Entscheidungsstichwort (Thema)

Stufenfindung bei Höhergruppierung aus Endstufe

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird die Höhergruppierung eines Angestellten, der in seiner bisherigen Vergütungsgruppe die Endgrundvergütung erreicht hat, in dem Monat wirksam, in dem er ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, erhält er erst nach weiteren zwei Jahren die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner neuen Vergütungsgruppe. Die auf einen Zeitpunkt nach der Höhergruppierung abstellende Regelung des § 27 Abschnitt A Abs 2 Unterabsatz 6 BAT-VKA ist als unumgängliche Stichtagsregelung rechtlich unbedenklich.

 

Normenkette

TVG § 1; BAT § 27

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 11.01.1994; Aktenzeichen 13 Sa 1172/93 E)

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 21.04.1993; Aktenzeichen 2 Ca 696/92 E)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die für die Höhe der Vergütung des Klägers maßgebliche Vergütungsstufe.

Der am 21. Januar 1944 geborene Kläger ist als Diplom-Ingenieur bei dem Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) in der jeweiligen Fassung Anwendung.

Bis zum 31. Dezember 1990 war der Kläger in der Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a zum BAT-VKA eingruppiert. Zuletzt war er in die Endstufe dieser Vergütungsgruppe, die Stufe 10, eingestuft. Gemäß Tarifvertrag zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 24. April 1991 (ÄnderungsTV), rückwirkend in Kraft getreten zum 1. Januar 1991, wurde der Kläger zum 1. Januar 1991 aufgrund achtjähriger Bewährung in die Vergütungsgruppe III der Anlage 1 a zum BAT-VKA eingruppiert und in die Stufe 9 eingestuft und entsprechend vergütet. Ab 1. Januar 1993 erhält der Kläger die Vergütungsstufe 10.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe von Beginn seiner Höhergruppierung an Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsstufe 10. Mit dem ÄnderungsTV sei eine Verbesserung der Vergütung für Fachhochschulingenieure beabsichtigt gewesen, so daß nach der Höhergruppierung die Vergütungsstufe habe gleichbleiben müssen. Außerdem müsse er mit seinen am 7. August 1946 und am 17. Juli 1942 geborenen Kollegen L und R gleichbehandelt werden, die wie er im Jahr 1991 ein ungerades Lebensjahr vollendet hätten und im Gegensatz zu ihm in diesem Jahr höhergestuft worden seien.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist,

an ihn rückwirkend ab dem 1. Januar 1991 Vergü-

tung nach der Vergütungsgruppe III BAT Stufe 10

der Tabelle der Grundvergütungen für die Ange-

stellten der Vergütungsgruppe X bis I nach Voll-

endung des 21. bzw. 23. Lebensjahres gemäß der

Stufenzuweisung nach § 27 Abschn. A BAT (VKA) zu

zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig.

Die auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsstufe gerichtete Klage ist zulässig, weil sich die Höhe der Vergütung des Klägers in Zukunft ändern kann (vgl. BAG Urteil vom 15. Juni 1994 - 4 AZR 821/93 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt).

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, daß dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1992 nicht Vergütung nach Stufe 10 der Vergütungsgruppe III der Anlage 1 zum BAT-VKA zustand. Der Kläger erhielt bis zum 31. Dezember 1990 Vergütung nach der Endstufe 10 der Vergütungsgruppe IV a BAT-VKA. Mit der Einführung eines achtjährigen Bewährungsaufstiegs durch den ÄnderungsTV, dessen Voraussetzungen der Kläger unstreitig erfüllte, wurde der Kläger ab dem 1. Januar 1991 in die Vergütungsgruppe III eingruppiert und zutreffend in die Stufe 9 eingestuft.

Für die Ermittlung der Vergütungsstufe enthält § 27 Abschn. A BAT-VKA für den Fall der Höhergruppierung in Abs. 2 Unterabs. 1 folgende Bestimmung:

"Wird der Angestellte höhergruppiert, erhält er

vom Beginn des Monats an, in dem die Höhergrup-

pierung wirksam ist, in der Aufrückungsgruppe die

Grundvergütung der Stufe, deren Satz mindestens

um den Garantiebetrag höher ist als seine bishe-

rige Grundvergütung, höchstens jedoch die Endver-

gütung (letzte Stufe) der Aufrückungsgruppe....

Garantiebetrag im Sinne des Satzes 1 ist der Un-

terschiedsbetrag zwischen den Anfangsgrundvergü-

tungen (ersten Stufen) der bisherigen Vergütungs-

gruppe und der Aufrückungsgruppe."

Somit war im vorliegenden Fall die Summe aus bisheriger Grundvergütung (4.139,73 DM = Stufe 10 BAT IV a) und Garantiebetrag (269,00 DM = 2.961,19 DM Stufe 1 BAT III minus 2.692,19 DM (Stufe 1 BAT IV a), also 4.408,73 DM, mit den Beträgen der Stufen in der Vergütungsgruppe BAT III zu vergleichen. Die Stufe, deren Satz mindestens um den Garantiebetrag höher lag als die bisherige Grundvergütung, war danach die Stufe 9 mit einer Vergütung von 4.465,72 DM.

2. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1992 keinen Anspruch auf die Grundvergütung der Stufe 10 der Vergütungsgruppe III der Anlage 1 zum BAT-VKA.

a) Der Kläger kann sein Klagebegehren nicht auf § 27 Abschn. A Abs. 2 Unterabs. 6 BAT-VKA stützen. Nach dieser Bestimmung erhält der Angestellte nach der Höhergruppierung erstmals vom Beginn des Monats an, in dem er ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, und weiterhin nach je zwei Jahren bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.

Der Anspruch des Klägers auf die Grundvergütung der Stufe 9 der Vergütungsgruppe III entstand gemäß § 27 Abschn. A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA mit Beginn des Monats in dem die Höhergruppierung wirksam wurde, also am 1. Januar 1991. Nach dieser Höhergruppierung vollendete der Kläger zwar ein mit einer ungeraden Zahl bezeichnetes Lebensjahr, denn er wurde am 21. Januar 1991 47 Jahre alt. Daraus kann er jedoch keinen Anspruch auf Höherstufung herleiten, weil ein solcher Anspruch nach § 27 Abschn. A Abs. 1 BAT-VKA ebenfalls mit Beginn des Monats entsteht, in dem das mit der ungeraden Zahl bezeichnete Lebensjahr vollendet wird, im vorliegenden Fall also auch am 1. Januar 1991. Damit ist der Anspruch des Klägers auf Höherstufung nicht nach der Höhergruppierung entstanden, vielmehr fielen die Zeitpunkte der Höherstufung und der Höhergruppierung zusammen.

b) Auch die Bestimmung des § 27 Abschn. A Abs. 2 Unterabs. 5 BAT-VKA verhilft dem Kläger nicht zu seinem Anspruch. Fallen wie vorliegend die Zeitpunkte einer Höhergruppierung und einer Höherstufung zusammen, so ist nach dieser Bestimmung zunächst die Steigerung in der bisherigen Vergütungsgruppe und danach die Höhergruppierung durchzuführen. Eine Steigerung in der bisherigen Vergütungsgruppe IV a war nicht möglich, weil der Kläger bereits die Endstufe 10 dieser Vergütungsgruppe erreicht hatte. Somit kam im Falle des Klägers nur die Höhergruppierung in Betracht, die - wie dargelegt - vorschriftsgemäß durchgeführt wurde.

3. Der Kläger kann seinen Klageanspruch auch nicht aus § 6 des ÄnderungsTV herleiten. Insoweit schließt der erkennende Senat sich den überzeugenden Ausführungen des Vierten Senats im Urteil vom 15. Juni 1994 (- 4 AZR 821/93 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt, zu B 2 c der Gründe) an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist.

4. Der Kläger kann schließlich auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1992 Vergütung nach Stufe 10 der VergGr. III der Anlage 1 a zum BAT-VKA verlangen.

Zu Unrecht meint die Revision, § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 5 u. 6 BAT-VKA enthalte eine den Kläger willkürlich treffende Regelung, weil er erst zwei Jahre nach dem 1. Januar 1991 höher eingestuft werde, während Angestellte, die ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr in einem anderen Monat als dem Januar 1991 vollenden, bereits vor dem 1. Januar 1993 eine höhere Vergütungsstufe erreichten. Die Revision verkennt, daß es sich bei der Bestimmung des § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 6 BAT-VKA, wonach der Beginn des Monats, in dem der Angestellte ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, n a c h dem Zeitpunkt der Höhergruppierung liegen muß, um eine Stichtagsregelung handelt. Hätten die Tarifparteien eine andere zeitliche Anknüpfung gewählt, würde diese zwar nicht den Kläger, dafür aber andere Angestellte benachteiligen. Solche unumgänglichen Stichtagsregelungen wurden in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bisher immer als zulässig angesehen (z.B. BAGE 50, 277 = AP Nr. 1 zu § 74 BAT; BAG Urteil vom 10. April 1984 - 3 AZR 57/82 - AP Nr. 64 zu § 242 BGB (Gleichbehandlung). Auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten sind sie unbedenklich, wenn sie sich aus dem System einer Gesamtregelung rechtfertigen und dabei entstehende Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen (BVerfGE 80, 297, 311; 84, 348, 365; 87, 1, 47). So liegt der Fall hier. Zur Ermittlung der Stufe einer Vergütungsgruppe nach Höhergruppierung haben die Tarifparteien die Regelung des § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabsatz 6 BAT-VKA geschaffen, die, wie auch sonst bei der Stufenfindung auf den Monatsbeginn abstellt. Dieses System mag zwar Angestellte, die die Endstufe erreicht haben, im Monat der Höhergruppierung ein ungerades Lebensjahr beginnen und damit nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 5 u. 6 BAT-VKA erst zwei Jahre später eine in der neuen Gruppe erreichbare höhere Vergütungsstufe erlangen, benachteiligen. Diese zufällig entstehende Härte ist von dieser Personengruppe jedoch als systembedingt hinzunehmen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Peifer Dr. Jobs Dr. Armbrüster

Mergenthaler P. Stahlheber

 

Fundstellen

NZA 1995, 1004

NZA 1995, 1004-1005 (LT1)

AP § 27 BAT ((LT1), Nr 6

EzBAT, Abschnitt A-VKA (LT1)

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