Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Wissenschaftlicher Mitarbeiter an Hochschule

 

Leitsatz (redaktionell)

Die den Hochschulen gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses kann die Be fristung des Arbeitsvertrages mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter sachlich rechtfertigen, wenn dem Mitarbeiter aufgrund seiner vertraglichen Tätigkeit eine vertiefte Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden ermöglicht wird und er sich dadurch über die im Studium bereits erworbenen Kenntnisse hinaus wissenschaftlich fort- und weiterbilden kann.

Die vereinbarte Dauer eines solchen Arbeitsvertrages muß sich am Befristungsgrund der Nachwuchsförderung orientieren. Bei einer die Gesamtdauer von fünf Jahren deutlich überschreitenden Beschäftigung kann jedenfalls in der Regel von einer Nachwuchsförderung allein durch die vertraglich zu erbringende wissenschaftliche Arbeitsleistung nicht mehr gesprochen werden (im Anschluß an das auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmte Urteil vom 12. Februar 1986 - 7 AZR 482/84 = NVwZ 1986, 869).

 

Normenkette

BGB § 620 Abs. 1; HSchulG BE § 144; HRG § 57c Abs. 2, § 57b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Entscheidung vom 11.04.1985; Aktenzeichen 4 Sa 73/84)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 05.04.1984; Aktenzeichen 19 Ca 2/84)

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit dem 1. September 1975 im Institut für Fahrzeugtechnik der Beklagten als wissenschaftlicher Mitarbeiter an Forschungsprojekten tätig, die zum Thema "Lkw-Sicherheit" bearbeitet wurden. Grundlagen dieser Tätigkeit waren zunächst zwei sogenannte "Privat-Dienstverträge" vom 29. August 1975 bzw. vom 22. August 1977 für die Zeit vom 1. September 1975 bis 31. Dezember 1977, die der Kläger mit Prof. Dr.-Ing. A, dem Leiter des Instituts für Fahrzeugtechnik, abgeschlossen hatte. Für die Zeit vom 16. März 1978 bis einschließlich 30. Juni 1979 bestand ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund Arbeitsvertrages vom 28. April 1978, das durch Schreiben der Beklagten vom 25. Juni 1979 und vom 17. Dezember 1979 zunächst bis zum 31. Dezember 1979 und dann bis zum 31. Dezember 1980 verlängert wurde.

Am 3. Juli 1980 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag über die befristete Beschäftigung des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Fahrzeugtechnik für die Zeit vom 1. Juli 1980 bis 30. Juni 1985. Der Vertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"1 Herr Dipl.-Ing. Volker M wird befristet

als vollbeschäftigter wissenschaftlicher Mitar-

beiter (Zeitangestellter, § 144 des Berliner Hoch-

schulgesetzes (BerlHG) - § 10 der Verordnung über

wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter

(WissMAVO)) eingestellt.

5.2 Wissenschaftliche Dienstleistungen in der For-

schung bestehen in der Mitarbeit bei der Vor-

bereitung, Organisation, Durchführung sowie im

Einzelfall in der selbständigen Erledigung von

Forschungsaufgaben. Darüber hinaus wird dem Ar-

beitnehmer auch innerhalb der Arbeitszeit Gele-

genheit zu selbständiger Forschungstätigkeit zum

Zwecke der Weiterqualifikation in einem zeitli-

chen Umfang gegeben, der die Erfüllung der

Dienstaufgaben nicht beeinträchtigt (§ 10 Abs. 4

WissMAVO).

6.1 Zu den wissenschaftlichen Dienstleistungen in der

Lehre gehören auch die Durchführung von Lehrver-

anstaltungen gem. § 144 Abs. 2 Satz 3 BerlHG un-

ter der fachlichen Verantwortung und Betreuung von

Professoren oder Hochschulassistenten mit Erfah-

rungen in der Lehre sowie die wissenschaftliche

Betreuung der Studenten und Prüfungskandidaten bei

wissenschaftlichen Arbeiten des Grund- und Haupt-

studiums (§ 10 Abs. 5 WissMAVO).

