Wohnungseigentümer darf Dolmetscher mitbringen
Hintergrund
Eine Wohnungseigentümerin wendet sich mit der Anfechtungsklage gegen diverse Beschlüsse, die in einer Eigentümerversammlung gefasst worden sind. Die Eigentümerin ist Spanierin und beherrscht die deutsche Sprache nur eingeschränkt.
Zu einer Eigentümerversammlung im Dezember 2010 erschien die Eigentümerin in Begleitung ihres Lebensgefährten. Sie beantragte, diesen als Dolmetscher zuzulassen. Die Mehrheit der Eigentümer lehnte dies ab. Daraufhin verließen die Eigentümerin und ihr Lebensgefährte die Versammlung.
Auf der Versammlung wurden diverse Beschlüsse gefasst. Die spanische Eigentümerin hat die Beschlüsse angefochten.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg.
Auch wenn Wohnungseigentümerversammlungen grundsätzlich nichtöffentlich sind, hatte die Eigentümerin einen Anspruch auf Teilnahme ihres Lebensgefährten als Dolmetscher. Da es nicht um alltägliche Dinge geht, die in einer Eigentümerversammlung zu besprechen sind, steht der Eigentümerin wegen ihrer eingeschränkten Deutschkenntnisse grundsätzlich das Recht zu, in den Eigentümerversammlungen einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Weil der Eigentümerin dies zu Unrecht verweigert wurde, sind die Beschlüsse anfechtbar.
An der Anfechtbarkeit ändert sich auch nichts dadurch, dass die Beschlüsse auch so gefasst worden wären, wenn die Eigentümerin anwesend gewesen wäre und dagegen gestimmt hätte. Bei der Frage, ob die Nichtanwesenheit erheblich war, ist nicht allein darauf abzustellen, ob die Stimme des Nichtanwesenden das Abstimmungsergebnis rechnerisch hätte verändern können, sondern es ist auch zu berücksichtigen, dass der Nichtanwesende durch seinen Beitrag in der Versammlung Einfluss auf die Willensbildung hätte nehmen können. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Eigentümerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten als Dolmetscher die Willensbildung hätte beeinflussen können, waren daher allen angefochtene Beschlüsse für unwirksam zu erklären.
(AG Wiesbaden, Urteil v. 27.7.2012, 92 C 217/11)
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Dr. Friedhelm Fabers
30.05.2013 20:04 Uhr
Wenn die Eigentümerin Stellung zu einem Tagesordnungspunkt nimmt und der Lebensgefährte dolmetscht, der als Lebensgefährte mit in der Wohnung wohnt, kann die Versammlung nicht beurteilen, ob die Einwände von der Eigentümerin kommen oder vom Lebensgefährten, der nicht zur Stellungnahme berechtigt ist. Letzteres wäre ein Verstoss gegen die Nichtöffentlichkeit.
Die Eigentümerin müsste einen öffentlich bestellten und vereidigten Dolmetscher mitbringen.
Dr. Fabers
Dirk Hammes
31.05.2013 10:13 Uhr
Lieber Herr Dr. Fabers, vielen Dank für Ihren Kommentar. Das AG Wiesbaden hatte in diesem Fall keine Bedenken, eine der Eigentümerin nahestehende Person als Dolmetscher zuzulassen, allerdings ohne dies näher zu begründen. Das Gericht nimmt insoweit lediglich Bezug auf eine Entscheidung des AG Hamburg-Altona, das ein Familienmitglied wegen nicht korrekten Verhaltens in der Vergangenheit nicht als Dolmetscher zugelassen hatte und führt aus, dass solch ein Fall hier nicht vorliege. Herzlichen Gruß, Dirk Hammes, Haufe Redaktion Immobilien