BAG, Urteil vom 25.7.2023, 9 AZR 332/22

Arbeitnehmer, die sich am 1.10.2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, haben Anspruch auf die anteilige Corona-Sonderzahlung nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung sowie Anspruch auf die Jahressonderzahlung.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit Ansprüche auf eine tarifvertragliche Jahressonderzahlung und eine Corona-Sonderzahlung zustehen.

Die Klägerin war bei der beklagten Gebietskörperschaft beschäftigt. Der TVöD-VKA fand auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Am 18.6.2018 verständigten sich die Parteien darauf, das Arbeitsverhältnis vom 1.11.2018 bis zum 31.8.2022 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer "Arbeitsphase" vom 1.11.2018 bis zum 30.9.2020 und einer "Freizeitphase" vom 1.10.2020 bis zum 31.8.2022 fortzuführen. Das Arbeitsentgelt sollte fortlaufend nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 TV FlexAZ gezahlt werden.

Da sich die Klägerin seit Oktober 2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befand, lehnte der Beklagte die Bezahlung sowohl der Jahressonderzahlung als auch der einmalig zu gewährenden Corona-Sonderzahlung ab. Die Klägerin, die die Auffassung vertrat, dass ihr beide Leistungen zustünden, da sie zu den jeweiligen Stichtagen in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten gestanden und auch während der Freistellungsphase in der Altersteilzeit Entgelt bezogen hatte, erhob Klage. Sie begründete dies u. a. damit, dass die tarifvertraglichen Regelungen keine Arbeitsleistung verlangten.

Dagegen brachte die Beklagte vor, dass die vorrangige Regelung in § 7 Abs. 2 TV FlexAZ die Entstehung neuer Entgeltansprüche in der Freistellungsphase dem Grunde nach ausschließe. Es bestehe lediglich ein Anspruch auf Auszahlung des in der Arbeitsphase verdienten und durch Tariferhöhungen dynamisierten Wertguthabens. Da in der Aktivphase weder die Jahressonderzahlung für das Jahr 2020 noch die einmalig zu gewährende Corona-Sonderzahlung fällig geworden sei, stünden der Klägerin diese Leistungen in der Freistellungsphase nicht zu.

Die Entscheidung

Die Klage hatte vor dem BAG im Wesentlichen Erfolg. Das Gericht entschied, dass die Klägerin einen Anspruch auf eine ihrer individuellen Arbeitszeit entsprechenden Corona-Sonderzahlung sowie auf eine entsprechende Jahressonderzahlung habe. Da der Senat die Höhe der Jahressonderzahlung aufgrund der getroffenen Feststellungen selbst nicht beziffern konnte, war die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückzuverweisen.

Das BAG führte aus, dass Arbeitnehmer, die sich – wie die Klägerin – zu dem in § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung festgelegten Stichtag am 1.10.2020 in der Freistellungsphase ihrer Altersteilzeit befanden, die Corona-Sonderzahlung beanspruchen könnten. Dies ergebe die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmungen. Zunächst spreche hierfür der Wortlaut der Tarifnorm. Nach § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung sollten Personen, deren Arbeitsverhältnis am 1.10.2020 bestand, spätestens mit dem Tabellenentgelt des Monats Dezember 2020 eine einmalige Corona-Sonderzahlung erhalten, wenn sie an mindestens einem Tag zwischen dem 1.3. und dem 31.10.2020 Anspruch auf Entgelt hatten. Danach, so das Gericht, hänge die Corona-Sonderzahlung allein vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum maßgeblichen Stichtag und eines Entgeltanspruchs an einem Tag im Referenzzeitraum ab. Der Tarifwortlaut gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Corona-Sonderzahlung Beschäftigten vorbehalten sein sollte, die – anders als Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im Blockmodell – eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht haben und dabei durch die Corona-Pandemie bedingten Belastungen am Arbeitsplatz ausgesetzt waren.

Dieses Auslegungsergebnis werde auch durch die Tarifsystematik bestätigt; denn die unter Nr. 2 der Protokollerklärung zu § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung geregelten Ausnahmen von den allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung verdeutlichten, dass die Corona-Sonderzahlung nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung abhänge, sondern nur von einem (ggf. fingierten) Entgeltanspruch, z. B. bei durchgängigem Bezug von Krankengeld oder bei Kurzarbeit.

Auch die Regelung in § 7 Abs. 2 TV FlexAZ führe zu keinem abweichenden Ergebnis; denn die Tarifnorm bestimme, dass Beschäftigte während der Arbeitsphase des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell das Tabellenentgelt und alle sonstigen Entgeltbestandteile in Höhe der Hälfte des Entgelts erhalten, das sie jeweils erhalten würden, wenn sie mit der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit weitergearbeitet hätten; die andere Hälfte des Entgelts fließe in das Wertguthaben und werde in der Freistellungsphase ratierlich ausgezahlt. § 7 Abs. 2 TV FlexAZ regele somit lediglich die Auszahlungsmodalitäten für das in der Aktivphase angesammelte Wertguthaben, ohne das Entstehen zukünftiger, im Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzei...

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