Die Jahressonderzahlung wird grundsätzlich auch an arbeitsunfähig erkrankte Beschäftigte gezahlt. Eine länger andauernde Krankheit kann jedoch zu einer Verminderung der Jahressonderzahlung führen.

Eine Verminderung der Jahressonderzahlung unterbleibt für Kalendermonate,

  • in denen der Beschäftigte Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 22 Abs. 1 TV-L i. V. m. § 21 TV-L hat (bis zur Dauer von sechs Wochen); die Entgeltfortzahlung ist "monatliches Entgelt" im Sinne des § 20 Abs. 3 TV-L,
  • in denen dem Beschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur wegen der Höhe des zusehenden Krankengelds ein Krankgeldzuschuss nicht gezahlt wurde (§ 20 Abs. 4 Satz 3 TV-L).
 
Praxis-Beispiel

Eine Mitarbeiterin mit einer Beschäftigungszeit von 1 ½ Jahren ist vom 3. Mai bis 1. August (= 13 Wochen) arbeitsunfähig krank. Für die Dauer der Erkrankung besteht zunächst Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nach § 21 bis zum 13. Juni (= 6 Wochen), anschließend bis zum Ende der 13. Krankheitswoche Anspruch auf Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2.

Die Jahressonderzahlung wird nicht gekürzt. Die Mitarbeiterin hat für den 1. August noch Anspruch auf Krankengeldzuschuss, sodass in allen Kalendermonaten mindestens für einen Tag Entgelt, Entgeltfortzahlung oder Krankengeldzuschuss geleistet wurde.

 
Praxis-Tipp

Eine Kürzung der Jahressonderzahlung tritt damit erst ein, wenn eine Krankheit über den Ablauf des Bezugszeitraums für die Entgeltfortzahlung (bis zur Dauer von sechs Wochen) und den Krankengeldzuschuss hinausgeht. Entgeltfortzahlung und Krankengeldzuschuss stehen – je nach Dauer der Beschäftigungszeit des Mitarbeiters – längstens bis zum Ende der 13. bzw. 39. Krankheitswoche zu (§ 22 TV-L). Ist der Arbeitgeber nicht mehr zur Entgeltfortzahlung (inklusive Krankengeldzuschuss) verpflichtet, wird die Jahressonderzahlung um 1/12 für jeden vollen Krankheitsmonat gekürzt.

Die Kürzungsregelung ist zulässig. Eine tarifliche Regelung, nach der für eine Jahressonderzahlung einerseits Zeiten des Grundwehr- oder Zivildienstes, des Mutterschutzes und bestimmter Elternzeiten anspruchserhaltend wirken (näher siehe Ziffer 4.2 und 4.3), andererseits Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit ohne Entgeltfortzahlungsverpflichtung anspruchsmindernd berücksichtigt werden, verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.[1] Die Grenzen des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien und damit die Grenzen der Tarifautonomie sind nicht überschritten. Die Berücksichtigung von Mutterschutzfristen ist nach der ständigen Rechtsprechung ohnehin rechtlich geboten. Mit der anspruchserhaltenden Berücksichtigung bestimmter Elternzeiten unterstützten die Tarifvertragsparteien die gesetzgeberische Zielsetzung des BEEG, die es den Eltern ermöglichen soll, sich der intensiven Betreuung des Kleinkindes zu widmen. Die Förderung dieses sozialpolitischen Anliegens rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung gegenüber krankheitsbedingten Fehlzeiten.

 
Praxis-Beispiel

Die Erkrankung einer seit 1 ½ Jahren beschäftigten Mitarbeiterin dauert vom 3. Mai bis zum 26. Oktober. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeldzuschuss endet nach 13 Wochen mit Ablauf des 1. August. Für die Zeit vom 2. August bis 26. Oktober wird keine Entgeltfortzahlung geleistet. Die Jahressonderzahlung vermindert sich um 1/12 auf 11/12: Im Monat September wurde kein berücksichtigungsfähiges Entgelt gezahlt. Für den Oktober erfolgt keine Kürzung, da die Mitarbeiterin am 27. Oktober die Arbeit wieder aufgenommen hat und Entgelt gezahlt wird.

Für Zeiträume mit Anspruch auf Krankengeldzuschuss unterbleibt eine Zwölftelung der Jahressonderzahlung. Der Krankengeldzuschuss ist jedoch bei Berechnung der Höhe der Jahressonderzahlung kein berücksichtigungsfähiges Entgelt.

 
Praxis-Tipp

Bei der Berechnung der Jahressonderzahlung bleiben innerhalb des Bemessungszeitraums (i. d. R. Juli, August, September) liegende Zeiträume, für die Krankengeldzuschuss gezahlt wurde, unberücksichtigt (Protokollerklärung zu § 20 Abs. 3 TV-L, dort: Satz 3).

 

Beispiel 1

Ein Beschäftigter ist vom 22. Mai bis 10. September arbeitsunfähig erkrankt. Er erhält vom 22. Mai bis 2. Juli (= sechs Wochen) Entgeltfortzahlung (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21) und vom 3. Juli bis zum 10. September Krankengeldzuschuss. Ab dem 11. September wird für die weitere Dauer des Monats Entgelt für geleistete Arbeit gewährt.

  • Eine Zwölftelung ist nicht vorzunehmen, weil für alle Kalendermonate Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung bzw. Krankengeldzuschuss bestand.
  • Während des Regelbemessungszeitraums Juli, August und September wurde jedoch lediglich für 19 Kalendertage (2 Tage im Juli und 17 Tage im September) berücksichtigungsfähiges Entgelt im Sinne des § 20 Abs. 3 Satz 1 TV-L gezahlt. Der in der Zeit vom 3. Juli bis zum 10. September gezahlte Krankengeldzuschuss bleibt im Rahmen der Durchschnittsberechnung unberücksichtigt. Somit ist der letzte Kalendermonat, in dem für alle Kalendertage Anspruch auf Entgelt bestand, maßgeblich. Im...

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