Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Hauptschulabschlußkurse

 

Leitsatz (redaktionell)

Befristeter Arbeitsvertrag zwischen einer Volkshochschule und einer Lehrkraft zur Durchführung von Hauptschulabschlußlehrgängen, die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden

 

Normenkette

BGB §§ 620, 611; BAT SR 2y Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 28.11.1990; Aktenzeichen 2 Sa 101/90)

ArbG Bremen (Urteil vom 25.01.1990; Aktenzeichen 1 Ca 1325/88)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 28. November 1990 – 2 Sa 101/90 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 19. Oktober 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit dem 14. April 1986 aufgrund zweier befristeter Arbeitsverträge an der Volkshochschule der Beklagten als Lehrer „mit voller Arbeitszeit” tätig. Der Arbeitsvertrag vom 15. Mai 1986 bezog sich auf die Zeit vom 14. April 1986 bis zum 12. Februar 1987 und der Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 1986 auf die Zeit vom 13. Februar 1987 bis zum 19. Oktober 1988. In beiden Arbeitsverträgen wurde die für Zeitangestellte vorgesehene Rubrik angekreuzt. Im Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 1986 wurde angegeben, daß der Kläger „je zur Hälfte für die im Rahmen der von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Maßnahmen ‚Hauptschulabschluß’ und ‚Hauptschulabschlußlehrgang-Vorkurs’ … eingestellt” werde. Nach § 2 Satz 1 der Arbeitsverträge bestimmt sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für die Freie Hansestadt Bremen geltenden Fassung”.

Die Beklagte bietet seit Mitte der siebziger Jahre Kurse zur nachträglichen Erlangung von Schulabschlüssen an. Zwischen 1981 und 1990 wurden 22 Hauptschulabschlußkurse von der Beklagten aus eigenen Mitteln und 38 Hauptschulabschlußkurse von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert. Wenn die Bundesanstalt für Arbeit wegen der Arbeitsmarktlage die Durchführung von Kursen zur nachträglichen Erlangung des Hauptschulabschlusses für erforderlich hält und deshalb Mittel bereitstellt, sucht sie durch Ausschreibungen geeignete Maßnahmeträger. Erhält die Volkshochschule der Beklagten den Zuschlag, so schließt die Bundesanstalt für Arbeit mit der Beklagten einen Vertrag, in dem sich die Bundesanstalt für Arbeit zur Zahlung von Lehrgangsgebühren und zur Übernahme der Kosten für die sozialpädagogische Betreuung der Kursteilnehmer verpflichtet. Die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden wird vertraglich festgelegt. Das Arbeitsamt weist der Volkshochschule die Kursteilnehmer zu. Für die Durchführung der von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse weist die Beklagte überplanmäßige Stellen aus und entnimmt die dafür erforderlichen Mittel der Haushaltsstelle „Vergütungen für Angestellte in Vollzeitmaßnahmen”. Dieser ausschließlich aus Drittmitteln bestehenden Haushaltsstelle werden die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit zugeführt.

Die Durchführung von Kursen zum Erwerb von Schulabschlüssen entspricht dem Bildungsauftrag der Volkshochschule. Nach dem Bremer Weiterbildungsgesetz besteht aber keine Verpflichtung der Volkshochschule zur Veranstaltung von Hauptschulabschlußkursen. Im Entwurf des Bremer Kulturplanes des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 ist unter anderem ausgeführt:

„Die Bremer Volkshochschule ist Teil eines Weiterbildungssystems, das im Zusammenwirken aller anerkannten Einrichtungen die Bereitstellung des umfassenden Angebots politischer, beruflicher und allgemeiner Weiterbildung entsprechend den Zielsetzungen des Bremischen Weiterbildungsgesetzes gewährleistet.

