Entscheidungsstichwort (Thema)

Trennungsgeld. Angemessenheit der Wohnung

 

Normenkette

BAT § 44 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 11.09.1996; Aktenzeichen 3 Sa 139/95)

ArbG Magdeburg (Urteil vom 15.12.1994; Aktenzeichen 8 Ca 1334/94)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. September 1996 – 3 Sa 139/95 – aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit vom 23. Juli 1993 bis zum 7. Dezember 1994 Trennungsgeld zu zahlen.

Der Kläger ist seit dem 18. September 1991 als Referent für M. im Ministerium für E. in Magdeburg beschäftigt.

Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 13. September 1991 haben die Parteien vereinbart, daß der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft der Länder jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Außerdem ist in § 5 des Arbeitsvertrages bestimmt, daß der Kläger hinsichtlich der Umzugskostenvergütung, der Reisekostenvergütung und der Trennungsentschädigung wie ein aus Niedersachsen in den Dienst des Landes Sachsen-Anhalt versetzter Beamter zu behandeln ist.

Bis zum 18. September 1991 war der Kläger Angestellter des Landes Niedersachsen. Er bewohnte in O. mit seiner Ehefrau und seiner am 14. April 1975 geborenen Tochter ein 140 qm großes Eigenheim mit fünf Zimmern, einer Küche und zwei Bädern. Die Familie des Klägers zog zunächst nicht nach Magdeburg um. Der Kläger bewohnte dort während der Woche anfangs eine 33,40 qm große Einraumwohnung. Ab dem 23. Juli 1993 mietete er in der Haldenslebener Straße eine 61,65 qm große Wohnung, bestehend aus einem Wohn-/Eßzimmer von 18,86 qm, einem Schlafzimmer von 11,70 qm und zwei zusammenhängenden Kinderzimmern von 7,89 qm und 8,78 qm sowie einer Küche von 4,51 qm, einem Bad von 3,36 qm und einem 6,55 qm großen Flur. Als Mietvertragspartei waren im Mietvertrag neben dem Kläger auch seine Ehefrau und seine Tochter genannt. Als alleiniger Mieter hätte der Kläger die Wohnung über einen Wohnberechtigungsschein des Magistrates der Stadt Magdeburg nicht erhalten. Der Kläger bewohnte diese Wohnung jedoch allein.

Das beklagte Land gewährte dem Kläger mit Bewilligungsbescheid vom 25. September 1991 Trennungsgeld. Durch Verfügung vom 5./23. Juli 1993 wurde ihm gemäß §§ 2, 3 Bundesumzugskostengesetz (BUKG) Umzugskostenvergütung zugesagt. Bis zum 31. Dezember 1993 verzichtete das beklagte Land wegen der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt auf die Vorlage von Nachweisen, daß der Kläger sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten und fortwährend um eine angemessene Wohnung bemüht hat. Am 18. Mai 1993 und 17. Januar 1994 beantragte der Kläger erfolglos die Zuweisung einer Landesbedienstetenwohnung. Von Januar 1994 bis November 1994 gab er zweimal monatlich in der „Magdeburger Volksstimme” eine Anzeige auf, mit der er für ein halbes bis ein dreiviertel Jahr eine Wohnung von etwa 90 qm zu einem Mietzins möglichst nicht über DM 1.000,– suchte. Ferner beauftragte er zwei Wohnungsmakler. Am 8. Dezember 1994 bezog der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein neu errichtetes Einfamilienhaus in L. bei Magdeburg.

Einraumwohnung. Ab dem 23. Juli 1993 mietete er in der Haldenslebener Straße eine 61,65 qm große Wohnung, bestehend aus einem Wohn-/Eßzimmer von 18,86 qm, einem Schlafzimmer von 11,70 qm und zwei zusammenhängenden Kinderzimmern von 7,89 qm und 8,78 qm sowie einer Küche von 4,51 qm, einem Bad von 3,36 qm und einem 6,55 qm großen Flur. Als Mietvertragspartei waren im Mietvertrag neben dem Kläger auch seine Ehefrau und seine Tochter genannt. Als alleiniger Mieter hätte der Kläger die Wohnung über einen Wohnberechtigungsschein des Magistrates der Stadt Magdeburg nicht erhalten. Der Kläger bewohnte diese Wohnung jedoch allein.

