Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsbefugnis der Gewerkschaft im Beschlußverfahren

 

Orientierungssatz

Der Senat hält an seinen Entscheidungen vom 18.8.1987 1 ABR 65/86 = AP Nr 6 zu § 81 ArbGG 1979 und vom 23.2.1988 1 ABR 75/86 = AP Nr 9 zu § 81 ArbGg 1979 fest, wonach den Gewerkschaften die Befugnis fehlt, im Beschlußverfahren die Feststellung der Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung zu beantragen.

 

Normenkette

ArbGG § 81 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Hamburg (Entscheidung vom 27.06.1986; Aktenzeichen 6 TaBV 4/86)

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 26.02.1986; Aktenzeichen 9 BV 17/85)

 

Gründe

A. Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen der Metallindustrie. Nach Einführung der 38,5-Stunden-Woche durch Teil 2 des Manteltarifvertrages für die Metallindustrie Hamburgs und Umgebung mit Wirkung vom 1. April 1985 verhandelten Arbeitgeber und Betriebsrat über die Umsetzung der tariflichen Bestimmungen für den Betrieb des Arbeitgebers. Da eine Einigung nicht erzielt werden konnte, wurde die Einigungsstelle angerufen, die in der Folgezeit einen Spruch fällte, der für die Zeit bis zum 31. März 1986 die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 38,5 Stunden bei einer betrieblichen Arbeitszeit von 40 Stunden festlegte. Die Differenz zwischen individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit und der betrieblichen Arbeitszeit wurde durch eine detaillierte Regelung über die Gewährung freier Tage ausgeglichen.

Die im Betrieb des Arbeitgebers vertretene IG Metall hält den Spruch der Einigungsstelle für unwirksam, da er gegen die tarifliche Regelung in mehreren Punkten verstoße. Sie hat daher das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und vor dem Arbeitsgericht beantragt

festzustellen, daß der Spruch der Einigungs-

stelle ... zum Themenbereich "Umsetzung der

38,5-Stunden-Woche ..." ... unwirksam ist,

hilfsweise

festzustellen, daß der Spruch der Einigungs-

stelle ... zum Themenbereich "Umsetzung der

38,5-Stunden-Woche ..." ... unwirksam ist,

soweit er

1. für die Laufzeit der Betriebsvereinbarung

8 freie Tage anstatt 10 freie Tage regelt,

2. eine Stillegung des Betriebes des Arbeit-

gebers für den 17. Mai, den 24., 27., 30.

und 31. Dezember 1985 vorsieht unter In-

anspruchnahme von freien Tagen ...

3. es zuläßt, den Ausgleich zwischen Betriebs-

mittelnutzungszeit und individueller regel-

mäßiger wöchentlicher Arbeitszeit innerhalb

einer Zeit von mehr als zwei Monaten vorzu-

nehmen.

Der Arbeitgeber hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hält die IG Metall für nicht antragsbefugt und den Spruch der Einigungsstelle für wirksam.

Der Betriebsrat hat keinen Antrag gestellt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der IG Metall als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, diese sei nicht antragsbefugt. Auf die Beschwerde der IG Metall hat das Landesarbeitsgericht den Beschluß des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, daß der Spruch der Einigungsstelle ... insoweit unwirksam ist, als er für die Geltungsdauer des Spruchs einen Ausgleich durch freie Tage lediglich im Umfang von insgesamt 60 Stunden anstatt insgesamt 66,3 Stunden festlegt. Die weitergehende Beschwerde der IG Metall hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Gegen diesen Beschluß haben sowohl die IG Metall als auch der Arbeitgeber Rechtsbeschwerde eingelegt. Die IG Metall hat ihre Rechtsbeschwerde später zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren durch Beschluß vom 12. Juli 1988 eingestellt worden. Der Arbeitgeber erstrebt mit der Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Der Betriebsrat hat keinen Antrag gestellt und sich zum Verfahren auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht geäußert.

B. Die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht die Antragsbefugnis der IG Metall bejaht und über deren Antrag in der Sache entschieden.

Der Senat hat schon in seiner Entscheidung vom 25. Mai 1982 (BAGE 39, 86 = AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Prämie) ausgesprochen, daß in einem Beschlußverfahren über die Frage, ob dem Betriebsrat in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht zusteht, die Tarifvertragsparteien auch dann nicht beteiligt sind, wenn dieses Mitbestimmungsrecht in seinem Bestand oder Umfang von tariflichen Bestimmungen abhängig ist. Er hat im Anschluß daran in seiner Entscheidung vom 18. August 1987 (- 1 ABR 65/86 - AP Nr. 6 zu § 81 ArbGG 1979, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt) entschieden, daß den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften die Befugnis fehlt, im Beschlußverfahren die Feststellung der Unwirksamkeit einer Betriebsvereinbarung zu beantragen, auch wenn die Unwirksamkeit damit begründet wird, daß die Betriebsvereinbarung gegen Bestimmungen eines Tarifvertrages verstößt. Diese Entscheidung hat im Schrifttum Zustimmung gefunden (Joost, Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Jahre 1987, ZfA 1988, 489, 670) als auch Kritik erfahren (Matthießen, Antragsbefugnisse der Tarifparteien im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, DB 1988, 285). Der Senat hat sich mit der Kritik in seiner Entscheidung vom 23. Februar 1988 (- 1 ABR 75/86 - AP Nr. 9 zu § 81 ArbGG 1979) auseinandergesetzt und an seiner Rechtsprechung festgehalten. Die Entscheidung ist den Beteiligten bekannt.

Der Senat hält auch im vorliegenden Verfahren an seiner Rechtsprechung fest. Neue Gesichtspunkte, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, sind von den Beteiligten nicht vorgetragen worden. Damit war die IG Metall nicht befugt, die Frage der Wirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle zur gerichtlichen Entscheidung zu stellen. Ihr Antrag war unzulässig. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, so daß die Beschwerde der IG Metall gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts zurückgewiesen werden mußte.

Dr. Kissel Matthes Dr. Weller

Andersch Dr. Federlin

 

Fundstellen

Dokument-Index HI437085

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