Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung einer Zuwendung bei Arbeitgeberwechsel

 

Leitsatz (amtlich)

Der BAT-KF (kirchliche Fassung) ist kein Tarifvertrag im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV.

Der Angestellte, der vor dem 31. März des Folgejahres auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, muß daher die ihm auf Grund des Zuwendungs-TV gewährte Zuwendung zurückzahlen, wenn er zu einem Arbeitgeber wechselt, der den BAT-KF anwendet.

 

Normenkette

BGB § 611; Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (Zuwendungs-TV) § 1; Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Anwendungsordnung – BAT-AO) vom 26. Juni 1986 § 1; Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Anwendungsordnung – BAT-AO) vom 26. Juni 1986 § 2

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 08.03.1996; Aktenzeichen 11 (13) Sa 457/95)

ArbG Siegburg (Urteil vom 18.01.1995; Aktenzeichen 2 Ca 1312/94)

 

Tenor

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, eine gewährte tarifliche Zuwendung zurückzuzahlen.

Der Beklagte war seit dem 1. September 1993 bei der Klägerin, der Stadt N…, als Sozialarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden Tarifverträge Anwendung.

Im November 1993 zahlte die Klägerin an den Beklagten nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 (im folgenden: Zuwendungs-TV) eine Zuwendung in Höhe von 1.836,67 DM brutto.

Der Zuwendungs-TV hat – soweit vorliegend von Interesse – folgenden Wortlaut:

“§ 1

Anspruchsvoraussetzungen

(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er

1. am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht …

und

2. seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellter … im öffentlichen Dienst gestanden hat

und

3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 … wird die Zuwendung auch gezahlt, wenn

1. der Angestellte im unmittelbaren Anschluß an sein Arbeitsverhältnis von demselben Arbeitgeber oder von einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in ein Rechtsverhältnis der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Art übernommen wird,

(5) Hat der Angestellte in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 … die Zuwendung erhalten, so hat er sie in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn nicht eine der Voraussetzungen des Absatzes 4 vorliegt.

Protokollnotizen:

2. Öffentlicher Dienst im Sinne des … Absatzes 4 Nr. 1 ist eine Beschäftigung

a) beim Bund, bei einem Land, bei einer Gemeinde oder bei einem Gemeindeverband oder bei einem sonstigen Mitglied eines Arbeitgeberverbandes, der der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände angehört,

b) bei einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts, die den BAT oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet.

…”

Am 3. Januar 1994 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristgerecht zum 31. Januar 1994. Er ist seit dem 1. Februar 1994 als Sozialarbeiter bei der Evangelischen Kirchengemeinde K… beschäftigt. Für dieses Arbeitsverhältnis gelten kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Ordnung über die Anwendung des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Anwendungsordnung-BAT-AO) vom 26. Juni 1986 in der jeweils geltenden Fassung und die sonstigen für die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie sie auf Grund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (Arbeitsrechtsregelungsgesetz-ARRG) vom 19. Januar 1979 und seinen Änderungen geregelt sind.

§ 1 der BAT-Anwendungsordnung lautet:

“Anwendung des BAT

(1) Im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke ist für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte), der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 in der für die Angestellten der Mitglieder der Arbeitgeberverbände, die der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände angehören, im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung, die sich aus dem Bundes-Angestelltentarifvertrag von 1961 und den dazu ergangenen Änderungen bis zu den Änderungen durch den 67. Tarifvertrag zur Änderung des Bundes-Angestelltentarif vom 4. November 1992 ergibt, anzuwenden, soweit nicht durch das kirchliche Recht oder auf Grund der Satzung eines Diakonischen Werkes etwas anderes bestimmt ist.

…”