In diesem System hat die VHS die Aufgabe, ein öffentlich verantwortetes Grundangebot bereitzuhalten

  • im Bereich abschlußbezogener, elementar und allgemein qualifizierender Bildungsmaßnahmen;
  • im Bereich der politischen kulturellen Bildung zur Bewältigung der individuellen Auswirkungen des technischen und sozialen Wandels;

    Besondere Anforderungen an die Volkshochschule ergeben sich durch die vom Senat entwickelte Qualifizierungsoffensive zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. In ihr wird Weiterbildung mit arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen sowie wirtschaftsstrukturellen Überlegungen verknüpft. Die Volkshochschule hat sich in den letzten Jahren – trotz ihrer beschränkten Ressourcen – verstärkt in Bereichen beruflicher Qualifizierung engagiert, ihre personelle und fachliche Kapazität in die Umsetzung von Programmen des Bremer Senats und der Bundesanstalt für Arbeit eingebracht. Dabei entwickelte sie die Schwerpunkte anhand ihrer spezifischen Vorerfahrung und unter Nutzung der Kooperationsmöglichkeiten mit Institutionen innerhalb und außerhalb des Weiterbildungsbereiches. Diese Schwerpunkte liegen:

  • bei Maßnahmen der Grund- und Elementarbildung zum Abbau von Bildungsdefiziten im Vor- und Umfeld beruflicher Qualifizierung;

    hierzu gehören z.B. Lehrgänge zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (Haupt- und Realschulabschluß);

…”

Wie viele von der Beklagten selbst finanzierte Schulabschlußkurse die Volkshochschule durchführt, hängt von den verfügbaren Haushaltsmitteln und vom voraussichtlichen Bedarf ab.

Die Regelfinanzierung der Volkshochschule erfolgt durch globale Mittelzuweisung. Nur bei der Zuweisung von Sondermitteln mit einer bestimmten Zweckbindung wird festgelegt, in welchen Bereichen sie einzusetzen sind. Den voraussichtlichen Bedarf an Schulabschlußkursen analysiert die Volkshochschule selbst. Die Teilnahme an den angebotenen Schulabschlußkursen ist freiwillig.

Im Frühjahrsemester 1987 unterrichtete der Kläger ausschließlich in Hauptschulabschlußkursen. Im Herbstsemester 1987 wurde er mit 21 bzw. 22 Unterrichtsstunden pro Woche in Hauptschulabschlußkursen und zusätzlich mit zwei Unterrichtsstunden in den nicht von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Realschulabschlußkursen eingesetzt. Im Frühjahrsemester 1988 wurde er zunächst mit 18 Wochenstunden im Hauptschulabschlußbereich beschäftigt. Ab Mai 1988 entfielen zwölf Unterrichtsstunden auf den Hauptschulabschlußbereich, zwei Unterrichtsstunden auf Realschulabschlußkurse und acht Unterrichtsstunden auf die ebenfalls nicht von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Nichtabiturientenkurse.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam, weil die Durchführung von Hauptschulabschlußkursen eine Daueraufgabe der Volkshochschule sei. Auch bei den von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkursen liege die inhaltliche und personelle Planungskompetenz bei der Volkshochschule. Es bestünden keine Unterschiede zu den von der Volkshochschule aus eigenen Mitteln finanzierten Hauptschulabschlußkursen. Da eine weitgehende Fremdbestimmtheit fehle, könne die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten „Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer” (MBSE) auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Nachfrageschwankungen und Unsicherheiten bei der künftigen Finanzierung der Kurse gehörten zum Arbeitgeberrisiko, das nicht durch Befristungen auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden dürfe. Die Befristung könne auch nicht auf Drittmittelfinanzierung gestützt werden, zumal die Fremdmittel nicht für bestimmte Arbeitsplätze bewilligt worden seien. Zumindest sei insoweit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen, als der Kläger in Schulabschlußkursen, die nicht von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert worden seien, eingesetzt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß zwischen den Parteien über den 19. Oktober 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit voller Arbeitszeit besteht.

    hilfsweise

    festzustellen, daß zwischen den Parteien über den 19. Oktober 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von 10 Unterrichtsstunden und einer anteiligen Vergütung von 10/23 der jeweiligen Vergütung nach BAT besteht.

