Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine unverfallbare Rentenanwartschaft aus der AO 54

 

Leitsatz (amtlich)

  • Ein Arbeitnehmer, der bis zum 31. Dezember 1991 die Voraussetzungen für einen Bezug der Zusatzrente nach der Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54) nicht erfüllt hatte, kann sie nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages danach nicht mehr erfüllen. Er kann deshalb auch keinen Zusatzversorgungsanspruch mehr erwerben.
  • Auch der Erwerb einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft oder einer Teilrente ist ausgeschlossen.
  • War bis zum 31. Dezember 1991 ein Anspruch auf Zusatzversorgung entstanden, bleibt der Anspruch auf monatliche Zusatzrentenzahlungen auch über diesen Zeitpunkt hinaus bestehen (insgesamt Bestätigung des Senatsurteils vom 27. Februar 1996 – 3 AZR 242/95 – AP Nr. 4 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VIII, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
 

Normenkette

Einigungsvertrag Anl. II Kap. VIII Sachgeb. H Abschn. III Nr. 4a; Einigungsvertrag Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16; Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54) §§ 3, 10-12; AGB-DDR §§ 42, 297

 

Verfahrensgang

LAG Brandenburg (Urteil vom 30.05.1995; Aktenzeichen 4 Sa 1/95)

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 01.11.1994; Aktenzeichen 3 Ca 2017/94)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 30. Mai 1995 – 4 Sa 1/95 – wird zurückgewiesen, soweit es die Klage abgewiesen hat.
  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.
  • Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder vom 1. November 1994 – 3 Ca 2017/94 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger eine Zusatzrente auf der Grundlage der Anordnung zur Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (AO 54; GBl.DDR I, S. 301) zusteht.

Der Kläger war vom 4. Oktober 1955 bis zum 31. März 1992 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Unmittelbar vor seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis schlossen die Parteien am 16. März 1992 eine Vereinbarung, wonach der Kläger nach einer Sozialplanregelung zum 31. März 1992 aus dem Unternehmen ausscheiden werde. In der Vereinbarung heißt es u.a.:

“Sofern die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, erhält Herr H… mindestens bis zum Zeitpunkt der letzten monatlichen Zahlung 83, -- DM in Höhe der betrieblichen Zusatzrente, sofern eine positive Klärung der Betriebsrentenfrage durch die Treuhandanstalt oder den Erwerber fällt. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt die Leistung unter Vorbehalt.”

Mit der betrieblichen Zusatzrente war die Zusatzrente nach der AO 54 gemeint. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten war einer der wichtigsten volkseigenen Betriebe, für deren Arbeitnehmer die AO 54 eine Zusatzrente einführte.

In § 3 der AO 54 heißt es:

“Der Anspruch auf Zusatzrente besteht, wenn Arbeiter oder Angestellte

  • noch beschäftigt oder aus einem dieser Betriebe wegen Invalidität oder Überschreiten der Altersgrenze ausgeschieden sind und
  • eine 20jährige ununterbrochene Beschäftigungsdauer in diesem Betrieb und
  • den Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Unfallvollrente nachweisen.”

Die Beklagte zahlte an den Kläger, der seit dem 1. April 1992 Altersübergangsgeld in Anspruch nahm, bis zum Mai 1993 einschließlich monatlich 83, -- DM aus. Entsprechend verfuhr sie auch gegenüber den anderen Beziehern von Vorruhestands- oder Altersübergangsgeld. Im Juni 1993 stellte die Beklagte diese Zahlungen ein.

Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, ihm stehe die monatliche Zahlung der Zusatzrente nach der AO 54 aufgrund der Vereinbarung vom 16. März 1992 unbegrenzt zu. Hintergrund der Vereinbarung sei gewesen, daß zum damaligen Zeitpunkt zwischen den Parteien Streit darüber bestanden habe, ob die AO 54 überhaupt einen Zahlungsanspruch des Klägers begründen könne. Die Vereinbarung vom 16. März 1992 habe den Sinn gehabt, den Beginn der Zahlungspflicht nach der AO 54 auf die Zeit ab Empfang des Altersübergangsgeldes vorzuverlegen. Im übrigen seien die Ansprüche von Betriebsrentnern auf die Fortzahlung der Rente nicht zum 31. Dezember 1991 erloschen. Auch Anwartschaften auf Betriebsrenten seien erhalten geblieben.

