Leitsatz (amtlich)

Nach der Neuregelung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zum 1.1.2002 sind deren Versorgungsanrechte im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

OLG Zweibrücken (Beschluss vom 01.12.2003; Aktenzeichen 5 UF 23/03)

AG Kaiserslautern

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des OLG Zweibrücken als Familiensenat v. 1.12.2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 500 EUR.

 

Gründe

I.

Die Parteien haben am 15.4.1976 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 27.11.1953) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 20.6.1955) am 4.4.2002 zugestellt worden. Das AG - FamG - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es im Wege des Rentensplittings nach § 1587b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz (LVA; weitere Beteiligte zu 1) auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 135,53 EUR, bezogen auf den 31.3.2002, übertragen sowie zu Lasten der Versorgung des Antragstellers bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 2) im Wege des analogen Quasisplittings nach §§ 1 Abs. 3, 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 8,37 EUR, bezogen auf den 31.3.2002, begründet hat. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der VBL hat das OLG die Entscheidung zum Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass für die Ehefrau im Wege des Splittings Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 140,60 EUR, bezogen auf den 31.3.2002, übertragen und im Wege des analogen Quasi-Splittings Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 12,32 EUR, bezogen auf den 31.3.2002, begründet werden.

Dabei ist das OLG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1) und 2) und der BHW Lebensversicherung von ehezeitlichen (1.4.1976 bis 31.3.2002; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der LVA, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit, i.H.v. 582,73 EUR für den Antragsteller und 301,54 EUR für die Antragsgegnerin sowie für die Antragsgegnerin bei der BHW Lebensversicherung i.H.v. (dynamisiert) monatlich 10,13 EUR ausgegangen. Die für beide Parteien bei der VBL bestehenden Anwartschaften hat das OLG als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch bewertet. Es hat nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung (i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung v. 26.5.2003; BGBl. I, 728) für den Antragsteller monatlich 46,56 EUR und die Antragsgegnerin monatlich 11,79 EUR dem Versorgungsausgleich zu Grunde gelegt.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die VBL die bei ihr bestehenden Anrechte der Parteien insgesamt als statisch qualifiziert wissen. Die Parteien und die LVA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde der VBL ist nicht begründet.

Das OLG hat die für beide Parteien bei der VBL bestehenden Anwartschaften als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch beurteilt. Dies ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführerin rechtlich nicht zu beanstanden.

1.#Mit Wirkung ab 1.1.2002 hat die VBL ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und an Stelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sog. "Punktemodell" eingeführt (vgl. Glockner, FamRZ 2002, 287 f.; Wick, Der Versorgungsausgleich, Rz. 148 ff.). Im Ergebnis wird durch das Punktemodell eine Leistung zugesagt, wie sie sich ergäbe, wenn 4 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgeltes in ein kapitalgedecktes System eingezahlt würden (Langenbrinck/Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 2. Aufl., 2003, Rz. 50). Seitdem ist die Bewertung der bei der VBL erworbenen Anrechte im Versorgungsausgleich unter den OLG und in der Literatur umstritten.

Im Wesentlichen werden dazu folgende Auffassungen vertreten:

a) Volldynamik (OLG Celle, Beschl. v. 22.3.2004 - 17 UF 29/04, noch n.v.; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.3.2004 - II-5 UF 77/02, noch n.v.; Fünfzehnter Deutscher FamGtag, Arbeitskreis 21, These 5; so jetzt Glockner, FamRZ 2003, 1233 [1235]).

b) Volldynamik jedenfalls im Leistungsstadium (OLG Schleswig v. 21.11.2003 - 12 UF 162/03, MDR 2004, 215 = OLGReport Schleswig 2004, 63 = FamRZ 2004, 883).

c) Jedenfalls keine Volldynamik im Leistungsstadium (OLG Celle v. 19.9.2003 - 10 UF 128/02, FamRZ 2004, 632 [635 f.]; OLG Karlsruhe v. 14.12.2002 - 2 UF 176/00, FamRZ 2004, 640).

