Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Lohnanspruch für Vorsorgeuntersuchung außerhalb der Arbeitszeit

 

Orientierungssatz

Ein Arbeitnehmer, der sich einer nach den Unfallverhütungsvorschriften gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchung außerhalb der Arbeitszeit unterzieht, hat keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung, da die Untersuchung im Interesse des Arbeitnehmers liegt.

 

Normenkette

BGB §§ 616, 670, 675, 611; RVO § 708

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Entscheidung vom 28.08.1980; Aktenzeichen 10 Sa 446/80)

ArbG Hamm (Entscheidung vom 21.02.1980; Aktenzeichen 1 Ca 2193/79)

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten als Maschinensteller beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung. Der Betrieb der Beklagten fällt unter die nach § 708 RVO erlassene Unfallverhütungsvorschrift "Lärm" der Maschinenbau- und Kleineisenindustrie-Berufsgenossenschaft vom 1. Dezember 1974. Diese Unfallverhütungsvorschrift hat - soweit hier interessierend - folgenden Wortlaut:

"Vorsorgeuntersuchungen

§ 8 (1) Der Unternehmer hat dafür zu sorgen, daß Versicherte, die in Lärmbereichen beschäftigt werden, durch Vorsorgeuntersuchungen überwacht werden. ...

Überwachungsuntersuchungen

§ 10 (1) Der Unternehmer darf einen Versicherten in Lärmbereichen

1. nach Ablauf von 1 Jahr seit der Eignungsuntersuchung,

2. nach Ablauf von jeweils 3 Jahren seit der letzten Untersuchung,

3. nach Ablauf der von der Berufsgenossenschaft nach Absatz 2 bestimmten Fristen seit der letzten Untersuchung nur weiter beschäftigen, wenn der Versicherte zuvor untersucht worden ist und entweder nach dem Ergebnis des Siebtests eine Untersuchung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 nicht erforderlich ist oder eine vom ermächtigten Arzt ausgestellte Bescheinigung darüber vorliegt, daß gesundheitliche Bedenken gegen eine Weiterbeschäftigung in Lärmbereichen nicht bestehen.

(2) Die Berufsgenossenschaft kann nach Anhörung der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde die nach Abs. 1 Nrn. 1 und 2 vorgesehenen Fristen entsprechend der Gefährdung am Arbeitsplatz im Einzelfall verkürzen oder verlängern. ....

Kosten der Vorsorgeuntersuchungen

§ 12 Die Kosten der Vorsorgeuntersuchung trägt der Unternehmer, soweit diese nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen werden."

Am 15. November 1979 wurde der Kläger im Werksärztezentrum S e.V., in dem die Beklagte die Mitgliedschaft für ihren Betrieb erworben hat, nach einer über den Betrieb der Beklagten erfolgten Terminabsprache untersucht. Die Untersuchung, die einschließlich Hin- und Rückfahrt die Zeit von 11.30 bis 14.00 Uhr in Anspruch nahm, fiel in die Freizeit des Klägers. Die Beklagte übernahm die Kosten der Beförderung, die mit einem Firmen-Pkw durchgeführt wurde.

Der Kläger, dessen Stundenlohn 12,66 DM beträgt, macht mit seiner Klage einen Lohnanspruch für den für die Untersuchung notwendigen Zeitaufwand von 2 1/2 Stunden geltend. Er hat die Ansicht vertreten, die Untersuchung, auf deren Zeitpunkt er keinen Einfluß habe, erfolge ausschließlich aus betrieblichen Gründen. Der Arbeitgeber habe nicht nur nach § 723 Abs. 2 RVO die Mittel für den überbetrieblichen Untersuchungsdienst aufzubringen, sondern trage darüber hinaus nach § 12 Unfallverhütungsvorschrift (UVV) die Kosten der Vorsorgeuntersuchung. Wenn der Untersuchungstermin - wie vorliegend geschehen - außerhalb der Arbeitszeit auf ausdrückliche Anweisung des Arbeitgebers stattfinde, müsse der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Pflichten der Untersuchung unterziehen. Der Zeitaufwand für Wege und Untersuchung habe daher als Arbeitszeit zu gelten. Zumindest sei der Zeitaufwand als Aufwendung im Sinne von § 670 BGB anzusehen. Andernfalls liege in der entschädigungslos aufgewandten Freizeit eine ungerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber den Arbeitnehmern, bei denen die Vorsorgeuntersuchung während der Arbeitszeit vorgenommen werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 31,65 DM nebst 4 % Zinsen seit 11. Dezember 1979 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, da die Untersuchung außerhalb der Arbeitszeit gelegen habe und die Fahrt zur Untersuchung und die Durchführung der Untersuchung keine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung darstellten, könne der Kläger keine Vergütung beanspruchen. Die Untersuchung liege überwiegend im Interesse des Klägers; sie diene dazu, Gesundheitsgefahren von ihm abzuwenden. Der Kläger, der keinen Verdienstausfall erlitten habe, begehre eine zusätzliche Vergütung. Aufwendungen seien dem Kläger nicht entstanden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung oder Aufwendungsersatz für die Zeit, in der er sich außerhalb seiner Arbeitszeit der Vorsorgeuntersuchung unterzogen hat.