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagte sei wegen seines Ausscheidens auf eigenen Wunsch zum 31. Januar 1994 gemäß § 1 Abs. 5 Zuwendungs-TV zur Rückzahlung der Zuwendung verpflichtet.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.836,67 DM nebst 5 % Zinsen seit 1. Februar 1994 zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er ist der Meinung, nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV stehe ihm die Zuwendung trotz seines Ausscheidens zum 31. Januar 1994 zu, weil er von einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes in unmittelbarem Anschluß an sein Arbeitsverhältnis mit der Klägerin übernommen worden sei. Die Evangelische Kirchengemeinde gehöre zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV. Außerdem wende sie den BAT in der Fassung für die Evangelische Kirche (BAT-KF) und damit einen Tarifvertag an, der im wesentlichen den gleichen Inhalt wie der BAT habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter, während der Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Beklagte ist nach § 1 Abs. 5 Zuwendungs-TV verpflichtet, die im November 1993 erhaltene Zuwendung an die Klägerin zurückzuzahlen. Er kann sich nicht mit Erfolg auf einen der Ausnahmefälle des § 1 Abs. 4 Zuwendungs-TV berufen, in denen die Rückzahlungspflicht entfällt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der dem Beklagten für 1993 gewährten Sonderzuwendung verneint. Der Beklagte sei zwar vor dem 31. März 1994 aus seinem Arbeitsverhältnis bei der Klägerin auf eigenen Wunsch ausgeschieden. Ihm stehe jedoch gleichwohl ein Anspruch auf die Zuwendung zu, weil er in unmittelbarem Anschluß von der Evangelischen Kirchengemeinde K… – einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die den BAT anwende – übernommen worden sei. Zur Anwendung des BAT im Sinne des Zuwendungs-TV sei ausreichend, daß die tariflichen Bestimmungen des BAT als Vertragsrecht auf die Arbeitsverhältnisse Anwendung fänden. Es sei unerheblich, daß dem BAT-KF der Tarifvertragscharakter fehle. Der BAT-KF sei seinem materiellen Regelungsgehalt nach mit dem BAT wesensgleich. Es könne keinen Unterschied machen, ob in den Arbeitsverträgen der BAT unmittelbar vereinbart werde, oder ob ein Regelwerk vereinbart werde, das seinerseits die Anwendung des BAT anordne.

II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgericht kann der Senat nicht folgen.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Zuwendung für das Kalenderjahr 1993 ist begründet, da der Beklagte wegen seiner Eigenkündigung zum 31. Januar 1994 auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin ausgeschieden ist.

Gemäß § 1 Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Zuwendungs-TV hat der Angestellte eine nach § 1 Abs. 1 Zuwendungs-TV erhaltene Zuwendung an den Arbeitgeber zurückzuzahlen, wenn er bis einschließlich 31. März des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Die nicht vom Arbeitgeber veranlaßte Eigenkündigung des Arbeitnehmers stellt ein Ausscheiden auf eigenen Wunsch im Sinne dieser Tarifnorm dar (vgl. BAG Urteil vom 11. Januar 1995 – 10 AZR 180/94 – n.v.).

2. Der Beklagte kann sich nicht auf die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV berufen.

a) Nach dieser Tarifbestimmung besteht eine Verpflichtung des Angestellten zur Rückzahlung der Zuwendung u.a. dann nicht, wenn er im unmittelbaren Anschluß an sein Arbeitsverhältnis von einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes als Angestellter übernommen wird.

b) Sinn der Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV ist es, einem Angestellten, der innerhalb des als Einheit gesehenen öffentlichen Dienstes seinen Arbeitgeber wechselt, die Zuwendung zu belassen. Unbeschadet der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts soll der Angestellte keinen finanziellen Nachteil erleiden, wenn er innerhalb des öffentlichen Dienstes den Arbeitgeber wechselt. Das in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Zuwendungs-TV vorausgesetzte Maß an Betriebstreue wird gleichsam auf den öffentlichen Dienst als Ganzes bezogen (BAG Urteil vom 6. Dezember 1990 – 6 AZR 268/89 – BAGE 66, 323 = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag, m.w.N.).

c) Was die Tarifvertragsparteien unter “Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes” im Sinne dieser tariflichen Regelung verstehen, haben sie in Ziff. 2 der Protokollnotizen zu § 1 zum Zuwendungs-TV abschließend geregelt.

Danach muß nach Nr. 2 Buchstabe b der Protokollnotizen u.a. eine Beschäftigung bei einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vorliegen, die den BAT oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet.

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

aa) Die Evangelische Kirchengemeinde ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Aus der tariflichen Bestimmung der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV ergeben sich ebenso wie aus der inhaltsgleichen tariflichen Bestimmung des § 20 Abs. 2 Buchstabe c BAT keine Anhaltspunkte dafür, daß öffentlichrechtliche Religionsgemeinschaften und die ihrer Aufsicht unterliegenden Einrichtungen, auch wenn sie die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, vom Anwendungsbereich der tariflichen Bestimmungen ausgeschlossen sein sollen (vgl. BAG Urteil vom 5. August 1992 – 10 AZR 248/90 – AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Zuwendungs-TV, m.w.N.).

bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wendet die Evangelische Kirchengemeinde jedoch nicht auf Grund vertraglicher Vereinbarungen mit ihren Mitarbeitern den BAT an.

