Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Höhergruppierung eines angestellten Lehrers

 

Leitsatz (redaktionell)

Fragen der Gleichbehandlung zwischen Erfüllern und Nichterfüllern

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BGB § 242

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 17.10.1990; Aktenzeichen 12 Sa 1115/90)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 13.06.1990; Aktenzeichen 10 Ca 1900/90)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17. Oktober 1990 – 12 Sa 1115/90 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung der Klägerin. Diese ist am 12. November 1937 geboren und seit dem 6. August 1979 als Fachlehrerin im Angestelltenverhältnis an der Städtischen Kollegschule K. in D. beschäftigt. Sie erfüllt die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung eines beamteten technischen Lehrers in die Besoldungsgruppe A 12 BBesG.

In § 1 Satz 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 6. August 1979 vereinbarten die Parteien, die Klägerin werde „nach Buchstabe 5.5 des Runderlasses des Kultusministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30. März 1978 … unter Einreihung in die VergGr. IV a BAT eingestellt”. § 2 des Vertrages nimmt Bezug auf den BAT und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge.

Mit Runderlaß vom 30. März 1978 ist die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen (sog. Erfüller), geregelt. Dieser enthielt folgende Bestimmungen:

„5.5 Fachlehrer mit der Befähigung zum Technischen Lehrer (§ 60 LVO) und abgeschlossener Ingenieur- oder Fachhochschulausbildung

IV a

5.6 wie zu 5.5

wenn sie eine mindestens siebenjährige Dienstzeit als Fachlehrer abgeleistet haben und die Planstelle eines Fachlehrers der BesGr. A 12 zur Verfügung steht

III”

Dieser Runderlaß wurde durch Runderlaß des Kultusministers vom 16. November 1981 für die „Erfüller” neu gefaßt, u.a. mit folgendem Inhalt:

„5.4 Fachlehrer

mit der Befähigung zum Technischen Lehrer (§ 60 LVO) und abgeschlossener Ingenieur- oder Fachhochschulausbildung

IV a

5.5 wie zu Nr. 5.4

wenn sie die für die entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis bestehenden notwendigen Voraussetzungen für eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 12 erfüllen und die Planstelle eines Fachlehrers der Besoldungsgruppe A 12 zur Verfügung steht.”

III

Demgegenüber wurde die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte, die die Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen (sog. Nichterfüller), durch Runderlasse vom 16. Juli 1974 und 20. November 1981 geregelt. Danach wurden die Technischen Lehrer bei ihrer Einstellung in die VergGr. IV b BAT eingruppiert. Ziffer 5.1 des Runderlasses vom 20. November 1981 lautet:

„5.1

Lehrer

in der Tätigkeit von Technischen Lehrern und abgeschlossener Ingenieur- oder Fachhochschulausbildung

IV b

nach mindestens sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit und in dieser Vergütungsgruppe

IV a”

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Höhergruppierung in die VergGr. III BAT. Ihren entsprechenden Antrag vom 23. Juli 1986 lehnte das beklagte Land unter dem 23. September 1986 mit der Begründung ab, es stehe keine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 BBesG zur Verfügung.

Auf Antrag der Klägerin vom 24. April 1989 änderten die Parteien unter dem 3. August 1989 den Arbeitsvertrag unter Beibehaltung des Vertrages vom 6. August 1979 im übrigen dahin, daß sich die Vergütung nach dem Runderlaß vom 16. November 1981 in der jeweils geltenden Fassung bestimme und die Klägerin gemäß Ziff. 5.4 dieses Erlasses in die VergGr. IV a BAT eingruppiert sei.

