Bundesverfassungsgericht beanstandet Beamtenbesoldung
Die im Besoldungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz vorgesehene „Wartefrist“, wonach ein Beamter oder Richter, dem ein Amt ab den Besoldungsgruppen B 2 oder R 3 übertragen wird, für die Dauer von zwei Jahren das Grundgehalt der nächstniedrigeren Besoldungsgruppe erhält, ist mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig, so der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts. In B 2 eingruppiert sind Abteilungsdirektoren und Ministerialräte, in R 3 etwa bestimmte Vorsitzende Richter und Gerichts-Vizepräsidenten.
Die Regelung verstoße gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums, so das Bundesverfassungsgericht.
Richter klagte gegen Wartefrist
Der Kläger des Ausgangsverfahrens war im Jahr 2008 in Rheinland-Pfalz vom Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (Besoldungsgruppe R 3) zum Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts (Besoldungsgruppe R 4) befördert worden. Sein Antrag auf Gewährung von Dienstbezügen nach R 4 schon vor Ende der in § 6d Landesbesoldungsgesetz Rheinland-Pfalz („LBesG“) geregelten „Wartefrist“ war erfolglos; das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen. Begründet wurde die «Wartefrist» damit, dass für die neuen Führungsaufgaben eine Einarbeitungszeit nötig sei. Ziel war auch, Kosten einzusparen.
Im Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 6d LBesG zur Entscheidung vorgelegt.
BVerfG: Regelung verstößt gegen Alimentationsprinzip
Die im Besoldungsrecht des Landes Rheinland-Pfalz vorgesehene „Wartefrist“ (§ 6d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LBesG) ist mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig, so der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts.
Art. 33 Abs. 5 GG enthält eine institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Geschützt sind diejenigen Regelungen, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen, sodass ihre Beseitigung auch das Wesen des Berufsbeamtentums antasten würde. Wesentlich sind folgende Grundsätze.
- Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamtinnen und Beamten lebenslang einen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren.
- Das Leistungsprinzip ist darauf gerichtet, den Beförderungserfolg eines Beamten anzuerkennen und zu sichern. Mit der Übertragung eines neuen Amtes wird ein beförderter Beamter aus der Gruppe derjenigen herausgehoben, die vorher mit ihm das gleiche, geringer eingestufte Amt innehatten. Die damit verbundene höhere besoldungsrechtliche Einstufung bringt wie die Beförderung selbst die besondere Anerkennung der Befähigung und Leistung des Beförderten zum Ausdruck.
- Nach dem Laufbahnprinzip bestehen für die Einstellung und das berufliche Fortkommen des Beamten Laufbahnen mit jeweils typisierten Mindestanforderungen.
- Als eigenständige hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums hat das Bundesverfassungsgericht angesehen, dass die Bezüge der Beamten entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind, und dass für gleiche und vergleichbare Ämter derselben Laufbahn gleiche Besoldung gewährt wird.
Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift des Landesbesoldungsrechts Rheinland-Pfalz verstößt gegen die dargestellten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, so das Gericht.
Dies gilt insbesondere für die Abstufung der Bezüge entsprechend der Wertigkeit der Ämter. Aufgrund der Implementierung der mit dem nächstniedrigeren Amt verbundenen Bezüge hebt sich ein höheres Amt (vorübergehend) besoldungsmäßig nicht von dem nächstniedrigeren ab. Auch den Anforderungen des Alimentationsprinzips wird § 6d LBesG nicht gerecht. Nach einer Beförderung hat ein Beamter ein höherwertiges Amt als zuvor inne. Dieses höherwertige Amt muss nach dem Alimentationsprinzip Maßstab für seine Besoldung sein (BVerfG, Beschluss v. 17.1.2017, 2 BvL 1/10).
Das letzte Wort hat jetzt das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, das die Frage nach der Klage eines Richters in Karlsruhe vorgelegt hatte. Unklar war deshalb zunächst, wer alles von der Entscheidung profitiert und welche finanziellen Auswirkungen das hat. Seit 2013 steht die «Wartefrist» außerdem an anderer Stelle im Gesetz. Diese Neuregelung wird mit dem Beschluss nicht automatisch hinfällig.
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