Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung einer Kinderpflegerin. Zweitkraft. Eingruppierung einer als Zweitkraft in einer Kindertagesstätte in einer Kindergartengruppe mit durchschnittlich 18 Kindern im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung eingesetzten Kinderpflegerin mit staatlicher Anerkennung. Betreuung von Kindern in Randzeiten. Betreuung von Kleingruppen. Kinderpflegerin als “sonstige Angestellte mit gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” einer Erzieherin. vgl. BAG Urteil vom 17. Januar 1996 – 4 AZR 602/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen. BAG Urteil vom 6. März 1996 – 4 AZR 801/94 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen

 

Leitsatz (amtlich)

  • Die Eingruppierung einer in einem Kindergarten als Zweitkraft beschäftigten Kinderpflegerin mit staatlicher Anerkennung nach den VergGr. VIb bzw. VII – jeweils Fallgruppe 1 – der Anlage 1a zum BAT/VKA (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) setzt auch bei einer alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen in “Randzeiten” (Protokollerklärung Nr. 2) voraus, daß diese Tätigkeit für sich oder zusammen mit anderen schwierigen fachlichen Tätigkeiten mindestens zur Hälfte die Arbeitszeit ausfüllt (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT) (Bestätigung von BAG Urteil vom 26. Oktober 1994 – 4 AZR 734/93 – AP Nr. 189 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
  • Die tägliche Betreuung von aus der Kindergartengruppe gebildeten Kleingruppen erfüllt in der Regel nicht das Merkmal der alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 zu VergGr. VII Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BAT 1975 Anlage 1a VergGr. VII Fallgruppe 1 VergGr. VIb Fallgruppen 1 VergGr. VIb Fallgruppen 5 VergGr. Vc Fallgruppe 7 (Sozial- und Erziehungsdienst) BAT/VKA

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 09.12.1994; Aktenzeichen 9 Sa 924/93 E)

ArbG Braunschweig (Urteil vom 16.02.1993; Aktenzeichen 4 Ca 487/92 E)

 

Tenor

  • Unter Zurückweisung der Revision der Klägerin wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 9. Dezember 1994 – 9 Sa 924/93 E – insoweit aufgehoben, als es der Klage stattgegeben hat.
  • Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 16. Februar 1993 – 4 Ca 487/92 E – wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin, insbesondere darüber, ob die Klägerin ab dem 1. Januar 1991 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b, ab 1. Februar 1993 nach Vergütungsgruppe Vc BAT/VKA hat.

Die am 18. Februar 1954 geborene Klägerin ist ausgebildete Kinderpflegerin mit staatlicher Anerkennung. Sie ist bei der beklagten Stadt am 15. Januar 1975 als Kinderpflegerin eingestellt worden und ist seitdem in deren Kindertagesstätte “W…” tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 16. Juni 1975 zugrunde. Zuvor hatte ein befristetes Arbeitsverhältnis bestanden. Die Parteien sind tarifgebunden.

Von 1975 bis 1983 arbeitete die Klägerin in der Krippengruppe der Kindertagesstätte der Beklagten. Seitdem arbeitet sie in einer Kindergartengruppe mit durchschnittlich 18 Kindern im Alter von drei Jahren bis zur Einschulung. Die Klägerin wurde und wird als sogenannte Zweitkraft eingesetzt. Leiterin der Kindertagesstätte ist Frau D… (BAT Vc/Vb). Sie ist seit August 1992 Mitglied des Personalrates bei dem Jugendamt der beklagten Stadt. Stellvertretende Leiterin der Kindertagesstätte und Leiterin der Gruppe, in der die Klägerin als Zweitkraft arbeitet, ist Frau J… (BAT VII/Vb). In Zeiten, in denen Frau J… die Kindertagesstättenleiterin – wegen Personalratstätigkeit, Urlaub und Krankheit – vertritt, wird sie ihrerseits von der Klägerin vertreten.

  • Der Klägerin obliegen folgende Aufgaben:
  • Schaffen einer ermutigenden und anregenden Umgebung für jedes Kind in der Gruppe,
  • Beobachtung und Verständnis des Kinderspiels und anderer kindlicher Aktivitäten,
  • individuelle pädagogische Hilfen für jedes Kind in seiner jeweils besonderen Situation,
  • Erarbeiten von pädagogischen Zielvorstellungen, Planung und Gestaltung für die Gruppe und Kleingruppe,
  • sachgerechter Einsatz von Methoden und Materialien bei einzelnen Angeboten aus verschiedenen Bereichen, insbesondere Förderung des Spiels,
  • Vorbereitung und Durchführung von Unternehmungen (Besichtigungen, Ausflüge, Projekte, Feste),
  • flexibles Eingehen auf einzelne Kinder der Gruppe und auf die Gesamtgruppe, Differenzierung durch Kleingruppenarbeit,
  • Auswahl von Spiel- und Arbeitsmaterialien,
  • Mitbetreuung von Praktikanten und Praktikantinnen,
  • Einbeziehung von Eltern in die pädagogische Arbeit,
  • Überprüfung und Pflege der Spiel- und Beschäftigungsmaterialien in der Gruppe,
  • tägliche Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit,
  • pflegerische Tätigkeiten im Hinblick auf die Betreuung einzelner Kinder,
  • Beobachtung des Entwicklungszustandes und etwaiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen bei den Kindern,
  • Betreuung der Kinder während der Mahlzeiten und der Mittagsruhe,
  • Auseinandersetzung mit der Fachliteratur und neuen pädagogischen Inhalten,
  • Erlernen neuer Techniken und Erweiterung des eigenen Fundus im Hinblick auf Lieder, Gedichte, Geschichten, Rätsel und Spiele,
  • Veränderung und Gestaltung der räumlichen Gegebenheiten,
  • Beschaffung von kostenlosen Materialien,
  • Teilnahme an Teambesprechungen,
  • Vorbereitung von Festen und Feiern mit anderen Kolleginnen und Eltern,
  • Übernahme von Früh- und Spätdiensten,
  • Teilnahme an in- und externen Fortbildungsmaßnahmen.