Der Kläger hat beantragt,

  • die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.826,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine monatliche betriebliche Zusatzrente in Höhe von 83,-- DM zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, der Kläger könne die betriebliche Zusatzrente nicht im Hinblick auf die Vereinbarung vom 16. März 1992 verlangen. Die Leistung sei nur unter Vorbehalt versprochen worden und der Kläger habe einen gesetzlichen Anspruch nach der AO 54 nicht erworben. Mit dem 31. Dezember 1991 seien sämtliche auf der AO 54 beruhenden Ansprüche und Anwartschaften aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrages in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 4a untergegangen.

In dieser Vorschrift heißt es:

“Folgendes Recht der Deutschen Demokratischen Republik bleibt mit folgenden Maßgaben in Kraft:

4. Anordnung über die Einführung einer Zusatzrentenversorgung für die Arbeiter und Angestellten in den wichtigsten volkseigenen Betrieben vom 9. März 1954 (GBl. Nr. 30, S. 301), mit folgenden Maßgaben:

a) Die Anordnung ist bis zum 31. Dezember 1991 anzuwenden.

b) Von der Anordnung kann für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abgewichen werden.

…”

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Beklagten teilweise abgeändert und unter Abweisung der Klage im übrigen festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab Bezug einer Alters-, Invaliden- oder Unfallrente 83,-- DM brutto monatlich zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils anstrebt. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihren Klageabweisungantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet, die Revision des Klägers unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Zusatzrente nach der AO 54 erworben. Er kann damit auch dann, wenn er Alters-, Invaliden- oder Unfallrente bezieht, von der Beklagten keine Zahlung verlangen. Seine Klage ist deshalb insgesamt abzuweisen.

I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Zusatzrente nach der AO 54 Er hatte am 31. Dezember 1991 die Voraussetzungen für den Bezug der Zusatzrente noch nicht erfüllt. Er stand noch über den Zeitpunkt hinaus in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten, ohne eine gesetzliche Rente zu beziehen. Damit war am 31. Dezember 1991 ein Zusatzrentenanspruch nach keiner der Alternativen des § 3 Buchst. a i.V.m. Buchst. c AO 54 entstanden. Eine spätere Entstehung eines Anspruchs oder Teilanspruchs ist nach dem Einigungsvertrag ausgeschlossen.

1. In seinem Urteil vom 27. Februar 1996 (– 3 AZR 242/95 – AP Nr. 4 zu Einigungsvertrag Anlage II Kap. VIII, mit Anmerkung Trappehl) hat der Senat die Bestimmung des Einigungsvertrages zur begrenzten Weitergeltung der AO 54 ausgelegt. Dabei ist er davon ausgegangen, daß diese Regelung nicht eindeutig ist. Mit der Formulierung, daß die AO 54 noch für einen bestimmten Zeitraum anzuwenden ist, ist auch ein Verständnis der Norm vereinbar, demzufolge in der Zeit ihrer Anwendbarkeit entstandene Vollansprüche aus der AO 54 erhalten bleiben, in der Zeit nach dem 31. Dezember 1991 aber ein Rechtserwerb ausgeschlossen werden soll. Für dieses Verständnis der Bestimmung des Einigungsvertrages hat sich der Senat im Hinblick darauf entschieden, daß eine Beseitigung von im Arbeitsverhältnis bereits vollständig erdienten betriebsrentenähnlichen Ansprüchen angesichts des hier zu berücksichtigenden Bestandsschutz- und Vertrauensinteresses einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Regelung bedurft hätte. Eine solche Regelung enthält der Einigungsvertrag nicht.

2. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

a) Gegen die Annahme des Senats in seinem Urteil vom 27. Februar 1996, einmal entstandene Zusatzversorgungsansprüche bestünden über den 31. Dezember 1991 hinaus fort, hat Trappehl im wesentlichen eingewandt: Die Rechte aus der AO 54 seien zu Unrecht dem Bereich betrieblicher Leistungen zugeordnet und im Ergebnis den betriebsrentenrechtlichen Grundsätzen des Rechts der Bundesrepublik Deutschland unterworfen worden. Diese Einwände überzeugen den Senat nicht.

