Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Hauptschulabschlußkurse

 

Leitsatz (redaktionell)

Befristeter Arbeitsvertrag zwischen einer Volkshochschule und einer Lehrkraft zur Durchführung von Hauptschulabschlußlehrgängen, die von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert werden;

Dauer der Befristung bedarf für sich allein keiner Rechtfertigung

Parallelsache zu den Urteilen vom 8. April 1992 – 7 AZR 135/91 – und – 7 AZR 206/91

 

Normenkette

BGB § 620; BAT SR 2y Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 11.12.1990; Aktenzeichen 1 Sa 26/90)

ArbG Bremen (Urteil vom 26.09.1989; Aktenzeichen 4a Ca 4003/89)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 11. Dezember 1990 – 1 Sa 26/90 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 16. Dezember 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Der Kläger war seit dem 14. Juli 1986 aufgrund von drei befristeten Arbeitsverträgen an der Volkshochschule der Beklagten als Lehrer „mit voller Arbeitszeit” tätig. In den Arbeitsverträgen wurde die für Zeitangestellte vorgesehene Rubrik angekreuzt. In den beiden letzten Verträgen vom 14. Januar 1987 und vom 21. Januar 1988 wurde angegeben, daß der Kläger „für den von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Lehrgang ‚Hauptschulabschluß’ … weiterbeschäftigt” werde. Nach § 2 Satz 1 der Arbeitsverträge bestimmt sich das Arbeitsverhältnis „nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der für die Freie Hansestadt Bremen geltenden Fassung”.

Die Beklagte bietet seit Mitte der siebziger Jahre Kurse zur nachträglichen Erlangung von Schulabschlüssen an. Seit 1982 finanziert die Bundesanstalt für Arbeit stets einen Teil der Hauptschulabschlußkurse. Wenn die Bundesanstalt für Arbeit wegen der Arbeitsmarktlage die Durchführung von Kursen zur nachträglichen Erlangung des Hauptschulabschlusses für erforderlich hält und deshalb Mittel bereitstellt, sucht sie durch Ausschreibungen geeignete Maßnahmeträger. Erhält die Volkshochschule der Beklagten den Zuschlag, so schließt die Bundesanstalt für Arbeit mit der Beklagten einen Vertrag, in dem sich die Bundesanstalt für Arbeit zur Zahlung von Lehrgangsgebühren und zur Übernahme der Kosten für die sozialpädagogische Betreuung der Kursteilnehmer verpflichtet. Die Zahl der zu erteilenden Unterrichtsstunden wird vertraglich festgelegt. Das Arbeitsamt weist der Volkshochschule die Kursteilnehmer zu. Für die Durchführung der drei Hauptschulabschlußlehrgänge, die von der Bundesanstalt für Arbeit in der Zeit vom 18. Dezember 1987 bis 17. Dezember 1988 finanziert wurden, führte die Beklagte 3 1/2 überplanmäßige Stellen der Vergütungsgruppe III weiter, zu denen auch die vom Kläger besetzte Stelle gehörte. Außerdem schuf sie eine überplanmäßige Stelle neu. Die dafür erforderlichen Mittel entnahm die Beklagte der Haushaltsstelle „Vergütungen für Angestellte in Vollzeitmaßnahmen”. Dieser ausschließlich aus Drittmitteln bestehenden Haushaltsstelle werden die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit zugeführt.

Die Durchführung von Kursen zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen entspricht dem Bildungsauftrag der Volkshochschule. Nach dem Bremer Weiterbildungsgesetz besteht aber keine Verpflichtung der Volkshochschule zur Veranstaltung von Hauptschulabschlußkursen. Im Entwurf eines Bremer Kulturplanes des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 ist unter anderem ausgeführt:

„Die Bremer Volkshochschule ist Teil eines Weiterbildungssystems, das im Zusammenwirken aller anerkannten Einrichtungen die Bereitstellung des umfassenden Angebots politischer, beruflicher und allgemeiner Weiterbildung entsprechend den Zielsetzungen des Bremischen Weiterbildungsgesetzes gewährleistet.

