Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität (zu diesen Begriffen siehe sogleich unter 2.2) sind nach § 2 AGG unzulässig bei:

  • dem Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit und dem beruflichen Aufstieg,
  • den Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen,
  • der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses,
  • dem Zugang zu Formen der Berufsberatung, der Berufsbildung, der Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,
  • den Mitgliedschaften und der Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung,
  • dem Sozialschutz einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, sonstigen soziale Vergünstigungen,
  • der Bildung,
  • dem Zugang und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen einschließlich Wohnraum.

Gewollt ist die Festlegung eines umfassenden Diskriminierungsschutzes für alle als sozial relevant angesehenen Lebensbereiche.[1]

Der Gesetzgeber postuliert in § 2 AGG eine allgemeingültige soziale Gerechtigkeitsidee, was die Frage nach dem Verhältnis des AGG zu bestehenden deutschen Schutzgesetzen aufwirft.

Hierbei ist die Formulierung in § 2 Abs. 2 und 4 AGG wenig gelungen. So soll das Kündigungsschutzgesetz nach § 2 Abs. 4 AGG "ausschließlich" gelten. Dem steht jedoch entgegen, dass die europäischen Richtlinien Kündigungen in den Geltungsbereich der Diskriminierungsverbote einbeziehen. Die Bereichsausnahme in § 2 Abs. 4 steht somit mit den europarechtlichen Vorgaben nicht im Einklang. Dementsprechend finden nach zutreffender Auffassung des BAG die Diskriminierungsverbote des AGG auch im Rahmen des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Diskriminierungsverbote des AGG – einschließlich der ebenfalls im AGG vorgesehenen Rechtfertigungen für unterschiedliche Behandlungen – sind bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe des Kündigungsschutzgesetzes in der Weise zu beachten, dass sie Konkretisierungen des Begriffs der Sozialwidrigkeit darstellen. Verstößt eine Kündigung gegen ein Diskriminierungsverbot, kann dies zur Sozialwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.[2] Die Vorschrift will Kohärenz herstellen zwischen dem Antidiskriminierungsrecht des AGG einerseits und dem mit dem AGG auf der gleichen gesetzeshierarchischen Ebene stehenden Kündigungsrecht andererseits. Die Unwirksamkeit diskriminierender Kündigungen ist danach ausschließlich im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend zu machen. Die Diskriminierungsverbote kommen daneben nicht als eigenständige Unwirksamkeitsnormen in Betracht.[3]

Dasselbe gilt auch in den Fällen, in denen das KSchG nicht eingreift; denn auch im Kleinbetrieb ist eine Kündigung unwirksam, wenn hierbei gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten ist und es dem Arbeitgeber nicht gelingt, diese Vermutung zu widerlegen.[4]

Auch die Bereichsausnahme bezüglich der betrieblichen Altersversorgung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 AGG) ist unglücklich formuliert. Auch hier hat das BAG klargestellt, dass das AGG neben dem BetrAVG Anwendung findet.[5]

Ein Rückgriff auf § 612 Abs. 3 BGB oder das BeschäftigtenSchG entfällt, da diese Vorschriften mit dem Inkrafttreten des AGG gestrichen wurden.

[1] Von Steinau-Steinrück, NZA 2005 S. 28, 29.
[2] BAG, Urteil v. 6.11.2008, 2 AZR 523/07; BAG, Urteil v. 28.1.2010, 2 AZR 764/08 – in diesem Fall ging es um eine Kündigung wegen unzureichender Kenntnis der deutschen Sprache. Das BAG hat hier bei Anwendung des § 3 Abs. 2 AGG eine mittelbare Diskriminierung verneint und damit die Klage abgewiesen. Das Erfordernis der Beherrschung der deutschen Sprache war aufgrund betrieblicher Notwendigkeiten gerechtfertigt.
[3] Vgl. hierzu auch die Darlegungen unter 4.7.

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