Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

Auch die nur vorübergehende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten und die vorübergehende Umgruppierung unterliegt nach § 75 Abs. 1 Ziff. 2. Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) der Mitbestimmung des Personalrats (gegen Bundesverwaltungsgericht 03.06.1977 VII P 8.75 = ZBR 1977, 406).

Der für die Auslegung zunächst maßgebliche Wortlaut des § 75 Abs. 1 Ziff. 2 BPersVG enthält keinen Hinweis darauf, daß hier nur die dauerhafte Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit angesprochen sein soll. Aus der Tatsache, daß die dauerhafte Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit regelmäßig auch zu einer ohnehin mitbestimmungspflichtigen Höher- oder Rückgruppierung führen wird, ist eher darauf zu schließen, daß hier auch vorübergehende, die Eingruppierung nicht berührende Maßnahmen gemeint sind. Vom Wortsinn her verbindet sich mit dem Begriff der „Übertragung” nicht die Vorstellung einer dauerhaften Maßnahme.

Auch vom erkennbaren Sinn des Gesetzes besteht kein Anlaß, nur die auf Dauer angelegte Übertragung höherwertiger Tätigkeiten dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats zu unterwerfen. Nach dem Sinn der Mitbestimmung, dem Personalrat Einfluß auf die schutzwürdige Belange der betroffenen Mitarbeiter berührenden Maßnahmen zu nehmen, besteht kein Grund für eine restriktive Auslegung des § 75 Abs. 1 Ziff. 2 BPersVG in der vom Bundesverwaltungsgericht für richtig erachteten Weise. Die Übertragung höher oder auch niedriger zu bewertenden Tätigkeiten berührt, auch wenn sie nur vorübergehend erfolgt, die Belange des betroffenen Arbeitnehmers wie auch unter Umständen Interessen seiner Kollegen, die diese personelle Maßnahme gern auf sich bezogen gewußt hätten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier die Dauer der personellen Maßnahmen die Rechtsstellung der Betroffenen verändert, indem sie etwa Ansprüche auf Zulagen oder auf Gewährung einer Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe schafft.

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 18.01.1990; Aktenzeichen 2 BV 2/89)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 28.01.1992; Aktenzeichen 1 ABR 56/90 (B))

BAG (Beschluss vom 18.06.1991; Aktenzeichen 1 ABR 56/90 (A))

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18.01.1990 – 2 BV 2/89 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß die befristete Höhergruppierung der Arbeitnehmer Scha., M. und Schw. bzw. die befristete Übertragung an diese Arbeitnehmer der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung der Antragstellerin bedurfte.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist die Betriebsvertretung der … Dienststelle … Die Beteiligten streiten darüber, ob die Dienststelle bei der befristeten Übertragung höherwertiger Tätigkeiten bzw. bei der befristeten Höhergruppierung der Arbeitnehmer Scha., M. und Schw. Mitbestimmungsrechte der Betriebsvertretung mißachtet hat.

Herrn Scha… wurde aufgrund einer Vereinbarung vom 02.11.1989 unter vorübergehender Höhergruppierung zur Aushilfe die Stelle des Leiters der Versorgung übertragen. Seit 01.06.1989 ist er in die Stelle auf Dauer eingewiesen. Herr Schw… erklärte sich in einer Vereinbarung vom 06.12.1988 damit einverstanden, daß ihm die höherwertige Tätigkeit eines Kollegen ab 06.12.1988 übertragen wurde. Er verrichtete diese Tätigkeit bis 01.04.1989. Nach der Vereinbarung vom 06.12.1981 erhielt er nach 30 Tagen ununterbrochener Tätigkeit eine Vertretungszulage; es war vorgesehen, ihn vorübergehend in die Gehaltsgruppe ZB/7/ES höherzugruppieren, falls die Vertretung 6 Monate überschreite.

Eine im wesentlichen gleichlautende Vereinbarung war mit Herrn M. unter dem 02.02.1989 getroffen worden. In dieser Vereinbarung hatte Herr M. die von seinem Kollegen Scha… vorübergehend freigemachte Stelle bis zur endgültigen Besetzung übernommen. Sämtliche Arbeitnehmer hatten sich in den jeweiligen Vereinbarungen damit einverstanden erklärt, daß nach endgültiger Stellenbesetzung sie ohne vorherige Änderungskündigung wieder in ihre frühere Arbeitsstelle zurückkehren würden.

Die Betriebsvertretung war an diesen Maßnahmen nicht beteiligt worden. Die Dienststelle vertritt den Standpunkt, daß befristete Höhergruppierungen einschließlich der damit verbundenen Rückgruppierungen nicht der Mitwirkung der Betriebsvertretung bedürften.

Die Betriebsvertretung hat beantragt, festzustellen, daß die befristete Höhergruppierung der Arbeitnehmer … Scha… M. und … Schw… der personalvertretungsrechtlichen Mitwirkung der Antragstellerin bedarf.

Die Dienststelle hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Beschluß vom 18.01.1990 den Antrag zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Antrag sei unzulässig geworden, weil das Rechtschutzinteresse nachträglich weggefallen sei. Der konkrete Vorgang, der das Verfahren ausgelöst habe, sei zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgeschlossen ...

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