In diesem System hat die VHS die Aufgabe, ein öffentlich verantwortetes Grundangebot bereitzuhalten

  • im Bereich abschlußbezogener, elementar und allgemein qualifizierender Bildungsmaßnahmen;
  • im Bereich der politischen kulturellen Bildung zur Bewältigung der individuellen Auswirkungen des technischen und sozialen Wandels;

Besondere Anforderungen an die Volkshochschule ergeben sich durch die vom Senat entwickelte Qualifizierungsoffensive zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. In ihr wird Weiterbildung mit arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitischen sowie wirtschaftsstrukturellen Überlegungen verknüpft. Die Volkshochschule hat sich in den letzten Jahren – trotz ihrer beschränkten Ressourcen – verstärkt in Bereichen beruflicher Qualifizierung engagiert, ihre personelle und fachliche Kapazität in die Umsetzung von Programmen des Bremer Senats und der Bundesanstalt für Arbeit eingebracht. Dabei entwickelte sie die Schwerpunkte anhand ihrer spezifischen Vorerfahrung und unter Nutzung der Kooperationsmöglichkeiten mit Institutionen innerhalb und außerhalb des Weiterbildungsbereiches. Diese Schwerpunkte liegen:

  • bei Maßnahmen der Grund- und Elementarbildung zum Abbau von Bildungsdefiziten im Vor- und Umfeld beruflicher Qualifizierung;

    hierzu gehören z.B. Lehrgänge zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (Haupt- und Realschulabschluß);

Wie viele von der Beklagten selbst finanzierte Schulabschlußkurse die Volkshochschule durchführt, hängt von den verfügbaren Haushaltsmitteln und vom voraussichtlichen Bedarf ab. Die Regelfinanzierung der Volkshochschule erfolgt durch globale Mittelzuweisung. Nur bei der Zuweisung von Sondermitteln mit einer bestimmten Zweckbindung wird festgelegt, in welchen Bereichen sie einzusetzen sind. Den voraussichtlichen Bedarf an Schulabschlußkursen analysiert die Volkshochschule selbst. Die Teilnahme an den angebotenen Schulabschlußkursen ist freiwillig.

Der Kläger war während der letzten Befristung (18. Dezember 1987 bis 16. Dezember 1988) in dem von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Lehrgang 1514 „Hauptschulabschluß” als Lehrgangsleiter tätig. Er unterrichtete zwölf Unterrichtsstunden. Sechs Unterrichtsstunden wurden ihm für die Lehrgangsbetreuung angerechnet. Außerdem wurde er von Januar 1987 bis Mai 1988 und von August 1988 bis Dezember 1988 mit sechs Unterrichtsstunden in dem von der Beklagten selbst finanzierten Lehrgang 1522 „Realschulabschluß” eingesetzt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei schon deshalb unwirksam, weil er auch in solchen Kursen beschäftigt worden sei, die nicht Grundlage der befristeten Arbeitsverträge seien. Da der Realschulabschlußlehrgang, in dem er zeitweise eingesetzt worden sei, am 16. Dezember 1988 noch nicht beendet gewesen sei, bestehe jedenfalls für die Dauer der Befristung kein sachlicher Grund. Im übrigen sei die Befristung auch insoweit nicht gerechtfertigt, als die Schulabschlußkurse nicht von der Beklagten selbst, sondern von der Bundesanstalt für Arbeit finanziert worden seien. Die Durchführung von Hauptschulabschlußkursen sei eine Daueraufgabe der Volkshochschule. Auch bei den von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkursen liege die inhaltliche und personelle Planungskompetenz bei der Volkshochschule. Es bestünden keine Unterschiede zu den von der Volkshochschule aus eigenen Mitteln finanzierten Hauptschulabschlußkursen. Da eine weitgehende Fremdbestimmtheit fehle, könne die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten „Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer” (MBSE) auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Nachfrageschwankungen und Unsicherheiten bei der künftigen Finanzierung der Kurse gehörten zum Arbeitgeberrisiko, das nicht durch Befristungen auf die Arbeitnehmer abgewälzt werden dürfe. Die Befristung könne auch nicht auf Drittmittelfinanzierung gestützt werden, zumal die Fremdmittel nicht für bestimmte Arbeitsplätze bewilligt worden seien.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß zwischen den Parteien über den 16. Dezember 1988 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger entsprechend den Bedingungen des letzten befristeten Arbeitsvertrages weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit des Klägers außerhalb der von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse sei nur unwesentlich gewesen und für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Befristung ohne Bedeutung. Die MBSE-Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts träfen auch auf den vorliegenden Fall zu. Die tatsächliche und rechtliche Situation sei vergleichbar. Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse seien für die Volkshochschule sozialstaatliche Sonderaufgaben von begrenzter Dauer. Die Volkshochschule führe sie weitgehend fremdbestimmt im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durch. Diese Kurse seien vom Bedarf abhängig. Ihre Anzahl sei stets schwankend gewesen. So habe sich zum Beispiel die Kurszahl in den Lehrgangsjahren 1989/90 und 1990/91 verringert. Selbst wenn die Bundesanstalt für Arbeit die Volkshochschule wieder mit der Durchführung von Hauptschulabschlußkursen beauftrage, sei nicht gewährleistet, daß es sich um unmittelbare Anschlußmaßnahmen handele. Der Lehrgangsbeginn sei nicht einheitlich, sondern sehr unterschiedlich. Im übrigen könne die Befristung auch auf die Drittmittelfinanzierung gestützt werden. Ein sicherer Wegfall von Drittmitteln könne nicht verlangt werden. Bei sozialstaatlichen Sonderaufgaben genüge die Unsicherheit über ihre Fortführung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Zwischen den Parteien besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

