Homeoffice und Wohnkosten: Was Mieter und Käufer suchen

Während Corona hat das Homeoffice überzeugt: Warum also in der teuren Großstadt wohnen statt im suburbanen Raum? Das sagen sich viele Mieter – die Umzugsbereitschaft steigt, wie Studien zeigen. Für potenzielle Käufer ist mittlerweile der Preis, nicht mehr die Lage entscheidend.

Die hohen Energiepreise und Nebenkosten zwingen viele Deutsche, nach kleineren und günstigeren Wohnungen im Umland der Städte zu suchen. Der Anteil der Mieter, die die Wohnkosten als finanzielle Belastung ansehen, ist gestiegen. Zudem neigen Arbeitskräfte, die im Homeoffice arbeiten, häufiger als Bürobeschäftigte dazu, die Wohnsituation grundsätzlich zu ändern und zum Beispiel aus der Großstadt in einen Vorort zu ziehen.

Dies sind Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts Ifo in Zusammenarbeit mit dem Maklerportal Immowelt im September und Oktober 2022 unter 12.000 Studienteilnehmern. Die Vergleichsdaten stammen aus der Vorgängerstudie von Mai 2021.

Hohe Mieten und Nebenkosten: häufig ein Umzugsgrund

Die große Mehrheit (78 Prozent) der Befragten plant, wegen der hohen Mieten und Nebenkosten umziehen zu wollen. Jeder Fünfte (20 Prozent) sagt, dieser Punkt sei eine "große Belastung", mehr als jeder Zweite (58 Prozent) spricht von einer "gewissen Belastung". In der Vergleichsstudie waren es insgesamt 68 Prozent (große Belastung: zwölf Prozent; gewisse Belastung: 56 Prozent), die unter hohen Wohnkosten gelitten haben.

Der Anteil der Haushalte, die finanzielle Gründe als wichtigste Ursache für einen Umzug nennen, ist von sieben Prozent im Mai 2021 auf zwölf Prozent im Oktober 2022 gestiegen. Dieser Trend dürfte sich weiter verschärfen, da in vielen Haushalten erst in diesem Jahr die neuen und deutlich höheren Abschläge fürs Heizen und Strom greifen werden, vermuten die Forscher.  

Kaltmieten in Großstädten, Heizkosten auf dem Land

Wohnkosten werden laut Studie vor allem unter Stadtbewohnern als Bürde angesehen: Zwischen 55 und 60 Prozent der Umfrageteilnehmer aus Groß- Mittel oder Kleinstädten gaben an, deswegen eine neue Wohnung zu suchen. Im ländlichen Raum sei der Anteil mit 28 Prozent deutlich geringer. Dies führt das Ifo-Institut darauf zurück, dass sowohl die Mieten als auch Kaufpreise in den Städten deutlich stärker gestiegen sind als in ländlichen Regionen. Dafür seien die Mobilitätskosten – etwa wegen gestiegener Benzinpreise – für Landbewohner häufiger ein Umzugsgrund (52 Prozent) als für Stadtbewohner (bis zu 40 Prozent).

Von hohen Heizkosten sind Städter und Landbewohner betroffen, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß: Landbewohner fühlen sich mit 64 Prozent durch die hohen Heizkosten am meisten belastet. Grund ist, dass auf dem Land in der Regel auf mehr Fläche gewohnt wird und so höhere Energiekosten anfallen, heißt es dazu. In Großstädten wollen 51 Prozent der Befragten wegen der Heizkosten umziehen, in kleineren Städten 61 Prozent.

Auch Homeoffice wirkt sich auf Umzugsbereitschaft aus

Auch der Boom mobiler Arbeitsmodelle hat sich auf die Wohnortauswahl ausgewirkt: Arbeitskräfte, die mindestens einen Tag im Homeoffice verbringen, haben der Studie zufolge seit Ausbruch der Corona-Pandemie mit einer um zehn Prozentpunkten höheren Wahrscheinlichkeit den Wohnort gewechselt. Bei geplanten Umzügen innerhalb der kommenden zwölf Monate steigt der Wert bei Homeoffice-Nutzern um sieben Prozent im Vergleich zu Bürobeschäftigten. In Großstädten ist Effekt am größten.

Hier spielt auch der Trend zur Suburbanisierung eine Rolle: 38 Prozent der Großstadtbewohner, die seit Ausbruch der Pandemie umgezogen sind, landeten laut Studie in suburbanen Räumen und 30 Prozent in kleineren Großstädten. Dagegen seien die Anteile für Mittel- und Kleinstädte (18 und neun Prozent) sowie dem ländlichen Raum (fünf Prozent) deutlich geringer. Von einer Stadtflucht aufs Land könne aber keine Rede sein. 

Ifo-Studie "Wie wirken sich Homeoffice und steigende Wohnkostenbelastung auf die Wohnortwahl aus?"

Wohnimmobilien: Käufer suchen außerhalb der Städte

Eine Umfrage des Maklernetzwerks Von Poll Immobilien unter 212 Mitgliedern im Januar 2023, zeigt, dass es auch bei den von Immobilienkäufern favorisierten Regionen in den vergangenen Jahren Verschiebungen gegeben hat. Verglichen wurden die Bedürfnisse von Kaufinteressenten "vor der Pandemie", "während der Pandemie" und schließlich seit Beginn des Krieges in der Ukraine.

Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte (54,7 Prozent) der Kaufinteressenten hat vor der Pandemie eine Immobilie in der Stadt gesucht, während der Pandemie waren es 26,4 Prozent und seit Beginn des Krieges in der Ukraine 33,5 Prozent. Die Nachfrage nach Immobilien im Umland der Städte ist von 38,7 Prozent (vor der Pandemie) auf 51,4 Prozent (Krieg in der Ukraine) gestiegen. Gestiegen ist auch das Interesse an Immobilien in ländlichen Räumen: von 6,1 Prozent im ersten Untersuchungszeitraum auf 15,1 Prozent im letzten.

Kaufkriterium: Preis ist wichtiger als Lage

Das Credo "Lage, Lage, Lage" hat für Immobilienkäufer an Gültigkeit eingebüßt. Mittlerweile ist laut Studie der Preis das wichtigste Kaufkriterium: Vor der Pandemie (73,1 Prozent) und während der Pandemie (65,6 Prozent) war die Lage einer Immobilie das Topkriterium, seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist der Wert auf 30,2 Prozent eingebrochen. Derzeit achten 61,8 Prozent der Käufer zuerst auf den Preis der Immobilie – vor und während der Pandemie waren es nur 24,5 Prozent beziehungsweise 15,1 Prozent.

Viele potenzielle Käufer sind laut Umfrage derzeit zu Kompromissen und Abstrichen bereit – "auch aus Angst vor weiter steigenden Zinsen, einer zunehmenden Geldentwertung sowie mit der Inflation einhergehenden Erhöhungen der Mietkosten", erklärt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei Von Poll Immobilien, das neue Suchverhalten.


Das könnte Sie auch interessieren:

Regeln zur Energieeinsparung bis Mitte April verlängert

Mieter wollen sparsamer, digitaler und nachhaltiger wohnen

Schrumpfende Metropolen: Im Umland ist Wohnraum gesucht

Schlagworte zum Thema:  Wohnungsmarkt, Immobilienmarkt