In Randzeiten, d.h. im Früh- und Spätdienst, betreut die Klägerin die Kindergartengruppe allein. Diese Zeiten belegen nicht die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit der Klägerin.

Die beklagte Stadt hat eine “pädagogische Konzeption für Kindertagesstätten der Stadt B…” sowohl für die Krippe (Stand: April 1992) als auch für den Kindergarten (Stand: April 1992) entwickelt. Nach der Konzeption “Kindergarten” gehören zwei pädagogische Fachkräfte pro Gruppe zum Team einer Kindertagesstätte. Der Begriff “pädagogische Fachkräfte” ist in der Konzeption für die Krippe (S. 1, unter 1 ≪personelle Besetzung≫) definiert mit “Kinderkrankenschwester und/oder Erzieherinnen und/oder Kinderpflegerinnen”. Zu den Aufgaben der pädagogischen Fachkräfte gehört nach der pädagogischen Konzeption “Kindergarten” (IV) die weitgehend eigenverantwortliche Gestaltung der pädagogischen Arbeit innerhalb der Gruppe, die Unterstützung der Kinder darin, sich selbst Ziele zu setzen, die Planung der pädagogischen Arbeit und ihre Reflektierung innerhalb des Gruppenteams und in Dienstbesprechungen, die Vorbereitung und Durchführung von Elterngesprächen, Elternabenden und besonderen Aktivitäten, die Anleitung von Praktikantinnen und Praktikanten, die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten.

Die Klägerin erhält von der beklagten Stadt Vergütung nach Vergütungsgruppe VII BAT. Mit Schreiben vom 27. Januar 1992 verlangte sie erfolglos Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT. Die Beklagte hatte mit dem Rundschreiben vom 5. Februar 1992 auf den Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991 hingewiesen und erklärt:

“Angestellte, die der Auffassung sind, noch Ansprüche aus diesem Tarifvertrag herleiten zu können, sind nunmehr gehalten, diese schriftlich geltend zu machen. Die sechsmonatige Ausschlußfrist, innerhalb derer Ansprüche gem. § 70 BAT geltend zu machen sind, wird durch diese Veröffentlichung in Gang gesetzt.”

Die Klägerin verlangte mit am 17. August 1992 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT zunächst rückwirkend ab 1. August 1991, dann ab dem 1. Januar 1991, schließlich Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT ab 1. Februar 1993.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie übe als “sonstige Angestellte” in gleicher Weise wie die Leiterin der Kindergartengruppe Erzieherinnentätigkeit aus. Das zwei pädagogische Fachkräfte pro Gruppe vorsehende Konzept des Jugendamtes der beklagten Stadt treffe keine Unterscheidung zwischen einer Erzieherausbildung oder Erziehertätigkeit und einer Pflegerinnenausbildung oder Pflegerinnentätigkeit. Auch gäbe es keine Hierarchisierung. In Einklang damit erfolge die pädagogische Betreuung der Gruppe in gleicher Weise von der Klägerin und von der Gruppenleiterin. Deswegen sei die Klägerin in Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 5 eingruppiert und im Wege der Bewährung in Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 7 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst aufgestiegen. Als Kinderpflegerin arbeite sie nicht. Sie verrichte nicht überwiegend rein pflegerische Tätigkeiten wie Wickeln, Waschen, An- und Auskleiden, Hilfe bei der Einnahme der Nahrung usw.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin

  • seit dem 1. Januar 1991 Vergütung nach Maßgabe der Vergütungsgruppe VIb BAT anstelle gewährter Vergütung nach Vergütungsgruppe VII unter vierprozentiger Verzinsung des jeweils fälligen Nettodifferenzbetrages zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
  • ab dem 1. Februar 1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT anstelle gewährter Vergütung nach Vergütungsgruppe VII unter vierprozentiger Verzinsung des jeweils fälligen Nettodifferenzbetrages zwischen gezahlter und beantragter Vergütung ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die pädagogische und pflegerische Tätigkeit der Klägerin unter der Verantwortung der Gruppenleiterin sei sowohl berufskundlich typisch für die Aufgaben von Kinderpflegerinnen als auch arbeitsvertraglicher Inhalt. Die Klägerin habe im Gegensatz zur Gruppenleiterin – abgesehen von Zeiten der eigenverantwortlichen Betreuung der Gruppe in Randzeiten und in Vertretungszeiten – nicht die Alleinverantwortlichkeit der Betreuung. Der Erziehungsauftrag richte sich an die Gruppenleiterin und nicht an die Zweitkraft. Die Gruppenleiterin sei auch weisungsbefugt gegenüber der Zweitkraft. Sie treffe bei fachlichen Meinungsverschiedenheiten die für die Zweitkraft verbindliche Entscheidung. Auch aus dem Umkehrschluß der Protokollerklärung Nr. 2 zu Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1 und zu Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 ergebe sich, daß nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Gruppenleitung zur Aufgabe einer Erzieherin gehöre.

Das Arbeitsgericht hat die ursprünglich nur auf Feststellung der Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin, mit der sie klageerweiternd die Feststellung der Verpflichtung der beklagten Stadt zur Zahlung von Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT ab 1. Februar 1993 verfolgt hat, unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin im übrigen das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin seit dem 1. Januar 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT nebst Zinsen aus den Nettodifferenzbeträgen ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Es hat dafür gehalten, soweit die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT verlange, sei die Klage nicht begründet. Soweit die Klägerin Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT begehre, sei die Klage begründet. Die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge entspreche den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Das Landesarbeitsgericht hat für beide Parteien die Revision zugelassen. Die Beklagte verlangt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision das Ziel, entsprechend ihrem zuletzt gestellten Antrag ab 1. Februar 1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT zu erhalten. Außerdem beantragen die Parteien jeweils die Zurückweisung der gegnerischen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung.

I. Die Klage ist zulässig. Bei dem Feststellungsantrag handelt es sich um eine der üblichen Eingruppierungsfeststellungsklagen im öffentlichen Dienst, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats Bedenken nicht bestehen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

II. Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin steht weder ab 1. Januar 1991 Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT/VKA noch ab 1. Februar 1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT/VKA zu.

Die Klägerin erfüllt nicht die tariflichen Voraussetzungen für die geforderte Vergütung. Sie erfüllt weder die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1 noch die der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 5 mit der Folge, daß die Klägerin auch nicht im Wege der Bewährung in die Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 7 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst aufgestiegen ist.

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und die Anlage 1a hierzu in der für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (BAT/VKA) kraft beiderseitiger Tarifbindung Anwendung. Die Klägerin ist in der Gewerkschaft ÖTV. Die beklagte Stadt ist Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband Niedersachsen (KAV Niedersachsen).

2. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt damit davon, ob mindestens die Hälfte der die Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe Vc oder Vergütungsgruppe VIb BAT/VKA “Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst” entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT/VKA).

a) Damit ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; ständige Rechtsprechung des Senats). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1985 – 4 AZR 184/83 – AP Nr. 101 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 23. Februar 1983 – 4 AZR 222/80 – BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 1993 – 4 AZR 45/93 – AP Nr. 172 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 20. März 1991 – 4 AZR 471/90 – AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

b) Das Landesarbeitsgericht hat die gesamte Tätigkeit der Klägerin als einen Arbeitsvorgang angesehen. Es hat ausgeführt, ihre Tätigkeit sei auf das Arbeitsergebnis “Betreuung der Kindergartengruppe” gerichtet. Nicht angängig sei es, die immer wieder, nämlich in Randzeiten, d.h., im Früh- oder Spätdienst der Klägerin obliegende alleinverantwortliche Betreuung der Kindergartengruppe als getrennten Arbeitsvorgang zu betrachten. Es widerspreche der erforderlichen natürlichen Betrachtungsweise und auch der Verwaltungsübung bei der beklagten Stadt, die Tätigkeit der Klägerin in eine solche während der Randzeiten – und seit 1992 auch während der sonstigen Abwesenheitszeiten der Gruppenleiterin aus Gründen ihrer Personalratstätigkeit – und eine solche außerhalb der Randzeiten aufzuteilen. Bereits die praktizierte Zuweisung der gesamten Betreuungstätigkeit der Gruppe an die Klägerin, einerlei, ob die Gruppenleiterin zugegen sei oder nicht, zeige, daß die Betreuung der Gruppe nicht sinnvoll getrennt werden könne, sondern eine Einheit bilde. Dies stehe im Einklang mit dem pädagogischen Konzept der beklagten Stadt, die für jede Gruppe nur zwei Kräfte vorsehe, aus sinnvollen pädagogischen Erwägungen also nicht noch eine dritte Bezugsperson in die Betreuung der Kinder einbinde, die immer dann tätig werde, wenn die alleinverantwortliche Betreuung der Gruppe notwendig sei.

Dem folgt der Senat nicht.