I. Für die Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses wirksam oder unwirksam ist, kommt es in Fällen mehrfacher Befristung regelmäßig nur auf den zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrag an (ständige Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 8. Mai 1985, BAGE 49, 73, 79 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe, unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Rechtsprechung). Denn mit dem Abschluß eines weiteren befristeten Arbeitsvertrages bringen die Vertragsparteien in der Regel zum Ausdruck, daß fortan der neue Arbeitsvertrag für ihre Rechtsbeziehungen allein maßgeblich sein soll.

II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht offengelassen, ob die im Arbeitsvertrag vom 21. Januar 1988 vereinbarte Befristung bereits aus formalen Gründen unwirksam ist.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß kraft der einzelvertraglichen Vereinbarung in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 21. Januar 1988 die Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y BAT) auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden sind. Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Diese Regelung dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Sie will einem Streit der Parteien darüber vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war. Dementsprechend darf sich der Arbeitgeber zur Rechtfertigung der Befristung nicht auf solche sachlichen Gründe berufen, die einer anderen als der vereinbarten tariflichen Befristungsgrundform zuzuordnen sind. Derartige Sachgründe sind durch die getroffenen Vereinbarungen ausgeschlossen und dürfen nicht nachgeschoben werden (ständige Rechtsprechung seit BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 a der Gründe).

2. Da die Voraussetzungen keiner tariflichen Befristungsgrundform erfüllt sind, mußte sich das Landesarbeitsgericht nicht näher mit der Frage befassen, ob der Kläger nach der Vereinbarung in § 1 des Arbeitsvertrages als Zeitangestellter oder als Angestellter für eine Aufgabe von begrenzter Dauer i. S. der Nr. 1 SR 2y BAT eingestellt wurde.

III. Entgegen der Ansicht des Klägers bedarf allerdings die Dauer der Befristung für sich allein keiner sachlichen Rechtfertigung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. insbesondere das Urteil vom 26. August 1988 BAGE 59, 265, 271 ff. = AP Nr. 124 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III der Gründe).

1. Die gewählte Dauer des Arbeitsvertrages muß sich zwar am Sachgrund für die Befristung orientieren und mit ihm im Einklang stehen (BAGE 59, 265, 271 = AP Nr. 124, a.a.O., zu III der Gründe, m.w.N.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß die gewählte Vertragsdauer stets mit der Dauer des Sachgrundes für die Befristung übereinstimmen, der Beendigungszeitpunkt des Vertrages sich also mit dem Zeitpunkt des Wegfalls des Befristungsgrundes decken muß und jede Abweichung notwendig die Unwirksamkeit der Befristung zur Folge hat. Bei der Befristungskontrolle ist unter dem Gesichtspunkt der Umgehung zwingender Kündigungsschutzvorschriften nur zu fragen, ob verständige und verantwortungsbewußte Parteien unter den im Einzelfall gegebenen Umständen anstelle des befristeten einen unbefristeten und damit dem Kündigungsschutz unterliegenden Arbeitsvertrag geschlossen hätten, nicht aber, ob statt der vereinbarten Befristung eine andere Befristung sachgerecht gewesen wäre; denn auch eine andere Befristung würde dem Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz verschaffen (BAG Urteil vom 28. November 1990 – 7 AZR 625/89 –, n.v., zu I 2 c aa der Gründe).

