewähren.

Der am 12. Februar 1931 geborene Kläger war seit dem 6. November 1957 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis wurde durch betriebsbedingte Kündigung zum 30. Juni 1991 beendet. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Stahlindustrie von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin-Ost (MTV-Stahl) vom 25. März 1991 Anwendung.

Seit dem 1. Juli 1991 erhält der Kläger Altersübergangsgeld. Aufgrund einer Betriebsvereinbarung über die Gewährung von zusätzlichen betrieblichen Leistungen zu den Altersübergangsgeldregelungen vom 19. Februar 1991 (BV) erhielt der Kläger ab 1. Juli 1991 einen Ausgleichsbetrag zum Altersübergangsgeld. Die Betriebsvereinbarung hat, soweit vorliegend von Interesse, folgenden Wortlaut:

  • “…
  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch eine betriebsbedingte Kündigung fristgemäß beendet wurde und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Bezieher von Altersübergangsgeld sind, erhalten in Realisierung der Festlegungen des Sozialplanes zusätzlich zum Altersübergangsgeld folgende betriebliche Leistungen:

    • Einen monatlichen Ausgleichsbetrag in Höhe von

      • 25 % des durchschnittlichen Nettoentgelts der letzten drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses

      • Werden Lohnveränderungen durch Tarifverhandlungen wirksam, wird entsprechend des Prozentsatzes der Lohn- und Gehaltsveränderungen der monatliche Ausgleichsbetrag in Höhe von 25 % des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgeltes neu berechnet und gewährt. …
    • Gewährung eines pauschalen Abfindungsbetrages in Abhängigkeit von Lebensalter und ununterbrochener Betriebszugehörigkeit, entsprechend der betrieblichen Vereinbarung nach folgender Differenzierung: …

      • Die Zahlung des im Punkt 1.2.1. zutreffenden Abfindungsbetrages wird wie folgt gewährt:

        • 70 % der Gesamtsumme mit Beginn der Gewährleistung des Altersübergangsgeldes
        • 30 % bei Beendigung der Zahlung von Altersübergangsgeld (max. nach 3 Jahren)
  • Der während des Zeitraumes des Bezuges von Altersübergangsgeld und Altersrente aus Arbeitslosigkeit entstehende Anspruch auf materielle Zuwendung für langjährige Betriebszugehörigkeit (Betriebsjubiläum) besteht weiter. Die Auszahlung erfolgt im Monat des Ereignisses.”

Der Ausgleichsbetrag wurde in einer Einzelvereinbarung zwischen den Parteien vom 4. Juni 1991 auf 477,63 DM berechnet. Er erhöhte sich ab 1. April 1992 auf 589,87 DM. Die Abfindungssumme wurde in Höhe von 70 % im Juli 1991 und in Höhe von 30 % im Januar 1992 ausgezahlt.

Ab 1. Juli 1992 stellte die Beklagte die Zahlung des Ausgleichsbetrages mit der Begründung ein, daß dem Kläger seit diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Altersrente zustehe und er deshalb nicht mehr zu den Beziehern von Altersübergangsgeld i.S. der betrieblichen Regelung gehöre. Einen Antrag auf Altersrente hat der Kläger nicht gestellt. Er ist von der Bundesanstalt für Arbeit auch nicht dazu aufgefordert worden.

Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stehe über den 1. Juli 1992 hinaus ein Anspruch auf den Ausgleichsbetrag zu. Er erfülle die Voraussetzungen nach Ziffer 1 der Betriebsvereinbarung, da er weiterhin aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen Altersübergangsgeld beziehe. weder die Betriebsvereinbarung noch die Einzelvereinbarung enthielten eine zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf den Ausgleichsbetrag bis zum frühestmöglichen Bezug von Altersrente. Auch habe er sich weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit verpflichtet, einen Rentenantrag zu stellen.

Der Kläger hat beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 5.308,53 nebst 4 % Zinsen seit dem 8. März 1993 zu zahlen,
  • die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an ihn DM 589,87 an jedem ersten eines Monats für den Zeitraum des Bezuges von Altersübergangsgeld, beginnend mit dem 1. April 1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte meint, aus der Bezugnahme auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung geltenden gesetzlichen Bestimmungen über das Altersübergangsgeld folge, daß der Ausgleichsbetrag längstens bis zum frühestmöglichen Bezug von Altersrente ab 1. Juli 1992 gewährt werden sollte. Da der Kläger bei seinem Ausscheiden das 60. Lebensjahr vollendet hatte, habe ihm nach einem Jahr Arbeitslosigkeit ein Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI zugestanden. Auch habe sich der Kläger gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit verpflichtet, drei Monate vor diesem Termin einen Rentenantrag zu stellen.