d) Statik in Anwartschafts- und Leistungsstadium (OLG München v. 3.11.2003 - 4 UF 42/03, OLGReport München 2004, 86 = FamRZ 2004, 636 [638], zur Zusatzversorgung der Bayerischen Gemeinden).

e) Dynamik im Anwartschaftsstadium und Statik im Leistungsstadium (OLG Jena v. 20.8.2003 - 1 UF 366/02, OLGReport Jena 2003, 558 = FamRZ 2003, 1929 f., zum Kommunalen Versorgungsverband; Borth, FamRZ 2003, 889 [893]).

f) Statik im Anwartschaftsstadium und Teildynamik im Leistungsstadium (OLG Hamm, Beschl. v. 8.4.2004 - 5 UF 388/03, noch n.v.).

g) Statik im Anwartschaftsstadium und Dynamik im Leistungsstadium (OLG München v. 29.12.2003 - 16 UF 1612/03, OLGReport München 2004, 144 = FamRZ 2004, 639, zur Zusatzversorgung der Bayerischen Gemeinden; OLG Schleswig, Beschl. v 15.1.2004 - 12 UF 150/02, noch n.v.; Deisenhofer, FamRZ 2004, 1006).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

2. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die in § 1587a Abs. 3 BGB vorgesehene Umrechnung von Versorgungsanwartschaften, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der Anwartschaften in der Beamtenversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung (den vom Gesetz als volldynamisch angesehenen Versorgungen), das Problem des Ausgleichs von Versorgungsanrechten unterschiedlicher Qualität lösen soll. Sie soll solche Anrechte, die nicht an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden, mit volldynamischen Anrechten vergleichbar machen. Danach kann eine Versorgung nur dann als volldynamisch anerkannt werden, wenn sowohl die Anwartschaften als auch die Leistungen regelmäßig der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst werden. Dabei reicht es für die Annahme der Dynamik einer Versorgung im Anwartschaftsstadium nicht aus, wenn etwa die Beiträge an eine regelmäßig angepasste allgemeine Bemessungsgrundlage gekoppelt werden und das Mitglied infolgedessen mit jeder Anhebung dieser Bemessungsgrundlage entsprechend höhere Anwartschaften erwerben muss (sog. Beitragsdynamik). Vielmehr muss der Wertzuwachs an eine unabhängig vom individuellen Versicherungsverlauf eintretende allgemeine Einkommensentwicklung geknüpft sein. Ein Rechtsanspruch auf Anpassung ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, ob der Wert dieses Anrechts tatsächlich in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie derjenige eines in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in der Beamtenversorgung begründeten Anrechts. Um den volldynamischen Charakter zu bejahen, genügt es, dass der Zuwachs mit demjenigen in einer der beiden vom Gesetz als volldynamisch anerkannten Versorgungen Schritt hält. Dabei hat der Senat Anwartschaften als volldynamisch beurteilt, deren durchschnittlicher Zuwachs