Das beklagte Land gewährte dem Kläger mit Bewilligungsbescheid vom 25. September 1991 Trennungsgeld. Durch Verfügung vom 5./23. Juli 1993 wurde ihm gemäß §§ 2, 3 Bundesumzugskostengesetz (BUKG) Umzugskostenvergütung zugesagt. Bis zum 31. Dezember 1993 verzichtete das beklagte Land wegen der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt auf die Vorlage von Nachweisen, daß der Kläger sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten und fortwährend um eine angemessene Wohnung bemüht hat. Am 18. Mai 1993 und 17. Januar 1994 beantragte der Kläger erfolglos die Zuweisung einer Landesbedienstetenwohnung. Von Januar 1994 bis November 1994 gab er zweimal monatlich in der „Magdeburger Volksstimme” eine Anzeige auf, mit der er für ein halbes bis ein dreiviertel Jahr eine Wohnung von etwa 90 qm zu einem Mietzins möglichst nicht über DM 1.000,– suchte. Ferner beauftragte er zwei Wohnungsmakler. Am 8. Dezember 1994 bezog der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein neu errichtetes Einfamilienhaus in L. bei Magdeburg.

Mit Schreiben vom 24. Januar 1994 stellte das beklagte Land die Zahlung von Trennungsgeld rückwirkend zum 22. Juli 1993 ein.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe Trennungsgeld bis zum 7. Dezember 1994 zu. Er sei während des gesamten Zeitraums uneingeschränkt umzugswillig gewesen. In die Wohnung in der Haldenslebener Straße sei er aus gesundheitlichen Gründen umgezogen. Sie sei keine angemessene Wohnung im Sinne des § 2 Abs. 1 der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzung und Abordnung im Inland (TGV) gewesen. Sowohl wegen ihrer geringen Größe als auch im Hinblick auf seine dienstliche Stellung und sein Diensteinkommen sei sie als Heim für ihn und seine Familie nicht angemessen gewesen.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an ihn über den 23. Juli 1993 hinaus Trennungsgeld nach der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzung und Abordnung im Inland zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 28. März 1994 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen und die Anschlußberufung des Klägers zurückzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, durch den Bezug der Wohnung in der Haldenslebener Straße sei der Wohnungsmangel im Sinne des § 2 Abs. 1 TGV entfallen. Diese Wohnung sei für den Kläger und seine Familie angemessen und zumutbar im Sinne der Trennungsgeldvorschriften gewesen. Dies ergebe sich bereits daraus, daß der Kläger nach dem Mietvertrag die Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau und seiner Tochter angemietet habe. Die weitergehenden Bemühungen des Klägers seien an dessen unangemessenen Ansprüchen gescheitert. Der Kläger sei gehalten gewesen, seine Ansprüche an die tatsächlichen Gegebenheiten des Wohnungsmarktes in Magdeburg und Umgebung anzupassen und zu berücksichtigen, daß Wohnungen in der vom Kläger geforderten Größe in der ehemaligen DDR allgemein nicht üblich gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Anschlußberufung des Klägers mit dem Antrag, das beklagte Land „unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts” zu verurteilen, an ihn DM 32.470,17 Trennungsgeld für die Zeit vom 23. Juli 1993 bis 7. Dezember 1994 nach der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzungen und Abordnungen im Inland zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 28. März 1994 zu zahlen, hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in Form des mit der Anschlußberufung geltend gemachten Zahlungsantrags weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht (§ 564 Abs. 1, § 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Das Landesarbeitsgericht hat den Trennungsgeldanspruch abgelehnt, weil nach dem Bezug der Wohnung in der Haldenslebener Straße für den Kläger kein Wohnungsmangel mehr bestanden habe. Diese Wohnung habe den familiären Bedürfnissen des Klägers entsprochen. Zwar habe die Größe der bisherigen Wohnung des Klägers von 140 qm nicht in einem erheblichen Mißverhältnis zur Zahl der drei zum Haushalt gehörenden Personen gestanden. Unabhängig von den bisherigen Wohnverhältnissen des Klägers sei aber die weniger als halb so große Wohnung in der Haldenslebener Straße ohne weitere Abwägung der Umstände als angemessen anzusehen. Aufgrund der besonderen Situation nach dem Beitritt der DDR sei ausschließlich auf die Verhältnisse vor Ort abzustellen. Danach sei eine rund 60 qm große Wohnung für eine dreiköpfige Familie aufgrund des seinerzeit grundsätzlich knappen Wohnraums und der spezifischen Wohnverhältnisse im Beitrittsgebiet als angemessen zu betrachten.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat mit rechtsfehlerhafter Begründung angenommen, die Wohnung in der Haldenslebener Straße sei im Sinne von § 2 TGV angemessen gewesen. Ob sie dies war, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, da es an tatrichterlichen Feststellungen dazu fehlt.

1. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch hinsichtlich des erstmals mit der Anschlußberufung geltend gemachten Zahlungsantrags. Wie sich aus seinem Wortlaut („unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts …”) ergibt, handelt es sich bei ihm nicht um einen zusätzlichen Antrag, sondern um den Übergang von dem ursprünglich gestellten Feststellungsantrag auf einen Zahlungsantrag. Dies ist eine nach § 264 Nr. 2 ZPO auch in der Berufungsinstanz ohne weiteres zulässige Klageänderung (BGH Urteil vom 8. Juni 1994 – VIII ZR 178/93 – NJW 1994, 2896, 2897, zu 2 b aa der Gründe; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 264, Rz 5 und 12; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl., § 264 Rz 1 und 4, jeweils m.w.N.).

2. Ob die Klage begründet ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

Als Anspruchsgrundlage für den Trennungsgeldanspruch kommt allein § 2 Abs. 1 TGV in Betracht. Diese Vorschrift findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dies ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Bezugnahme auf die Bestimmungen des BAT in § 2 des Arbeitsvertrages. Nach § 44 Abs. 1 BAT sind für die Gewährung von Trennungsgeld die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden. Dies sind beim beklagten Land gemäß § 88 Abs. 1 Landesbeamtengesetz die für die Bundesbeamten geltenden Rechtsvorschriften, somit die Bestimmungen der TGV. Zum anderen folgt die Anwendbarkeit des TGV daraus, daß die Parteien in § 5 des Arbeitsvertrages die Anwendung der beamtenrechtlichen Bestimmungen u.a. in Bezug auf die Trennungsentschädigung ausdrücklich vereinbart haben.

§ 2 Abs. 1 TGV lautet – soweit hier von Bedeutung – wie folgt:

„Trennungsgeld nach Zusage der Umzugskostenvergütung

(1) Ist Umzugskostenvergütung zugesagt, steht Trennungsgeld zu,

  1. wenn der Berechtigte seit dem Tag des Wirksamwerdens der Zusage oder, falls für ihn günstiger, der Maßnahme nach § 1 Abs. 2 uneingeschränkt umzugswillig ist und
  2. solange er wegen Wohnungsmangels im Einzugsgebiet (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 c des Bundesumzugskostengesetzes) nicht umziehen kann.

Uneingeschränkt umzugswillig ist, wer sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten nachweislich und fortwährend um eine angemessene Wohnung bemüht. Angemessen ist eine Wohnung, die den familiären Bedürfnissen des Berechtigten entspricht. Dabei ist von der bisherigen Wohnungsgröße auszugehen, es sei denn, daß sie in einem erheblichen Mißverhältnis zur Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen steht. Die Lage des Wohnungsmarktes im Einzugsgebiet (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 c des Bundesumzugskostengesetzes) ist zu berücksichtigen….”

a) Die nach § 2 Abs. 1 TGV erforderliche Zusage der Umzugskostenvergütung wurde dem Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts mit Verfügung des beklagten Landes vom 5./23. Juli 1993 erteilt.

b) Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum auch uneingeschränkt umzugswillig.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 TGV ist uneingeschränkt umzugswillig, wer sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten nachweislich und fortwährend um eine angemessene Wohnung bemüht. Der Berechtigte darf sich nicht darauf verlassen, sein Dienstherr werde ihm eine angemessene Wohnung verschaffen (vgl. Kopicki/lrlenbusch, Das Reisekostenrecht des Bundes, Stand Juni 1998, Teil B, § 2 TGV Rz 20 m.w.N.). Er muß vielmehr selbst jede zumutbare Gelegenheit ausnutzen, um eine Wohnung zu erhalten (BVerwG Urteil vom 3. Dezember 1990 – 6 C 8.88 – Buchholz 26.1 § 15 BUKG Nr. 3). Hierzu gehört die regelmäßige Aufgabe von Zeitungsanzeigen ebenso wie das Prüfen von Vermieterangeboten in Tageszeitungen, die Beauftragung eines Wohnungsmaklers, die Vorsprache bei Wohnungs- und Siedlungsgesellschaften und die Inanspruchnahme der Wohnungsfürsorge des Dienstherrn (Meyer/Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, Stand Oktober 1998, § 2 TGV Rz 28).

Diese Anforderungen hat der Kläger im Jahr 1994 erfüllt, denn er hat nach den vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen arbeitsgerichtlichen Feststellungen in der Zeit von Januar bis November 1994 zweimal monatlich ein Inserat in einer Magdeburger Tageszeitung aufgegeben, sich ständig bei Wohnungsmaklern um eine Wohnung bemüht und im Mai 1993 und Januar 1994 erfolglos die Zuweisung einer Landesbedienstetenwohnung beantragt. Für den Zeitraum bis Ende 1993 hatte das beklagte Land den Kläger wegen der Situation auf dem Wohnungsmarkt von der Verpflichtung zum Nachweis der vorgenannten Bemühungen entbunden.

