§ 12 Abs. 1 TVAöD sieht vor, dass Auszubildende, die durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit ohne ihr Verschulden verhindert sind, ihre Verpflichtungen aus dem Ausbildungsvertrag zu erfüllen, für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von bis zu 6 Wochen sowie nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen bei Wiederholungserkrankungen das Ausbildungsentgelt (§ 8) in entsprechender Anwendung der für die Beschäftigten des Ausbildenden geltenden Regelungen fortgezahlt erhalten.

Die Anspruchsvoraussetzungen in § 12 Abs. 1 TVAöD entsprechen inhaltlich § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 TVöD. Die Verweisung bezieht sich daher auf die weiteren Regelungen im TVöD zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im Allgemeinen.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 12 TVAöD ist an keine Wartefrist gebunden, sodass er im Grunde bereits mit dem rechtlichen Beginn des Ausbildungsverhältnisses vom Auszubildenden geltend gemacht werden kann. Tritt die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zwischen dem Abschluss des Ausbildungsvertrages und dem vereinbarten Beginn des Ausbildungsverhältnisses ein oder ist der Auszubildende ab dem ersten Tag der vereinbarten Aufnahme der Ausbildung arbeitsunfähig erkrankt, besteht der Anspruch vom Zeitpunkt des vereinbarten Ausbildungsbeginns an. Dies muss nach Auffassung des LAG Hamburg[1] auch dann gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits bei Abschluss des Vertrages vorgelegen hat und zu dem Zeitpunkt noch fortbesteht, zu dem die Ausbildung aufgenommen werden sollte.

 
Hinweis

Unständige Entgeltbestandteile sind bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen, da sich der Klammersatz "(§ 8)" nur auf das Ausbildungsentgelt nach § 8 TVAöD und nicht auch auf die unständigen Entgeltbestandteile gem. § 8a TVAöD bezieht. Entsprechendes gilt für die sonstigen Entgeltbestandteile i. S. d. § 8b TVAöD – Besonderer Teil Pflege –.

Gemäß § 12 Abs. 2 TVAöD gilt im Übrigen das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG). Dies bedeutet, dass für den Forderungsübergang bei Dritthaftung § 6 EFZG maßgebend ist. Ergänzend zu den tariflichen Regelungen sind auch die gesetzlich geregelten Anzeige- und Nachweispflichten bei Arbeitsunfähigkeit und bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation anzuwenden (§§ 5, 7 und 9 EFZG).

 
Hinweis

Kommt der Auszubildende seinen Pflichten aus § 5 EFZG nicht nach, so berührt dies – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – nicht seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Insbesondere ist der Ausbildende nicht berechtigt, die Entgeltfortzahlung gem. § 7 Abs. 1 EFZG zu verweigern. Allerdings stellt ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht des § 5 Abs. 1 EFZG eine Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht dar. Die Pflichtverletzung kann Grund für eine Abmahnung und – bei wiederholten Verstößen – ggf. auch für eine ordentliche Kündigung sein. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit kann sogar ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein.[2]

Weigert sich der Auszubildende, seine Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen (vgl. § 5 Abs. 1a EFZG), liegt ebenfalls eine Pflichtverletzung vor, die arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Bei fehlendem Nachweis der Arbeitsunfähigkeit hat der Ausbildende die Möglichkeit, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, denn der Auszubildende kann seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht durchsetzen.[3]

Bei der jeweils ersten Arbeitsunfähigkeit, die durch einen bei dem Ausbildenden erlittenen Arbeitsunfall oder durch eine bei dem Ausbildenden zugezogene Berufskrankheit verursacht ist, erhalten Auszubildende gemäß § 12 Abs. 3 TVAöD nach Ablauf des nach § 12 Abs. 1 maßgebenden Zeitraums bis zum Ende der 26. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Bruttokrankengeld und dem sich nach § 12 Abs. 1 ergebenden Nettoausbildungsentgelt. Dies gilt jedoch nur, wenn der zuständige Unfallversicherungsträger den Arbeitsunfall[4] oder die Berufskrankheit[5] anerkennt.

[1] LAG Hamburg, Urteil v. 12.01.2010, 2 Sa 139/09; vgl. dazu anders BAG, Urteil v. 26.7.1989, 5 AZR 491/88, zu § 1 Abs. 1 Lohnfortzahlungsgesetz.
[2] Arbeitsgericht Siegburg, Urteil v. 17.3.2022, 5 Ca 1849/21.
[4] Arbeitsunfälle sind gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
[5] Berufskrankheiten sind gem. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden.

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