Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei vorübergehender Übertragung anderer Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob auch die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegt.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 1 Nrn. 2, 4, §§ 67, 69 Abs. 5, § 72; BetrVG § 95 Abs. 3; ZA-Nato-Truppenstatut Art. 56 Abs. 9; Unterzeichnungsprotokoll zu Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut Abs. 2; BAT § 22 Abs. 2, §§ 23, 24 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss vom 01.06.1990; Aktenzeichen 6 TaBV 19/90)

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 18.01.1990; Aktenzeichen 2 BV 2/89)

 

Tenor

  • Das Verfahren wird ausgesetzt.
  • Dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob auch die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegt.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

A. Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens ist die Betriebsvertretung der US-Dienststelle “6966th Civilian Support Center (Transportation)”. Anfang 1989 hat die Dienststelle drei bei ihr beschäftigten Zivilangestellten vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen. Während dem Angestellten Scha. nach sechs Monaten die höherwertige Tätigkeit auf Dauer übertragen und er entsprechend mit Zustimmung der Betriebsvertretung höhergruppiert wurde, endete die vorübergehende Beschäftigung mit höherwertigen Tätigkeiten der Angestellten Schw. und M. nach drei Monaten. Der Angestellte Scha. wurde für die Zeit, in der er die höherwertige Tätigkeit vorübergehend wahrnahm, “vorübergehend höhergruppiert”, während die Angestellten Schw. und M. für die Zeit der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeit eine Zulage in Höhe des Unterschiedes zwischen den einschlägigen Vergütungsgruppen erhielten.

Die Betriebsvertretung hat geltend gemacht, auch die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bzw. eine befristete Höhergruppierung bedürfe nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG in Verbindung mit Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut und Abs. 6b UP zum ZA-Nato-Truppenstatut seiner Mitwirkung. Sie hat daher mit Schriftsatz vom 8. Februar 1989 das vorliegende Verfahren anhängig gemacht und u.a. beantragt

festzustellen, daß die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Höher- oder Rückgruppierung sowie die Eingruppierung eines Angestellten oder Arbeiters auch dann der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung der Betriebsvertretung bedarf, wenn die betreffende Maßnahme befristet ist.

Die beteiligte Bundesrepublik Deutschland hat entsprechend der Ansicht der Dienststelle, daß eine vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit oder eine vorübergehende Höhergruppierung nicht beteiligungspflichtig sei, beantragt, den Antrag abzuweisen.

Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag der Betriebsvertretung stattgegeben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die beteiligte Bundesrepublik Deutschland die Abweisung des Antrages.

 

Entscheidungsgründe

B. Der Senat hält die Rechtsbeschwerde der Bundesrepublik nicht für begründet und möchte entsprechend entscheiden. Er sieht sich daran jedoch durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juni 1977 (– BVerwG VII P 8.75 – BVerwGE 54, 92) gehindert.

I. Nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut gelten für die Betriebsvertretungen der zivilen Arbeitskräfte bei den Stationierungsstreitkräften die Vorschriften des deutschen Rechts über die Personalvertretung, wie sie für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebend sind. Soweit danach den Personalvertretungen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht zusteht, findet nach Abs. 6b in Verbindung mit Abs. 6a des Unterzeichnungsprotokolls zu Art. 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens insoweit lediglich das Mitwirkungsverfahren nach § 72 BPersVG statt. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegt daher die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, die Höher- oder Rückgruppierung und die Eingruppierung der Mitwirkung der Betriebsvertretung.

II. Unter den Beteiligten ist – soweit hier von Interesse – im Streit, ob sich das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach dieser Vorschrift und damit das Mitwirkungsrecht der Betriebsvertretung auch auf den Fall bezieht, daß dem Angestellten oder Arbeiter eine höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit lediglich vorübergehend übertragen wird.

1. Der Senat ist mit der Betriebsvertretung und der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts der Ansicht, daß die Personalvertretung auch bei einer nur vorübergehenden Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit mitzubestimmen hat (ebenso Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 75 Rz 13; und für den Fall, daß die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit tarifrechtlich einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage auslöst, Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 75 Rz 28). Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vom 3. Juni 1977 entschieden, daß die vorübergehende oder vertretungsweise Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit an einen Angestellten auch nach dem neuen Recht nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt (so auch Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, K § 75 Rz 21b; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 6. Aufl., § 75 Rz 10; Lorenzen/Haas/Schmitt/Etzel, BPersVG, 4. Aufl., § 75 Rz 36a; windscheid in ZBR 1977, 408, 409). Der Senat vermag der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu folgen. Er begründet seine abweichende Ansicht wie folgt:

