1 Arbeitsrecht

1.1 Einleitung

Weil das Arbeitsverhältnis ein Dauerschuldverhältnis ist, bei dem die gegenseitigen Pflichten auf – u. U. begrenzte – Dauer bestehen, kann es mit einem – schriftlichen – Auflösungsvertrag (auch "Aufhebungsvertrag" genannt) bei Einverständnis beider Vertragsparteien sogar zu jeder Zeit beendet werden (§ 33 Abs. 1b TVöD). Gesetzliche Einschränkungen bestehen hierfür nicht. Auch betriebliche Interessenvertretungen wie Betriebsräte, Mitarbeitervertretungen, Schwerbehindertenvertretungen müssen nicht beteiligt werden. Für Personalräte gibt es jedoch Sonderregelungen in manchen Landespersonalvertretungsgesetzen (z. B. § 75 Abs. 3 Nr. 11 LPVG BW: eingeschränkte Mitbestimmung auf Antrag; § 74 Abs. 3 LPVG NRW). Staatliche Einrichtungen (Integrationsamt bei schwerbehinderten Menschen oder die nach Landesrecht bei Schwangeren zuständigen Aufsichtsbehörden) müssen beim Vertragsabschluss ebenfalls nicht beteiligt werden.

Ein – nicht gesetzlich notwendiger, aber dringend empfohlener ebenfalls schriftlicher – Abwicklungsvertrag beendet dagegen nicht das Arbeitsverhältnis. Er wird geschlossen, wenn z. B. nach einer Arbeitgeberkündigung oder bei Befristungsablauf weitere Beendigungskriterien, die meist vorrangig darin liegen, die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung zu akzeptieren, geregelt werden.

Damit besteht der Unterschied zwischen Auflösungs- und Abwicklungsvertrag darin, dass der Auflösungsvertrag das Arbeitsverhältnis selbst beendet – und meist auch die weiteren Modalitäten der Beendigung regelt –, während der Abwicklungsvertrag rechtssicher feststellt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund eines anderen – vielleicht zuvor streitigen – Ereignisses endet oder endete und ebenfalls wie der Auflösungsvertrag die weiteren Modalitäten regelt. Beide Verträge haben also in aller Regel auch eine Abwicklungskomponente. Beide können Abfindungsregelungen enthalten. Abfindungen werden beim Auflösungsvertrag für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und beim Abwicklungsvertrag für die Einigung über die rechtssichere Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ein anderes Ereignis vereinbart.

Die Vereinbarung einer Abfindung unterliegt – abgesehen von der möglichen Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei zeitgleicher Beendigung von Arbeitsverhältnissen mehrerer Arbeitnehmer aus gleichen Gründen – keinen Beschränkungen. Sie kann jedoch, sofern die Kündigungsfrist nicht eingehalten ist, mit einem evtl. gezahlten Arbeitslosengeld teilweise verrechnet werden (§ 158 SGB III).

1.2 Auflösungsvertrag

1.2.1 Rechtsgrundlage

Der Auflösungsvertrag (auch Aufhebungsvertrag) ist die wichtigste und für den Arbeitgeber im Verhältnis zur Kündigung meist risikoärmste Beendigungsform des Arbeitsverhältnisses. Wie jeder Vertrag kommt er gem. §§ 145ff. BGB durch Angebot und Annahme, zwei sich deckende Willenserklärungen, zustande. Er unterliegt nicht der strengen Kontrolle eines sachlichen Grunds wie ein befristeter Arbeitsvertrag, weil er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht – wie die Befristung – bereits zum Inhalt des Arbeitsvertrags macht. Deshalb hat hier der Arbeitnehmer bei Vertragsschluss nicht – wie bei der Befristung – den Zwang, entweder die Beendigung gleich mitakzeptieren zu müssen oder die Stelle gar nicht zu bekommen.

Es gilt hier vielmehr das Prinzip der Freiwilligkeit: Jede Partei kann selbst Einfluss auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen. Das rechtfertigt es, der Vertragsfreiheit (§§ 145, 241, 311 BGB) den Vorrang einzuräumen. Zwar kann es durchaus vorkommen, dass sich ein Arbeitnehmer beim Abschluss des Auflösungsvertrags in einer unterlegenen Situation befindet, weil Druck auf ihn ausgeübt wurde. Dennoch unterliegt der Auflösungsvertrag selbst grundsätzlich keinen rechtlichen Beschränkungen.

Es gilt eine Ausnahme, wenn der Auflösungsvertrag zur Gesetzesumgehung geschlossen wird. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB die betroffenen Arbeitnehmer dazu gebracht werden, mit dem alten Arbeitgeber Auflösungsverträge zu schließen, damit der Erwerber mit diesen Arbeitnehmern (neue) Arbeitsverträge zu ungünstigeren Bedingungen abschließen kann.[1]

Auflösungsverträge zählen bei der Ermittlung der Frage, ob anzeigepflichtige Entlassungen i. S. d. § 17 KSchG vorliegen, nach § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit, wenn sie zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen abgeschlossen werden und auf diese Weise die Entlassung herbeigeführt wird.[2] Der Arbeitgeber muss also auch Auflösungsverträge im Zusammenhang mit einer Massenentlassung anzeigen.

[1] BAG, Urteil v. 28.4.1987, 3 AZR 75/86; vgl. "Auflösungsvertrag und Betriebsübergang".

1.2.2 Vorteile des Auflösungsvertrags

Die Vorteile eines Auflösungsvertrags liegen darin, dass

  • der Arbeitgeber frei entscheiden kann, wem er das Angebot zum Abschluss eines Auflösungsvertrags macht (was er bei Kündigungen so nicht kann, weil er z. B. bei einer betriebsbedingten Kündigung die Grundsätze der sozialen Auswahl zu beachten hat);
  • Kündigungsfristen nicht eingehalten werden müssen...

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