2. Die im Einzelfall gewählte Befristungsdauer hat nur Bedeutung im Rahmen der Prüfung des sachlichen Befristungsgrundes selbst. Aus der vereinbarten Befristungsdauer lassen sich unter Umständen Rückschlüsse darauf ziehen, ob ein sachlicher Befristungsgrund überhaupt vorliegt oder ob ein solcher nur vorgeschoben ist. Das bloße Zurückbleiben der Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages hinter dem voraussichtlichen Bestand des Sachgrundes der Befristung ist indessen nicht stets und ohne weiteres geeignet, den angegebenen Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages derart hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes zurückbleibt, daß eine sinnvolle, dem Sachgrund der Befristung entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht mehr möglich erscheint (BAGE 59, 265, 273 = AP Nr. 124, a.a.O., zu III der Gründe, unter Hinweis auf BAGE 51 119, 129 f. = AP Nr. 1 zu § 620 BGB Hochschule).

3. Im vorliegenden Fall orientiert sich die Dauer der Befristung an der Dauer des von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußlehrgangs und damit an dem von der Beklagten für tragfähig erachteten Befristungsgrund. Entgegen der Ansicht der Beklagten spricht deshalb die Befristungsdauer nicht gegen das Vorliegen des von der Beklagten geltend gemachten Befristungsgrundes. Auch aus dem zeitweiligen Einsatz in anderen Lehrgängen mit etwa 1/3 der Arbeitszeit läßt sich noch nicht ableiten, daß der im Arbeitsvertrag angegebene Befristungsgrund nur vorgeschoben ist.

IV. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Befristung des Arbeitsverhältnisses deshalb für unwirksam erachtet, weil die Aufgaben, für die der Kläger eingestellt wurde, nicht von begrenzter Dauer waren und auch keine sachlichen Gründe für eine Beschäftigung als Zeitangestellter vorlagen.

1. Die Unsicherheit über die künftige Teilnehmerzahl und das Risiko, daß wegen fehlender Nachfrage ein Teil der Hauptschulabschlußkurse nicht mehr durchgeführt werden kann, ist kein sachlicher Grund für die Befristung. Die Unsicherheit der künftigen Bedarfsentwicklung reicht für sich allein nicht aus. Diese Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch den Abschluß befristeter Arbeitsverträge auf seine Arbeitnehmer abwälzen kann (vgl. BAGE 54, 10, 18 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II der Gründe). Der Arbeitgeber kann sich bei nicht oder nur schwer voraussehbarem quantitativen Bedarf nicht darauf berufen, mit befristeten Arbeitsverhältnissen könne er leichter und schneller auf Bedarfsschwankungen reagieren (BAGE 56, 241, 249 = AP Nr. 5 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 3 b der Gründe).

2. Ebensowenig rechtfertigt allein die Abhängigkeit von Zahlungen anderer öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und von Haushaltsmitteln die Befristungen. Das Haushaltsrecht kann nicht unmittelbar in die Rechte Dritter und damit auch nicht unmittelbar in das Arbeitsverhältnis eingreifen. Wegen der zeitlichen Begrenzung des Haushaltsplans durch das Haushaltsjahr ist zwar ungewiß, ob ein künftiger Haushaltsplan noch Mittel vorsieht. Aber auch in der Privatwirtschaft ist nicht gesichert, daß entsprechende Mittel in Zukunft zur Verfügung stehen. Die Unsicherheit der finanziellen Entwicklung gibt noch keinen sachlichen Grund für die Befristung ab (BAGE 36, 229, 233 = AP Nr. 61 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 4 der Gründe; BAG Urteil vom 27. Januar 1988 – 7 AZR 292/87 – AP Nr. 116 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 b aa der Gründe, m.w.N.). Dementsprechend reicht auch die allgemeine Unsicherheit über das Weiterlaufen von Drittmitteln nicht aus (BAG Urteil vom 25. Januar 1980 – 7 AZR 69/78 – AP Nr. 52 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu 3 der Gründe; BAGE 41, 110, 115 f. = AP Nr. 72 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 21. Januar 1987 – 7 AZR 265/85 – AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 3 der Gründe).

3. Die Abhängigkeit sowohl von der künftigen Nachfrage als auch von den Zahlungen anderer öffentlich-rechtlicher Rechtsträger und den ihnen zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln führt noch nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwar kann ein sogenannter Mischtatbestand geeignet sein, eine Befristung sachlich zu rechtfertigen, weil es sich bei den von der Rechtsprechung anerkannten Befristungsgründen um keine abschließende Aufzählung handelt. Die als Befristungsgrund vorgetragene Fallgestaltung muß jedoch gewichtige rechtserhebliche Besonderheiten auf weisen, die eine nahtlose Einordnung in die bisher anerkannten Typen unmöglich machen. Die erforderliche eigene rechtliche Bewertung derartiger Fallgestaltungen verändert nicht den Prüfungsmaßstab. Auch bei ihnen muß nach den Wertungsmaßstäben der bisherigen Rechtsprechung ein sachlicher Grund für eine Befristung anzuerkennen sein (vgl. BAGE 42, 203, 208 = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 3 der Gründe; BAG Urteil vom 22. März 1985 – 7 AZR 487/84 – AP Nr. 89 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 24. September 1986 – 7 AZR 669/84 – AP Nr. 12 zu § 72 ArbGG 1979, zu II 2 b aa der Gründe).

Neben der Abhängigkeit vom künftigen Bedarf und von Drittmitteln liegen keine weiteren Umstände vor, die von solchem Gewicht sind, daß auch ein verständig und sozial denkender Arbeitgeber den Arbeitsvertrag nicht auf unbestimmte Zeit geschlossen hätte.

a) Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht auf die Urteile des Senats vom 28. Mai 1986 (BAGE 52, 122, 128 ff. = AP Nr. 101 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 b der Gründe, und BAGE 52, 133, 143 und 145 ff. = AP Nr. 102, a.a.O., zu I 3 sowie II 2 a und b der Gründe), vom 24. September 1986 (– 7 AZR 669/84 – AP Nr. 12 zu § 72 ArbGG 1979, zu II 2 a aa der Gründe) und vom 15. März 1989 (– 7 AZR 264/88 – AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe) stützen. In diesen Urteilen hat der Senat bei den im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit durchgeführten und von ihr im wesentlichen auch finanzierten „Maßnahmen zur Berufsvorbereitung und sozialen Eingliederung junger Ausländer” (MBSE) die Befristung der zwischen den Lehrkräften und den Maßnahmeträgern geschlossenen Arbeitsverträge für wirksam erachtet. Der projektbedingt erhöhte personelle Mehrbedarf ist wegen der weitgehend durch die Bundesanstalt für Arbeit bestimmten Personalvorgaben sowie wegen der für den einzelnen Maßnahmeträger bestehenden Unsicherheit über die Durchführung weiterer überbetrieblicher Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des Benachteiligtenprogramms als sachlicher Grund dafür angesehen worden, die Arbeitsverhältnisse der projektbezogen beschäftigten Arbeitnehmer für die Dauer des jeweiligen Ausbildungsjahres zu befristen. In den MBSE-Urteilen ist vor allem auch darauf abgestellt worden, daß diese Berufsbildungsmaßnahmen für den einzelnen Maßnahmeträger jeweils befristet übertragene (= ausbildungsjahrbezogene) sozialstaatliche Sonderaufgaben von begrenzter Dauer darstellen. Diese Erwägungen treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu.

b) Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse sind für die Volkshochschule der Beklagten keine sozialstaatliche Sonderaufgabe von begrenzter Dauer. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, daß sich aus dem bremischen Weiterbildungsgesetz keine Verpflichtung der Volkshochschule zur Durchführung von Hauptschulabschlußlehrgängen herleiten läßt. Daueraufgaben müssen jedoch nicht auf gesetzlichen Pflichten beruhen, sondern können auch freiwillig übernommen werden. Die Beklagte betrachtet ihre Volkshochschule als Teil eines Weiterbildungssystems, das u.a. die berufliche und allgemeine Weiterbildung gewährleisten soll. Im Entwurf des Bremer Kulturplans des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 ist ausdrücklich hervorgehoben worden, daß zu den Schwerpunktaufgaben der Volkshochschule Lehrgänge zum nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen (Haupt- und Realschulabschluß) zählen. Dabei handelt es sich um eine eigene Aufgabe der Volkshochschule. Im Schreiben vom 15. November 1989 bezeichnete die Senatskommission für das Personalwesen die Hauptschulabschlußlehrgänge als Regelaufgabe der Volkshochschule. Seit Mitte der siebziger Jahre veranstaltet die Beklagte an ihrer Volkshochschule eigenfinanzierte Hauptschulabschlußkurse. Jedenfalls seit 1982 finanziert die Bundesanstalt für Arbeit einen Teil der Hauptschulabschlußkurse. Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten und die von der Beklagten selbst finanzierten Hauptschulabschlußkurse sind für die Volkshochschule nach Ausgestaltung und Zielsetzung gleichartig. Wie im Entwurf des Bremer Kulturplanes des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst für den Zeitraum 1987 bis 1995 unterstrichen wird, dienen die von der Volkshochschule durchgeführten Maßnahmen der Grund- und Elementarbildung dem Abbau von Bildungsdefiziten im Vor- und Umfeld beruflicher Qualifizierung, und zwar unabhängig davon, wer sie finanziert. Die Aufträge der Bundesanstalt für Arbeit erschließen der Volkshochschule einen größeren Teilnehmerkreis. Die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit ermöglichen es der Beklagten, die ohnehin vorgesehenen Lehrgänge in größerem Umfang anzubieten. Die Bundesanstalt für Arbeit hat für die Volkshochschule die gleiche Funktion wie ein Großabnehmer für ein Privatunternehmen. Auch die künftigen Aufträge eines Großkunden richten sich nach seiner Finanzkraft und dem von ihm zu deckenden Bedarf.

c) Die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußlehrgänge werden für die Volkshochschule nicht deshalb zu sozialstaatlichen Sonderaufgaben von begrenzter Dauer, weil die Volkshochschule die Teilnehmer nicht mehr selbst werben muß, sondern vom Arbeitsamt zugewiesen erhält. Der Empfänger der angebotenen Leistung und der Auftraggeber müssen nicht identisch sein. Z. B. kann ein Großabnehmer vereinbaren, daß die Waren unmittelbar an seine Kunden geliefert werden.

d) Durch die Verträge mit der Bundesanstalt für Arbeit erweitert die Volkshochschule ihre Breitenwirkung. Die Volkshochschule kann mit eigenen Mitteln nur eine bestimmte Zahl von Lehrgängen durchführen. Wenn die Bundesanstalt für Arbeit Schulungsträger für Hauptschulabschlußkurse sucht, beteiligt sich die Volkshochschule entsprechend ihrem Bildungsauftrag an den Ausschreibungen. Mit der Durchführung der von der Bundesanstalt für Arbeit ausgeschriebenen Kurse verwirklicht die Volkshochschule gleichzeitig ihre eigenen Bildungsziele.

e) Die einzelnen von der Bundesanstalt für Arbeit geförderten Hauptschulabschlußlehrgänge sind keine jeweils gesondert zu betrachtenden, eigenständigen Projekte. Sie dienen, ebenso wie die von der Beklagten selbst finanzierten Kurse, der Erfüllung einer übergreifenden, auf Dauer angelegten Aufgabe der Volkshochschule. Nach den Zielvorstellungen der Beklagten sind die Hauptschulabschlußlehrgänge kein zeitlich begrenztes Weiterbildungsangebot. Selbst wenn die Bundesanstalt für Arbeit als Auftraggeber ausfiele, würden die Hauptschulabschlußkurse weitergeführt, wenn auch in geringerer Zahl. Falls sich die Bundesanstalt für Arbeit aus diesem Bereich ganz oder teilweise zurückzöge, müßte die Beklagte darüber entscheiden, inwieweit sie selbst mit eigenen Mitteln die entstehenden Lücken füllen könnte und wollte.