Die gesamte Tätigkeit der Klägerin ist in zwei Arbeitsvorgänge aufzuteilen. Denn die alleinverantwortliche Betreuung einer Gruppe bildet eine Arbeitseinheit, die sich von der sonstigen Tätigkeit der Klägerin abgrenzen läßt und selbständig zu bewerten ist. Die unterschiedliche Wertigkeit ergibt sich schon daraus, daß nach dem Tarifvertrag die alleinverantwortliche Betreuung einer Gruppe Anknüpfungspunkt für eine Höhergruppierung ist. Das hat der Senat für die Betreuung von Kindern in Randzeiten durch eine Kinderpflegerin im Urteil vom 26. Oktober 1994 – 4 AZR 734/93 – AP Nr. 189 zu §§ 22, 23 BAT 1975 ausgeführt (vgl. auch Senatsurteil vom 15. Februar 1984 – 4 AZR 497/81 – AP Nr. 84 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Daran hält der Senat nach erneuter Überprüfung entgegen den Ausführungen der Revision der Klägerin fest. Nach den tatsächlichen Feststellungen werden die Kinder außerhalb der Randzeiten von der Gruppenleiterin und der Klägerin betreut, es sei denn, die Gruppenleiterin steht wegen der Personalratstätigkeit der Leiterin der Kindertagesstätte nicht zur Verfügung und der Einsatz der Springerin ist nicht möglich. Aufgrund dieser tatsächlichen Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht die Tätigkeiten der Klägerin unzutreffend als einen Arbeitsvorgang bewertet. Wenn aus nachvollziehbaren pädagogischen Gründen davon Abstand genommen wird, die Betreuung der Kindergartengruppe in Randzeiten einer anderen Mitarbeiterin zu übertragen, spricht das nicht gegen die Annahme von zwei Arbeitsvorgängen. Zum einen könnte die Betreuung in Randzeiten von einer anderen Mitarbeiterin durchgeführt werden, zum anderen betreut die Klägerin in den Randzeiten die Kinder allein. Die alleinverantwortliche Betreuung haben die Tarifvertragsparteien als fachlich schwierige Tätigkeit bewertet, also als Grund für eine höhere Bezahlung angesehen. Daß “alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen, z.B. in Randzeiten” kein Tätigkeitsmerkmal ist, sondern ein Beispiel in einem Beispiel für “fachlich schwierige Tätigkeiten”, zeigt gleichwohl, daß im Tarifvertrag diese Tätigkeit in Randzeiten als abgrenzbar angesehen wird. Ob “alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen” im Sinne des Beispiels bei der Tätigkeit der Klägerin unabhängig von der Betreuung in Randzeiten vorliegt, bedarf der Prüfung.

3. Für die Eingruppierung der Klägerin kommen die folgenden Regelungen des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991 für den Bereich der kommunalen Arbeitgeberverbände in Betracht:

“Vergütungsgruppe VII

1. Kinderpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung oder mit staatlicher Prüfung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten.

(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 2)

Vergütungsgruppe VIb

1. Kinderpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung oder mit staatlicher Prüfung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten nach fünfjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1.

(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1 und 2)

5. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.

(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 3 und 5)

Vergütungsgruppe Vc

7. Erzieherinnen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben,

nach dreijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 5.

(Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 3 und 5)”

Die Protokollerklärung Nr. 2, die allein für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung ist, lautet wie folgt:

Schwierige fachliche Tätigkeiten sind z.B.

  • Tätigkeiten in Einrichtungen für Behinderte im Sinne des § 39 BSHG und in psychiatrischen Kliniken,
  • alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen z.B. in Randzeiten,
  • Tätigkeiten in Integrationsgruppen (Erziehungsgruppen, denen besondere Aufgaben in der gemeinsamen Förderung behinderter und nichtbehinderter Kinder zugewiesen sind) mit einem Anteil von mindestens einem Drittel von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung,
  • Tätigkeiten in Gruppen von Behinderten im Sinne des § 39 BSHG oder in Gruppen von Kindern oder Jugendlichen mit wesentlichen Erziehungsschwierigkeiten,
  • Tätigkeiten in geschlossenen (gesicherten) Gruppen.

4.a) Die Tätigkeit der Klägerin in den Randzeiten rechtfertigt ihre Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1 nicht. Das ist deswegen nicht der Fall, weil mit diesem Arbeitsvorgang mindestens die Hälfte der Arbeitszeit der Klägerin belegt sein muß. Das ist nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht der Fall. Die alleinverantwortliche Betreuung der Kindergartengruppe in Randzeiten belegt nicht die Hälfte der tariflichen Arbeitszeit der Klägerin. Der Senat hat in seinem Urteil vom 26. Oktober 1994 – 4 AZR 734/93 – AP Nr. 189 zu §§ 22, 23 BAT ausgeführt, die Eingruppierung einer in einem Kindergarten als Zweitkraft beschäftigten Kinderpflegerin nach den Vergütungsgruppen VIb bzw. VII – jeweils Fallgruppe 1 – der Anlage 1a zum BAT/VKA (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) setzt auch bei einer alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen in “Randzeiten” (Protokollerklärung Nr. 2) voraus, daß diese Tätigkeit für sich oder zusammen mit anderen schwierigen fachlichen Tätigkeiten mindestens zur Hälfte der Arbeitszeit anfällt (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Wegen der Begründung nimmt der Senat auf sein Urteil Bezug.

