Wohninvestmentmarkt: Deutschland laufen die Entwickler weg
Transaktionen mit Wohnimmobilien am deutschen Markt haben nach Zahlen verschiedener Maklerhäuser im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr weiter zugenommen. Zwar hat sich die Dynamik Im zweiten Quartal gegenüber dem ersten Quartal abgeschwächt, die Entwicklung wird dennoch weitgehend positiv bewertet, insbesondere was Portfolioverkäufe betrifft.
Hohe Baukosten, langwierige Genehmigungsverfahren, unstete Förderkulissen, hohe Baustandards und regulatorische Unsicherheiten führen aber dazu, dass Investoren den Blick vermehrt über die Grenzen richten, so das Ergebnis eines Expertenpanels.
Entwicklerperspektive: Verfahrenskomplexität bremst
Pepijn Morshuis, CEO von Trei Real Estate, beschrieb die strukturellen Probleme aus Entwicklersicht. Besonders kritisch seien die langen Durchlaufzeiten bei Bebauungsplanverfahren: Selbst bei Bauvorhaben nach § 34 BauGB betrage die Dauer von der Planung über die Genehmigung bis zur Umsetzung und Fertigstellung in der Regel sechs bis acht Jahre. Trotz positiver Signale aus der Politik blieben die Prozesse zäh. Der stete Wechsel politischer Mehrheiten führe zu ständig neuen Anforderungen, was Investoren und Entwickler stark verunsichere und eine belastbare Kalkulation erschwere.
Vergleichbare Prozesse könnten in Ländern wie Polen und den USA innerhalb weniger Monate abgewickelt werden. "Wir haben in den USA erlebt, dass man mit klaren Fristen und festen Ansprechpartnern innerhalb von zweieinhalb Jahren ein komplettes Bebauungsplanverfahren durchführen kann. Das gesamte Projekt wurde in nicht einmal fünfeinhalb Jahren realisiert – in dieser Zeit erhalten Sie hierzulande nicht einmal eine Baugenehmigung", so Morshuis.
Investorenperspektive: Stabilität und Rendite im Ausland
Trotz des hohen Interesses an Wohnimmobilienprojekten ist die Zahl der geeigneten Vorhaben in Deutschland rückläufig. Der hohe Nachfrageüberhang in den Metropolen treffe auf eine strukturelle Angebotsknappheit, die Risiken auf Kostenseite steigen, die erzielbaren Renditen reichen teils nicht aus, um diese auszugleichen, beleuchtete Felix Meyen, Geschäftsführer der HIH Invest Real Estate, die Sicht institutioneller Investoren.
HIH Invest reagiert darauf mit dem strategischen Fokus auf westeuropäische Metropolen mit stabiler Nachfrage und verlässlichen Rahmenbedingungen. Auf Investorenseite sei das Interesse an stabilen, risikoarmen Produkten im Wohnbereich groß, sagt Meyen.
Renditestarke Alternativen mit wenig Regulierung
Michael Keune, Geschäftsführer bei Catella Investment Management, betonte die strukturellen Chancen, die sich auf den nordischen und irischen Wohnungsmärkten unter anderem hinsichtlich Mietregulierung, Preisentwicklung, Eigentümerstruktur und Finanzierungskosten bieten. Finnland etwa weise kaum regulatorische Eingriffe auf.
Diese Marktstruktur begünstigt eine hohe Preistransparenz und schnelle Anpassungen der Marktwerte. Das wiederum führt zu einem stark institutionell geprägten Eigentum mit stabilen Cashflows.
"Das bedeutet für uns mehr Planbarkeit, mehr Dynamik und geringere Regulierungsrisiken", erklärt Keune. Faktoren, die entscheidend sind für einen langfristigen Investmenterfolg." Irland wiederum profitiert insbesondere im Bereich des studentischen Wohnens vom Brexit. Die Nachfrage explodiert – und das Angebot kann nicht mithalten.
Internationale Diversifizierung: strategische Notwendigkeit
Gerhard Lehner, Head of Germany bei Savills Investment Management, lenkte den Blick auf den japanischen Markt für Mehrfamilienhäuser. Tokio als herausragendes Beispiel biete kontinuierlich eine stabile Nachfrage und sehr geringe Fluktuation. Die Zielausschüttung liege bei rund vier Prozent jährlich. Die Möglichkeit, in Yen zu finanzieren, biete zusätzliche Ertragsvorteile.
"Tokio ist eine der dynamischsten und zugleich stabilsten Metropolregionen weltweit. Hier sehen wir langfristig stabile Erträge mit geringen Risiken", sagt Lehner.
Die vier Referenten waren sich einig: Die Internationalisierung institutioneller Wohninvestitionen ist keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern eine rationale Reaktion auf strukturelle Hemmnisse am deutschen Markt. So sei eine zügige, planbare und wirtschaftlich tragfähige Projektentwicklung schwierig. Deutschland bleibe relevant, der Status als sicherer Investitionshafen gerate jedoch unter Druck.
Transaktionsmarkt für Wohnimmobilien belebt sich
Nach Angaben von Colliers erreichte das institutionelle Wohninvestmentsegment im ersten Halbjahr 2025 ein Transaktionsvolumen von rund 4,3 Milliarden Euro – das sind acht Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2024 mit vier Milliarden Euro. Laut BNP Paribas Real Estate stieg das Volumen um 36 Prozent auf zirka 4,5 Milliarden Euro. Die Maklerhäuser kommen zu dem Schluss, dass das Ergebnis im zweiten Quartal deutlich unter dem des Vorquartals liegt.
JLL, Nai Apollo, CBRE, Cushman & Wakefield und Savills kommen auf Halbjahresumsätze zwischen drei Milliarden Euro und 4,4 Milliarden Euro. Besonders im Core- und Core-Plus-Segment wird teilweise ein deutliches Wachstum verzeichnet, Portfolios haben einen großen Anteil an den Deals (Colliers spricht von 55 Prozent) und der Umsatz mit Projektentwicklungskäufen steigt wieder, laut CBRE um 27 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro – das werten die Marktexperten einhellig als Zeichen für eine Stabilisierung. Sie erwarten trotz weltweiter Krisen ein starkes zweites Halbjahr 2025.
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