2. Aus dem Wortlaut der Bestimmung in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG allein ergibt sich nicht, daß dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht nur für den Fall eingeräumt wird, daß die höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit dem Angestellten oder Arbeiter auf Dauer übertragen wird (so auch – wenn auch im Ergebnis anderer Ansicht – Fischer/Goeres, aaO, und Lorenzen/Haas/Schmitt/Etzel, aaO, sowie OVG Berlin Beschluß vom 17. Februar 1975 – OVG II PV 3.74 – ZBR 1975, 229). Das gilt um so mehr, als nach § 75 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG eine Abordnung nur dann der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegt, wenn sie für mehr als drei Monate erfolgt. Eine vergleichbare Regelung enthält darüber hinaus § 95 Abs. 3 BetrVG für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer Versetzung, die grundsätzlich der Zustimmung des Betriebsrats nur dann bedarf, wenn sie voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet und bei kürzerer Dauer nur dann zustimmungspflichtig ist, wenn sie mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Der Gesetzgeber hat damit in zwei vergleichbaren Fallgestaltungen die Beteiligung der Personal- bzw. Betriebsvertretung an einer personellen Maßnahme der Dienststelle bzw. des Arbeitgebers ausdrücklich nur für den Fall vorgeschrieben, daß diese Maßnahme eine gewisse zeitliche Dauer erreicht. Wenn in § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG eine solche zeitliche Beschränkung fehlt, so spricht dies zunächst dafür, daß es für die Mitbestimmung der Personalvertretung an der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nicht darauf ankommen soll, für welchen Zeitraum die Übertragung erfolgt.

Wenn das Bundesverwaltungsgericht insoweit meint, schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeute die “Übertragung einer Tätigkeit” eine auf Dauer angelegte Maßnahme, so kann dahingestellt bleiben, ob dieses Verständnis des Begriffes “übertragen” zutreffend ist. Zumindest nach dem Sprachgebrauch der die mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen regelnden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, der auch nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts bei der Auslegung der Vorschriften des Personalvertretungsrechts zu berücksichtigen ist, kann eine Tätigkeit sowohl auf Dauer als auch nur vorübergehend übertragen werden. So regelt § 24 Abs. 1 BAT ausdrücklich die vorübergehende Übertragung einer anderen, höherwertigen Tätigkeit. Gleiches gilt für vergleichbare Tarifverträge wie etwa den MTA oder den TVAL II. Die Übertragung einer Tätigkeit auf Dauer wird hingegen nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr in den §§ 22 Abs. 2 und 23 BAT vorausgesetzt, wenn hier von der vom Angestellten nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit, d.h. von der auf Dauer übertragenen Tätigkeit, bzw. davon gesprochen wird, daß dem Angestellten eine andere, höherwertige Tätigkeit nicht – weder auf Dauer noch vorübergehend – übertragen worden ist. Können aber niedriger oder höher zu bewertende Tätigkeiten individual- und tarifvertragsrechtlich sowohl auf Dauer als auch vorübergehend übertragen werden, und ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber dies bekannt war, so kann nicht angenommen werden, er habe unter der nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitbestimmungspflichtigen Übertragung einer niedriger oder höher zu bewertenden Tätigkeit nur eine Übertragung auf Dauer gemeint.

3. Soweit das Bundesverwaltungsgericht meint, durch die Neufassung von § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG, durch die auch die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitbestimmung des Personalrats unterstellt worden sei, habe sich gegenüber der Rechtslage nach dem PersVG 1955 nichts geändert, dadurch sei lediglich eine Klarstellung im Sinne der zum früheren Recht ergangenen Rechtsprechung erfolgt, vermag das nicht zu überzeugen.

Das Bundesverwaltungsgericht verweist selbst auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und auf die Begründung des von der Bundesregierung erarbeiteten Entwurfs eines Personalvertretungsgesetzes, in der es unter “Allgemeines” heißt, das Kernstück der Neuregelung sei die Erweiterung der Beteiligungsrechte der Personalvertretung in personellen und sozialen Angelegenheiten. Eine solche Erweiterung liegt auch in der Anordnung der Mitbestimmungspflichtigkeit der Übertragung einer niedriger oder höher zu bewertenden Tätigkeit. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich nicht nur um “ein und denselben rechtlichen Vorgang wie die Höher- oder Rückgruppierung in seinen verschiedenen Erscheinungsformen”. Das Bundesverwaltungsgericht verweist selbst darauf, daß es eine Reihe mitbestimmungspflichtiger Höhergruppierungen gibt, ohne daß dem Angestellten oder Arbeiter eine höher zu bewertende Tätigkeit zugewiesen worden ist, nämlich die Korrektur einer zu niedrigen Eingruppierung, das allmähliche Hineinwachsen in eine höherwertige Tätigkeit (§ 23 BAT), die Erfüllung persönlicher Voraussetzungen für eine höhere Vergütungsgruppe und die Änderung der Tätigkeitsmerkmale und ihrer Bewertung im maßgebenden Tarifvertrag.

