BGH: Beschluss kann auf andere Dokumente Bezug nehmen

In einem Beschluss der Wohnungseigentümer kann zur Konkretisierung der getroffenen Regelung auf ein außerhalb des Protokolls befindliches Dokument Bezug genommen werden, wenn dieses zweifelsfrei bestimmt ist.

Hintergrund: Eigentümer ändern Verteilungsschlüssel

In einer Eigentümerversammlung im März 2008 genehmigten die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung 2007. Ferner fassten sie den Beschluss, „die für die einzelnen Kostenpositionen in der Abrechnung 2007 verwandten Verteilerschlüssel auch für zukünftige Abrechnungen zu verwenden“.

Im April 2013 beschlossen die Eigentümer die Jahresabrechnung 2012. Dabei legten sie den in der Abrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel zugrunde. Die Kosten sind nach sechs verschiedenen Maßstäben verteilt.

Ein Wohnungseigentümer hat die Jahresabrechnung 2012 angefochten. Er meint, die Kostenverteilung sei 2008 nicht wirksam geändert worden, so dass die Verteilung in der Abrechnung 2012 falsch sei.

Entscheidung: Bezugnahme auf Abrechnung reicht

Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Die Genehmigung der Jahresabrechnung 2012 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der im Jahr 2008 gefasste Beschluss über die Veränderung des Verteilungsschlüssels ist wirksam und daher zu Recht der Abrechnung 2012 zugrunde gelegt worden.

Die Wohnungseigentümer können den bestehenden Umlageschlüssel für bestimmte Betriebs- und Verwaltungskosten durch Mehrheitsbeschluss ändern, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (§ 16 Abs. 3 WEG). Einen solchen Beschluss haben sie im März 2008 gefasst.

Der Beschluss ist nicht deshalb unwirksam, weil der neue Schlüssel nicht im Beschlusstext selbst wiedergegeben ist, sondern insoweit auf den in der Jahresabrechnung 2007 verwendeten Verteilungsschlüssel Bezug genommen wird. Dies ist zulässig.

Der Inhalt eines Eigentümerbeschlusses muss inhaltlich bestimmt und klar sein, insbesondere weil ein Sonderrechtsnachfolger nach § 10 Abs. 4 WEG an Beschlüsse gebunden ist. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Das heißt aber nicht, dass sich der Text eines Eigentümerbeschlusses zur Konkretisierung der getroffenen Regelung nicht auf Dokumente außerhalb des Protokolls beziehen dürfte.

Der Wortlaut des Beschlusses darf zur näheren Erläuterung inhaltlich Bezug auf Urkunden oder Schriftstücke nehmen. Dies geschieht beispielsweise bei der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung und häufig auch bei Sanierungsbeschlüssen nach Kostenvoranschlag oder auf der Grundlage eines Gutachtens.

Nimmt ein Beschluss auf ein Dokument Bezug, das weder Teil des Beschlusstextes noch des Protokolls ist, muss das in Bezug genommene Dokument aber zweifelsfrei bestimmt sein. Nur dann ist sichergestellt, dass ein Dritter, insbesondere ein Rechtsnachfolger eines Wohnungseigentümers dem Beschluss dessen Inhalt entnehmen kann. Die Publizität der auch gegen Sonderrechtsnachfolger wirkenden Beschlüsse wird dadurch gewährleistet, dass - jedenfalls bei Beschlüssen, die (wie hier) die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer gesetzlichen oder vereinbarten Öffnungsklausel ändern - das in Bezug genommene Schriftstück auch in die Beschluss-Sammlung oder eine Anlage zu dieser aufzunehmen ist.

Diese Anforderungen erfüllt der Änderungsbeschluss aus dem März 2008. Es ist klar, dass sich die Beschlussfassung auf den Verteilungsschlüssel der unmittelbar zuvor beschlossenen Jahresabrechnung bezieht. Ebenso ist klar, dass dieser Schlüssel künftigen Abrechnungen zugrunde gelegt werden soll.

(BGH, Urteil v. 8.4.2016, V ZR 104/15)


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