1 Grundlagen

1.1 Alkoholmissbrauch und Alkoholismus, Begriffe

Wer sich durch den Genuss von Alkohol geistig beeinträchtigt und gesundheitlich schädigt, betreibt Missbrauch. Als Alkoholmissbrauch bezeichnet man in Anlehnung an den disziplinarrechtlichen Begriff der "Alkoholverfehlung"[1] jeden Alkoholgenuss, durch den – vorwerfbar – dienstliche Interessen gefährdet oder verletzt werden.[2] Für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes besteht die arbeits- und tarifvertragliche Verpflichtung,

  • ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitskraft innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zur Verfügung zu stellen (und hieraus als Nebenpflicht, sich nicht durch den Genuss von Alkohol in einen Zustand zu versetzen, der die Erfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung auch nur gefährden könnte),
  • sich so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird (§ 8 Abs. 1 BAT, § 9 Abs. 1 BMT-GII),
  • den dienstlichen Anordnungen nachzukommen.

Bei größeren Verwaltungen bestehen Arbeitsordnungen, die die o. a. Pflichten konkretisieren. All diese Pflichten können durch Alkoholgenuss des Arbeitnehmers verletzt werden.

Alkoholmissbrauch kann zu Abhängigkeit von der Droge Alkohol, also zur Sucht führen. Die nicht mehr steuerbare Abhängigkeit bezeichnet man als Alkoholismus.[3] Bei Alkoholismus handelt es sich um eine chronische, grundsätzlich nicht selbstverschuldete Krankheit.[4] Man differenziert nach verschiedenen Erscheinungsformen. Die so genannten Alpha- und Beta-Trinker (Konflikt- und Gelegenheitstrinker) gelten nicht als krank, aber stark gefährdet. Hingegen sind krank im Sinne des Sozialgesetzbuches die Gamma-, Delta- und Epsilon-Trinker. Letzteren ist gemeinsam, dass es zu zeitweisem Kontrollverlust und zur zumindest zeitweisen Unfähigkeit, alkoholfrei zu leben, kommt.[5]

[1] Siehe dazu bspw. Bundesverwaltungsericht, Urt. v. 14.02.1995 – 1 D 77/93.
[2] Die Verhaltenspflichten im betrieblichen Arbeitsschutz werden insbesondere durch das Sozialgesetzbuch, das Arbeitsschutzgesetz, die Betriebssicherheitverordnung und die Unfallverhütungsvorschriften konkretisiert (siehe bspw. §§ 15 Abs. 1 und 16 Arbeitsschutzgesetz, § 38 der BGV A 1 nebst Durchführungsanweisungen).
[3] Definition siehe bspw. Heinze/Reuß, Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch im Betrieb, 2003, S. 74. Grundlegend Feuerlein/Küfner/Soyka, Alkoholismus – Missbrauch und Abhängigkeit, 1998.
[4] Grundlegend in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung: BAG, Urt. v. 01.06.1983 – 5 AZR 536/80 (Rechtsprechungsänderung).
[5] Siehe im Einzelnen Heinze/Reiß, a. a. O. Fn. 3 S. 50 ff.

1.2 Erkennen von Alkoholmissbrauch/Alkoholismus, Hintergrundinformation

Die Entwicklung einer Alkoholerkrankung lässt sich wie folgt darstellen:

  • Die Vorphase ist zunächst gekennzeichnet durch gelegentliches Erleichterungstrinken, was zu einer Erhöhung der Alkoholtoleranz und in der Folge durch Verringerung psychischer Belastbarkeit wiederum zu häufigerem Erleichterungstrinken führen kann.
  • In der Anfangsphase kann man heimliches Trinken, häufiges Denken an Alkohol, gieriges Trinken, aufkommende Schuldgefühle, Vermeiden von Anspielungen auf Alkohol und zunehmende Häufigkeit von Gedächtnislücken feststellen.
  • In der kritischen Phase kommt es zu Kontrollverlusten, Erklärungsversuchen für das Trinkverhalten, zunehmenden sozialen Belastungen, übertriebener Selbstsicherheit, auffällig aggressivem Verhalten, dauernden Schuldgefühlen, Perioden völliger Abstinenz, Änderungen des Trinksystems, Verlassen der Arbeit, Verlust aller äußeren Interessen, starkem Selbstmitleid, Sichern des Alkoholvorrats, Vernachlässigung der Ernährung, ersten organischen Alkoholbeschwerden und regelmäßigem morgendlichem Trinken.
  • Schließlich werden in der chronischen Phase verlängerte tagelange Räusche, ein ethischer Abbau, Beeinträchtigung des Denkens, Alkoholpsychosen, Verlust der Alkoholtoleranz, undefinierbare Ängste, Zittern und psychomotorische Hemmungen, Zusammenbrüche und letztlich das Alkoholdelirium festgestellt.

Die Ursachen für die Entstehung einer Suchterkrankung sind vielfältig und bis heute nicht vollständig erklärbar. Diskutiert werden eine genetische Veranlagung, psychische Eigenschaften und das soziale Milieu in Familie und Beruf. Auf die Einzelheiten kann nicht näher eingegangen werden. Es ist auf die Fülle von Veröffentlichungen[1] hinzuweisen. Auch Beratungsstellen[2] helfen weiter.

[1] Aktuelle Literaturliste bei Heinze/Reiß a. a. O. Fn. 3 S. 173ff.
[2] Bspw. die Anonymen Alkoholiker Interessengemeinschaft e. V. (www.anonyme-alkoholiker.de das Blaue Kreuz in Deutschland e. V. (www.blaues-kreuz.de die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (www.bzga.de die deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e. V. (www.dhs.de)

2 Gefahrenabwehr, Prävention

2.1 Betriebliche Prävention

Eine vorzügliche Möglichkeit zur präventiven Beurteilung von Gefährdungen der Sicherheit und Gesundheit sowie zur Umsetzung von Maßnahmen bietet das Arbeitsschutzgesetz. Nach § 4 dieses Gesetzes ist der Arbeitgeber verpflichtet, Technik, Arbeitsorganisation, sonstige Arbeitsbedingungen, soziale Beziehungen und den Einfluss der Umwelt auf den Arbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen. In § 5 ist eine Beurtei...

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