Da die Betriebsvereinbarung auf die zum Zeitpunkt ihres Abschlusses geltenden gesetzlichen Bestimmungen Bezug genommen habe und die für die Ausgleichsbeträge zur Verfügung gestellten Mittel auch im Hinblick darauf kalkuliert worden seien, könnten spätere, zugunsten des Klägers eingetretene Änderungen der gesetzlichen Vorschriften über das Altersübergangsgeld keinen über ein Jahr hinausgehenden Anspruch auf den Ausgleichsbetrag begründen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden erstinstanzlichen Urteils. Dem Kläger steht ein Anspruch auf den Ausgleichsbetrag zum Altersübergangsgeld über den 30. Juni 1992 hinaus nicht zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der Anspruch auf den Ausgleichsbetrag nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung weiterhin zu. Die Betriebsvereinbarung enthalte keine zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf den Ausgleichsbetrag. Insbesondere folge aus der Bezugnahme auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht, daß der Anspruch zwingend bis zum frühestmöglichen Bezug von Altersrente begrenzt worden sei. Nach § 249e AFG in der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung geltenden Fassung habe ein Anspruch auf Altersübergangsgeld nur dann geruht, wenn die Bezieher nach Aufforderung durch die Bundesanstalt für Arbeit keinen Rentenantrag stellten. Eine solche Aufforderung habe der Kläger weder zum damaligen Zeitpunkt noch später erhalten. Er sei auch weder gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit noch gegenüber der Beklagten verpflichtet gewesen, einen solchen Antrag zu stellen.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

II. Dem Kläger steht über den 30. Juni 1992 hinaus kein Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Ausgleichsbetrages zum Altersübergangsgeld aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 19. Februar 1991 zu. Er gehört seit dem 1. Juli 1992 nicht mehr zu den Arbeitnehmern, die entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Bezieher von Altersübergangsgeld i.S. der Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung sind.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Betriebsvereinbarungen wie Tarifverträge und diese wiederum wie Gesetze auszulegen. Maßgeblich ist dabei zunächst der Wortlaut. Über den reinen Wortlaut hinaus ist sodann der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen, sofern und soweit sie in der Betriebsvereinbarung erkennbar zum Ausdruck gekommen sind. Abzustellen ist dabei auf den Gesamtzusammenhang der Regelung, der schon deswegen einzubeziehen ist, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und nur so der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAGE 60, 94 = AP Nr. 48 zu § 112 BetrVG 1972; Urteil vom 16. März 1994 – 10 AZR 606/93 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

2. Nach dem Wortlaut der Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung sollen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte Kündigung beendet wurde und die entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Bezieher von Altersübergangsgeld sind, einen Ausgleichsbetrag als zusätzliche betriebliche Leistung erhalten.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch betriebsbedingte Kündigung zum 30. Juni 1991 beendet worden. Er bezog nach § 249e AFG ab 1. Juli 1991 Altersübergangsgeld. Die Beklagte gewährte ihm demgemäß einen Ausgleichsbetrag bis zum 30. Juni 1992. Ob dem Kläger darüber hinaus ein Anspruch auf den Ausgleichsbetrag zusteht, läßt sich aus dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung nicht eindeutig entnehmen.

a) Die Betriebspartner haben den Kreis der Bezieher von Altersübergangsgeld durch Bezugnahme auf die “entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen” beschrieben. Damit ist zunächst von den gesetzlichen Bestimmungen auszugehen, die das Altersübergangsgeld zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung am 19. Februar 1991 regelten.

Ein Altersübergangsgeld war für Arbeitnehmer im Beitrittsgebiet in Art. 30 Abs. 2 Satz 1 EV vorgesehen worden. Danach konnten Arbeitnehmer ein Altersübergangsgeld nach Vollendung des 57. Lebensjahres für die Dauer von drei Jahren längstens bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Mit dem “frühestmöglichen Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung” knüpfte die Regelung im Einigungsvertrag damit an den Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für einen Rentenbezug an.

