1.3.1 Grundsätzliches

Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist eine Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstands. Sie wird in aller Regel in Form einer Geldleistung an den Arbeitnehmer erbracht. Mit der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist häufig auch die Vereinbarung einer Abfindung verbunden.

Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht nur in Ausnahmefällen, z. B.

  • nach § 1a KSchG,
  • wenn ein Sozialplan bei einer Betriebsänderung dies bestimmt,
  • das Arbeitsverhältnis nach einer sozialwidrigen unwirksamen Kündigung durch das Arbeitsgericht nach § 9 KSchG aufgelöst wird oder
  • eine tarifvertragliche Regelung eine Abfindungszahlung bestimmt.

Wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit können die Parteien selbst über den Abschluss eines Auflösungsvertrags und dessen Modalitäten (sofern kein Verstoß gegen Gesetz, Rechtsverordnung, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung vorliegt) entscheiden.[1] Deshalb muss für den Verlust des Arbeitsplatzes auch keine Abfindung vereinbart werden. Da der Arbeitnehmer jedoch i. d. R. keine Rechtsposition ohne entsprechende Gegenleistung aufgeben wird und die Zahlung einer Abfindung bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses beitragsfrei hinsichtlich der Sozialversicherung[2] ist und bei Einhaltung der Kündigungsfrist nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird, werden in der Praxis selten Auflösungsverträge ohne eine Abfindung geschlossen.

[2] Die Abfindung wird für die Zeit nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlt und stellt damit kein (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt dar: BAG, Urteil v. 9.11.1988, 4 AZR 433/88.

1.3.2 Höhe der Abfindung

Oft wird in der Praxis die Höhe der Abfindung mit einem halben Bruttomonatsgehalt des AN pro Beschäftigungsjahr vereinbart.[1] Diese Formel ist inzwischen in § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG aufgenommen worden.

Will man Auflösungsverträge mit einer größeren Anzahl von AN schließen, sollte man auf eine nachvollziehbare einheitliche Festsetzung von Abfindungen achten. Das BAG[2] wendet den Gleichbehandlungsgrundsatz bei der Bemessung der Höhe der Abfindung an, wenn der Arbeitgeber freiwillig an eine Mehrzahl der ehemaligen Arbeitnehmer Abfindungen zahlt. Dabei könnte man z. B. (dies nur zur Veranschaulichung) so vorgehen:

  • pro Beschäftigungsjahr 0,5 Bruttomonatsgehälter brutto
  • pro unterhaltsberechtigtem Kind 500,– EUR brutto
  • für einen nicht berufstätigen Ehegatten 500,– EUR brutto
  • für Schwangere 2.000,– EUR brutto
  • für Schwerbehinderte 2.000,– EUR brutto

Die jeweiligen Beträge und ihre Gewichtung sind je nach wirtschaftlicher Situation und Ansicht frei variierbar. Der Vorteil einer solchen Regelung ist, dass sie auch soziale Belange berücksichtigt und deshalb eher akzeptiert wird.

 
Praxis-Beispiel

AN verdient 2.500,– EUR brutto, ist 12 Jahre im Betrieb, verheiratet, Gattin ist nicht berufstätig, 2 Kinder:

  • nach der Rechnung ½ Bruttoverdienst pro Beschäftigungsjahr:

2.500,– EUR × 0,5 × 12 = 15.000,– EUR brutto Abfindung

  • nach obigem Vorschlag:

2.500,– EUR × 0,5 × 12 + 1.000,– (2 Ki.) + 500,– (Frau) = 16.500,– EUR brutto.

In Fällen, in denen beschleunigt Personal abgebaut werden muss, kommt es häufig vor, dass der Arbeitgeber andere Vorschläge unterbreiten muss. So kann man z. B. die Zahl der Beschäftigungsjahre, das Lebensalter des Arbeitnehmers und die Bruttovergütung miteinander multiplizieren und durch einen Faktor teilen und so die Abfindung ermitteln. Für rentennahe Jahrgänge kann in Sozialplänen ein Abschlag vereinbart werden (§ 11 Nr. 6 AGG). Manche Unternehmen bieten Arbeitnehmern, die sich schnell entscheiden, einen Zuschlag (z. B. freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG mit zusätzlichen Anreizen).[3]

Nicht selten liegen besondere Bedingungen vor, die wiederum andere Vorschläge verlangen. Handelt es sich z. B. um besonders geschützte Personengruppen wie Betriebsräte, Schwangere, schwerbehinderte Menschen oder besteht tarifvertraglicher Altersschutz, müssen arbeitgeberseitig meist ganz andere Angebote unterbreitet werden, um die Bereitschaft des Arbeitnehmers zum Abschluss eines Auflösungsvertrags zu erlangen.

Eine Klausel in einem Auflösungsvertrag, dass die vereinbarte Abfindung "nur unter der Voraussetzung gezahlt wird, dass der Arbeitnehmer keine Tätigkeit bei einem Wettbewerber aufnimmt", ist wegen Verstoßes gegen § 74 HGB unwirksam.[4]

[1] So auch: Isenhardt/Bleistein in HzA Gruppe 5, Rz. 500; Schaub AH, § 141 VII Nr. 1a, S. 1113.

1.3.3 Vererblichkeit der Abfindung

 

Beispiel 1

Die Parteien schließen in einem Kündigungsschutzprozess am 11.1. vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis im Folgejahr zum Ablauf des 30.4. ende und der Arbeitnehmer so lange unwiderruflich unter Fortzahlung seiner Vergütung und Anrechnung seiner Urlaubsansprüche freigestellt werde.

Ziff. 4 des Vergleiches lautet:

"Die Arbeitgeberin zahlt an den Arbeitnehmer als Abfindung für den Ver...

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