  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den unter Ziff. 1 erkannten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, für die Befristung habe ein sachlicher Grund bestanden. Die MBSE-Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts träfen auch auf den vorliegenden Fall zu. Die tatsächliche und rechtliche Situation sei vergleichbar. Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse seien für die Volkshochschule sozialstaatliche Sonderaufgaben von begrenzter Dauer. Die Volkshochschule führe sie weitgehend fremdbestimmt im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durch. Diese Kurse seien vom Bedarf abhängig. Ihre Anzahl sei stets schwankend gewesen. So habe sich zum Beispiel die Kurszahl in den Lehrgangsjahren 1989/90 und 1990/91 verringert. Ob der Kläger weiterbeschäftigt werden könne, hänge nicht nur von der Zahl der Kurse, sondern auch davon ab, ob sich genügend Teilnehmer für die vom Kläger unterrichteten Fächer entschieden. Selbst wenn die Bundesanstalt für Arbeit die Volkshochschule wieder mit der Durchführung von Hauptschulabschlußkursen beauftrage, sei nicht gewährleistet, daß es sich um unmittelbare Anschlußmaßnahmen handele. Der Lehrgangsbeginn sei nicht einheitlich, sondern sehr unterschiedlich. Im übrigen könne die Befristung auch auf die Drittmittelfinanzierung gestützt werden. Ein sicherer Wegfall von Drittmitteln könne nicht verlangt werden. Bei sozialstaatlichen Sonderaufgaben genüge die Unsicherheit über ihre Fortführung. Da die Beklagte den Kläger überwiegend in dem von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußbereich beschäftigt habe, sei die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses wirksam vereinbarte Befristung auch nicht im nachhinein unwirksam geworden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Zwischen den Parteien besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

I. Für die Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam oder unwirksam ist, kommt es in Fällen mehrfacher Befristung regelmäßig nur auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag an (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73, 79 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe, unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung). Denn mit dem Abschluß eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages bringen die Vertragsparteien in der Regel zum Ausdruck, daß fortan der neue Arbeitsvertrag für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll.

II. Die im Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 1986 vereinbarte Befristung ist nicht bereits aus formalen Gründen unwirksam.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß kraft der einzelvertraglichen Vereinbarung in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 17. Dezember 1986 die Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y BAT) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden sind. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Diese Regelung dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Sie will einem Streit der Parteien darüber vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war. Dementsprechend darf sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf solche sachlichen Gründe berufen, die einer anderen als der vereinbarten tariflichen Befristungsgrundform zuzuordnen sind. Derartige Sachgründe sind durch die getroffenen Vereinbarungen ausgeschlossen und dürfen nicht nachgeschoben werden (ständige Rechtsprechung seit BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 a der Gründe).

2. Nr. 2 SR 2y BAT verlangt aber nicht die Angabe des konkreten sachlichen Befristungsgrundes, sondern nur die Vereinbarung der tariflichen Befristungsgrundform nach Absatz 1 dieser Vorschrift, also die Vereinbarung, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Für diese Vereinbarung ist keine bestimmte Ausdrucksweise vorgeschrieben (ständige Rechtsprechung seit BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 – 2 AZR 483/73 – AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe). Auch mißverständliche, insbesondere nach dem juristischen oder tariflichen Sprachgebrauch unzutreffende Formulierungen sind unschädlich, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragspartner feststellen läßt. Welche tarifliche Grundform nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT vereinbart wurde, ist in jedem Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln.

a) Die Beklagte hat den von ihr verwandten Formularvertrag nicht lediglich ausgefüllt, sondern mit einem maschinenschriftlichen Zusatz ergänzt. Insoweit handelt es sich um eine untypische Vertragsbestimmung, die nicht für die unveränderte Verwendung in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen vorgesehen ist. Die Auslegung einer solchen Vertragsbestimmung durch den Tatsachenrichter kann vom Revisionsgericht regelmäßig nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln, Erfahrungssätze oder Denkgesetze verletzt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. u.a. BAGE 27, 218, 227 = AP Nr. 1 zu § 105 BetrVG 1972, zu II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 2. März 1989 – 2 AZR 280/88 – AP Nr. 101 zu § 626 BGB, zu I 2 a aa der Gründe, und Urteil vom 20. Februar 1991 – 7 AZR 81/90 – BB 1991, 2448 = DB 1991, 2548 = NZA 1992, 31, zu II 2 a der Gründe).