b) Neben der alleinverantwortlichen Betreuung einer Kindergruppe in Randzeiten übt die Klägerin keine weiteren schwierigen fachlichen Tätigkeiten im Sinne der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1 bzw. VII Fallgruppe 1 aus. Der erforderliche Anteil von mindestens 50 % der Gesamtarbeitszeit wird auch bei Berücksichtigung der weiteren Arbeitsaufgaben der Klägerin nicht erreicht.

aa) Eine Kinderpflegerin verrichtet schwierige fachliche Tätigkeiten, wenn die Arbeitsaufgabe aufgrund der gesteigerten Anforderungen von der Normalität nicht nur unerheblich abweicht. Die Tätigkeit muß sich z.B. im Hinblick auf das geforderte fachliche Können oder die körperliche oder geistige Belastung gegenüber dem üblichen Maß herausheben.

bb) Soweit die Klägerin seit 1992 auch in sonstigen Abwesenheitszeiten der Gruppenleiterin wegen der Personalratstätigkeit der Leiterin der Kindertagesstätte alleinverantwortlich die Betreuung der Gruppe ausübt, vermag das nicht zur Annahme zu führen, jedenfalls 50 % der Arbeitszeit der Klägerin seien mit alleinverantwortlicher Betreuung einer Gruppe und damit mit schwierigen fachlichen Tätigkeiten im Sinne der Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppe VIb der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst belegt. Denn die Klägerin hat dazu keine Zeitanteile vorgetragen, wozu um so mehr Veranlassung bestand, nachdem die Beklagte die “Terminplanung für die Personalratsitzungen des Personalrates Jugendamt für das Jahr 1993” vorgelegt hatte, nach der lediglich 19 Sitzungen beginnend in der Regel um 13.30 Uhr stattfinden, so daß die Klägerin die Gruppe maximal 19 halbe Tage allein zu betreuen hatte, wenn nicht die Springerin hinzugekommen ist. Im übrigen hebt das Landesarbeitsgericht selbst hervor, daß die Betreuung in Randzeiten und die Betreuung in Zeiten der Abwesenheit der Gruppenleiterin wegen der Personalratstätigkeit der Leiterin der Kindertagesstätte weniger als 50 % der Arbeitszeit der Klägerin ausmachten. Lediglich die unrichtige Sichtweise des Landesarbeitsgerichts, es handele sich bei der Tätigkeit der Klägerin um einen Arbeitsvorgang, konnte zu der Auffassung führen, die Klägerin sei in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 eingruppiert und im Wege der Bewährung in die Vergütungsgruppe VI Fallgruppe 1 aufgestiegen, weil durch die zeitweise alleinverantwortliche Betreuung im rechtserheblichen Ausmaße schwierige fachliche Tätigkeiten angefallen seien.

cc) Das Landesarbeitsgericht hat – aus seiner Sicht konsequent – ausgeführt, daß es nicht darauf ankomme, ob auch die tägliche Betreuung von den aus der Kindergartengruppe gebildeten Kleingruppen das Merkmal der alleinverantwortlichen Betreuung von Gruppen erfülle.

Das greift die Revision der Klägerin auf und meint, an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Feststellung des einzigen Arbeitsvorganges – richtiger: Wertung als einen Arbeitsvorgang – habe das Landesarbeitsgericht die “normale Betreuungstätigkeit” wertmäßig auf eine Stufe mit der “alleinverantwortlichen” Betreuung gestellt. Wenn damit zum Ausdruck gebracht sein sollte, auch die übrigen Tätigkeiten der Klägerin seien schwierige fachliche Tätigkeiten, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es fehlt insoweit jedwede Darstellung der Klägerin, was die schwierigen fachlichen Tätigkeiten ausmachen sollen. Es fehlt insbesondere die Darlegung, warum die Betreuung der aus der Kindergartengruppe gebildeten Kleingruppen alleinverantwortliche Betreuung von Gruppen im Sinne der Protokollerklärung Nr. 2 Buchstabe b sein soll.

5. Die Klägerin hält vielmehr in erster Linie dafür, als sogenannte “sonstige Angestellte mit gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” einer Erzieherin gleichzustehen und Erzieherinnentätigkeiten auszuüben und damit die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 5 zu erfüllen und im Wege der Bewährung in die Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 7 aufgestiegen zu sein.

Dem ist nicht zu folgen.

Die Klägerin ist nicht “sonstige Angestellte” im Sinne des Tarifmerkmals.