nicht mehr als 1 % hinter der Dynamik der gesetzlichen Renten bzw. beamtenrechtlicher Anrechte zurückblieb. Erforderlich ist eine Prognose der weiteren Entwicklung des Anrechts, für die dessen tatsächliche bisherige Entwicklung über einen angemessenen Vergleichszeitraum hin als Indiz herangezogen werden kann. Indessen dürfen die Daten der Vergangenheit nicht einfach fortgeschrieben werden. Erforderlich ist vielmehr eine Prognose, die alle hierfür bedeutenden Umstände berücksichtigt (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.1982 - IVb ZB 537/80, BGHZ 85, 194 [197 ff.] = MDR 1983, 210; Beschl. v. 15.12.1982 - IVb ZB 684/81, MDR 1983, 475 = FamRZ 1983, 265 [266]; Beschl. v. 22.6.1983 - IVb ZB 884/80, MDR 1984, 36 = FamRZ 1983, 998 [999]; Beschl. v. 10.7.1985 - IVb ZB 836/80, MDR 1986, 300 = FamRZ 1985, 1119 [1120 f.]; Beschl. v. 18.9.1985 - IVb ZB 15/85, MDR 1986, 568 = FamRZ 1985, 1235 f.; Beschl. v. 18.9.1985 - IVb ZB 184/82, MDR 1986, 569 = FamRZ 1985, 1236 [1239]; Beschl. v. 8.10.1986 - IVb ZB 120/83, MDR 1987, 219 = FamRZ 1987, 52 [56]; Beschl. v. 21.1.1987 - IVb ZB 155/84, FamRZ 1987, 361 [362]; Beschl. v. 23.9.1987 - IVb ZB 18/85, MDR 1988, 130 = FamRZ 1987, 1241 f.; Beschl. v. 23.9.1987 - IVb ZB 86/85, MDR 1988, 211 = FamRZ 1988, 51 [53]; Beschl. v. 21.10.1987 - IVb ZB 41/85, FamRZ 1988, 488; Beschl. v. 21.9.1988 - IVb ZB 104/86, MDR 1989, 49 = FamRZ 1988, 155 [156]; Beschl. v. 12.4.1989 - IVb ZB 146/86, MDR 1989, 1088 = FamRZ 1989, 844; Beschl. v. 4.10.1990 - XII ZB 115/88, MDR 1991, 534 = FamRZ 1991, 310 [311 f.]; Beschl. v. 25.9.1991 - XII ZB 97/90, MDR 1991, 1173 = FamRZ 1991, 1420 [1421]; Beschl. v. 25.9.1991 - XII ZB 161/88, MDR 1992, 162 = FamRZ 1991, 1421 [1423 f.]; Beschl. v. 25.9.1991 - XII ZB 68/90, MDR 1992, 265 = FamRZ 1992, 47 [48]; Beschl. v. 25.3.1992 - XII ZB 88/89, MDR 1992, 971 = FamRZ 1992, 1051 [1053 f.]; Beschl. v. 29.9.1993 - XII ZB 31/90, MDR 1994, 279 = FamRZ 1994, 23 [24]; Beschl. v. 5.10.1994 - XII ZB 129/92, MDR 1995, 387 = FamRZ 1995, 88 [91 f.]; Beschl. v. 26.10.1994 - XII ZB 114/93, MDR 1995, 1235 = FamRZ 1995, 293 [294]; Beschl. v. 20.9.1995 - XII ZB 86/94, MDR 1996, 72 = FamRZ 1996, 97 f.; Beschl. v. 20.9.1995 - XII ZB 87/94, FamRZ 1996, 481 [482]; Beschl. v. 25.9.1996 - XII ZB 226/94, MDR 1997, 265 = FamRZ 1997, 161 [162 f.]; Beschl. v. 25.9.1996 - XII ZB 18/94, EzFamR aktuell 1996, 328 f.; Beschl. v. 25.9.1996 - XII ZB 227/94, MDR 1997, 166 = FamRZ 1997, 164 [165 f.]; Beschl. v. 9.10.1996 - XII ZB 188/94, MDR 1997, 262 = FamRZ 1997, 166 [167 f.]; Beschl. v. 10.9.1997 - XII ZB 133/94, FamRZ 1998, 420 [421]; Beschl. v. 10.9.1997 - XII ZB 136/95, FamRZ 1998, 424 f. und Beschl. v. 10.7.2002 - XII ZB 122/99, BGHReport 2002, 1082 = FamRZ 2002, 1554 f.).