b) Auch dieser eingeschränkten Nachprüfung hält die im Berufungsurteil vorgenommene Vertragsauslegung insoweit nicht stand, als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, es sei eine Einstellung des Klägers als Zeitangestellter vereinbart worden, unabhängig davon, ob der Kurs, in dem der Kläger eingesetzt werden sollte, als Aufgabe von begrenzter Dauer anzusehen sei.

aa) Im vorliegenden Fall war der für die Befristung maßgebliche tatsächliche Grund im Arbeitsvertrag schlagwortartig angegeben. Auch die näheren Einzelheiten waren dem Kläger aus seinem vorausgegangenen befristeten Arbeitsverhältnis bekannt. Jedenfalls unter diesen Umständen ist eine falsche rechtliche Einordnung des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag unschädlich.

bb) Das Berufungsgericht hat sich nicht damit auseinandergesetzt, daß im Arbeitsvertrag eines Zeitangestellten nur die Frist anzugeben ist, mit deren Ablauf das Arbeitsverhältnis enden soll, die Beklagte aber zur Erläuterung der Einordnung des Befristungsgrundes im Arbeitsvertrag das Aufgabengebiet des Klägers hervorhob. Damit brachte die Beklagte zum Ausdruck, daß die Besonderheiten der von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußlehrgänge für die Befristung der Arbeitsverträge ausschlaggebend waren. Die maßgeblichen Tatsachen, vor allem das Zustandekommen und die Zusammensetzung dieser Kurse, kannte der Kläger zumindest aus den vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnissen.

cc) Der von der Beklagten „im Rahmen des Prozesses” vorgenommenen „Eigenbewertung dieser Kurse als Daueraufgabe” kommt nicht die ihr vom Landesarbeitsgericht beigemessene Bedeutung zu. Abgesehen davon, daß eine falsche rechtliche Bewertung bei Einigkeit der Parteien über die tatsächlichen Gründe der Befristung unschädlich ist, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten nur unvollständig berücksichtigt. Die Beklagte hat es zwar als Daueraufgabe angesehen, überhaupt Hauptschulabschlußlehrgänge durchzuführen, die einzelnen von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Lehrgänge jedoch als zusätzliche, zeitlich begrenzte sozialstaatliche Sonderaufgaben angesehen. Diese „Eigenbewertung” der Beklagten steht einer umfassenden rechtlichen Würdigung des tatsächlichen Befristungsgrundes nicht entgegen.

III. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Befristung des Arbeitsverhältnisses für unwirksam erachtet, weil die Aufgaben, für die der Kläger eingestellt wurde, nicht von begrenzter Dauer waren und auch keine sachlichen Gründe für eine Beschäftigung als Zeitangestellter vorlagen.

1. Die Unsicherheit über die künftige Teilnehmerzahl und das Risiko, daß wegen fehlender Nachfrage ein Teil der Hauptschulabschlußkurse nicht mehr durchgeführt werden kann, ist, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, nicht als sachlicher Grund für die Befristung anzusehen. Die Unsicherheit der künftigen Bedarfsentwicklung reicht für sich allein nicht aus. Diese Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch den Abschluß befristeter Arbeitsverträge auf seine Arbeitnehmer abwälzen kann (vgl. BAGE 54, 10, 18 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Der Arbeitgeber kann sich bei nicht oder nur schwer voraussehbarem quantitativen Bedarf nicht darauf berufen, mit befristeten Arbeitsverhältnissen könne er leichter und schneller auf Bedarfsschwankungen reagieren (BAGE 56, 241, 249 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 3 b der Gründe).

