Kündigungsausschluss: „Zum“ oder „nach“ macht den Unterschied
Hintergrund: Kündigung auf Zeit ausgeschlossen
In einem Formularmietvertrag über eine Doppelhaushälfte vom 9.4.2012 ist vereinbart: „Die Parteien verzichten wechselseitig auf die Dauer von 4 (in Worten: vier) Jahren auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrags. Sie ist erstmals zum Ablauf dieses Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig.“ Als Beginn des Mietverhältnisses wurde der 1.4.2012 festgelegt.
Ab November 2014 zahlten die Mieter keine Miete mehr. Daraufhin erhob der Vermieter Klage auf Zahlung rückständiger und künftiger Miete bis zur rechtswirksamen Beendigung des Mietverhältnisses. Mitte Februar 2015 kündigten die Mieter das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich zum 1.5.2015.
Zwischen den Parteien strittig ist, ob die Mieter das Mietverhältnis kündigen konnten oder die Klausel im Mietvertrag eine Kündigung wirksam ausgeschlossen hat.
Entscheidung: Bindungsfrist darf vier Jahre nicht überschreiten
Die Kündigungsausschlussklausel ist wirksam. Die Kündigung hat das Mietverhältnis daher nicht beendet, so dass die Mieter weiterhin verpflichtet sind, die Miete zu zahlen.
Unwirksam: Kündigungsrecht „nach Ablauf von vier Jahren“
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein formularmäßiger Kündigungsausschluss unwirksam, wenn er einen Zeitraum von vier Jahren – gerechnet vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter den Vertrag erstmals beenden kann – überschreitet. Daher hat der BGH formularmäßige Kündigungsausschlussklauseln für unwirksam erachtet, die den zulässigen Bindungszeitraum von vier Jahren um drei Monate verlängern, indem sie bestimmen, dass eine ordentliche Kündigung erstmals „nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums“ zulässig ist.
Wirksam: Kündigungsrecht „zum Ablauf von vier Jahren“
Eine solche Klausel enthält der hier geschlossene Mietvertrag jedoch nicht. Vielmehr sieht die Klausel vor, dass die ordentliche Kündigung erstmals „zum Ablauf dieses Zeitraums“ zulässig ist. Das Kündigungsrecht kann also nicht erst nach Verstreichen der Vierjahresfrist, sondern – unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist – zu deren Ablauf ausgeübt werden. Damit entspricht die Klausel der Regelung des § 557a Abs. 3 Satz 2 BGB. Die Vorschrift gilt zwar ausdrücklich nur für ein Staffelmietvereinbarung, der BGH lehnt sich für die Beurteilung der Frage, welcher Ausschlusszeitraum für den Mieter noch zumutbar ist, aber an diese Vorschrift an.
Eine Unwirksamkeit der Formularklausel ergibt sich auch nicht daraus, dass sie den Beginn des vierjährigen Kündigungsausschlusses nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses legt. Die Klausel selbst enthält keine ausdrücklichen Angaben zum Fristbeginn, ist aber so auszulegen, dass der Zeitpunkt des Mietbeginns – 1.4.2012 – maßgebend sein soll. Dass der Beginn des Zeitraums, in dem die Kündigung ausgeschlossen sein soll, hier anders als von § 557a Abs. 3 BGB vorausgesetzt nicht ab Vertragsschluss läuft, ist unschädlich, weil der Mietbeginn (1.4.2012) hier vor dem erst am 9.4.2012 erfolgten Vertragsschluss liegt. Die Anknüpfung der vierjährigen Kündigungsausschlussfrist an den Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses ist daher für die Mieter günstiger als ein erst mit dem späteren Vertragsschluss einsetzender Fristlauf.
(BGH, Beschluss v. 23.8.2016, VIII ZR 23/16)
Lesen Sie auch:
BGH: Dauerhafter Kündigungsausschluss durch Individualvereinbarung möglich
BGH: Unwirksame Befristung kann als Kündigungsausschluss gelten
§ 557a BGB Staffelmiete
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(3) Das Kündigungsrecht des Mieters kann für höchstens vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausgeschlossen werden. Die Kündigung ist frühestens zum Ablauf dieses Zeitraums zulässig.
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