Leitsatz (amtlich)

Ist zu klären, ob für einen Grundstückseigentümer die Schaffung eines Zugangs von dem öffentlichen Weg zu abgeschnittenen Grundstücksteilen auf seinem Grundstück wirtschaftlich zumutbar oder der Nachbar zur Duldung der Benutzung seines Grundstücks verpflichtet ist, ist für die Frage der Zumutbarkeit das Verhältnis der für die Schaffung einer Zuwegung notwendigen Kosten zu der Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Grundstücks entscheidend; auf die Beeinträchtigung des auf Duldung des Notwegs in Anspruch genommenen Nachbarn ist in diesem Zusammenhang nicht abzustellen.

 

Normenkette

BGB §§ 917-918

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 25.01.2008; Aktenzeichen 16 O 86/07)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der Einzelrichterin der 16. Zivilkammer des LG Hannover vom 25.1.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu je ½ zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschwer für die Kläger: unter 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Die jetzigen Kläger als Erbengemeinschaft des zwischen den Instanzen verstorbenen Erblassers begehren die Verurteilung des Beklagten dahin, es zu unterlassen, ihr Grundstück für die Zuwegung zu seinem Grundstück M. 34 zu nutzen sowie auf die jeweiligen Mieter der Geschäftsräume und Mietwohnungen einzuwirken, es gleichfalls zu unterlassen, über das Grundstück M. 36 das benachbarte Grundstück M. 34 zu nutzen. Der Beklagte begehrt mit der Widerklage die Verurteilung der Kläger dahin, ihm über das benachbarte Grundstück Zugang zu dem hinter seinem Haus liegenden Grundstücksteil zu gewähren.

Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat nach Durchführung eines Ortstermins die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat das LG angegeben, der Kläger sei verpflichtet, die Zuwegung zum Grundstück des Beklagten gem. § 1004 Abs. 2 BGB zu dulden; dem Beklagten - sowie seinen Mietern - stehe ein Notwegerecht gem. § 917 Abs. 1 BGB zu. Das Erreichen der Wohnungen sei - insbesondere aufgrund der Tatsache, dass das vorne gelegene Geschäft vom Treppenhaus abgetrennt worden ist - nur über das Grundstück des Klägers möglich. Der Zuweg sei auch in der Vergangenheit so genutzt worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Diese verweisen darauf, dass der Beklagte die Notlage hinsichtlich der Zuwegung zu den Mietwohnungen durch den Umbau des Geschäftes selbst geschaffen habe. Ein Vortrag des Beklagten, für die Zuwegung zum Garten sei die Nutzung des klägerischen Grundstücks erforderlich, sei nicht erfolgt. Eine Klärung der Kosten für die Änderung des Geschäfts zwecks Schaffung eines Durchgangs zum Treppenhaus sei vom LG nicht vorgenommen worden. Das LG habe auch keine gebotene Abwägung vorgenommen, ob dem Beklagten der Umbau des Geschäftes zumutbar sei.

Der Kläger stellt die Anträge, das Urteil des LG Hannover vom 25.2.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, das Grundstück M. 36 in B. für die Zuwegung zum Grundstück M. 34 in B. zu nutzen; dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen; den Beklagten zu verurteilen, dafür Sorge zu tragen, dass die jeweiligen Mieter der Geschäftsräume sowie der Mietwohnungen des Grundstücks M. 34 in B. es unterlassen, das Grundstück M. 36 in B. für die Zuwegung zum Grundstück M. 34 in B. zu nutzen; den Beklagten zu verurteilen, an ihn 399,72 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz für nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen; die Widerklage des Beklagten abzuweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet, die Nutzung des Seiteneingangs werde seit den 30er Jahren vorgenommen. Ein Zugang vom Geschäft zum Treppenhaus sei jetzt nicht mehr möglich. Die Wohnung im 2. OG sei bereits 1970 respektive 1991 von den seinerzeitigen Mietern nur über den Seiteneingang zu erreichen gewesen. Bis 1991 sei durch das Ladengeschäft von den Mietern niemand gegangen. Seit 1991 habe auch die damalige Eigentümerin den Laden nicht mehr als Durchgang genutzt. Die Schaffung eines neuen Zugangs sei wirtschaftlich unzumutbar. Angesichts der bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen (Mindestbreite des Flurs 1,25 m) und des Umstands, dass das Treppenhaus nicht verlegt werden könne, ohne das gesamte Vorderhaus abzureißen sowie des Umstands, dass ein Umbau mindestens 100.000 EUR kosten würde, sei ein Notwegerecht vorhanden. Ein Zugang über die linke Seite des Hauses über das Grundstück M. 32 hätte zur Folge, dass der Laden dann nur noch als Kiosk nutzbar wäre, da sich die Fläche um die Hälfte verkleinere. Er sei sich nicht sicher, ob sich dies überhaupt nach der Satzung der Stadt B. genehmigen ließe, da dort nur Ladengeschäfte f...

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