2. Ebensowenig rechtfertigt allein die Abhängigkeit von Zahlungen anderer öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und von Haushaltsmitteln die Befristungen. Das Haushaltsrecht kann nicht unmittelbar in die Rechte Dritter und damit auch nicht unmittelbar in das Arbeitsverhältnis eingreifen. Wegen der zeitlichen Begrenzung des Haushaltsplans durch das Haushaltsjahr ist zwar ungewiß, ob ein künftiger Haushaltsplan noch Mittel vorsieht. Aber auch in der Privatwirtschaft ist nicht gesichert, daß entsprechende Mittel in Zukunft zur Verfügung stehen. Die Unsicherheit der finanziellen Entwicklung gibt noch keinen sachlichen Grund für die Befristung ab (BAGE 36, 229, 233 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 4 der Gründe; BAG Urteil vom 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP Nr. 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 b aa der Gründe, m.w.N.). Dementsprechend reicht auch die allgemeine Unsicherheit über das Weiterlaufen von Drittmitteln nicht aus (BAG Urteil vom 25. Januar 1980 – 7 AZR 69/78 – AP Nr. 52 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 3 der Gründe; BAGE 41, 110, 115 f. = AP Nr. 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 3 der Gründe).

3. Die Abhängigkeit sowohl von der künftigen Nachfrage als auch von den Zahlungen anderer öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und den ihnen zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln führt noch nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwar kann ein sogenannter Mischtatbestand geeignet sein, eine Befristung sachlich zu rechtfertigen, weil es sich bei den von der Rechtsprechung anerkannten Befristungsgründen um keine abschließende Aufzählung handelt. Die als Befristungsgrund vorgetragene Fallgestaltung muß jedoch gewichtige rechtserhebliche Besonderheiten aufweisen, die eine nahtlose Einordnung in die bisher anerkannten Typen unmöglich machen. Die erforderliche eigene rechtliche Bewertung derartiger Fallgestaltungen verändert nicht den Prüfungsmaßstab. Auch bei ihnen muß nach den Wertungsmaßstäben der bisherigen Rechtsprechung ein sachlicher Grund für eine Befristung anzuerkennen sein (vgl. BAGE 42, 203, 208 = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 22. März 1985 – 7 AZR 487/84 – AP Nr. 89 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 24. September 1986 – 7 AZR 669/84 – AP Nr. 12 zu § 72 ArbGG 1979, zu II 2 b aa der Gründe).

Neben der Abhängigkeit vom künftigen Bedarf und von Drittmitteln liegen keine weiteren Umstände vor, die von solchem Gewicht sind, daß auch ein verständig und sozial denkender Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen hätte.

a) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht auf die Urteile des Senats vom 28. Mai 1986 (BAGE 52, 122, 128 ff. = AP Nr. 101 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 b der Gründe, und BAGE 52, 133, 143 und 145 ff. = AP Nr. 102, a.a.O., zu I 3 sowie II 2 a und b der Gründe), vom 24. September 1986 (– 7 AZR 669/84 – AP Nr. 12 zu § 72 ArbGG 1979, zu II 2 a aa der Gründe) und vom 15. März 1989 (– 7 AZR 264/88 – AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe) stützen. In diesen Urteilen hat der Senat bei den im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten und von ihr im wesentlichen auch finanzierten „Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer” (MBSE) die Befristung der zwischen den Lehrkräften und den Maßnahmeträgern geschlossenen Arbeitsverträge für wirksam erachtet. Der projektbedingt erhöhte personelle Mehrbedarf ist wegen der weitgehend durch die Bundesanstalt für Arbeit bestimmten Personalvorgaben sowie wegen der für den einzelnen Maßnahmeträger bestehenden Unsicherheit über die Durchführung weiterer überbetrieblicher Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des Benachteiligtenprogramms als sachlicher Grund dafür angesehen worden, die Arbeitsverhältnisse der projektbezogen beschäftigten Arbeitnehmer für die Dauer des jeweiligen Ausbildungsjahres zu befristen. In den MBSE-Urteilen ist vor allem auch darauf abgestellt worden, daß diese Berufsbildungsmaßnahmen für den einzelnen Maßnahmeträger jeweils befristet übertragene (= ausbildungsjahrbezogene) sozialstaatliche Sonderaufgaben von begrenzter Dauer darstellten. Diese Erwägungen treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu.

b) Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse sind für die Volkshochschule der Beklagten keine sozialstaatliche Sonderaufgabe von begrenzter Dauer. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, daß sich aus dem bremischen Weiterbildungsgesetz keine Verpflichtung der Volkshochschule zur Durchführung von Hauptschulabschlußlehrgängen herleiten läßt. Daueraufgaben müssen jedoch nicht auf gesetzlichen Pflichten beruhen, sondern können auch freiwillig übernommen werden. Die Beklagte betrachtet ihre Volkshochschule als Teil eines Weiterbildungssystems, das u.a. die berufliche und allgemeine Weiterbildung gewährleisten soll. Im Entwurf des Bremer Kulturplans des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 ist ausdrücklich hervorgehoben worden, daß zu den Schwerpunktaufgaben der Volkshochschule Lehrgänge zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (Haupt- und Realschulabschluß) zählen. Dabei handelt es sich um eine eigene Aufgabe der Volkshochschule. Seit Mitte der siebziger Jahre veranstaltet die Beklagte an ihrer Volkshochschule eigenfinanzierte Hauptschulabschlußkurse. Jedenfalls seit 1982 finanziert die Bundesanstalt für Arbeit einen Teil der Hauptschulabschlußkurse. Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten und die von der Beklagten selbst finanzierten Hauptschulabschlußkurse sind für die Volkshochschule nach Ausgestaltung und Zielsetzung gleichartig. Wie im Entwurf des Bremer Kulturplanes des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 unterstrichen wird, dienen die von der Volkshochschule durchgeführten Maßnahmen der Grund- und Elementarbildung dem Abbau von Bildungsdefiziten im Vor- und Umfeld beruflicher Qualifizierung, und zwar unabhängig davon, wer sie finanziert. Die Aufträge der Bundesanstalt für Arbeit erschließen der Volkshochschule einen größeren Teilnehmerkreis. Die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit ermöglichen es der Beklagten, die ohnehin vorgesehenen Lehrgänge in größerem Umfang anzubieten. Die Bundesanstalt für Arbeit hat für die Volkshochschule die gleiche Funktion wie ein Großabnehmer für ein Privatunternehmen. Auch die künftigen Aufträge eines Großkunden richten sich nach seiner Finanzkraft und dem von ihm zu deckenden Bedarf.

c) Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußlehrgänge werden für die Volkshochschule nicht deshalb zu sozialstaatlichen Sonderaufgaben von begrenzter Dauer, weil die Volkshochschule die Teilnehmer nicht mehr selbst werben muß, sondern vom Arbeitsamt zugewiesen erhält. Der Empfänger der angebotenen Leistung und der Auftraggeber müssen nicht identisch sein. Z. B. kann ein Großabnehmer vereinbaren, daß die Waren unmittelbar an seine Kunden geliefert werden.

d) Durch die Verträge mit der Bundesanstalt für Arbeit erweitert die Volkshochschule ihre Breitenwirkung. Die Volkshochschule kann mit eigenen Mitteln nur eine bestimmte Zahl von Lehrgängen durchführen. Wenn die Bundesanstalt für Arbeit Schulungsträger für Hauptschulabschlußkurse sucht, beteiligt sich die Volkshochschule entsprechend ihrem Bildungsauftrag an den Ausschreibungen. Mit der Durchführung der von der Bundesanstalt für Arbeit ausgeschriebenen Kurse verwirklicht die Volkshochschule gleichzeitig ihre eigenen Bildungsziele.

e) Die einzelnen von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Hauptschulabschlußlehrgänge sind keine jeweils gesondert zu betrachtenden, eigenständigen Projekte. Sie dienen, ebenso wie die von der Beklagten selbst finanzierten Kurse, der Erfüllung einer übergreifenden, auf Dauer angelegten Aufgabe der Volkshochschule. Nach den Zielvorstellungen der Beklagten sind die Hauptschulabschlußlehrgänge kein zeitlich begrenztes Weiterbildungsangebot. Selbst wenn die Bundesanstalt für Arbeit als Auftraggeber ausfiele, würden die Hauptschulabschlußkurse weitergeführt, wenn auch in geringerer Zahl. Falls sich die Bundesanstalt für Arbeit aus diesem Bereich ganz oder teilweise zurückzöge, müßte die Beklagte darüber entscheiden, inwieweit sie selbst mit eigenen Mitteln die entstehenden Lücken füllen könnte und wollte.

