Rz. 72

Bei der Doppelvermietung sind beide Verträge wirksam, da sich jede Person mehrfach zur Erbringung derselben Leistung verpflichten kann (BGH VIII ZR 46/61, MDR 1962, 398; LG Berlin, Urteil v. 27.9.2013,63 S 127/13, GE 2013,1587), ohne dass darauf ankommt, welcher Mieter den Mietvertrag zuerst abgeschlossen hat (OLG Hamm, NJW-RR 2004,521), auch dann nicht, wenn unterschiedliche Personen dieselbe Wohnung vermietet haben (AG Frankfurt/Main, WuM 1991, 336). die Vermietung von unterschiedlichen Personen vorgenommen wird. Die h. M. verweist darauf, dass es die Vertragsfreiheit gebiete, jede Partei eigenverantwortlich entscheiden zu lassen, wem sie hinsichtlich der von ihr abgeschlossenen schuldrechtlichen Verträge Erfüllung oder Schadensersatz leisten will. Die Unmöglichkeit und damit der Wegfall des Erfüllungsanspruchs sind anzunehmen, wenn der Vermieter die Sache übergeben hat, weil er dann nicht mehr an den anderen Mieter leisten kann.

 
Hinweis

Einstweilige Verfügung und Besitzeinräumung

Umstritten ist, ob der Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung vor Besitzeinräumung an einen der beiden Mieter gezwungen werden kann, dem anderen Mieter den Besitz zu versagen (so Kohler, NZM 2008, 545; a. A. u. a. KG Berlin, WuM 2017, 1220; OLG Koblenz, Urteil v.25.10.2007,5 U 1148/07, ZMR 2008,50; KG Berlin, Beschluss v. 25.1.2007, 8 W 7/07, GE 2007, 590).

Hat ein Mieter den Besitz rechtmäßig (vom Vermieter eingeräumt) erlangt, hat er Besitzschutzansprüche nach §§ 854ff. gegen jedermann, also auch gegen den anderen Mieter, der schuldrechtlich einen wirksamen Mietvertrag hat, aber nicht im Besitz der Wohnung ist. Hier greift § 536 Abs. 3 ein, sodass der nichtbesitzende Mieter ggf. Schadensersatzansprüche § 536 Abs. 3, § 536a hat (vgl. KG, Beschluss v. 25.1.2007, 8 W 7/07, a. a. O.). Nach Beendigung des (Haupt-) Mietverhältnisses mit einem Zwischenvermieter erlangt der Hauptvermieter einen Herausgabeanspruch (§§ 546 Abs. 2, 985) gegen den Untermieter. Hierbei handelt es sich um ein Recht eines Dritten i. S. v. § 536 Abs. 3. Macht der Hauptvermieter den Herausgabeanspruch gegen den Untermieter geltend und wird diesem dadurch der vertragsgemäße Gebrauch der gemieteten Sache, auf den er nach dem fortbestehenden Untermietvertrag Anspruch hat, ganz oder teilweise entzogen, kann er Schadensersatz für eine Ersatzunterkunft verlangen (BGH, Urteil v. 21.6.2023, VIII ZR 303/21, NJW-RR 2023, 1365 m. w. N.).

Bei Doppelvermietung bleibt fraglich, ob unabhängig von einem Schadensersatzanspruch ein Leistungsanspruch gegen den Vermieter auf Einräumung des Besitzes besteht. . Dies wird teilweise verneint (LG Berlin, Urteil v. 22.5.1990, 64 S 518/89, GE 1991, 357 [358]). Die Begründung, dass die Besitzüberlassung an einen Mieter die an den anderen Mieter unmöglich macht, überzeugt deswegen nicht, weil es sich um die Frage des Unvermögens des Vermieters handelt, die Besitzübergabe jedenfalls nicht unmöglich ist und u. U. gerade in der Zukunft möglich werden kann, z. B. wenn der andere Mieter, aus welchen Gründen auch immer, selbst die Wohnung wieder räumt, vielleicht nach Abfindungszahlung durch den Vermieter. Deswegen nehmen ein (wesentlicher) Teil der Rechtsprechung und Teile der Literatur an, dass ein Wahlrecht zwischen Leistungs- und Schadensersatzanspruch besteht (vgl. LG Berlin, GE 1995, 111; LG Köln, Urteil v. 30.11.1989, 1 S 296/89, WuM 1990, 65) Schach, GE 1994, 132 [133]; Blank/Börstinghaus, § 536 Rn. 39). Der Leistungsanspruch scheitert jedenfalls bei Doppelvermietung an § 275 Abs. 1, sofern feststeht, dass der Vermieter die Sache von dem besitzenden Mieter nicht mehr – z. B. durch Kündigung oder Abstandszahlung – zurückverlangen kann (KG, Beschluss v. 25.9.2008,8 U 44/08, ZMR 2009, 119).

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