Ebenso wie seitens der Verfassung (Art. 9 Abs. 3 GG) den Beschäftigten das Recht zum Streik eingeräumt wird, haben auch die Arbeitgeber das Recht, auf einen Streik zu reagieren bzw. selbst als Tarifvertragspartei einen Arbeitskampf einzuleiten, z. B. durch eine Angriffsaussperrung. Für den Arbeitskampf stehen auf Arbeitgeberseite im Wesentlichen die Aussperrung und die suspendierende Stilllegung zur Verfügung.

Im Bereich des öffentlichen Dienstes sind die Arbeitskampfrichtlinien, nach denen sich die Arbeitgeber im Falle eines Arbeitskampfs unbedingt richten sollten, zu beachten. Die Arbeitskampfrichtlinien der VKA in der Neufassung vom 15.9.2020[1] und der TdL vom 7.2.2006 in der Fassung gemäß Schreiben der Geschäftsstelle der TdL vom 12.10.2018 sowie die Hinweise des Bundes für den Fall eines Arbeitskampfs (Arbeitskampfrichtlinien des Bundes) vom 19.8.2020[2] enthalten vergleichbare Empfehlungen. Die Arbeitskampfrichtlinien der VKA geben die Rechtsprechung zum Streikrecht wieder, zudem sind die Erfahrungen aus vorangegangenen Arbeitskämpfen eingearbeitet. Sie enthalten u. a. eine Checkliste sowie im Anhang folgende Beispiele, Formulare und Muster:

  • Anhang 1 – Beispiel für den Aufbau einer einstweiligen Verfügung
  • Anhang 2 – Muster einer Notdienstvereinbarung (allgemein)
  • Anhang 3 – Muster einer Notdienstvereinbarung (Ärzte)
  • Anhang 4 – Muster einer Notdienstvereinbarung (nicht ärztliches Personal)
  • Anhang 5 – Formular für eine Notdienstbestellung
  • Anhang 6 – Muster eines Rundschreibens an die Beschäftigten

Die Arbeitskampfrichtlinien der VKA enthalten in ihrer aktuellen Fassung kein Formular zur Meldung von Arbeitskampfmaßnahmen an den KAV. Ein solches Formular wird i. d. R. bei Bedarf von den Arbeitgeberverbänden veröffentlicht.[3]

Die Arbeitgeber können eine Streikmaßnahme mit einer einstweiligen Verfügung nur dann untersagen, wenn die Streikmaßnahme offensichtlich rechtswidrig ist und dies glaubhaft gemacht wird.[4] Dabei muss die beim Arbeitsgericht beantragte Untersagungsverfügung zum Schutz des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und zur Abwehr drohender wirtschaftlicher Nachteile geboten und erforderlich sein, d. h. es muss eine Interessenabwägung stattfinden, in die sämtliche in Betracht kommende materiellrechtliche und vollstreckungsrechtliche Erwägungen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen für beide Parteien einzubeziehen sind.[5] Eine einstweilige Verfügung gegen einen Arbeitskampf stellt immer eine Ausnahme dar, insbesondere dann, wenn es der Gegenseite darum geht, einen Arbeitskampf insgesamt zu verhindern. Es ist eine sehr ausführliche Prüfung der Verhältnismäßigkeit erforderlich.[6]

 
Praxis-Tipp

Im Falle eines Arbeitskampfs hinterlegen die Gewerkschaften beim zuständigen Arbeitsgericht oftmals eine Schutzschrift gegen einen möglichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Diese gewährleistet, dass im Falle eines arbeitgeberseitigen Antrags die Rechtsposition der Gewerkschaft dem Gericht ohne zeitliche Verzögerung zur Verfügung steht und bei einer gerichtlichen Entscheidung berücksichtigt werden kann.

[1] Rundschreiben der VKA, R 180/2020 v. 17.9.2020.
[2] Rundschreiben des BMI v. 19.8.2020, D5-31002/54#10.
[3] VKA-Rundschreiben R 117/2015 v. 5.5.2015.
[4] LAG Sachsen, Urteil v. 2.11.2007, 7 SaGa 19/07.
[5] LAG Hessen, Urteil v. 22.7.2004, 9 SaGa 593/04.
[6] Ulrich Sittard, Die Bedeutung der Daseinsvorsorge und des Grundsatzes der Tarifeinheit für das Arbeitskampfrecht am Beispiel des Bahnstreiks – zugleich Anmerkung zum Urteil d. LAG Sachsen v. 2.11.2007, 7 SaGA 19/07 (ZTR 2008 S. 89), ZTR 2008 S. 178.

3.1 Aussperrung

Aussperrung bezeichnet die vonseiten der Arbeitgeber planmäßig vorgenommene Arbeitsausschließung mehrerer Arbeitnehmer unter Verweigerung der Lohnfortzahlung zur Erreichung eines bestimmten Ziels, welches regelmäßig darin liegt, einen Streik durch Erhöhung des wirtschaftlichen Drucks auf die Gegenseite abzukürzen.[1]

Durch eine Aussperrung werden ebenso wie im Fall eines Streiks die Hauptleistungspflichten suspendiert, d. h. der Beschäftigungs- und der Vergütungsanspruch ruhen für diese Zeit. Dies gilt auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.[2] Die obigen Ausführungen zu den Folgen eines Streiks gelten für die Aussperrung entsprechend.

Eine Aussperrung im öffentlichen Dienst ist unüblich. Dies ergibt sich auch aus der besonderen Rücksicht der Arbeitgeber für die vom Arbeitskampf in erster Linie betroffenen Bürger.

 
Praxis-Tipp

Die Aussperrungserklärung muss nicht dem einzelnen Arbeitnehmer zugestellt werden, es genügt, wenn sie der Streikleitung zugeht. Sie ist an keine Frist gebunden.

Die Erklärung der Aussperrung muss eindeutig sein.[3]

Aussperrungen dürfen bei Auseinandersetzungen um Verbandstarifverträge allerdings nicht von einzelnen Arbeitgebern verhängt werden, ohne dass ein entsprechender Verbandsbeschluss vorliegt. Der Arbeitgeber muss daher stets die Entscheidung seines Verbands abwarten. Die Gegenseite muss über den Inhalt dieses Beschlusses informiert werden, damit sie...

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