Für das Arbeitsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Evangelischen Kirchengemeinde gilt kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die BAT-Anwendungsordnung (BAT-AO) vom 26. Juli 1986. Nach § 1 BAT-AO ist auf das Arbeitsverhältnis demnach der BAT anzuwenden, soweit nicht durch kirchliches Recht oder auf Grund der Satzung eines Diakonischen Werkes etwas anderes bestimmt ist.

§ 2 BAT-AO regelt dann im einzelnen, mit welchen Änderungen der BAT im kirchlichen Bereich Anwendung findet und bestimmt, daß dieser für den kirchlichen Bereich “angepaßte BAT” als “Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung – BAT-KF” bezeichnet wird.

Die Anwendung dieses BAT-KF stellt keine “Anwendung des BAT” im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV dar.

Es erscheint schon fraglich, ob der BAT-KF auf Grund der Vielzahl der in § 2 BAT-AO aufgeführten Änderungen seinem materiellen Regelungsgehalt nach mit dem BAT wesensgleich ist, wie das Landesarbeitsgericht meint. Der Senat brauchte diese Frage aber nicht zu entscheiden.

Wie sich aus der BAT-AO ergibt, will sich die Evangelische Kirche bei der Ausgestaltung der arbeitsrechtlichen Beziehungen mit ihren Mitarbeitern nicht dem BAT in der jeweils von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Fassung unterwerfen. Vielmehr stellt § 1 BAT-AO ausdrücklich klar, daß der BAT nur anzuwenden ist, “soweit nicht durch das kirchliche Recht oder auf Grund der Satzung eines Diakonischen Werks etwas anderes bestimmt ist”.

Dadurch und auf Grund der Tatsache, daß durch § 2 BAT-AO ein für den kirchlichen Bereich “angepaßter” BAT-KF geschaffen wird, ist klargestellt, daß die Evangelische Kirche die Arbeitsverhältnisse ihrer Arbeitnehmer grundsätzlich durch autonomes Kirchenrecht regeln will. Der BAT-KF ist ein auf Grund dieses kirchlichen Rechts geschaffenes Regelungswerk, das auf den Bestimmungen und der Systematik des BAT aufbaut. Damit wendet die Evangelische Kirche letztlich auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter Kirchenrecht an, nicht aber den BAT.

Dies unterscheidet sich von dem vom Senat mit Urteil vom 5. August 1992 (– 10 AZR 248/90 – AP Nr. 4 zu §§ 22, 23 BAT Zuwendungs-TV) entschiedenen Fall. Dort hatte der katholische Bischof für die kirchlichen Mitarbeiter seiner Diözese einen Beschluß der Kommission zur Ordnung des diözesanen Dienst- und Arbeitsvertragsrechts (Bistums-KODA) in Kraft gesetzt, in dem es u.a. hieß:

  • Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter … gilt der BAT Bund/Land …
  • Alle künftigen Änderungen oder Ergänzungen der in Ziffer 1 genannten Regelungen werden rechtswirksam, soweit vom Bischof keine eigenen Regelungen gemäß der Bistums-KODA-Ordnung in Kraft gesetzt werden.

Damit sollten sich in diesem Fall die Arbeitsverhältnisse der kirchlichen Mitarbeiter – solange der Bischof keine eigenen Regelungen in Kraft setzt – ausschließlich nach dem BAT in der jeweiligen Fassung richten und nicht nach einem kraft Kirchenrechts geschaffenen, auf dem BAT lediglich aufbauenden Regelwerk. Daß dies eine Anwendung des BAT im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV darstellt, hat der Senat in der zitierten Entscheidung im einzelnen begründet.

Damit ist die Anwendung des BAT-KF durch die Evangelische Kirchengemeinde keine Anwendung des BAT im Sinne der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV.

cc) Der Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) ist auch kein Tarifvertrag, der einen wesentlich gleichen Inhalt wie der BAT hat und somit nach der Protokollnotiz Nr. 2 Buchstabe b zu § 1 Zuwendungs-TV dem BAT gleichgestellt wird.