Dieser Grundsatz war durch die gesetzliche Regelung in § 249e AFG i.d.F. der Anlage I des Kapitels VIII, Sachgebiet E, Abschnitt II, Buchst. e EV konkretisiert worden. Danach hatte § 249e Abs. 4 AFG folgenden Wortlaut:

“Das Arbeitsamt soll dem Berechtigten, der nach Unterrichtung über die Regelung des Satzes 2 78 Tage Altersübergangsgeld bezogen hat und in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersruhegeld voraussichtlich erfüllt, auffordern, innerhalb eines Monats Altersruhegeld zu beantragen. Stellt der Berechtigte den Antrag nicht, ruht der Anspruch auf Altersübergangsgeld vom Tage nach Ablauf der Frist an bis zu dem Tage, an dem der Berechtigte Altersruhegeld beantragt.”

Nach dieser gesetzlichen Regelung fiel der Anspruch auf Altersübergangsgeld nicht mit dem Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Altersruhegeld bzw. Altersrente weg, sondern sollte ein Bezieher von Altersübergangsgeld vom Arbeitsamt aufgefordert werden, einen Rentenantrag zu stellen, wenn er voraussichtlich in absehbarer Zeit die gesetzlichen Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllte. Der Wechsel von Altersübergangsgeld zur Rente war damit an ein Tätigwerden des Arbeitsamtes gekoppelt.

b) Der Wortlaut der Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung läßt damit einerseits die Auslegung zu, daß der Anspruch auf Altersübergangsgeld und damit der Anspruch auf den Ausgleichsbetrag mit Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrente entfallen sollte.

Andererseits kann die Bestimmung nach ihrem Wortlaut aber auch dahingehend ausgelegt werden, daß der Anspruch auf Altersübergangsgeld solange bestehen sollte, bis das Arbeitsamt den Bezieher von Altersübergangsgeld aufforderte, einen Rentenantrag zu stellen und in Vollzug dieser Aufforderung aufgrund des Rentenantrags Altersrente bewilligt wurde.

An dieser auf § 249e Abs. 4 Satz 1 AFG i.d.F. des Einigungsvertrages beruhenden Rechtslage hat sich auch mit der Änderung des § 249e AFG durch das Gesetz vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1306), durch das Gesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606) und das Gesetz vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2044) nichts geändert. Die Ablösung von Altersübergangsgeld durch Altersrente hing stets von der Stellung eines Rentenantrags nach Aufforderung durch das Arbeitsamt und Bewilligung der Altersrente ab.

3. Aus dem Sinn und Zweck der Gewährung eines Ausgleichsbetrages zum Altersübergangsgeld ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der betrieblichen Regelung, daß die Betriebspartner einen Anspruch auf den Ausgleichsbetrag nur bis zum Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente begründen und nicht solange gewähren wollten, bis tatsächlich nach Aufforderung durch das Arbeitsamt ein Rentenantrag gestellt und Altersrente bewilligt wird.

a) Die Betriebspartner haben mit der Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen zum Bezug von Altersübergangsgeld an die gesetzlichen Bestimmungen angeknüpft, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung galten und deren Inkrafttreten mit der Übernahme des Sechsten Buches der Sozialversicherung (Rentenversicherung) ab 1. Januar 1992 zu erwarten war.

Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsvereinbarung im Februar 1991 galt danach der Grundsatz des Art. 30 Abs. 2 Satz 1 EV, wonach Altersübergangsgeld nach Vollendung des 57. Lebensjahres längstens bis zum frühestmöglichen Bezug von Altersrente gezahlt werden sollte. Dieser Grundsatz lag auch der gesetzlichen Regelung in § 249e Abs. 4 i.d.F. des Einigungsvertrages zugrunde. Wenn in dieser gesetzlichen Vorschrift auch normiert war, daß das Arbeitsamt den Bezieher von Altersübergangsgeld auffordern sollte, in absehbarer Zeit vor der voraussichtlichen Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersruhegeld (bzw. Altersrente) einen Rentenantrag zu stellen, so konnten die Betriebspartner doch mit Recht davon ausgehen, daß das Arbeitsamt entsprechend tätig werden und der Bezieher von Altersübergangsgeld den Rentenantrag stellen würde.