3. Die Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung werden nach §§ 63 Abs. 6, 64 SGB VI errechnet, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden. Nach §§ 63 Abs. 2, 70 ff., 256 ff. SGB VI ergeben sich die Entgeltpunkte, indem in den einzelnen Kalenderjahren das individuell erzielte Jahresentgelt durch das Durchschnittseinkommen geteilt wird. Daraus ergibt sich bereits ein Bezug zur allgemeinen Einkommensentwicklung. Zwar ändern sich die für ein Jahr ermittelten persönlichen Entgeltpunkte nach Ablauf des Jahres grundsätzlich nicht mehr. Die eigentliche Dynamik erfolgt aber durch die Multiplikation mit dem jeweils aktuellen Rentenwert (§§ 63 Abs. 7, 65, 68 SGB VI; für die Zeit v. 1.7.2001 bis 1.7.2010 zusätzlich noch § 255e SGB VI), der grundsätzlich während der gesamten Laufzeit - und damit auch im Anwartschaftsstadium - entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen Nettoentgeltes jährlich angepasst wird. Gleiches gilt im Ergebnis über § 70 Abs. 1 BeamtVG für die Beamtenversorgung. Dem sind die bei der VBL erworbenen Anrechte nur im Leistungsstadium vergleichbar.

a) Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der VBL im Anwartschaftsstadium nach § 36 Abs. 1 S. 1 a), S. 2, Abs. 2 der Satzung der VBL (Neufassung zum 1.1.2001 i.d.F. der 4. Satzungsänderung) grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1.1.2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 EUR, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 35 Abs. 1 der Satzung der VBL dann dadurch, dass die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Messbetrag von 4 EUR multipliziert wird. Dies gilt auch für die als sog. Startgutschrift aus den bis zum 31.12.2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften sich ergebenden Versorgungspunkte. Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung/Beamtenversorgung ergibt sich aus keiner dieser Komponenten ein Bezug zur allgemeinen Einkommensentwicklung oder einer sonstigen überindividuellen Grundlage. Bei dem Referenzentgelt und dem Messbetrag handelt es sich um statische Beträge. Die konkreten Beträge beruhen letztlich auf einer einmal getroffenen Festsetzung, denn aus der Zielvorgabe, dass das neue Zusatzversorgungssystem im Rahmen eines Kapitaldeckungsverfahrens mit einem Beitrag von 4 % finanzierbar sein soll, ergibt sich versicherungsmathematisch zwingend nur, dass der Messbetrag jeweils 0,4 % des Referenzentgeltes betragen muss (vgl. Langenbrinck/Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 2. Aufl., 2003, Rz. 50). Der Altersfaktor nach § 36 Abs. 3 der Satzung der VBL trägt den Verzinsungseffekten im Rahmen eines Kapitaldeckungsverfahrens Rechnung und berücksichtigt u.a. den Zahlungszeitpunkt der jeweiligen Beiträge, die Länge der Ansparphase, ferner wann im Durchschnitt die Rentenzahlung beginnt, und die voraussichtliche Laufzeit der Rentenzahlungen (vgl. Langenbrinck/Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 2. Aufl., 2003, Rz. 51). Zwar ist in § 36 Abs. 3 der Satzung der VBL während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass die im Anwartschaftsstadium erworbenen Versorgungspunkte jährlich mit 3,25 % verzinst würden; vielmehr bleibt der Wert der einmal für ein Jahr erworbenen Versorgungspunkte unverändert. Die mit 3,25 % angesetzte Verzinsung in der Anwartschaftsphase dient lediglich der Vereinfachung der Ermittlung der für ein bestimmtes Kalenderjahr anfallenden Versorgungspunkte, da ansonsten jeweils berücksichtigt werden müsste, dass der Zinsertrag umso höher ausfällt, je früher die Beiträge eingezahlt werden.

Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 36 Abs. 1 S. 1b), c), 37, 68 der Satzung der VBL noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.Ä.) und durch Bonuspunkte erworben werden. Durch Letztere könnte sich eine Dynamik im Anwartschaftsstadium ergeben, wenn über einen angemessenen Zeitraum hinweg tatsächlich Überschüsse erwirtschaftet und den Mitgliedern gutgeschrieben werden. Dass die VBL bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist indes nicht ersichtlich (vgl. auch Deisenhofer, FamRZ 2004, 1006).

