Erweiterte Berliner Kündigungssperrfrist greift rückwirkend

Die Berliner Kündigungsschutzklausel-Verordnung, die eine Eigenbedarfskündigung nach der Umwandlung und Veräußerung einer Wohnung für zehn Jahre ausschließt, greift auch, wenn der Vermieter den Wohnraum bereits vor Inkrafttreten der Verordnung im Oktober 2013 erworben hat.

Hintergrund: Wohnungskäufer kündigt wegen Eigenbedarfs

Der Vermieter einer Wohnung in Berlin verlangt vom Mieter nach einer Kündigung die Räumung.

Das Mietshaus im Hansaviertel ist im Jahr 2009 in Wohnungseigentum umgewandelt worden. Kurz nach der Umwandlung hat der jetzige Vermieter die Wohnung, die seit 1979 an den Mieter vermietet ist, erworben.

Zum 1.10.2013 ist die Berliner Kündigungsschutzklausel-Verordnung in Kraft getreten. Demnach ist in ganz Berlin während einer Sperrfrist von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Veräußerung einer in Wohnungseigentum umgewandelten Wohnung eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgeschlossen. Vor dieser Neuregelung galt seit 2004 eine Sperrfrist von sieben Jahren; dies auch nur in einigen Berliner Bezirken.

Im April 2014 kündigte der Vermieter/Erwerber der Wohnung das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Der Mieter akzeptiert die Kündigung nicht. Das Amtsgericht hat die daraufhin erhobene Räumungsklage abgewiesen. Hiergegen hat der Vermieter Berufung eingelegt.

Entscheidung: Kündigungssperrfrist gilt auch bei früherem Erwerb

Das Landgericht hält die Berufung für offensichtlich unbegründet. Der Vermieter konnte das Mietverhältnis nicht wegen Eigenbedarfs kündigen, weil die Sperrfrist von zehn Jahren auch für dieses Mietverhältnis gilt und noch nicht abgelaufen war.

Die Berliner Kündigungsschutzklausel-VO erfasst auch Mietverhältnisse, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens im Oktober 2013 bereits bestanden haben; dies auch dann, wenn der Vermieter - wie hier - den Wohnraum bereits vor Inkrafttreten der Verordnung erworben hat.

Zwar vertraut der Erwerber einer vermieteten Eigentumswohnung darauf, dass er nur nach Maßgabe der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vorschriften in seinen rechtlichen Möglichkeiten, über die Wohnung zu verfügen, beschränkt wird. Diese Erwartungshaltung muss aber im Hinblick auf das Ziel, die Bevölkerung zu angemessenen Bedingungen mit ausreichendem Wohnraum zu versorgen, zurücktreten.

Außerdem konnte der Vermieter damit rechnen, dass der Berliner Senat den geltenden Kündigungsschutz von sieben Jahren in einigen Bezirken zeitlich und räumlich erweitern könnte.

(LG Berlin, Beschluss v. 17.3.2016, 67 O 30/16)
 

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