6.2 Der Arbeitnehmer hat eine durchschnittliche Lehr-

verpflichtung von 4 Lehrveranstaltungsstunden (§ 10

Abs. 6 WissMAVO). Die Lehrveranstaltungsstunde

wird definiert als Semesterwochenstunde zum An-

rechnungsfaktor 1 nach Richtlinien des Arbeitge-

bers auf der Grundlage entsprechender Empfehlungen

der Ständigen Kommission für Entwicklungsplanung

(EPK). Der zeitliche Umfang der Lehrtätigkeit er-

höht sich entsprechend der Verminderung des je-

weiligen Anrechnungsfaktors.

Soweit dem Arbeitnehmer ein Lehrauftrag zur selb-

ständigen Durchführung von Lehrveranstaltungen er-

teilt wird (§ 3 WissMAVO), soll die Lehrtätigkeit

insgesamt mit den gem. Ziff. 6.1 zu übernehmenden

Lehrveranstaltungen 4 Lehrveranstaltungsstunden

nicht überschreiten (§ 10 Abs. 6 WissMAVO).

7 Es besteht Einvernehmen darüber, daß die Beschäf-

tigung des Arbeitnehmers auch der Förderung des

wissenschaftlichen Nachwuchses dient (§ 4 Abs. 4

BerlHG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und 7

WissMAVO) und daß die wissenschaftlichen Dienst-

leistungen gleichzeitig Gelegenheit zu wissen-

schaftlicher Weiterqualifikation geben."

Am Schluß des Vertrages heißt es:

"Der mit Ihnen am 28. April 1978 abgeschlossene Ar-

beitsvertrag endet mit Ablauf des 30. Juni 1980."

Im Rahmen des Vertrages vom 3. Juli 1980 war der Kläger außer in der Forschung auch in der Lehre tätig und wurde zu allgemeinen Verwaltungsaufgaben herangezogen. Er arbeitete an einer Dissertation zum Fragenkreis "Lkw-Sicherheit".

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu stehen. Er hat sich darauf berufen, für die Befristung der mit der Beklagten abgeschlossenen Arbeitsverträge lägen keine sachlichen Gründe vor.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß sein Arbeitsverhältnis über

den 30. Juni 1985 hinaus unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Befristungen für wirksam. Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, der sachliche Grund besonders für die letzte Befristung liege darin, daß dem Kläger Gelegenheit gegeben werden sollte, sich durch Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen weiterzuqualifizieren. Insbesondere hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß sämtliche Arbeitsverträge des Klägers Forschungsprojekte betroffen hätten, die das Thema seiner Dissertation behandelten. Die Wirksamkeit des letzten Arbeitsvertrages ergebe sich auch aus § 144 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) und § 10 der Verordnung über wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter (WissMAVO), auf die im Vertrag ausdrücklich Bezug genommen worden sei. Durch diesen letzten Vertrag sei der vorhergehende ausdrücklich außer Kraft gesetzt worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat unter Abänderung des Ersturteils die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Ersturteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung des Ersturteils. Denn das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 1985 hinaus unbefristet fortbesteht.

I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es für die Frage, ob der Kläger zur Beklagten in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht, nur auf die Wirksamkeit der Befristung des letzten Vertrages vom 3. Juli 1980 ankommt. Diese Würdigung entspricht jedenfalls im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Der erkennende Senat hat in seinem auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmten Urteil vom 8. Mai 1985 (- 7 AZR 191/84 - EzA § 620 BGB Nr. 76) unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsprechung entschieden, daß es für die Frage, ob die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist, grundsätzlich nur auf den zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag ankommt. Denn die Arbeitsvertragsparteien, die im Anschluß an einen befristeten Arbeitsvertrag ihr Arbeitsverhältnis noch für eine bestimmte Zeit fortsetzen wollen und deshalb vorbehaltlos noch einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag abschließen, bringen damit regelmäßig zum Ausdruck, daß der neue Vertrag fortan für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll.

Hiervon ist auch im Entscheidungsfalle auszugehen, da Anhaltspunkte für einen gegenteiligen Parteiwillen nicht vorliegen. Ein Vorbehalt, ein etwa bereits bestehendes unbefristetes Arbeitsverhältnis solle neben dem Vertrag vom 3. Juli 1980 bestehen bleiben, ist ersichtlich nicht erklärt worden. Im Gegenteil enthält der Vertrag vom 3. Juli 1980, ohne daß es hierauf allerdings entscheidend ankäme, sogar die ausdrückliche Vereinbarung der Beendigung des Vertrages vom 28. April 1978 zum Ablauf des 30. Juni 1980, die das Landesarbeitsgericht in den Senat bindender Weise dahingehend ausgelegt hat, die Parteien hätten hiermit den vorausgehenden Vertrag einvernehmlich aufgelöst.

II. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung des letzten Arbeitsvertrags vom 3. Juli 1980 jedoch zu Unrecht als wirksam angesehen.

1. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, dieser Vertrag sei zulässig auf fünf Jahre befristet worden, weil er der speziellen wissenschaftlichen Weiterbildung des Klägers gedient habe. Dies sei dadurch zum Ausdruck gekommen, daß der Kläger an einer Dissertation zum Thema "Lkw-Sicherheit" arbeite und die Forschungsprojekte, an denen er im Rahmen des Vertrages gearbeitet habe, das gleiche Thema beträfen. Dieser Vertragszweck der speziellen wissenschaftlichen Weiterbildung sei in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als sachlicher Befristungsgrund anerkannt. Durch die ausdrückliche Bezugnahme der hochschulrechtlichen Bestimmungen im Vertrag vom 3. Juli 1980 seien die hochschulrechtlichen Interessen an der Begründung befristeter Arbeitsverhältnisse zum Ausdruck gebracht und damit begründet worden, einem möglichst großen Kreis von Hochschulabsolventen Gelegenheit zur wissenschaftlichen Weiterqualifikation zu geben. Damit sei das Interesse der Beklagten an der Förderung und Weiterbildung wissenschaftlichen Nachwuchses umschrieben worden. Dabei müsse es sich allerdings um das Ziel einer speziellen Fort- und Weiterbildung und nicht nur um die mit nahezu jeder wissenschaftlichen Tätigkeit verbundene allgemeine Fort- und Weiterbildung handeln. Diese Voraussetzung sei jedoch im Entscheidungsfall erfüllt, da die Beschäftigung des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter auch seiner speziellen Weiterbildung mit dem Ziel der Dissertation gedient habe. Bereits bei Vertragsabschluß habe festgestanden, daß der Kläger eine Dissertation zu dem Thema "Lkw-Sicherheit" erarbeiten würde. Mit diesem Thema hätten sich auch die Forschungsprojekte befaßt, an denen er aufgrund des Vertrages vom 3. Juli 1980 zu arbeiten hatte.

2. Dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts kann sich der Senat nicht anschließen. Insbesondere läßt sich die Befristung des letzten Vertrages nicht mit der Aufgabe der Beklagten zur Förderung und Weiterbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses begründen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit dem zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmten Senatsurteil vom 12. Februar 1986 - 7 AZR 482/84 - NVwZ 1986, 869 (vgl. Urteile vom 12. März 1986 - 7 AZR 520/84 -, vom 28. Mai 1986 - 7 AZR 620/84 -, vom 20. Juni 1986 - 7 AZR 18/85 -, vom 13. August 1986 - 7 AZR 75/85 - und vom 5. September 1986 - 7 AZR 177/85 - jeweils unveröffentlicht) kann zwar die den Hochschulen gesetzlich zugewiesene Aufgabe der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses die Befristung des Arbeitsvertrages mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter sachlich rechtfertigen. Für diesen Befristungsgrund der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung ist eine auf eine bestimmte formale wissenschaftliche Qualifikation (etwa eine Promotion oder eine Habilitation) ausgerichtete Tätigkeit nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn dem wissenschaftlichen Mitarbeiter aufgrund seiner vertraglichen Tätigkeit, insbesondere auch aufgrund seiner Mitarbeit an Forschungsprojekten eines Hochschullehrers, eine vertiefte Beschäftigung mit wissenschaftlichen Fragestellungen, Arbeitsweisen und Methoden ermöglicht wird und er sich dadurch über die im Studium bereits erworbenen Kenntnisse hinaus wissenschaftlich fort- und weiterbilden kann. Die vereinbarte Dauer eines solchen Arbeitsvertrages muß sich aber am Befristungsgrund der Nachwuchsförderung orientieren; sie darf nicht übermäßig ausgedehnt werden, damit die Zweckbestimmung der Stelle, auch anderen jungen Wissenschaftlern gleiche Chancen zur wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben und hierdurch der Nachwuchsförderung zu dienen, erhalten bleibt.