c) Ob der Kläger in der Zeit vom 23. Juli 1993 bis 7. Dezember 1994 wegen Wohnungsmangels im Einzugsgebiet, d.h. im Umkreis von 30 km vom Dienstort (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BUKG) nicht umziehen konnte, kann aufgrund der bisherigen tatrichterlichen Festellungen nicht abschließend beurteilt werden.

aa) Nach der Amtlichen Begründung zur TGV in der hier maßgeblichen Fassung vom 16. Januar 1991 liegt Wohnungsmangel immer dann vor, wenn eine angemessene Wohnung nicht erhältlich ist (zitiert nach Kopicki/lrlenbusch, a.a.O., Vorbemerkung zu § 2 TGV). Eine Wohnung ist nach dem Verordnungswortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 TGV angemessen, wenn sie den familiären Bedürfnissen des Berechtigten entspricht. Dabei ist von der bisherigen Wohnungsgröße auszugehen, sofern sie nicht in einem erheblichen Mißverhältnis zur Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen steht. Außerdem ist die Lage des Wohnungsmarktes im Einzugsgebiet des neuen Dienstortes zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 1 Satz 4 und 5 TGV).

Diese Tatbestandsmerkmale in § 2 Abs. 1 Satz 3 bis Satz 5 TGV, die der Ausfüllung des Begriffs der „Angemessenheit” der Wohnung dienen, hat das Landesarbeitsgericht nicht beachtet. Zwar hat es in revisionsrechtlich nicht zu beanstandener Weise angenommen, die bisherige Familienwohnung in O. sei, gemessen an dem Wohnungsniveau in den alten Bundesländern, für drei erwachsene Personen „zwar reichlich, aber durchaus nicht unüblich” gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch weder diesen Umstand noch die Lage des Wohnungsmarktes im Einzugsgebiet Magdeburgs bei der Prüfung der Frage, ob die Wohnung in der Haldenslebener Straße angemessen ist, berücksichtigt. Es hat ausschließlich auf die „Situation vor Ort” abgestellt, worunter es die allgemeine Wohnungssituation im gesamten Beitrittsgebiet verstanden hat und ausdrücklich auf eine weitergehende Abwägung der Umstände und auf eine Einzelfallprüfung der Familiengerechtigkeit der Wohnung verzichtet. Damit hat das Landesarbeitsgericht den in § 2 Abs. 1 TGV definierten Begriff der „Angemessenheit” der Wohnung verkannt. Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Berufungsurteils.

bb) Für eine abschließende Sachentscheidung bedarf es tatsächlicher Feststellungen dazu, wie die konkrete Wohnungssituation im streitgegenständlichen Zeitraum im Einzugsgebiet (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BUKG) war, d.h. im Umkreis von 30 km um Magdeburg. Diese Feststellungen wird das Landesarbeitsgericht nachholen müssen. Sollte sich ergeben, daß Wohnungen, die den früheren Wohnverhältnissen des Klägers in O. entsprechen, nicht vorhanden waren, ist es Aufgabe des Berufungsgerichts, die in § 2 Abs. 1 Satz 4 und Satz 5 TGV genannten Tatbestandsmerkmale „bisherige Wohnungsgröße” und „Lage des Wohnungsmarktes im Einzugsgebiet” zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Sofern das Landesarbeitsgericht bei Berücksichtigung der Lage des Wohnungsmarkts zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß eine in ihrer Größe der bisherigen Wohnung des Klägers entsprechende oder eine Wohnung in der von ihm seit 18. Mai 1993 angestrebten Größe nicht verfügbar war, wird es zu beachten haben, daß die Wohnung gleichwohl familiengerecht sein mußte. Dies ist in der Regel der Fall, wenn sie für jede zum Haushalt gehörende Person mindestens ein Zimmer enthält. Die Wohnung muß außerdem nach Größe und Lage sowie nach Ausmaß und Zuschnitt der Räume so gestaltet sein, daß eine gesunde Entwicklung der Familie und eine Entfaltung des Familienlebens gewährleistet ist (vgl. Meyer/Fricke, a.a.O., § 2 TGV Rz 68 und 69). Nicht von Bedeutung ist, daß der Kläger den Mietvertrag für die Wohnung in der Haldenslebener Straße nicht allein, sondern zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter abgeschlossen hatte. Auch wenn darin eine Umgehung der Vorschriften über die Vergabe von Wohnungsberechtigungsscheinen gelegen hätte, würde das nicht den Schluß rechtfertigen, daß der Kläger und seine Familie diese Wohnung als angemessen im Sinne von § 2 Abs. 1 TGV angesehen haben. Dem stünde entgegen, daß der Kläger die Wohnung allein und nicht zusammen mit seiner Familie bewohnt hat.

III. Das Landesarbeitsgericht hat auch über die Kosten der Revision zu entscheiden.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, Lenßen, Söller

 

Fundstellen

Haufe-Index 1251976

ZTR 1999, 273

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