f) Im Gegensatz zu den MBSE-Maßnahmen führt die Volkshochschule die von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Hauptschulabschlußkurse auch nicht weitgehend fremdbestimmt durch. Die Bundesanstalt für Arbeit hat keine genauen Richtlinien über die Aufgaben, die Ziele, den Inhalt und die Organisation der Hauptschulabschlußkurse erlassen. Ohne derartige nähere Vorgaben gestaltet die Beklagte nach ihren Vorstellungen und ihrem Konzept die Lehrgänge aus. Die personelle Planungskompetenz der Volkshochschule bleibt weitgehend unberührt. Die Beklagte räumt ein, daß sie zunächst frei in der Entscheidung sei, welches Personal sie in der Maßnahme einsetzen wolle. Ihre Personalvorschläge werden dem mit der Bundesanstalt für Arbeit geschlossenen Vertrag zugrundegelegt. Daran ist die Volkshochschule dann allerdings gebunden. Die Dauer der Maßnahme und die Zahl der Unterrichtsstunden sind Inhalt der geschuldeten Dienstleistung und gleichzeitig Berechnungsgrundlage für die Zahlungen der Bundesanstalt für Arbeit. Eine weitgehende Fremdbestimmtheit der von der Volkshochschule durchgeführten Hauptschulabschlußkurse ergibt sich daraus nicht.

g) Inhalt und Lernziele aller Hauptschulabschlußkurse stimmen überein. Sie hängen nicht davon ab, wer sie finanziert. Wegen der Einheitlichkeit des Kursangebots können, sofern die Nachfrage es zuläßt und entsprechende Mittel zur Verfügung stehen, Rückgänge in einem Bereich durch Steigerungen im anderen Bereich kompensiert werden. Die Lehrkräfte, die für einen von der Bundesanstalt für Arbeit finanzierten Kurs eingestellt werden, sind in einem entsprechenden, von der Beklagten selbst finanzierten Kurs problemlos einsetzbar. Ein derartiger Austausch ist auch tatsächlich erfolgt. Der Kläger wurde von Januar 1987 bis Mai 1988 und von August 1988 bis Dezember 1988 mit sechs Unterrichtsstunden in einem von der Beklagten selbst finanzierten Kurs zum nachträglichen Erwerb des Realschulabschlusses beschäftigt.

4. Die im Arbeitsvertrag vom 21. Januar 1988 vereinbarte Befristung ist nicht deshalb wirksam, weil die Zahl der Kursinteressenten und damit auch die Zahl der Hauptschulabschlußlehrgänge in den folgenden Jahren rückläufig war. Die Beklagte hat nicht behauptet, daß im Zeitpunkt des Abschlusses der beiden letzten Arbeitsverträge mit der später eingetretenen Entwicklung zu rechnen war. Sie hat die Kurszahlen der Jahre 1988 bis 1991 lediglich als Beispiel dafür genannt, daß die Anzahl der einjährigen Lehrgänge nicht konstant, sondern stets schwankend gewesen sei. Der Kläger hat die rechtliche Problematik ausdrücklich angesprochen und ausgeführt: „Ein Rückgang trat erst ab 15. Februar 1989 ein. Bei Beginn der Tätigkeit des Klägers am 17. Februar 1988 war in keiner Weise absehbar, wie sich der Bedarf weiterentwickeln würde.” Dennoch hat die Beklagte ihren Vortrag weder verdeutlicht noch ausreichend ergänzt. Deshalb kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob ein bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages zu erwartender Rückgang des Arbeitskräftebedarfs es rechtfertigen würde, die Arbeitsverhältnisse aller in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer zu befristen, ob nur ein Teil der Arbeitsverhältnisse befristet werden könnte und gegebenenfalls welche.

V. Mit Recht haben die Vorinstanzen die Beklagte auch zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt.

Die im Beschluß des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) entwickelten Grundsätze zum Weiterbeschäftigungsanspruch des gekündigten Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses gelten entsprechend auch dann, wenn die Parteien darüber streiten, ob ein Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Frist endete (BAG Urteil vom 13. Juni 1985 – 2 AZR 410/84 – AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu B II 5 der Gründe; BAGE 60, 1, 14 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu V der Gründe; BAG Urteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 – AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu IV der Gründe). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Für die nach Ansicht des Großen Senats maßgebliche Interessenlage kommt es nicht darauf an, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung oder wegen einer vereinbarten Befristung streitig ist. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers unbefristet fortbesteht, war er auch während des vorliegenden Rechtsstreits weiterzuschäftigen.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Dr. Steckhan, Kremhelmer, Nottelmann, Bea

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1065584

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