Als kirchliche Arbeitsvertragsregelung stellt der BAT-KF keinen Tarifvertrag im Sinne des § 1 TVG dar. Zwar wird im kirchlichen Rechtsbereich der BAT-KF für die Evangelische Kirche üblicherweise als Tarifvertrag bezeichnet und werden seine Bestimmungen praktisch so angewendet, wie der BAT im öffentlichen Dienst von Bund, Ländern und Gemeinden. Dennoch kommt dem BAT-KF die Rechtsqualität eines Tarifvertrages im arbeitsrechtlichen Sinne nicht zu. Tarifverträge im Rechtssinne sind nur solche Vereinbarungen, die nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes zustande gekommen sind und dem vorgegebenen allgemeinen arbeitsrechtlichen Begriff des Tarifvertrages entsprechen. Es muß sich demgemäß um Vereinbarungen handeln, die in Vollzug der durch Art. 9 Abs. 3 GG den Gewerkschaften und Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverbänden eingeräumten Rechtssetzungsautonomie nach den Grundsätzen des im Tarifvertragsgesetz näher geregelten staatlichen Tarifrechts auf Grund entsprechender Verhandlungen freier und voneinander unabhängiger Tarifvertragsparteien mit Normencharakter zustande gekommen sind (ständige Rechtsprechung des BAG; BAG Beschluß vom 5. Januar 1989 – 4 AZN 629/88 – BAGE 60, 345 = AP Nr. 37 zu § 72a ArbGG 1979 Grundsatz, m.w.N.; BAG Urteil vom 17. April 1996 – 10 AZR 558/95 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Das trifft für den BAT-KF nicht zu. Er beruht vielmehr auf kirchenrechtlichen Bestimmungen und innerkirchlichen Vereinbarungen, die ohne Vereinbarung mit einer Gewerkschaft oder einem Zusammenschluß von Gewerkschaften als “Tarifvertragspartei” im Sinne des § 2 TVG zustande gekommen sind. Deshalb stellen Arbeitsvertrags- oder Anstellungsordnungen und Arbeitsvertragsrichtlinien der Kirchen keine Tarifverträge dar (vgl. BAG Urteil vom 17. April 1996, aaO; Richardi, Arbeitsrecht in der Kirche, 2. Aufl., § 14 Rz 3).

dd) Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tarifvertragsparteien des Zuwendungs-TV auch kirchenrechtliche Regelungen als “Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts” im Sinne der Nr. 2 Buchstabe b der Protokollnotizen zu § 1 Zuwendungs-TV verstanden haben.

Nach der Protokollnotiz muß ein “Tarifvertrag” angewendet werden.

Eine ausweitende analoge Anwendung scheitert sowohl an diesem ausdrücklichen Wortlaut als auch an der Tatsache, daß davon auszugehen ist, daß den Tarifvertragspartnern des öffentlichen Dienstes die Problematik der arbeitsrechtlichen Beziehungen von Arbeitnehmern des kirchlichen Dienstes bekannt ist und daß sie dann, wenn sie auch diese Arbeitnehmer durch § 1 Abs. 4 Nr. 1 Zuwendungs-TV hätten erfassen wollen, das eindeutig klargestellt hätten. Dies gilt um so mehr, als der Wechsel von Angestellten von einem öffentlichen zu einem kirchlichen Arbeitgeber häufig erfolgt, da beide Arbeitgeber eine Vielzahl von gleichartigen Einrichtungen unterhalten und deshalb Bedarf für Arbeitnehmer mit der gleichen Qualifikation haben.

ee) Schließlich läßt sich auch entgegen der Ansicht des Beklagten aus dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 14. Februar 1989 (D III 2-220 217/15-GMBl 1989 S. 146 ff.) zu § 20 Abs. 2 Buchstabe c BAT kein entgegengesetzter Wille der Tarifvertragsparteien herleiten.

Zwar werden in dem Rundschreiben für den Bereich des Bundes keine Bedenken dagegen erhoben, die Voraussetzungen einer Beschäftigung bei einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, die den BAT oder einen Tarifvertrag wesentlich gleichen Inhalts anwendet, auch dann als gegeben anzusehen, wenn eine Beschäftigung bei der Evangelischen Kirche im Rheinland, zu der die Evangelische Kirchengemeinde K… gehört, erfolgt.

Die Klägerin ist an diese Bewertung des Bundesministers des Innern nicht gebunden. Der Runderlaß des Bundesministers des Innern gilt nur für die seinem Geschäftsbereich unterstehenden Einrichtungen. Die klagende Stadt zählt jedoch nicht zu diesen Einrichtungen.

d) Da der Beklagte somit verpflichtet ist, die Sonderzuwendung zurückzuzahlen, war auf die Revision der Klägerin das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Hauck, Böck, Schaeff, Tirre

 

Fundstellen

Haufe-Index 885429

NZA 1997, 659

ZMV 1997, 90

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge