Kein Vorwegabzug von Grundsteuer bei gemischt genutzten Gebäuden

Bei der Betriebskostenabrechnung für ein teils gewerblich und teils zu Wohnzwecken genutztes Grundstück muss der Vermieter für die Umlage der Grundsteuer keinen Vorwegabzug für die gewerblich genutzten Einheiten vornehmen.

Hintergrund: Vermieterin verteilt Grundsteuer einheitlich

Die Mieter einer Wohnung in Berlin verlangen von der Vermieterin die Rückzahlung von Betriebskosten. Die 136 Quadratmeter große Wohnung befindet sich in einem gemischt genutzten Gebäude mit einer Wohn- und Nutzfläche von 1.100 Quadratmetern. Auf die gewerbliche Nutzung entfallen 56 Prozent der Flächen, der Rest wird zum Wohnen genutzt. Laut Mietvertrag werden die Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses verteilt.

Für das Jahr 2013 erhob die Gemeinde für das Objekt mit einem einheitlichen Grundsteuerbescheid eine Grundsteuer von 4.580 Euro. In der Betriebskostenabrechnung legte die Vermieterin diesen Betrag einheitlich nach Fläche um, ohne zwischen gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung zu unterscheiden und ohne Vorwegabzug für die gewerbliche Nutzung. Auf die Mieter der Wohnung entfiel ein Anteil von 541 Euro.

Die vorige Vermieterin hatte bei den Betriebskostenabrechnungen jeweils 70 Prozent der Grundsteuer vorweg auf die gewerblichen Einheiten verteilt und den Restbetrag auf die Wohneinheiten umgelegt. Grundlage dieser Berechnung war eine Anlage zum Einheitswertbescheid aus dem Jahr 1997. Darin waren die nach den Wertverhältnissen von 1935 ermittelten Jahresrohmieten angegeben. Demnach entfielen 70 Prozent des Mietertrages auf die gewerbliche Nutzung, weshalb die ehemalige Vermieterin bei der Betriebskostenabrechnung jeweils einen entsprechenden Vorwegabzug vorgenommen hatte.

Die Mieter meinen, es sei weiterhin so zu verfahren. Auf dieser Basis hätten sie 210 Euro an Betriebskosten für das Jahr 2013 zu viel bezahlt. Diesen Betrag verlangen sie zurück.

Entscheidung: Kein Vorwegabzug für Gewerbe

Die Vermieterin muss keine Betriebskosten zurückzahlen. Bei der Verteilung der Grundsteuer war kein Vorwegabzug für die gewerblich genutzten Einheiten erforderlich.

Die Notwendigkeit eines Vorwegabzugs lässt sich nicht aus § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB herleiten. Nach dieser Vorschrift sind Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder von einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Eine erfasste unterschiedliche Verursachung im Sinne dieser Vorschrift scheidet jedoch von vornherein aus, weil die Grundsteuer auf einer einheitlichen Festsetzung durch die Gemeinde beruht und nicht von einem Verhalten der Mieter abhängt.

Auch aus Billigkeitsgründen ist der Vermieter nicht zu einem Vorwegabzug für die Gewerbeeinheiten bei der Grundsteuer verpflichtet. Ein Vorwegabzug aus Billigkeitsgründen kommt dann in Betracht, wenn durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten pro Quadratmeter entstehen. Dies ist hier nicht der Fall, weil es sich bei der Grundsteuer um eine ertragsunabhängige Objektsteuer handelt. Die in einem Abrechnungsjahr erhobene Steuer hängt grundsätzlich nicht von den in diesem Jahr erzielten Erträgen und ihrer Verteilung auf die Nutzung zu gewerblichen Zwecken einerseits und zu Wohnzwecken andererseits ab. Vielmehr wird die Grundsteuer anhand des Einheitswertes, des Grundsteuermessbetrages und des für die Gemeinde geltenden Hebesatzes ermittelt.

Zwar findet bei der Festsetzung des Einheitswertes für ein gemischt genutztes Grundstück das Ertragswertverfahren Anwendung. Der Einheitswert wird allerdings auf die Wertverhältnisse zu einem weit zurückliegenden Zeitpunkt - hier 1.1.1935 - festgesetzt. Es besteht daher kein Zusammenhang zwischen der im Abrechnungsjahr anfallenden Grundsteuer und der konkreten Nutzungsaufteilung und Ertragssituation in diesem Zeitraum. Damit fehlt es aber an der maßgeblichen Voraussetzung eines Vorwegabzugs, dass die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten verursacht, die es unbillig erscheinen lassen, die Kosten (ohne Vorwegabzug) einheitlich nach dem Flächenmaßstab zu verteilen. 

Der Vermieter muss daher weder auf Basis des Einheitswertbescheides noch anhand der konkreten Einnahmen im Abrechnungsjahr ermitteln, welche Erträge auf die gewerbliche Nutzung beziehungsweise die Wohnnutzung entfallen und keinen Vorwegabzug vornehmen.

(BGH, Urteil v. 10.5.2017, VIII ZR 79/16)

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