I. § 611 BGB scheidet als Anspruchsgrundlage aus, weil der Kläger in der für die ärztliche Untersuchung aufgewandten Freizeit keine einer Arbeitsleitung vergleichbare Leistung für die Beklagte erbracht hat.

1. Nach § 611 BGB schuldet der Arbeitgeber die Vergütung als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbrachte Arbeit. Darunter ist jede Tätigkeit zu verstehen, die für den Arbeitgeber wirtschaftlich nützlich ist, also allein oder ganz überwiegend in dessen Interesse erbracht wird (BAG Urteil vom 10. Mai 1957 - 2 AZR 56/55 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Lohnanspruch; BAG Urteil vom 8. März 1961 - 4 AZR 71/59 - AP Nr. 12 zu § 611 BGB Lohnanspruch; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I, § 9 III 1, S. 35).

2. Die nach der Unfallverhütungsvorschrift angeordnete Untersuchung des Klägers ist nicht im überwiegenden Interesse der Beklagten durchgeführt worden, sondern im Interesse des Klägers selbst. Der Arbeitgeber ist zwar nach § 8 UVV "Lärm" verpflichtet, für die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen der in Lärmbereichen beschäftigten Arbeitnehmer Sorge zu tragen. Er darf den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen, wenn dieser nicht im Abstand von drei Jahren untersucht worden ist, ob sich Bedenken gegen eine Weiterbeschäftigung im Lärmbereich ergeben haben. Diese Bestimmungen verpflichten in erster Linie den Arbeitgeber gegenüber den zum Erlaß der Unfallverhütungsvorschriften ermächtigten Berufsgenossenschaften (§ 708 Abs. 1 Nr. 3 RVO). Beachtet der Arbeitgeber diese Vorschriften nicht, droht ihm ein Bußgeld (§ 710 RVO). Zugleich enthalten die Bestimmungen aber auch eine arbeitsvertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, für die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen zu sorgen und alles zu tun, um Gesundheitsgefährdungen entgegenzuwirken (BAG Urteil vom 10. März 1976 - 5 AZR 34/75 - AP Nr. 17 zu § 618 BGB, zu 1 der Gründe, mit zustimmender Anm. von Herschel; Hueck/Nipperdey, aaO, Bd. I, § 24 II und III, S. 143/ 144). Dennoch werden die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ganz überwiegend im Interesse des Arbeitnehmers durchgeführt. Denn sie dienen vor allem dem individuellen Schutz der Gesundheit des in Gefahrenbereichen tätigen Arbeitnehmers. Das hat das Berufungsurteil richtig gesehen.

3. Die Ausführungen der Revision sind nicht geeignet, zu einer anderen Bewertung zu führen. Die Revision meint, der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer liege mehr im öffentlichen Interesse. Sie beruft sich hierzu auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 1978 - 4 AZR 591/76 - (AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). Es ist zwar richtig, daß über den verstärkten Schutz der Gesundheit des einzelnen auch die Gesundheit der Allgemeinheit geschützt werden soll. Hierzu bedarf es einer besonderen Fürsorge des Gesetz- und Verordnungsgebers gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die besonderen Gesundheitsrisiken an ihrem Arbeitsplatz ausgesetzt sind. Dennoch liegt es überwiegend im wohlverstandenen Interesse des einzelnen Arbeitnehmers, alles zu unternehmen, um einer Gesundheitsgefährdung und damit einer Erkrankung vorzubeugen. Bei einem mit gesundheitlichen Gefahren verbundenen Arbeitsplatz kann er das dadurch tun, daß er sich regelmäßig vorsorglich untersuchen läßt.