Bereits in seinem Beschluß vom 29. April 1994 (BAGE 76, 343 = AP Nr. 26 zu § 2 ArbGG 1979) hat der Senat im einzelnen begründet, daß es sich bei Streitigkeiten um Rechte aus der AO 54 um bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis und nicht etwa um staatliches Sozialversicherungsrecht handelt. Er hat dies zunächst aus den einschlägigen Normen des Rechts der DDR entnommen: Nach § 10 AO 54 wurde dem Mitarbeiter die Zusatzversorgung aus Anlaß des Arbeitsverhältnisses gewährt. Die Betriebe hatten die Mittel für diese Leistungen aufzubringen und in den Betriebsplan aufzunehmen. Der Betriebsleiter, nicht die staatliche Sozialversicherung waren für die Durchführung der AO 54 verantwortlich (§ 11 Abs. 1 AO 54). Streitigkeiten über den Grund oder die Höhe von Zusatzrenten nach der AO 54 waren von den Konfliktkommissionen im Betrieb zu entscheiden (§ 12 AO 54), die für die Entscheidung von Arbeitsstreitigkeiten zuständig waren (§ 297 AGB-DDR), und nicht von den Beschwerdekommissionen für Sozialversicherung. Schließlich sprach für die Zuordnung zum Arbeitsrecht auch die Verpflichtung, Voraussetzungen und Inhalt der Zusagen in die Arbeitsverträge und Betriebskollektivverträge aufzunehmen (§ 42 AGB-DDR). Bei der Bewertung der Rechte aus der AO 54 hat der Senat nicht die Besonderheiten übersehen, die sich aus dem planwirtschaftlichen System der DDR ergaben. Sie waren aber angesichts des gesamten Regelungskomplexes nicht ausreichend, anstelle von betrieblichen und arbeitsrechtlichen Ansprüchen von sozialversicherungsrechtlichen Rechtspositionen auszugehen.

Am arbeitsrechtlichen Charakter der Ansprüche aus der AO 54 hat die Regelung im Einigungsvertrag nichts geändert. Hierfür reichte die systematische Zuordnung der einschlägigen Regelung in den Bereich des Rechts der Sozialversicherung nicht aus, da der Einigungsvertrag gleichzeitig die Zahlungsverpflichtung aus der AO 54 – ohne staatliche Refinanzierung – beim Arbeitgeber beließ und von der AO 54 abweichende Regelungen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zuließ.

Aus der Bewertung der Ansprüche nach der AO 54 als betriebliche Zusatzleistung hat der Senat in seinem Urteil vom 27. Februar 1996 entgegen der Auffassung Trappehls nicht geschlossen, daß die Grundsätze des überkommenen Betriebsrentenrechts der Bundesrepublik Deutschland auf die nach Maßgabe der AO 54 entstandenen Rechte Anwendung finden. Die Regelung in der Anlage II Kap. VIII Sachgeb. H Abschn. III Nr. 4a zum Einigungsvertrag muß lediglich vor dem Hintergrund ausgelegt werden, daß für den der Vertragspartner des Einigungsvertrages, dessen Recht im wesentlichen in Zukunft maßgeblich sein sollte, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes im Recht der betrieblichen Versorgungsleistungen eine besondere Bedeutung haben. Angesichts dessen mußte erwartet werden, daß die Vertragsparteien des Einigungsvertrages einen von ihnen gewollten Eingriff in entstandene Rechtsansprüche auf Versorgungsleistungen deutlich zum Ausdruck bringen würden. Dies ist in der einschlägigen Regelung im Einigungsvertrag nicht geschehen. Daraus rechtfertigt sich die Annahme, daß die Entscheidung, die AO 54 bis zum 31. Dezember 1991 gelten zu lassen, zugleich auch bedeuten sollte, daß bis dahin entstandene Ansprüche auf Dauer bestehen bleiben sollten.

b) Der im Einigungsvertrag angeordnete Wegfall der Rechtsgrundlage für Ansprüche aus der AO 54 ab dem 1. Januar 1992 muß danach aber auf der anderen Seite auch zur Folge haben, daß ab diesem Zeitpunkt Rechte aus der AO 54 nicht mehr entstehen können. Die Voraussetzungen einer nicht mehr existierenden Norm können nicht erfüllt werden. Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1991 nicht sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch aus der zu diesem Zeitpunkt außer Kraft getretenen AO 54 erfüllt haben, können sie nicht mehr erfüllen. Wer also bis zum 31. Dezember 1991 nicht aus dem Arbeitsverhältnis in den gesetzlichen Ruhestand gewechselt war, wie dies beim Kläger der Fall war, der hat auch keinen Anspruch auf betriebliche Zusatzleistungen.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es auch keine Rechtsgrundlage dafür, für die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegte Zeit der Betriebszugehörigkeit eine Teilrente zuzuerkennen. Die Unverfallbarkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus der Zeit vor der Geltung des Betriebsrentengesetzes (BAGE 24, 177 = AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt) ist auf die Rechte aus der AO 54 nicht anzuwenden (a.A. Griebeling, Betriebliche Altersversorgung, Rz 916, 919).