Darüber hinaus unterscheiden sich die Vorgänge der Übertragung einer bestimmten Tätigkeit – vorübergehend oder auf Dauer – grundsätzlich von den in gleicher weise mitbestimmungspflichtigen Vorgängen der Eingruppierung, Höhergruppierung oder Rückgruppierung. Während die Übertragung einer Tätigkeit auf einen Angestellten oder Arbeiter ein in der realen Außenwelt sichtbarer tatsächlicher Akt der Dienststelle ist, stellt die Eingruppierung und damit auch die Höher- oder Rückgruppierung einen gedanklichen Vorgang, einen Akt der Rechtsanwendung, dar. Sowohl nach der Rechtsprechung des Senats als auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist die Eingruppierung kein konstitutiver Akt, sondern beispielsweise die nach § 22 Abs. 2 BAT notwendige Feststellung, in welche Vergütungsgruppe der Angestellte aufgrund der Tätigkeitsmerkmale seiner gesamten von ihm nicht nur vorübergehend auszuübenden Tätigkeit eingruppiert ist. Eingruppierung ist damit ein Akt der Rechtsanwendung bzw. die bloße Kundgabe des bei dieser Rechtsanwendung gefundenen Ergebnisses, daß nämlich die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit den Tätigkeitsmerkmalen einer bestimmten Vergütungsgruppe entspricht und daher der Arbeitnehmer in diese Vergütungsgruppe eingruppiert ist (vgl. zuletzt Beschluß des Senats vom 20. März 1990 – 1 ABR 20/89 – AP Nr. 79 zu § 99 BetrVG 1972, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Sinn der Beteiligung des Betriebsrats und des Personalrats an diesem Akt der Rechtsanwendung ist es, daß die Betriebspartner bzw. Dienststelle und Personalvertretung gemeinsam die Frage beantworten, welcher Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer aufgrund der von ihm zu verrichtenden Tätigkeit zuzuordnen ist. Mit der Beteiligung der Betriebs- bzw. Personalvertretung soll eine größere Gewähr für die Richtigkeit der vorgenommenen Eingruppierung und der gleichmäßigen Anwendung der Vergütungsgruppenordnung erreicht werden.

Die Mitbestimmung bei der Ein-, Höher- oder Rückgruppierung hat daher einen anderen Inhalt als die Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit führt, wenn sie auf Dauer erfolgt, tarifrechtlich dazu, daß der Arbeitnehmer in eine höhere oder niedrigere Vergütungsgruppe eingruppiert ist. In welche Vergütungsgruppe der Arbeitnehmer eingruppiert ist, haben die Betriebspartner bzw. Personalrat und Dienststelle gemeinsam zu entscheiden. Die nur vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit läßt demgegenüber tarifrechtlich die Eingruppierung des Arbeitnehmers unberührt und löst unter den Voraussetzungen des § 24 BAT und vergleichbarer Vorschriften lediglich einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage aus. Daraus folgt zwar, daß eine mitbestimmungspflichtige Höher- oder Rückgruppierung nur in Betracht kommt, wenn entweder dem Arbeitnehmer auf Dauer eine anders zu bewertende Tätigkeit zugewiesen wird oder dieser gemäß § 23 BAT und vergleichbarer Vorschriften auf Dauer in eine höherwertige Tätigkeit hineinwächst. Gerade wegen der Unterschiedlichkeit der verschiedenen Mitbestimmungsrechte kann daraus aber nicht mit dem Bundesverwaltungsgericht hergeleitet werden, daß auch die Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit nur dann mitbestimmungspflichtig ist, wenn sie auf Dauer erfolgt.