Für diese Vorsorgeuntersuchungen hat der Arbeitgeber zwar nach § 12 UVV "Lärm" die Kosten zu tragen, soweit diese nicht von der Berufsgenossenschaft übernommen werden. Zu Unrecht sieht die Revision in dieser Bestimmung jedoch eine Verteilung der Verantwortlichkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die das überwiegende Interesse des Arbeitgebers und der Öffentlichkeit an der Vorsorgeuntersuchung zum Ausdruck bringe. Hiermit verkennt die Revision den Zweck dieser Vorschrift.

a) Der Gesetzgeber hat den Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung die arbeitsmedizinische Vorsorge und ihre Regelung übertragen. Dabei hat er jedoch nicht geregelt, wer die Kosten der ärztlichen Untersuchung nach § 708 Abs. 1 Nr. 3 RVO zu tragen hat. Der Gesetzgeber ist damit davon ausgegangen, daß die Kosten für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, sofern sie nicht dem jeweils betroffenen Arbeitgeber übertragen werden, von der Berufsgenossenschaft selbst und damit von der Gesamtheit der Unternehmer bzw. der Mitgliedsbetriebe zu übernehmen sind (Radeck, Kostenträger bei arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorschriften, BB 1973, 251). Kostenträger für die Untersuchungen ist daher grundsätzlich der Arbeitgeber, der jeweils nach der Verwaltungspraxis der einzelnen Berufsgenossenschaften die Kosten der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen direkt oder im Wege der Beitragszahlung an die Berufsgenossenschaft zu tragen hat (vgl. die Hinweise bei Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., 41. Lieferung Mai 1982, § 708 RVO Anm. 4). § 12 UVV "Lärm" regelt lediglich die Kostenträgerschaft zu Lasten des einzelnen Arbeitgebers. Eine Kostenregelung im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist durch diese Bestimmung nicht getroffen worden.

b) Die Regelung, daß der Arbeitgeber mittelbar oder unmittelbar die Kosten für die Vorsorgeuntersuchungen zu tragen hat, soll zwar auch dazu beitragen, daß der Arbeitnehmer durch eigene finanzielle Aufwendungen davon abgehalten wird, die Untersuchungen durchführen zu lassen. Hieraus ist aber nicht zu folgern, daß die Untersuchung als solche im Interesse des Arbeitgebers oder der Öffentlichkeit vorgenommen wird. Dies ist vielmehr jeweils aus dem Zweck der vorgeschriebenen Untersuchung zu folgern. Davon ist auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bisher ausgegangen (BAG Urteil vom 10. Mai 1957 - 2 AZR 56/55 - AP Nr. 5 zu § 611 BGB Lohnanspruch).

3. Indem der Kläger sich der Vorsorgeuntersuchung unterzogen hat, ist er lediglich einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht nachgekommen.

a) Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die in den Unfallverhütungsvorschriften vorgeschriebenen Regeluntersuchungen und ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen für seine Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz herbeizuführen. Wenn er sich weigert, die Untersuchungen vornehmen zu lassen, wird seine Arbeitsleistung unmöglich; er unterliegt dann dem Beschäftigungsverbot nach § 10 UVV "Lärm". Damit er seine Hauptverpflichtung aus dem Arbeitsvertrag erfüllen kann, besteht für den Arbeitnehmer in diesem Fall die vertragliche Nebenpflicht, an den vorgeschriebenen Regeluntersuchungen teilzunehmen. Denn der Arbeitnehmer hat die rechtlich gebotenen Voraussetzungen zu erfüllen, die ihn befähigen, seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachzukommen (so für die Vorsorgeuntersuchungen von im Bergbau unter Tage beschäftigten Arbeitnehmern BAG Urteil vom 8. März 1961 - 4 AZR 71/59 - AP Nr. 12 zu § 611 BGB Lohnanspruch; ferner wegen der Pflichtuntersuchungen für Jugendliche Molitor/Volmer/Germelmann, JArbSchG, 2. Aufl., § 32 Rz 18; Gröninger, JArbSchG, 1977, § 32 Anm. 4; ferner auch Giese/Ibels/Rehkopf, Arbeitssicherheitsgesetz, 3. Aufl., § 3 Rz 19).

b) Hieraus folgt jedoch nicht, daß dem Arbeitnehmer ein Vergütungsanspruch für die Erfüllung dieser Nebenpflicht zusteht. Denn diese ist - wie dargelegt - im Interesse des Arbeitnehmers vorgesehen. Wird sie vom Arbeitnehmer versäumt, so darf er nicht beschäftigt werden. Insoweit obliegt es dem Arbeitnehmer, die in seinem gesundheitlichen Interesse bestimmten Voraussetzungen für die Beschäftigung zu schaffen. Geschieht dies in seiner Freizeit, so kann er hierfür Vergütung nicht beanspruchen.