f) Im Gegensatz zu den MBSE-Maßnahmen führt die Volkshochschule die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse auch nicht weitgehend fremdbestimmt durch. Die Bundesanstalt für Arbeit hat keine genauen Richtlinien über die Aufgaben, die Ziele, den Inhalt und die Organisation der Hauptschulabschlußkurse erlassen. Ohne derartige nähere Vorgaben gestaltet die Beklagte nach ihren Vorstellungen und ihrem Konzept die Lehrgänge aus. Die personelle Planungskompetenz der Volkshochschule bleibt weitgehend unberührt. Die Beklagte räumt ein, daß sie zunächst frei in der Entscheidung sei, welches Personal sie in der Maßnahme einsetzen wolle. Ihre Personalvorschläge werden dem mit der Bundesanstalt für Arbeit geschlossenen Vertrag zugrundegelegt. Daran ist die Volkshochschule dann allerdings gebunden. Die Dauer der Maßnahme und die Zahl der Unterrichtsstunden sind Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und gleichzeitig Berechnungsgrundlage für die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit. Eine weitgehende Fremdbestimmtheit der von der Volkshochschule durchgeführten Hauptschulabschlußkurse ergibt sich daraus nicht.

g) Inhalt und Lernziele aller Hauptschulabschlußkurse stimmen überein. Sie hängen nicht davon ab, wer sie finanziert. Wegen der Einheitlichkeit des Kursangebots können, sofern die Nachfrage es zuläßt und entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, Rückgänge in einem Bereich durch Steigerungen im anderen Bereich kompensiert werden. Die Lehrkräfte, die für einen von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Kurs eingestellt werden, sind in einem entsprechenden, von der Beklagten selbst finanzierten Kurs problemlos einsetzbar. Ein derartiger Austausch ist auch tatsächlich erfolgt. Der Kläger wurde ab Mai 1988 mit zwei Unterrichtsstunden in Realschulabschlußkursen und mit acht Unterrichtsstunden in den ebenfalls nicht von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Nichtabiturientenkursen beschäftigt.

4. Die im Arbeitsvertrag vom 17. Dezember 1986 vereinbarte Befristung ist nicht deshalb wirksam, weil die Zahl der Kursinteressenten und damit auch die Zahl der Hauptschulabschlußlehrgänge in den folgenden Jahren rückläufig war. Die Beklagte hat selbst nicht behauptet, daß im Zeitpunkt des Abschlusses der beiden letzten Arbeitsverträge mit der später eingetretenen Entwicklung zu rechnen war. Sie hat die Kurszahlen der Jahre 1988 bis 1991 lediglich als Beispiel dafür genannt, daß die Anzahl der einjährigen Lehrgänge nicht konstant, sondern stets schwankend gewesen sei. Deshalb kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob ein bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages zu erwartender Rückgang des Arbeitskräftebedarfs es rechtfertigen würde, die Arbeitsverhältnisse aller in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer zu befristen, ob nur ein Teil der Arbeitsverhältnisse befristet werden könnte und gegebenenfalls welche.

IV. Mit Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte auch zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt.

Die im Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) entwickelten Grundsätze zum Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses gelten entsprechend auch dann, wenn die Parteien darüber streiten, ob ein Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Frist endete (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 – 2 AZR 410/84 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu B II 5 der Gründe; BAGE 60, 1, 14 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu V der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 – AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV der Gründe). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Für die nach Ansicht des Großen Senats maßgebliche Interessenlage kommt es nicht darauf an, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung oder wegen einer vereinbarten Befristung streitig ist. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers unbefristet fortbesteht, war er auch während des vorliegenden Befristungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Kremhelmer, Nottelmann, Bea

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1065167

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