Was die AO 54 angeht, ordnet der Einigungsvertrag eine zeitlich begrenzte Fortgeltung des Rechts der DDR an. Dieses Recht kennt die Möglichkeit nicht, durch längere Betriebstreue schon vor Erfüllung aller Anspruchsvoraussetzungen eine unentziehbare Rechtsposition zu erwerben. Wer die Verbleibebedingung bis zum Erhalt der gesetzlichen Rente nicht erfüllt, erwirbt nach dem Recht der DDR keinen Zusatzversorgungsanspruch.

Das Betriebsrentenrecht der Bundesrepublik Deutschland nach dem Gesetz über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung ist auf betriebliche Versorgungsansprüche nur anzuwenden, wenn es auf Versorgungszusagen aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1991 zurückgeht (Anl. I Kap. VIII Sachgeb. A Abschn. III Nr. 16 zum EV). Damit ist zugleich auch die vorgesetzliche Unverfallbarkeitsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unanwendbar. Das Betriebsrentengesetz ist 1973 abschließend an dessen Stelle getreten. Damit bleibt es bei einer klaren Trennung der anwendbaren Rechtsordnungen: Bis zum 31. Dezember 1991 galt das Recht der DDR umfassend für die Ansprüche aus der AO 54. Es verdrängte bis dahin das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Rechte konnten nur erworben werden, soweit das Recht der DDR dies vorsah. Hierzu zählten unverfallbare Anwartschaften nicht. Das überkommene Betriebsrentenrecht der Bundesrepublik Deutschland gilt insgesamt erst für neue Versorgungszusagen ab dem 1. Januar 1992.

Eine solche Aufteilung war den Vertragspartnern des Einigungsvertrages möglich. Sie ist auch verbindlich, weil damit aus der Sicht der heutigen Rechtslage keine unerträglichen Ergebnisse geschaffen wurden. Die Wertungen, welche die Unverfallbarkeitsrechtsprechung und die entsprechende Gesetzgebung maßgeblich tragen, spielen für den Kläger und die aus der AO 54 berechtigten Arbeitnehmer erst seit dem 3. Oktober 1990 eine Rolle. Von diesem Zeitpunkt an konnten bis zum 31. Dezember 1991 keine Zeiten zurückgelegt werden, die das Vertrauen darauf begründen konnten, man werde aufgrund seiner Betriebstreue eine unentziehbare Rechtsposition erwerben. In der vorherigen Zeit war das Arbeitsverhältnis des Klägers und vergleichbarer Arbeitnehmer von grundsätzlich anderen Wertungen geprägt, die den vorzeitigen Erwerb nicht entziehbarer Rechtspositionen nicht vorsahen. Hierin liegt keine derart tiefgreifende Ungerechtigkeit, daß deshalb die Aufteilung der zeitlichen Geltungsbereiche der anwendbaren Rechtsnormen durch den Einigungsvertrag durchbrochen und durch richterliche Entscheidung eine unverfallbare Rechtsposition geschaffen werden müßte. Die grundlegenden Änderungen, die die Privatisierung der Wirtschaft auf dem Gebiet der früheren DDR mit sich bringen mußte, die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die mit dieser Änderung des Wirtschaftssystems erkennbar verbunden sein würden, und die im Verhältnis zur Rechtslage der DDR um einiges günstigere gesetzliche Altersversorgung rechtfertigen es, daß der Einigungsvertrag keine Rücksicht auf bis zum 31. Dezember 1991 entstandene bloße Erwerbschancen nimmt.

II. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf Zusatzversorgung auch nicht auf die Vereinbarung der Parteien vom 16. März 1992 stützen. Der Kläger geht selbst davon aus, daß Voraussetzung für einen Zahlungsanspruch nach dieser Vereinbarung die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der AO 54 ist. Daran fehlt es aber. Auf den Streit, ob für den Fall einer Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen der Zahlungsbeginn unbedingt auf den Beginn des Bezuges von Altersübergangsgeld vorverlegt worden ist, oder ob dies nur unter dem Vorbehalt einer positiven Klärung durch die Treuhandanstalt oder einen Erwerber geschehen ist, kommt es danach nicht mehr an.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

 

Unterschriften

Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, G. Hauschild, Kaiser

 

Fundstellen

Haufe-Index 885441

NZA 1997, 767

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