Im Anwartschaftsstadium sind die Anrechte bei der VBL damit als statisch zu bewerten.

b) Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der VBL nach § 39 der Satzung jeweils zum 1.7.jährlich um 1 % erhöht (vgl. auch § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG).

Für die Jahre 1995 bis 2004 ergibt ein Vergleich der prozentualen Anpassungssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung demgegenüber folgendes Bild (zu den Zahlen vgl. Glockner, FamRZ 2003, 1233 [1235]; Gutdeutsch, FamRZ 2004, 595; für 2004 ergibt sich in der Beamtenversorgung nach §§ 69e Abs. 3, 71 Abs. 2 BeamtVG, soweit überhaupt eine zweite Erhöhung nach 2003 vorgesehen ist, eigentlich sogar eine Absenkung: 1,009x 0,98917 = 0,9980725):

BeamtenV

ges. RV

1995

3,10 %

0,50 %

1996

0,00 %

0,95 %

1997

1,30 %

1,65 %

1998

1,50 %

0,44 %

1999

2,80 %

1,34 %

2000

0,00 %

0,60 %

2001

1,70 %

1,91 %

2002

2,10 %

2,16 %

2003

1,74 %

1,04 %

2004

0,00 %

0,00 %

Dies ergibt in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Durchschnittswert von 1,059 % und in der Beamtenversorgung von 1,424 %. Schon der für die gesetzliche Rentenversicherung sich ergebende Durchschnittswert spricht dafür, die bei der VBL vorgesehene Anpassung von 1 % als volldynamisch zu bewerten.

Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, es sei durchaus möglich, dass auf Grund einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage die Versorgungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung 2004 und 2005 wieder deutlich steigen würden, ist das zwar theoretisch denkbar, aber im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten wenig wahrscheinlich. Vielmehr werden die Pensionen ebenso wie die gesetzlichen Renten - was sich in den vorgenannten Vergleichszahlen noch nicht niedergeschlagen hat - in den kommenden Jahren sogar abgeschmolzen: So steht für die Beamtenversorgung fest, dass der Höchstversorgungssatz von 75 % auf 71,75 % absinken wird (voraussichtlich bis 2010), während sich für die gesetzliche Rentenversicherung weder der Zeitraum der Übergangsphase noch das Absenkungsniveau verlässlich feststellen lassen (vgl. im Einzelnen BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378 = FamRZ 2004, 256 [259]). Im Übrigen könnte eine veränderte Dynamik ggf. im Rahmen des § 10a VAHRG berücksichtigt werden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es auch nicht in Betracht, für die Rückschau einen wesentlich längeren als den Zehn-Jahreszeitraum heranzuziehen. Zwar ist der Rechtsbeschwerde zuzugeben, dass sich die durchschnittlichen Steigerungsraten in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Beamtenversorgung nachhaltig erhöhen, wenn ein längerer Vergleichszeitraum gewählt wird. Da die bisherige tatsächliche Entwicklung hier aber als Indiz für die zukünftige Entwicklung herangezogen werden soll, geht es insbes. nicht an, wie von der Rechtsbeschwerde geltend gemacht, beliebige Vergleichszeiträume (von 1988/1991 bis 2000) auszuwählen und dadurch die jüngste Entwicklung völlig auszuklammern. Wie viele Jahre für die Frage einer Volldynamik als angemessener Vergleichszeitraum konkret heranzuziehen sind, hat der Senat bisher nicht entschieden. Allerdings hat er bereits ausgesprochen, dass ein Vergleichszeitraum von fünf Jahren nicht ausreicht (BGH, Beschl. v. 5.10.1994 - XII ZB 129/92, MDR 1995, 387 = FamRZ 1995, 88 [92]), wohl aber von acht Jahren (BGH, Beschl. v. 25.9.1996 - XII ZB 226/94, MDR 1997, 265 = FamRZ 1997, 161 [163]); im Übrigen wurden unterschiedlich lange Vergleichszeiträume zu Grunde gelegt (vgl. etwa: BGH, Beschl. v. 27.10.1982 - IVb ZB 537/80, BGHZ 85, 194, 202 = MDR 1983, 210; Beschl. v. 15.12.1982 - IVb ZB 684/81, MDR 1983, 475 = FamRZ 1983, 265 [266]; Beschl. v. 22.6.1983 - IVb ZB 884/80, MDR 1984, 36 = FamRZ 1983, 998 [999]; Beschl. v. 10.7.1985 - IVb ZB 836/80, MDR 1986, 300 = FamRZ 1985, 1119 [1121]; Beschl. v. 18.9.1985 - IVb ZB 184/82, MDR 1986, 569 = FamRZ 1985, 1236 [1239]; Beschl. v. 23.9.1987 - IVb ZB 18/85, MDR 1988, 130 = FamRZ 1987, 1242; Beschl. v. 4.10.1990 - XII ZB 115/88, MDR 1991, 534 = FamRZ 1991, 310 [312]; Beschl. v. 25.3.1992 - XII ZB 88/89, MDR 1992, 971 = FamRZ 1992, 1051 [1054]; Beschl. v. 20.9.1995 - XII ZB 86/94, MDR 1996, 72 = FamRZ 1996, 97; Beschl. v. 25.9.1996 - XII ZB 227/94, MDR 1997, 166 = FamRZ 1997, 164 [165]; Beschl. v. 9.10.1996 - XII ZB 188/94, MDR 1997, 262 = FamRZ 1997, 166 [168] und Beschl. v. 10.7.2002 - XII ZB 122/99, BGHReport 2002, 1082 = FamRZ 2002, 1554 [1555]). Die Frage des Zeitraums ist auch keiner für alle denkbaren Entwicklungen verbindlichen Entscheidung zugänglich. Denn der Vergleichszeitraum kann nicht abstrakt ohne Bezug zur konkreten wirtschaftlichen Entwicklung allgemein verbindlich festgelegt werden, weil er immer nur Indizwirkung für die zukünftige Entwicklung haben kann. Die gegenwärtigen Einschnitte in die Beamtenversorgung und die gesetzliche Rentenversorgung stellen eine Ausnahmesituation dar, wie sie seit Einführung des Versorgungsausgleichs bisher nicht vorgelegen hat. So wurde beispielsweise in der Beamtenversorgung vor der jetzigen Neuregelung der Höchstsatz des Ruhegehaltes zuletzt (von 80 % auf 75 %) durch die "Dritte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen" v. 6.10.1931 (RGBl. I 537 ff.; Dritter Teil/Kapitel V Pensionskürzung) herabgesetzt. Jedenfalls in der heutigen Lage kann für die Prognose, die alle bedeutsamen Umstände berücksichtigen soll, kein über den hier angenommenen Zehn-Jahreszeitraum hinausgehender Vergleichszeitraum herangezogen werden. Denn andernfalls würde die in den letzten zehn Jahren erkennbar gewordene und verfestigte Tendenz zu geringeren Steigerungsraten nicht mehr hinreichend berücksichtigt werden.

Damit ist vom volldynamischen Charakter der VBL-Betriebsrente nur im Leistungsstadium auszugehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1205670

BGHZ 2005, 41

NJW 2004, 2676

BGHR 2004, 1422

FamRZ 2004, 1474

FamRZ 2004, 1631

FuR 2004, 518

DNotI-Report 2004, 193

ZTR 2004, 602

DÖD 2005, 41

FPR 2004, 582

FPR 2004, 604

MDR 2004, 1240

FamRB 2004, 321

NJW-Spezial 2004, 202

FK 2004, 165

JWO-FamR 2004, 267

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