Nach dem Auftrag an den Gesetzgeber in Art. 30 Abs. 5 EV war zudem zu erwarten, daß die gesetzlichen Vorschriften über die Rentenversicherung ab 1. Januar 1992 im Beitrittsgebiet in Kraft treten würden. Diese sahen den Bezug von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI vor. Demgemäß konnten die Betriebspartner davon ausgehen, daß Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet hatten nach einem Jahr Arbeitslosigkeit die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllen und damit aus dem Kreis der Bezieher von Altersübergangsgeld ausscheiden würden.

b) Die Betriebspartner sind bei Abschluß der Betriebsvereinbarung von dieser Rechtslage ausgegangen. Dies folgt aus dem Gesamtzusammenhang der betrieblichen Regelung.

Die Betriebspartner haben nämlich durchaus berücksichtigt, daß der Anspruch auf Altersübergangsgeld zu einem früheren Zeitpunkt als vor Ablauf der dreijährigen Bezugsdauer enden konnte. Dies folgt aus Ziff. 1.2.2. der Betriebsvereinbarung, wonach 30 % der Abfindungssumme nach Beendigung der Zahlung von Altersübergangsgeld (max. nach 3 Jahren) gezahlt werden sollte. Der mögliche frühere Zeitpunkt war für Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet hatten, der Eintritt der gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Diese zu erwartende gesetzliche Möglichkeit für den Rentenbezug haben die Betriebspartner auch in die betriebliche Regelung mit einbezogen. Dies ergibt sich aus Ziff. 4 der Betriebsvereinbarung. Diese Bestimmung geht vom Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und damit von einer Rechtslage aus, wie sie nach Inkrafttreten des § 38 SGB VI ab 1. Januar 1992 zu erwarten war.

Aus dem Gesamtzusammenhang der betrieblichen Regelung ergibt sich damit, daß die Betriebspartner einen Anspruch auf den Ausgleichsbetrag nur für Bezieher von Altersübergangsgeld im Rahmen der auf dem Einigungsvertrag beruhenden gesetzlichen Regelung des § 249e AFG unter Berücksichtigung der Möglichkeit des Bezugs von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI gewähren wollten.

c) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Gewährung zusätzlicher betrieblicher Leistungen.

Mit den zusätzlichen betrieblichen Leistungen sollten die zukünftigen wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden, die den Arbeitnehmern aufgrund betriebsbedingter Kündigung entstehen würden. Dazu diente einerseits die Abfindung und andererseits der Ausgleichsbetrag, der für eine vorübergehende Zeit bis zum Bezug von Altersrente zusammen mit dem Arbeitslosengeld zur wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beitragen sollte.

Dem Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung würde ein Ausgleichsbetrag aber dann nicht mehr dienen, wenn ein Arbeitnehmer trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Altersrente weiterhin nur deshalb Altersübergangsgeld und damit auch den Ausgleichsbetrag beziehen würde, weil er vom Arbeitsamt nicht zur Stellung eines Rentenantrags aufgefordert worden ist und auch von sich aus keinen Rentenantrag stellt. Nach dem Sinn und Zweck der betrieblichen Regelung kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß die Betriebspartner einen sozialplanähnlichen Anspruch allein von einem generalisierten oder auf den Einzelfall bezogenen Verhalten des Arbeitsamtes für eine, für die Beteiligten nicht absehbare Zeit begründen wollten. Sie wollten vielmehr daran anknüpfen, daß bei Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr vollendet hatten, nach einem Jahr Arbeitslosigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Altersrente eintraten, dementsprechend Altersrente bewilligt und damit ein Bedürfnis für eine weitere zusätzliche betriebliche Leistung entfallen würde.

4. Bei dieser Auslegung der Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung stand dem Kläger ein Anspruch auf den Ausgleichsbetrag nur bis zum 30. Juni 1992 zu. Der Kläger hatte am 12. Februar 1991 das 60. Lebensjahr vollendet. Er war am 30. Juni 1992 ein Jahr arbeitslos und erfüllte, wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, ab 1. Juli 1992 auch die übrigen Voraussetzungen für einen Bezug von Altersrente nach § 38 SGB VI. Damit gehörte er von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zu den Beziehern von Altersübergangsgeld i.S. der Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung, so daß die Beklagte die Zahlung des Ausgleichsbetrages mit Recht einstellen konnte.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Hermann, Schlaefke

 

Fundstellen

Haufe-Index 856744

BB 1995, 1413

NZA 1995, 892

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