Die Klägerin hat weiterhin die Auffassung vertreten, sie habe Anspruch auf Eingruppierung in die VergGr. III BAT und hat am 19. April 1990 Klage erhoben. Sie hat gemeint, das Planstellenerfordernis in Ziff. 5.4 des „Erfüller-Erlasses” vom 16. November 1981 stelle eine sachwidrige Benachteiligung der „Erfüller” gegenüber den „Nichterfüllern” dar. Denn diese könnten nach Ziff. 5.1 des „Nichterfüller-Erlasses” vom 20. November 1981 nach sechsjähriger Bewährung von der VergGr. IV b BAT in die VergGr. IV a BAT höhergruppiert werden, ohne daß eine entsprechende Planstelle für einen vergleichbaren Beamten vorhanden sei. Das beklagte Land sei daher aufgrund, des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichte, sie auch ohne Vorhandensein einer entsprechenden Planstelle höherzugruppieren, damit der frühere Vergütungsabstand zu den Nichterfüllern erhalten bleibe.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 6. August 1986 nach der VergGr. III BAT zu vergüten;
  2. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Differenzbeträge zwischen der VergGr. IV a BAT und der VergGr. III BAT ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, durch das Planstellenerfordernis bei der Höhergruppierung der „Erfüller” von der VergGr. IV a BAT in die VergGr. III BAT werde verhindert, daß angestellte Lehrkräfte gegenüber vergleichbaren beamteten Lehrkräften bei der Beförderung bevorzugt würden. Im übrigen liege eine Ungleichbehandlung der „Erfüller” gegenüber den „Nichterfüllern” schon deshalb nicht vor, weil letztere bei gleichen Arbeitsbedingungen und Anforderungen entsprechend ihrer geringeren Anfangsqualifikation zunächst niedriger als die Erfüller eingestuft würden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch darauf, in die VergGr. III BAT höhergruppiert zu werden.

I.1. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, kann die Klägerin als Lehrerin die von ihr beanspruchte Eingruppierung nicht aus Regelungen der Anlage 1 a zum BAT herleiten. Denn nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen der Anlage 1 a zum BAT gilt diese nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind (vgl. hierzu statt aller: BAGE 56, 59, 65 = AP Nr. 137 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

2. a) Die Klägerin hat auch keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf die von ihr erstrebte Höhergruppierung. Nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages vom 6. August 1979 ist für die Vergütung lediglich die Ziffer 5.5 des Runderlasses vom 30. März 1978 in Bezug genommen und die VergGr. IV a BAT festgesetzt worden. Ebenso nimmt der Änderungsvertrag vom 3. August 1989 hinsichtlich der Vergütung ebenfalls nicht auf den BAT insgesamt, sondern lediglich auf den Runderlaß vom 16. November 1981 und auf dessen Ziff. 5.4 Bezug und damit auf die Eingruppierung in die VergGr. IV a BAT.

b) Die von der vom Landesarbeitsgericht erörterte Frage, ob ein Anspruch auf Höhergruppierung der Klägerin bis zum Abschluß des Änderungsvertrages ausscheidet, weil im Arbeitsvertrag vom 6. August 1979 allein auf die Ziff. 5.5 des Runderlasses und nicht auf den gesamten Runderlaß verwiesen ist, kann dahinstehen. Ein solcher Anspruch ist nicht gegeben, weil es an einer freien Planstelle für einen Fachlehrer der Besoldungsgruppe A 12 BBesG fehlt.

Bei der Vergütungsvereinbarung in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages der Klägerin handelt es sich um eine typische Vertragsklausel, die vom Senat selbständig und unbeschränkt ausgelegt werden kann (BAGE 55, 53, 60 = AP Nr. 131 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.). Sie hat zum Inhalt, daß sich die Vergütung der Klägerin nach Ziff. 5.5 des Erlasses vom 30. März 1978 bzw. nach der Vertragsänderung durch Vertrag vom 3. August 1989 nach dem Runderlaß vom 16. November 1981 in der jeweils geltenden Fassung, insbesondere dessen Ziff. 5.4 richtet. Dadurch wird dem beklagten Land zwar ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne von § 315 Abs. 1 BGB zugebilligt, doch ist dieses Verfahren rechtlich zulässig (BAGE 55, 53, 60 = AP, a.a.O.; BAG Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 619/89 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Erst die Ausübung dieses Leistungsbestimmungsrechts durch Änderung oder Ergänzung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Erlasse unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung (BAGE 34, 173 = AP Nr. 7 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Sie ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar. Dabei hat es das Landesarbeitsgericht zu Recht dahingestellt sein lassen, ob der Maßstab des § 315 BGB auch schon an die Vereinbarung im Arbeitsvertrag selbst anzulegen ist, oder insoweit die Regelung nur an den weiteren Maßstäben der §§ 138, 242 BGB zu messen ist (vgl. hierzu BAG Urteil vom 24. März 1988 – 2 AZR 630/87 – AP Nr. 1 zu § 241 BGB, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Denn das Planstellenerfordernis in den jeweiligen Regelungen der Erlasse entspricht billigem Ermessen, weil dadurch eine sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung der in ihren fachlichen Qualifikationen gleichen „Erfüller”- Angestellten gegenüber beamteten Lehrern verhindert wird. Dagegen kann nicht eingewendet werden, hierin liege eine Benachteiligung der „Erfüller” gegenüber den „Nichterfüllern”, da diese überhaupt keine Aufstiegsmöglichkeit in die VergGr. III BAT haben, selbst wenn eine entsprechende Planstelle zur Verfügung steht. Der Umstand, daß „Nichterfüller” im Wege des Bewährungsaufstiegs nach sechs Jahren in die gleiche Vergütungsgruppe wie „Erfüller” aufsteigen können, gebietet ebenfalls keine andere Entscheidung, zumal beide die gleiche Tätigkeit unter gleichen Bedingungen ausüben und der Berufserfahrung der Nichterfüller Rechnung getragen werden kann.

3. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Nach ständiger Rechtsprechung aller Senate des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz dann vor, wenn vom Arbeitgeber gleichliegende Fälle aus unsachlichen oder sachfremden Gründen ungleich behandelt werden (vgl. BAG Urteil vom 4. Mai 1908 – 4 AZR 811/87 – AP Nr. 144 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer; BAGE 38, 118, 123 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 45, 76, 79 = AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 60, 350, 353 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung). Danach darf der Arbeitgeber insbesondere zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern in einer bestimmten Ordnung nicht aus sachfremden Gründen differenzieren (BAGE 33, 57, 59 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 8. Dezember 1977 – 3 AZR 530/76 – AP Nr. 176 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu 1 a der Gründe; BAGE 58, 283, 296 = AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer).

b) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht zutreffend einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verneint. Im Gegensatz zu der den Entscheidungen des Senats vom 24. Januar 1990 (– 4 AZR 525/89 – unveröffentlicht) und 24. April 1991 (– 4 AZR 570/90 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt) zugrundeliegenden Fallgestaltung sind vorliegend die sogenannten „Erfüller” von Beginn ihrer Tätigkeit an in eine höhere Vergütungsgruppe, nämlich Vergütungsgruppe IV a BAT, eingruppiert worden, in die die „Nichterfüller” erst nach sechsjähriger Bewährungszeit aufsteigen können, ohne weitere Aufstiegsmöglichkeiten zu haben. Es ist jedoch als sachlicher Grund anzuerkennen, wenn das beklagte Land durch Erfahrung begründete Weiterbildung der „Nichterfüller” zum Anlaß nimmt, diese im Bewährungsaufstieg in die Eingangsvergütungsgrupe der „Erfüller” höherzugruppieren. „Erfüller” können dagegen bei Vorhandensein einer freien Planstelle, ebenso wie Beamte, in die nächsthöhere Vergütungsstufe aufsteigen. Dementsprechend stellt auch die Revision lediglich darauf ab, daß durch das Planstellenerfordernis „die einmal gewollte Differenz in Höhe einer Vergütungsgruppe zwischen den Erfüllern und Nichterfüllern aufgehoben wird”. Entscheidungskriterium sei damit die Höhergruppierungschance. Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, will die Klägerin damit im Ergebnis mit Hilfe des Gleichbehandlungsgrundsatzes allein auf der Grundlage ihrer höheren Anfangsqualifikation ein ständiges Aufrechterhalten des anfänglichen Vergütungsabstandes zwischen „Erfüllern” und „Nichterfüllern” erreichen. Damit mangelt es aber schon im Ansatz an vergleichbaren Sachverhalten, ganz abgesehen davon, daß Erfüller bei der Frage der Beförderungsmöglichkeiten mit den ihnen hinsichtlich der Anfangsqualifikation allein vergleichbaren beamteten Lehrkräften gleichgestellt sind.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Etzel, Schneider, Fieberg, Schwitzer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1073395

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