10.2.3.1 Verpflichtung zur Gegenwertzahlung

Übersteigt die Anzahl der auf einen nicht bei der VBL beteiligten Arbeitgeber übertragenen Arbeitnehmer 10 % der pflichtversicherten Arbeitnehmer des Beteiligten, so hat die VBL ein Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund, § 22 Abs. 3 Satz 3 VBLS. Grundsätzlich ist in diesem Fall vom öffentlichen Arbeitgeber der "Gesamt-Gegenwert" gemäß § 23 Abs. 2 VBLS zu zahlen. Eine Kündigung kann allerdings nach § 22 Abs. 3 Satz 4 VBLS unterbleiben, "wenn sich der Beteiligte verpflichtet, für die ausgeschiedenen Pflichtversicherten den anteiligen Gegenwert nach § 23 Abs. 2 VBLS zu zahlen".

Der Teil-Gegenwert ergibt sich aus dem Anteil der Pflichtversicherten der ausgegründeten zur ausgründenden Einheit. Der Gegenwert ist eine Art vorweggenommene Umlage in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts der bei der VBL verbleibenden Verpflichtungen, soweit keine Kapitaldeckung vorliegt. Die Höhe des Gegenwerts hängt maßgeblich von der Alters-, Dienstalters- und Einkommensstruktur des betroffenen Versichertenbestands ab. Er variiert daher je nach Höhe und Anzahl der bestehenden Renten und Anwartschaften der Beteiligten. Eine Schätzung des Gegenwerts anhand von Pro-Kopf-Durchschnittswerten führt aus diesem Grunde nur bedingt weiter.[1] In der Literatur werden teilweise Durchschnittswerte von 50.000 bis 75.000 EUR pro Rentner, 25.000 bis 50.000 EUR pro Arbeitnehmer und 20.000 bis 30.000 EUR pro ausgeschiedenen Arbeitnehmer genannt.[2] Andere gehen von einer Größenordnung von dem Acht- bis Zwölffachen der jährlichen Rentenanwartschaften für Anwärter und dem Dreizehn- bis Fünfzehnfachen der jährlichen Rentenhöhe von Leistungsempfängern aus.[3]

Hinsichtlich der Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer nach dem Kassenwechsel gelten die Ausführungen unter Punkt 10.2.2 Ausgründungen unterhalb der sog. Wesentlichkeitsgrenze dort "Alternative Zusatzversorgungskasse (ZVK) mit einem kapitalgedeckten Abrechnungsverband II" entsprechend, d. h. eine Rechtsgrundlage für eine Eigenbeteiligung muss nach einem Kassenwechsel erst (tarif-)vertraglich vereinbart werden.

In der Praxis finden Ausgründungen oberhalb der Wesentlichkeitsgrenze auf einen nicht bei der VBL beteiligten Arbeitgeber wegen der Höhe der zu leistenden Gegenwertzahlung nur selten statt. Erfolgen entsprechende Ausgründunge, so steht in der Regel nicht die damit verbundene mögliche Reduzierung der Kosten der Zusatzversorgung bzw. der "Kosten der VBL", sondern andere Erwägungen im Vordergrund. Um die Zahlung einer Teil-Gegenwertforderung zu umgehen, wird in diesen Fällen meist die ausgegründeten Einheit (GmbH) Beteiligte der VBL (Punkt 10.2.3 Ausgründungen oberhalb der sog. Wesentlichkeitsgrenze dort "Neu-Begründung eines Beteiligungsverhältnisses durch die ausgegründete Einheit"). Die an die VBL abzuführenden Umlagen und Sanierungsgelder bleiben dann in ihrer Gesamtheit unverändert, teilen sich nach der Ausgründung nur zwischen der ausgründenden und der ausgegründeten Einheit auf.

Die bisher zurückhaltende Praxis könnte sich durch die neuere Rechtsprechung des OLG Karlsruhe und LG Mannheim allerdings grundlegend ändern. Denn die beiden Gerichte halten die Verpflichtung zur Gegenwertzahlung nach § 23 Abs. 2 VBLS für unwirksam (hierzu unter 10.2.3.2).

[1] Recktenwald/Stade, BB 2005, 2126, 2127; Gansel, Die Beendigung der Beteiligung an einer Zusatzversorgungskasse, 2009, S. 161.
[2] Dörring/Kutzki, TVöD-Kommentar, 2007, § 25 AT, Fn. 53.
[3] V. Harbour, a. a. O., S. 161.

10.2.3.2 Wirksamkeit der Verpflichtung zur Gegenwertzahlung

Die Regelungen über den zu zahlenden Gegenwert in § 23 Abs. 2 VBLS unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen in Form Allgemeiner Versicherungsbedingungen grundsätzlich der richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 3074ff. BGB.[1] In Rechtsprechung und Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, § 23 Abs. 2 VBLS benachteilige die Beteiligten unangemessen und sei daher nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.[2] Auftrieb hat diese Ansicht insbesondere durch die Entscheidung des LG Mannheim vom 19.6.2009 erhalten.[3] Nach Ansicht der 7. Kammer des LG Mannheim hat die VBL zwar ein berechtigtes Interesse daran, eine Finanzierungsregelung für die bei ihr nach Ausscheiden des Beteiligten verbleibenden Versicherungslasten zu treffen. Auch sei es angemessen, die Folgen des Ausscheidens, d. h. das künftige Ausbleiben von Beitragsleistungen des ausscheidenden Beteiligten trotz Fortbestand bereits vorhandener Rentenlasten und Anwartschaften, dem Ausscheidenden und nicht der VBL und damit mittelbar den übrigen Beteiligten aufzubürden. Die Ausgestaltung der Beendigungsfolgen dürfe jedoch nicht dazu führen, dass die zulässige, grundsätzlich vorgesehene Kündigungsmöglichkeit übermäßig behindert werde. Eine solche unverhältnismäßige Belastung stelle es jedoch dar, wenn beim Ausscheiden eines Beteiligten die von der VBL übernommenen, versicherten Risiken einer durch die Gegenwertberechnung eigenständigen auf dem Prinzip der Kapitaldeckung beruhenden Finanzierung unterstellt werde und vom Ausscheidenden auf einen Schlag in Form ein...

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