Zu Unrecht geht die Revision davon aus, mit dem in § 10 UVV "Lärm" ausgesprochenen Beschäftigungsverbot werde dem Arbeitgeber das Arbeitsplatzrisiko aufgebürdet. Diese Auffassung verkennt, daß dem Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht in einem solchen Falle allenfalls zugemutet werden kann zu prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann, für den die Vorsorgeuntersuchung nicht erforderlich ist. Ist eine solche Umsetzung nicht möglich, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis lösen (ebenso Kliesch/Nöthlichs/Wagner, Arbeitssicherheitsgesetz, 1978, § 3 Anm. 7.9, S. 171).

4. Dem Berufungsurteil ist auch darin zuzustimmen, daß es sich bei der Aufforderung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, an der Vorsorgeuntersuchung teilzunehmen, nicht um die Ausübung des Direktionsrechts handelt und die für die Untersuchung aufgewandte Freizeit deshalb als Arbeitszeit zu vergüten sei. Das Direktionsrecht richtet sich grundsätzlich nur auf die Leistung der Arbeit und die Ordnung im Betrieb; es berechtigt den Arbeitgeber nicht dazu, auf das Verhalten außerhalb des Betriebs Einfluß zu nehmen, wozu auch die ärztliche Untersuchung zu rechnen ist (Birk, Die arbeitsrechtliche Leitungsmacht, 1973, S. 342; vgl. auch BAG Urteil vom 8. März 1961 - 4 AZR 71/79 - aaO, in dem diese Frage noch offengelassen wurde). Das Direktionsrecht kann keinen über die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten hinausgehenden Pflichtenkreis schaffen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zeitlich in Anspruch nehmen dürfte. Eine solche Anweisung könnte nur als Hinweis auf die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers zu werten sein.

II. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht als Aufwendungsersatz zu. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist die vom Kläger aufgewandte Freizeit nicht als Aufwendung im Sinne des § 670 BGB anzusehen, für die nach § 675 BGB Ersatz verlangt werden könnte. Nach § 670 BGB kann derjenige, der im Interesse eines anderen und auf dessen Wunsch Aufwendungen macht, die durch keine Vergütung abgegolten werden, Ersatz dieser Aufwendungen von demjenigen verlangen, für den er tätig geworden ist. Dieser Grundsatz gilt auch im Arbeitsrecht (BAG 12, 15 = AP Nr. 2 zu § 611 BGB Gefährdungshaftung des Arbeitnehmers). § 611 BGB betrifft jedoch nur die Aufopferung von Vermögenswerten; der mit einer Tätigkeit verbundene Zeitaufwand stellt nach allgemeiner Meinung keine Aufwendung im Sinne des § 670 BGB dar (MünchKomm-Seiler, BGB, § 670 Rz 6; Staudinger/ Wittmann, BGB, 12. Aufl., § 670 Rz 7). Soweit die Revision einwendet, daß es darauf im Rahmen des § 675 BGB gerade nicht ankomme, verkennt sie, daß diese Vorschrift nur einige Bestimmungen des Auftragsrechtes, wie z.B. auch § 670 BGB in einem Geschäftsbesorgungsverhältnis für anwendbar erklärt und die Tätigkeit, die § 675 BGB voraussetzt, bereits als Arbeitsleistung vergütet wird.

III. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, daß § 616 BGB weder direkt noch in entsprechender Anwendung als Anspruchsgrundlage in Frage kommt. Nach § 616 BGB hätte der Kläger einen Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn er durch die Untersuchung ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung gehindert worden wäre. Für diesen Fall könnte auch ein tarifvertraglicher Anspruch des Klägers nach § 8 Ziff. 11 b MTV in Frage kommen, der für die ärztliche Vorsorgeuntersuchungen während der Arbeitszeit die Fortzahlung des Lohnes vorsieht. Vorliegend ist jedoch nicht Arbeit ausgefallen. Es geht vielmehr um den nicht vergleichbaren Sachverhalt, ob der Kläger durch eine in seiner Freizeit erbrachte Leistung einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung erlangt hat. Dies schließt die direkte oder auch nur entsprechende Anwendung des § 616 BGB aus.

IV. Ein Anspruch des Klägers läßt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern, die während der Arbeitszeit den Arzt zur Vorsorgeuntersuchung aufsuchen, hat der Kläger keinen Arbeitszeitausfall erlitten, der in den gesetzlich oder tarifvertraglich geregelten Fällen einen Anspruch auf Lohnfortzahlung begründet. Für eine zusätzliche Vergütung, wie sie der Kläger anstrebt, bietet auch der Gleichbehandlungsgrundsatz keine Grundlage.

V. Andere Anspruchsgrundlagen, aus denen der Kläger seinen Anspruch herleiten könnte, sind nicht ersichtlich. Die Vorinstanzen haben die Klage daher zu Recht abgewiesen.

 

Fundstellen

DB 1983, 1984-1985 (T)

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