Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen 226 C 64/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen VIII ZR 192/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16. Dezember 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 226 C 64/03 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.377,24 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Gemäß § 540 Abs. 1 ZPO wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Die Parteien streiten um die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses Vorschuss für die Durchführung der vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturen verlangen kann.

Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung eines solchen Vorschusses als unbegründet abgewiesen mit der Begründung, dass eine infolge der Unterlassung oder Schlechtausführung der geschuldeten Schönheitsreparaturen entstandene Substanzgefährdung Voraussetzung für einen Vorschussanspruch sei und es ansonsten dem Selbstbestimmungsrecht des Mieters überlassen bleibe, in unrenovierten Räumen zu leben. Eine Substanzgefährdung sah es nicht als dargetan an.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten mit der Begründung, dass eine Substanzgefährdung nicht Voraussetzung der Durchsetzbarkeit des vertraglich geregelten Anspruches sei, zudem seien Substanzgefährdungen schlüssig dargelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg vom 16. Dezember 2003 zu verurteilen, an die Klägerin 13.377,24 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, eine Substanzgefährdung sei Anspruchsvoraussetzung und nicht dargetan.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die statthafte (§ 511 ZPO), den grundsätzlich notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.

III.

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann vom Beklagten den der Höhe nach aus dem Tenor ersichtlichen, erforderlichen Vorschuss zur Durchführung der fälligen Schönheitsreparaturen fordern.

Zwar werden nach anderen Meinungen im fortbestehenden Mietverhältnis für den Mieter einer Wohnung die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen wegen des Selbstbestimmungsrechts des Mieters erst fällig, wenn ohne deren Ausführung die Mietsache in ihrer Substanz gefährdet wäre (LG Berlin – Urteil vom 14.11.1996 – 61 S 309/95 – GE 1997, 311) beziehungsweise ist ein Durchführungsanspruch währenddessen nur im Fall der Vereinbarung eines Fristenplanes gegeben (LG Berlin – Urteil vom 5.12.1997 – 65 S 301/97 – GE 1998, 181) oder sogar generell ausgeschlossen (LG Berlin – Urteil vom 8.2.2001 – 62 S 378/00–).

Dem folgt die Kammer jedoch nicht.

Ein Vermieter ist berechtigt, einen Vorschuss in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten zu fordern, wenn sich der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug befindet (BGH NJW 1990, 2376; LG Berlin – Urteil vom 12.9.2000 – 63 S 528/99 – GE 2001, 137; LG Berlin – Urteil vom 20.6.2002 – 67 S 466/01 – GE 2002, 1198). Der Ansprach auf Durchführung der Schönheitsreparaturen während des Mierverhältnisses ist vertraglich geregelt. Dessen Durchsetzbarkeit auch im Wege der Vorschussklage kann nicht mehr im Hinblick auf ein vertraglich gegebenes Selbstbestimmungsrecht des Mieters eingeschränkt werden. Gegen die Vorschussklage bestehen nach der vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Bedenken und es sind weitere Voraussetzungen wie eine Substanzgefährdung an einen solchen Anspruch nicht zu knüpfen.

Auch am Schikaneverbot des § 226 BGB scheitert die Forderung der Klägerin nicht, weil es nicht ersichtlich ist, dass sie nur der anderen Seite Schaden zufügen wolle, nachdem sie zumindest Substanzgefährdungen besorgt und ein Solvenzrisiko zum Mietvertragsende bestünde, wenn ein Rückstau an Arbeiten sich seit Beginn des Mietverhältnisses am 1. Februar 1958 akkumulieren würde.

Da es sich lediglich um einen abrechnungspflichtigen Vorschuss handelt, kann die. Klägerin auch bereits vor Ausführung der Arbeiten die Mehrwertsteuer verlangen.

Die übrigen Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 326 BGB a.F. sind erfüllt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß § 709 S. 1 und 2 ZPO getroffen.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn zur sich stellenden Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Vermieter wahrend des laufenden Mierverhältnisses Vorschuss für...

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