4. Auch Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei der Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit rechtfertigen eine Beschränkung dieses Mitbestimmungsrechts auf den Fall der Übertragung einer solchen Tätigkeit auf Dauer nicht. Auch die nur vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kann die Rechtsstellung des betroffenen Arbeitnehmers nachhaltig beeinflussen. Eine Bewährung in der höherwertigen Tätigkeit kann seinen beruflichen Aufstieg begünstigen, ebenso wie ein Scheitern in der schwierigeren Aufgabe sich nachteilig auf seine berufliche Zukunft auswirken kann. Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit kann einen Anspruch auf Zahlung einer Zulage auslösen. Von dieser Maßnahme der vorübergehenden Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit können auch die anderen Bediensteten der Dienststelle betroffen und in ihren Interessen berührt werden. Für sie kann sich die Frage stellen, warum nicht ihnen, sondern dem betroffenen Arbeitnehmer die höherwertige Tätigkeit übertragen worden ist. Sie können durch die Übertragung einer anderen Tätigkeit an einen Mitarbeiter in ihrer Tätigkeit und Zusammenarbeit belastet werden. Sinn der Mitbestimmung der Personalvertretung bei personellen Einzelmaßnahmen ist es ebenso wie der Sinn der Mitbestimmung des Betriebsrats bei solchen Maßnahmen, nicht nur die Interessen des unmittelbar betroffenen Arbeitnehmers, sondern auch der anderen Arbeitnehmer der Dienststelle zur Geltung zu bringen, um auch bei personellen Einzelmaßnahmen eine Behandlung aller Angehörigen der Dienststelle nach Recht und Billigkeit zu gewährleisten, § 67 Abs. 1 BPersVG.

5. Gründe der Praktikabilität von Verwaltungsentscheidungen in bezug auf Angehörige der Dienststelle rechtfertigen nach Ansicht des Senats ebenfalls nicht eine Beschränkung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats auf die auf Dauer angelegte Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit. Nach § 69 Abs. 5 BPersVG ist der Leiter der Dienststelle bei mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, berechtigt, bis zur endgültigen Entscheidung eine vorläufige Regelung zu treffen. Die Mitbestimmung des Personalrats auch bei einer nur vorübergehenden Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit hindert daher vor Abschluß des Mitbestimmungsverfahrens notwendige Maßnahmen nicht. Daß sich in Einzelfällen das Mitbestimmungsverfahren vor seinem Abschluß dadurch erledigen kann, daß die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit zwischenzeitlich schon wieder ihr Ende gefunden hat, rechtfertigt noch nicht einen generellen Ausschluß dieses Mitbestimmungsrechts.

6. Der Ansicht des Senats stehen die vom Bundesverwaltungsgericht zur Stützung seiner Ansicht angezogenen Entscheidungen des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. März 1967 (BAGE 19, 295 = AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV) und vom 5. Juli 1967 (– 4 AZR 162/66 – AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: BAVAV) nicht entgegen. In diesen Entscheidungen heißt es zwar, “die nicht nur vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit, die im Tarif nach einer höheren als der dem Angestellten bisher zustehenden Vergütungsgruppe bewertet ist, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats”, der Vierte Senat hat damit jedoch nicht entschieden, daß die nur vorübergehende Übertragung einer anders zu bewertenden Tätigkeit nicht der Mitbestimmung unterliegt. Zu entscheiden war vom Vierten Senat lediglich, ob eine auf Dauer erfolgte Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit wirksam erfolgt war, obwohl es an der Beteiligung des Personalrats gefehlt hatte. Diese Frage hat der Vierte Senat verneint. Über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer nur vorübergehenden Übertragung einer anders zu bewertenden Tätigkeit war nicht zu entscheiden.

III. Bei der vom Senat zu entscheidenen Rechtsfrage handelt es sich um die gleiche Rechtsfrage, die das Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung entschieden hat. Es geht um die Auslegung von § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Dieses Bundespersonalvertretungsgesetz gilt nach Art. 56 Abs. 9 ZA-Nato-Truppenstatut auch für das Verhältnis zwischen der Betriebsvertretung und Dienststelle. Der Umstand, daß nach Abs. 6b des Unterzeichnungsprotokolls anstelle des in § 75 BPersVG geregelten Mitbestimmungsrechts nur ein Mitwirkungsrecht nach § 72 BPersVG besteht, ist insoweit ohne Bedeutung. Anders geregelt ist nur die Rechtsfolge, nicht aber die hier allein strittige Tatbestandsvoraussetzung “Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit”.

Der Senat möchte diese Frage anders entscheiden als das Bundesverwaltungsgericht. Er legt daher nach § 2 in Verbindung mit § 11 RsprEinhG dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Rechtsfrage zur Entscheidung vor,

ob auch die vorübergehende Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit der Mitbestimmung des Personalrats nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG unterliegt.

 

Unterschriften

Dr. Kissel, Matthes, Dr. Weller, Andersch, Weinmann

 

Fundstellen

Haufe-Index 839161

BB 1991, 2222

RdA 1991, 383

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