b) Dieser Befristungsgrund der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung liegt im Entscheidungsfall nicht vor, weil der Kläger keine Nachwuchskraft mehr ist. Unter Einrechnung der mit Prof. Dr. A abgeschlossenen Privat-Dienstverträge (vgl. hierzu BAG Urteil vom 26. Mai 1983 - 2 AZR 439/81 - BAGE 44, 49 = AP Nr. 78 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) war der Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages schon nahezu fünf Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Fahrzeugtechnik mit Forschungsaufgaben zum Thema "Lkw-Sicherheit" befaßt. Der Abschluß eines weiteren fünfjährigen Arbeitsvertrages für gleichartige Forschungsaufgaben bedeutete mithin, daß sich der Kläger fast zehn Jahre lang auf einem Spezialgebiet betätigen sollte. Hierin kann eine Nachwuchsförderung im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schon deshalb nicht mehr gesehen werden, weil bei einem derart langen Zeitraum die Zweckbestimmung der Stelle, auch anderen jungen Wissenschaftlern gleiche Chancen zur wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben und damit der Nachwuchsförderung zu dienen, nicht mehr gewahrt ist.

Der Senat ist der Auffassung, daß bei einer die Dauer von fünf Jahren deutlich überschreitenden Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter jedenfalls in der Regel von einer Nachwuchsförderung allein durch die vertraglich zu erbringende wissenschaftliche Arbeitsleistung nicht mehr gesprochen werden kann. Die Beklagte selbst hat in ihrer Berufungsbegründung darauf hingewiesen, daß nach allgemeinen Erkenntnissen ein wissenschaftlicher Mitarbeiter spätestens nach fünfjähriger Tätigkeit an der Hochschule "die Qualifikation erreicht, die es rechtfertigt, ihn als wissenschaftlich bewährt gewissermaßen an die Gesellschaft abzugeben".

Hiervon geht auch das Berliner Hochschulgesetz aus, wenn es in § 144 Abs. 1 Satz 2 die Dienstzeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen von wissenschaftlichen Mitarbeitern auf höchstens fünf Jahre begrenzt. Schon deshalb kann auch der Hinweis auf § 144 BerlHG und § 10 WissMAVO im vorliegenden Fall die Befristung unter dem Gesichtspunkt der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung nicht begründen, ohne daß es noch auf die von den Vorinstanzen erörterte Frage ankäme, ob diese Vorschriften Regelungen über das Vorliegen eines sachlichen Befristungsgrundes treffen wollten und ob sie hierzu angesichts vorrangigen Bundesrechts überhaupt in der Lage wären.

Eine weitere Stütze findet die Auffassung des Senats in der Regelung des § 57 c Abs. 2 in Verbindung mit § 57 b Abs. 2 Nr. 1 Hochschulrahmengesetz. Danach kann ein befristeter Arbeitsvertrag mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter, dessen Beschäftigung auch seiner Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs oder seiner beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung dient, nur bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren abgeschlossen werden. Diese Regelung ist zwar erst durch das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen vom 14. Juni 1985 (BGBl. I S. 1065) in das Hochschulrahmengesetz eingefügt worden und ist deshalb auf den Entscheidungsfall noch nicht anzuwenden. Sie kann aber immerhin als gesetzgeberische Bestätigung für die Wertung des Senats dienen, die in einer Zeitspanne von fünf Jahren jedenfalls einen ungefähren Anhaltspunkt dafür sieht, bis zu welcher Beschäftigungsdauer noch von einer wissenschaftlichen Nachwuchsförderung gesprochen werden kann. Besondere Umstände, die im vorliegenden Falle vielleicht ausnahmsweise sogar eine beinahe zehnjährige Beschäftigungsdauer als zur wirksamen Nachwuchsförderung geboten erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

3. Auch unter dem Gesichtspunkt der Förderung des Promotionsvorhabens des Klägers läßt sich im Entscheidungsfall die Befristung nicht rechtfertigen.