Da die Klägerin keine Erzieherin mit staatlicher Anerkennung ist, kommt für sie nur die zweite Alternative der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppen VI Fallgruppe 5, Vc Fallgruppe 7 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst BAT/VKA in Betracht. Danach müßte die Klägerin, was die beklagte Stadt entgegen der Darstellung der Revision der Klägerin bestritten bzw. geleugnet hat (Schriftsatz der beklagten Stadt vom 10. September 1993, Bl. 5 f. unter Ziff. 7), zunächst subjektiv über einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen. Dabei wird zwar nicht ein Wissen und Können verlangt, wie es durch die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechenden umfangreichen Wissensgebietes, wobei Fähigkeiten und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet erzieherischer Tätigkeiten nicht ausreichend sind (vgl. Senatsurteile vom 29. Oktober 1980 – 4 AZR 750/78 –, vom 28. Februar 1979 – 4 AZR 427/77 –, vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – und vom 25. Oktober 1978 – 4 AZR 177/77 – AP Nr. 41, 16, 12 und 10 zu §§ 22, 23 BAT 1975, zu diesem Merkmal bei technischen Angestellten). Außerdem muß der Angestellte noch “entsprechende Tätigkeiten” auszuüben haben. Nur wenn diese beiden Erfordernisse kumulativ erfüllt sind, wird den tariflichen Anforderungen genügt (Senatsurteile vom 29. Oktober 1980 – 4 AZR 750/78 – und vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – AP Nr. 41, 12 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Bei der subjektiven Voraussetzung der “gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” hat der Senat zwar anerkannt und hervorgehoben, daß es rechtlich möglich ist, aus der ausgeübten Tätigkeit eines Angestellten Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten und Erfahrungen zu ziehen (z.B. Urteile vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – und vom 29. September 1982 – 4 AZR 1161/79 – AP Nr. 12, 66 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Daraus können jedoch weder der Rechtssatz noch der allgemeine Erfahrungssatz hergeleitet werden, daß immer dann, wenn ein “sonstiger Angestellter” eine “entsprechende Tätigkeit” ausübt, dieser auch über “gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen” im tariflichen Sinne verfügt. Vielmehr zeigt die Lebenserfahrung, daß “sonstige Angestellte”, selbst wenn sie im Einzelfall eine “entsprechende Tätigkeit” ausüben, gleichwohl – anders als ein Angestellter mit der in der ersten Alternative vorausgesetzten Ausbildung – häufig an anderen Stellen deswegen nicht eingesetzt werden können, weil ihnen für andere Tätigkeiten Kenntnisse und Erfahrungen fehlen (Senatsurteil vom 26. November 1980 – 4 AZR 809/78 – AP Nr. 37 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Es muß geprüft werden, ob der eine entsprechende Tätigkeit ausübende Angestellte das Wissensgebiet eines Angestellten mit der in der ersten Alternative vorausgesetzten Ausbildung mit ähnlicher Gründlichkeit beherrscht.

Diese Darlegung hat die Klägerin, der es oblag, alle Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen, aus denen sich die Erfüllung sämtlicher Tätigkeitsmerkmale ergibt (Senatsurteil vom 13. Dezember 1978 – 4 AZR 322/77 – AP Nr. 12 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.), versäumt. Ihr Vortrag in der Revision, sie habe wegen der mehr als 20 Jahre Dienst für die beklagte Stadt zu Recht auf die außerordentliche Berufserfahrung hingewiesen, die sie in die Lage versetze, “entsprechende Tätigkeiten” wie eine einschlägig ausgebildete Erzieherin auszuüben, wobei auch die tariflich geforderten “gleichwertigen Fähigkeiten” erworben worden seien, belegt nur gleichwertige Kenntnisse und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet der Ausbildungsinhalte des Berufs der staatlich anerkannten Erzieherin.

Der Beruf der Erzieherin umfaßt heute die früher getrennten Berufe “Krippenerzieherin”, “Kindergärtnerin”, “Hortnerin”, “Jugenderzieherin” und “Heimerzieherin”. In ihrer beruflichen Arbeit können Erzieherinnen sowohl in Einrichtungen der Kleinkind- und Kindererziehung tätig werden als auch in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schule und des Ausbildungs- bzw. Arbeitsplatzes. In den letzten Jahren übernehmen Erzieherinnen – wenn auch noch in geringem Umfang – häufig auch sozialpädagogische Aufgaben in Bereichen, die sich nicht oder nicht ausschließlich an Kinder und Jugendliche wenden, z.B. in Freizeit- und in heilpädagogischen Einrichtungen, die auch oder überwiegend mit jungen und älteren Erwachsenen arbeiten (Blätter zur Berufskunde, Erzieher/Erzieherin, 2-VI A 20, 7. Aufl. 1994, S. 3 f.). Die Ausbildung zur Erzieherin qualifiziert für die Arbeit in vielseitigen Aufgabenfeldern (aaO, S. 6, 11). Umfang und Verschiedenartigkeit der Ausübungsformen der Tätigkeit einer Erzieherin lassen sich deutlich an der Aufzählung von Einrichtungen ablesen, in denen Erzieherinnen ihrer Ausbildung entsprechend eingesetzt werden können. Dies sind z.B. Kinderkrippen, Beratungsstellen für Frühförderung, Kindergärten, Vorklassen und Schulkindergärten, Horte, Häuser der offenen Tür, Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche, Krankenhäuser, psychiatrische Kliniken, Schulen, Jugendwohnheime, Kinderheime usw. Diese Aufzählung vermittelt auch, welchen verschiedenen Personengruppen die Arbeit der Erzieherin dienen und welche unterschiedlichen Inhalte sie haben kann.

