LAG: Anspruch auf Schmerzensgeld verwirkt

Wer am Arbeitsplatz gemobbt wird und zwei Jahre wartet bis er Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld erhebt, verwirkt seinen Anspruch. Nach einer solchen Zeit muss der Arbeitgeber nicht mehr mit einer Inanspruchnahme rechnen, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einer Entscheidung die allerdings nicht rechtskräftig ist. Der Kläger hat gegen die Entscheidung Revision beim BAG eingelegt.

Die Ausübung eines Rechts kann verwirkt werden, wenn ein Gläubiger es längere Zeit nicht ausgeübt hat (Zeitmoment), der Schuldner darauf vertraut hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen und diesem die Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist (Umstandsmoment).

Mobbingfall lag mehrere Jahre zurück

Im vom LAG Nürnberg entschiedenen Fall erhob ein Personalfachberater Ende Dezember 2010 Klage auf Zahlung wegen Schmerzensgeld. Die Klage begründete er damit, dass er seit Juli 2006 von seinem Vorgesetzten gemobbt worden sei. Dies habe dazu geführt, dass er im Jahr 2007 für 52 Tage, im Jahr 2008 für 216 Tage und im Jahr 2009 bis August durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben war, woraufhin das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt wurde. Beklagter war nicht der inzwischen insolvente Arbeitgeber, sondern der damalige – nach der Umstrukturierung in 2006 – neue direkte Vorgesetzte. Das Arbeitsgericht Nürnberg konnte ein Mobbing nicht erkennen und wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Personalfachberaters.

LAG: Anspruch auf Schmerzensgeld war verwirkt

Das LAG Nürnberg entschied, dass etwaige Schmerzensgeldansprüche verwirkt  seien. Die Geltendmachung des Schmerzensgeldanspruchs etwa zwei Jahre nach dem letzten behaupteten Mobbing habe die Interessen des Beklagten in gegen Treu und Glauben verstoßender Weise missachtet, so das LAG. Der Beklagte habe mit einer Inanspruchnahme nicht mehr rechnen müssen. In diesem Zusammenhang habe berücksichtigt werden müssen, dass das Erinnerungsvermögen an einzelne Äußerungen und Verhaltensweisen mit der Zeit verblassen.

Die erhobenen Vorwürfe gegen den Beklagten zum Mobbing wurden vom LAG nicht mehr geprüft, da die Kammer von Verwirkung ausging und es deshalb im Ergebnis unerheblich sei, ob Mobbing vorgelegen habe.

Ein anderes Ergebnis würde nach Auffassung des LAG Nürnberg zu Wertungswidersprüchen führen. Beruhen die Entschädigungs- oder Schadenersatzansprüche wegen Mobbings auf Benachteiligungsmerkmalen im Sinne des § 1 AGG, müssen die Ansprüche innerhalb von zwei Monaten geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 AGG). Besteht jedoch kein Bezug zu den Merkmalen des § 1 AGG, wäre es widersprüchlich, ausschließlich die gesetzlichen Verjährungsfristen als maßgeblich anzusehen, so das LAG (LAG Nürnberg, Urteil v. 25.7.2013, 5 Sa 525/11).

Hinzuweisen ist allerdings in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 15 Abs. 5 AGG, nach der im Übrigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Schadensersatzansprüche auf einer anderen Grundlage können also durchaus noch später geltend gemacht werden.

Das BAG wird sich dieser Frage der Verwirkung sicherlich annehmen. Wenn es zu dem Ergebnis kommt, eine Verwirkung sei noch nicht eingetreten, ist damit zu rechnen, dass die Sache an das LAG zur Prüfung der Tatsachen zurückverwiesen wird.

Schlagworte zum Thema:  Mobbing, Schmerzensgeld, Verwirkung