Die Ermöglichung einer Promotion kann einen Befristungsgrund abgeben, wenn dieser Zweck nicht nur ein ganz untergeordneter Nebenzweck, sondern für den Abschluß des Arbeitsvertrages entscheidend oder doch zumindest wesentlich mitbestimmend war und die Dauer der Befristung sich an der zur Durchführung des Promotionsvorhabens voraussichtlich benötigten Zeit orientiert (vgl. zuletzt das auch zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 11. Dezember 1985 - 7 AZR 329/84 -; ferner BAGE 36, 171 = AP Nr. 60 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAGE 38, 31 = AP Nr. 25 zu § 611 BGB Lehrer, Dozenten). Im Streitfalle fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt für die Annahme, das Promotionsvorhaben des Klägers sei wenigsten mitbestimmend für den Abschluß des letzten befristeten Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1980 gewesen.

Unstreitig war der Kläger beim Abschluß des Vertrages vom 3. Juli 1980 bereits seit nahezu fünf Jahren in einem Promotionsvorhaben auf dem Gebiet der Lkw-Sicherheit befaßt, ohne bis dahin greifbare Ergebnisse erreicht zu haben. Bei dieser Sachlage mußte es sich der Beklagten geradezu aufdrängen, vor dem Abschluß des letzten, auf weitere fünf Jahre befristeten Arbeitsvertrages den Stand des Promotionsvorhabens zu klären und mit dem Kläger die Frage zu erörtern, wie er sich den Fortgang seines Promotionsvorhabens vorstellt und in welcher Zeit er eine Dissertation über welches Thema fertigstellen könnte. Da die Beklagte insoweit keine Klärung versucht hat, kann nicht angenommen werden, es sei der Beklagten maßgeblich auch auf die Förderung des Promotionsvorhabens des Klägers angekommen. Dagegen spricht auch, daß der Kläger nach seinem Arbeitsvertrag vollzeitbeschäftigt war, während gemäß § 144 Abs. 4 Satz 1 BerlHG ein Teilzeitarbeitsverhältnis begründet werden soll, sofern ein wissenschaftlicher Mitarbeiter die Promotion oder eine vergleichbare wissenschaftliche Qualifikation anstrebt. Auch § 11 Abs. 1 WissMAVO bestimmt, daß für wissenschaftliche Mitarbeiter, die eine Promotion anstreben, Teilzeitarbeitsverhältnisse vorgesehen werden sollen. Da der Vertragstext vom 3. Juli 1980 nur auf § 10 WissMAVO, nicht aber auch auf deren § 11 verweist, ist die Promotionsförderung ersichtlich nicht Vertragszweck gewesen.

4. Auch andere Befristungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere ist für den letzten Arbeitsvertrag vom 3. Juli 1980 nicht vorgetragen worden, daß die Forschungsvorhaben, an denen der Kläger mitarbeitete, drittmittelfinanziert oder zeitlich begrenzt gewesen seien. Da es nach alledem für die Befristung des Arbeitsvertrages vom 3. Juli 1980 an einem sachlichen Grund fehlt, bestand das Arbeitsverhältnis über das vorgesehene Vertragsende hinaus unbefristet fort. Das Urteil des Arbeitsgerichts erweist sich somit als richtig, so daß es unter Aufhebung des Berufungsurteils wiederherzustellen war.

Dr. Seidensticker Roeper Dr. Steckhan

Schmalz Gossen

 

Fundstellen

Haufe-Index 441264

JR 1987, 440

NZA 1987, 741-743 (LT)

RzK, I 9c Nr 10 (LT1)

AP § 620 BGB Hochschule (LT), Nr 3

EzA § 620 BGB, Nr 86 (LT)

EzBAT, Hochschule/Forschungseinrichtungen Nr 11 (LT)

VR 1988, 115-115

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