Der umfassende Aufgabenbereich einer Erzieherin findet seinen Niederschlag in der Rechtsprechung des Senats zu deren Eingruppierung. So hat der Senat in jüngster Zeit beispielsweise entschieden über Vergütungsansprüche einer Erzieherin/eines Erziehers in einem psychiatrischen Krankenhaus (Urteil vom 29. Januar 1992 – 4 AZR 217/91 – ZTR 1992, 200), in einer Wohngruppe für geistig behinderte Frauen (Urteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 – AP Nr. 2 zu § 12 AVR Caritasverband), im Arbeitstrainingsbereich einer Behindertenwerkstatt (Urteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 4 zu § 12 AVR Caritasverband), in einer Wohngruppe von Kindern aus zerrütteten Familienverhältnissen (Urteil vom 25. August 1993 – 4 AZR 534/92 –, n.v.), als Lehrkraft an Sonderschulen (Urteil vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 219/93 – AP Nr. 51 zu Art. 119 EWG-Vertrag) und in der Frühförderung (Urteil vom 22. März 1995 – 4 AZR 30/94 – AP Nr. 195 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Für eine so breit gefächerte Verwendung ist die Klägerin als Kinderpflegerin nicht ausgebildet. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit in einem Kindergarten belegt nur gleichartige Kenntnisse und Erfahrungen auf einem eng begrenzten Teilgebiet der Aufgabenfelder einer Erzieherin, nämlich zusammen mit einer Gruppenleiterin Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schulalter zu betreuen. Sie belegt nicht, daß die Klägerin Fähigkeiten und Erfahrungen auf andersartigen Aufgabenfeldern besitzt, auf denen die in der Regel zu einer Tätigkeit in allen Bereichen ausgebildete Erzieherin einsetzbar ist.

Die Klägerin läßt auch hinreichenden Vortrag dazu vermissen, sich durch Fortbildungsmaßnahmen für eine Erziehertätigkeit über ihre bei der beklagten Stadt ausgeübte Tätigkeit hinaus qualifiziert zu haben. Die Klägerin hat zwar in ihrer Revisionsbegründungsschrift geltend gemacht, die geforderten gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen auch dadurch erworben zu haben, daß regelmäßig und in großer Anzahl Forbildungsmaßnahmen mit Erfolg absolviert worden seien, wie von der Klägerin in den Vorinstanzen im einzelnen vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sei.

Zwar hat die Klägerin in ihrer Revisionsbegründungsschrift die Fundstellen nicht nach Schriftsatz und Seitenzahl angegeben, die Klägerin rekurriert indes ersichtlich auf die Berufungsbegründung vom 9. August 1993, S. 10 f., wo ausgeführt ist, die Beklagte führe regelmäßig Fortbildungsmaßnahmen für die Mitarbeiterinnen im Bereich der Kindergärten durch. Die Klägerin habe u.a. an folgenden Veranstaltungen teilgenommen:

1981 bis 1983

 : 

Teilnahme an der Krippen-AG, die 14-täglich in der Zeit von 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr durchgeführt wurde; Inhalt: Diskussion von Arbeitskonzepten; Durchführung: Leiterin der zuständigen Fachabteilung des Jugendamtes.

April 1983

 : 

“Gestaltung der pädagogischen Arbeit in Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren”; Wochenseminar, durchgeführt vom paritätischen Bildungswerk.

Februar 1984 bis Mai 1984

 : 

Kindergarten-AG; 14-täglich in der Zeit von 14.00 Uhr bis 16.30 Uhr; Inhalt u.a.: Gestaltung der Elternarbeit, Strafen und ihre Folgen, Stellung des Kindergartens in der Gesellschaft usw.; Durchführung: Leiterinnen von Kindergärten.

1988

 : 

Fortbildung zum Thema Sprachförderung, über eine Dauer von 10 Wochen, 14-täglich von 14.00 Uhr bis 16.30 Uhr; Lernziel: Förderung von sprachauffälligen Kindern; Durchführung: Sprachtherapeutin.

1988

 : 

Mehrere Tagesveranstaltungen im Rahmen der “pädagogischen Fortbildungstage zur Spiel- und Bildungsmittelberatung”, durchgeführt in der TU B….

Okt. 1989

 : 

“Spielangebote im Freien – kreatives Spielen”, vier Veranstaltungen jeweils von 14.00 Uhr bis 16.30 Uhr; Durchführung: Leiterinnen von Kindergärten.

