Im öffentlichen Dienst hat der Arbeitgeber ein anerkennenswertes Interesse daran, dass die Nebentätigkeit eines Beschäftigten diesen nicht in einen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten bringt.[1] Berechtigte Interessen des Arbeitgebers können dann beeinträchtigt sein, wenn sich Nebentätigkeiten der Beschäftigten negativ auf die Wahrnehmung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit auswirken. Durch die Übernahme einer Nebentätigkeit darf die Integrität des Arbeitgebers nicht infrage gestellt werden. Wegen der damit verbundenen Gefahr eines Zielkonflikts ist das Interesse des Arbeitgebers grundsätzlich berechtigt, dass ein Angestellter eine Nebentätigkeit nicht in Angelegenheiten ausübt, die unmittelbar den Zuständigkeitsbereich seiner Dienststelle betreffen. Die Ausübung einer Nebentätigkeit im eigenen Zuständigkeitsbereich wäre zudem dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich. Sie ist nicht nur geeignet, Irritationen bei Wettbewerbern hervorzurufen, sondern kann auch bei dem jeweiligen Auftraggeber des Angestellten den Eindruck erwecken, allein wegen der Zugehörigkeit des Angestellten zu einer bestimmten Dienststelle mit einer Bevorzugung seiner Anliegen rechnen zu können. Es soll hierbei bereits der "böse Schein" vermieden werden, der Beschäftigte sei durch evtl. ihm gewährter Vorteile oder aufgrund eines Interessenkonflikts beeinflussbar.[2] Einen damit verbundenen Vertrauensverlust in die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns muss ein öffentlicher Arbeitgeber auch nicht wegen der Bedeutung des dem Angestellten zustehenden grundrechtlich geschützten Freiheitsrechts hinnehmen. Zu berücksichtigen sind deshalb typischerweise Umstände, die das Verhältnis des Arbeitgebers zu anderen Beschäftigten, Geschäfts-/Vertragspartnern, sein öffentliches Erscheinungsbild, sein Auftreten gegenüber Dritten (Kunden, Bürger) oder seine Wahrnehmung als öffentliche Verwaltung bzw. öffentlicher Arbeitgeber betreffen könnten.[3]

Keine Bedeutung für die Entscheidung dürfen dagegen allgemein öffentliche Belange ohne unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis haben, wie z. B. Beeinträchtigungen des Arbeitsmarkts oder des Wirtschaftslebens.[4]

 
Praxis-Beispiel

Ein im Bauamt angestellter Architekt erstellt nebenberuflich Projektplanungen privater Bauherren auch im Zuständigkeitsbereich des Bauamts. Eine solche Verquickung dienstlicher und privater Interessen kann vom Arbeitgeber untersagt werden.

Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn sich der Architekt in unbezahltem Sonderurlaub bis zum Ende seines Dienstverhältnisses befinden würde. Dann wäre eine Untersagung nicht zulässig.

Keine Untersagungsmöglichkeit der Nebentätigkeit besteht für den Fall, dass dies nur mit der Tatsache begründet wird, dass infolge der Nebentätigkeit bei diesem Zweitarbeitgeber kein neuer Beschäftigter eingestellt werden würde.

Auch wenn ein Arzt des med. Dienstes als Nebentätigkeit Gutachten für private Kranken- und Pflegeversicherungen erstellt, können dienstliche Interessen beeinträchtigt sein.[5]

Dasselbe gilt für die Nebentätigkeit eines Niederlassungsberaters einer kassenärztlichen Vereinigung, welche die ambulante medizinische und psychotherapeutische Versorgung der Einwohner sicherstellt, wozu es gehört, die Qualität der ärztlichen Leistungen zu sichern, das Honorar mit den Vertragsärzten abzurechnen, deren Interessen gegenüber den Krankenkassen zu vertreten, den ärztlichen Bereitschaftsdienst zu organisieren und auch den Vertragsärzten betriebswirtschaftliche Beratung von der Gründung einer Praxis bis zu deren Verkauf anzubieten. In diesem Fall kann eine Nebentätigkeit in einer ärztlichen Praxis, welche auch Kassenpatienten betreut, geeignet sein, berechtigte Interessen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen, nämlich das öffentliche Ansehen zu beschädigen, da hierdurch u. a. das Vertrauen der Vertragsärzte in die Unabhängigkeit der angebotenen Beratung beeinträchtigt werden kann.[6]

Dagegen kann die beabsichtigte Aufnahme einer Nebentätigkeit eines Krankenpflegers in der Intensivpflege, welcher eine Nebentätigkeit bei einer Zeitarbeitsfirma aufnehmen wollte, bei der er an Samstagen und Sonntagen als geringfügig beschäftigte Krankenpflegekraft auf Intensivstationen eingesetzt werden sollte, nicht wegen einer Ansteckungsgefahr mit Covid-19 oder wegen einer behaupteten Wettbewerbssituation untersagt werden.[7]

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