1991

 : 

Veranstaltungsreihe zum Thema “Veränderte Kindheit”, ca. 4x; Durchführung durch Leiterinnen von Kindergärten.

ebenfalls 1991

 : 

“Offene Kinderarbeit” (Cuxhavener Modell; Tagesveranstaltung, durchgeführt vom Diakonischen Werk).

Die Klägerin sei außerdem voll und ganz in die pädagogische Diskussion involviert gewesen, was immer noch der Fall sei. Sie vor- und nachbereite unter Einbeziehung von interessierten Eltern die pädagogische Arbeit und beteilige sich an der Fortentwicklung der pädagogischen Konzepte, die die Grundlage der Kindergartenarbeit bei der beklagten Stadt bildeten. Die von ihr erworbenen “gleichwertigen Fähigkeiten” beruhten mithin nicht allein auf langjähriger praktischer Erfahrung auf der Basis einer Berufsqualifikation als Kinderpflegerin, sondern würden ständig weiterentwickelt und vertieft. Neben der faktischen Arbeitsvertragsgestaltung – Erbringung von Tätigkeiten als Erzieherin und Annahme dieser Tätigkeiten als vertragsgemäße Leistung durch die beklagte Stadt – bedeute dies ein weiteres deutliches Indiz für die Erfüllung des Tarifmerkmals.

Die Klägerin hat aber nicht vorgetragen, inwiefern diese Fortbildungsmaßnahmen sie über ihre bei der beklagten Stadt ausgeübte Tätigkeiten hinaus so qualifiziert haben sollen, daß das Tätigkeitsmerkmal der gleichwertigen Fähigkeiten erfüllt ist. Die Klägerin hat lediglich auf die genannten acht Fortbildungsmaßnahmen verwiesen, ohne Ausführungen dazu zu machen, wie diese Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Tätigkeitsmerkmal der gleichwertigen Fähigkeiten einzuordnen sind. Die in der Personalakte der Klägerin enthaltenen Nachweise geben das auch nicht her.

In der Zeit vom 22. April 1982 bis 25. April 1982 nahm sie an einem Fortbildungslehrgang zum Thema “Elternarbeit in Kinderkrippen” teil. Es wurden folgende Themen behandelt:

  • Wie sieht die Elternarbeit in unserer Einrichtung aus?
  • Was verstehen wir unter Elternarbeit?
  • Verständnis von Elternarbeit (Erwartungen, Wünsche, Mängel)
  • Diskussion über spezifische Ängste, Unsicherheiten, Hemmungen, Vorbehalte bei Eltern und Erziehern.

Das zeigt, daß lediglich Kenntnisse auf dem eng begrenzten Teilgebiet vertieft wurden, auf dem die Klägerin früher tätig war.

Das gilt für die Teilnahme an dem Fortbildungslehrgang “Gestaltung der pädagogischen Arbeit in Einrichtungen für Kinder unter drei Jahren” vom 27. bis 29. April 1983 mit den behandelten Themen “Erfahrungsaustausch und Diskussion: Was können die Kinder miteinander anfangen?, Brauchen Kinder unter drei Jahren mehr als eine erwachsene Bezugsperson?, Brauchen die Kinder sachkundige Hilfe zu ihrer Entwicklung?, Was könnte man anders und besser machen?”, entsprechend.

Am 23. April 1985 wurde der Klägerin bescheinigt, an einem acht Doppelstunden umfassenden Lehrgang “Grundausbildung in erster Hilfe (Betriebshelferlehrgang)” teilgenommen zu haben. Ein Bezug zur Ausbildung von Erziehern ist nicht erkennbar. Es ging der beklagten Stadt darum, nach § 8 Abs. 1 Satz 1 der Unfallverhütungsvorschrift “Erste Hilfe” (GÜV 0.3) Ersthelfer für die Erste-Hilfe-Leistung bestellen zu können.

In der Zeit vom 15. November 1993 bis 19. November 1993 nahm sie an der Veranstaltung “Umweltschutz konkret: Nationalpark Wattenmeer” teil, eine Veranstaltung nach dem NBildUG. Ein unmittelbarer Bezug zum Betätigungsfeld von Erzieherinnen ist nicht erkennbar.

Weiteres zu Fortbildungsveranstaltungen findet sich weder in den Vorakten noch in den Personalakten der Klägerin.

Da die Klägerin auf der Grundlage ihres Vorbringens nicht über Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die denen einer Erzieherin mit staatlicher Anerkennung gleichwertig sind, erfüllt sie nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppen VIb Fallgruppe 5, Vc Fallgruppe 7 der Vergütungsgruppen für Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst BAT/VKA.

Auf die Frage, ob die Klägerin “entsprechende Tätigkeit”, also die einer Erzieherin ausübt, braucht der Senat nicht mehr einzugehen.

Damit hat die Klägerin weder Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb ab 1. Januar 1991 noch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Vc BAT/VKA ab 1. Februar 1993 mit der Folge, daß das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen war.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Bott, Friedrich, Brocksiepe, Hecker

 

Fundstellen

Dokument-Index HI884821

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