
Wirtschaftsunternehmen haben sie im Rennen um Fachkräfte wieder entdeckt, für die Immobilien- und Wohnungswirtschaft sind sie eine Chance, sich zu engagieren im Wettlauf gegen den Wohnungsmangel: Mitarbeiterwohnungen. Eine Studie zeigt, wie aus dem Trend ein passgenaues Angebot werden kann.
Wohnen und Arbeiten zusammen denken – das wird auch abseits der wirtschaftlichen Hotspots zunehmend zu einem wichtigen Aspekt für Wirtschaft und für kommunale Entwicklung, heißt es in einer Studie des Berliner Forschungs- und Beratungsinstituts Regio Kontext für das Verbändebündnis Wohnungsbau, in dem aus der Wohnungswirtschaft der GdW organisiert ist. Welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt und wie sich Wohnungsunternehmen einbringen können, verdeutlichen die Forscher anhand von Beispielen.
Kooperation Arbeitgeber – Wohnungsunternehmen
Was die konkrete Umsetzung angeht, stehen die Zeichen auf Zusammenarbeit, sagt Arnt von Bodelschwingh (Regio Kontext). Das könne unterschiedliche Ausprägungen annehmen: "Kleine und mittelständische Unternehmen schließen sich zusammen, um gemeinsam zu bauen. Dadurch sinken Kosten, Risiko und Aufwand für das einzelne Unternehmen".
Oder es kommen – als "natürliche" Kooperationspartner – Wohnungsunternehmen und Genossenschaften ins Spiel. Sie verfügen über die nötige Expertise und Erfahrung und machen eine effiziente Projektrealisierung möglich. Gerade bei innovativen Entwicklungen ist eine praxisnahe Prozessunterstützung durch kompetente Partner wichtig – "und der Mut der Verantwortlichen, neues Terrain zu betreten", sagt von Bodelschwingh.
Wie sich Wohnungsunternehmen einbringen können, wurde für die Studie (Link zum pdf siehe unten) in fünf Punkten detailliert ausgearbeitet. Beleuchtet werden unter jedem Aspekt steuerrechtliche und bilanzielle Aspekte aus Sicht von Arbeitgebern und Wohnungsunternehmen sowie miet- und genossenschaftsrechtliche Gesichtspunkte.
5 Varianten, in denen Wohnungsunternehmen eine tragende Rolle spielen können:
- Der Arbeitgeber vermietet eigene Wohnungen: Der Arbeitgeber vermietet eigene Wohnungen verbilligt an seine Mitarbeiter. Die Rolle eines Wohnungsunternehmens könnte hier darin bestehen, dem Arbeitgeber Wohnraum im Rahmen eines Kaufvertrags oder eines Baubetreuungsvertrags zu verschaffen oder die laufende Bewirtschaftung der Wohnungen zu übernehmen.
- Der Arbeitgeber selbst ist ein Wohnungsunternehmen, das Wohnungen verbilligt an eigene Mitarbeiter vermietet.
- Der Arbeitgeber (Mutterunternehmen) und ein Wohnungsunternehmen bilden einen Konzern: Das Wohnungsunternehmen vermietet Wohnungen an die Arbeitnehmer des Mutterunternehmens.
- Der Arbeitgeber mietet Wohnungen an: Die erhält er von einem Wohnungsunternehmen (fremder Dritter), zum Beispiel en bloc per Generalmietvertrag, und vermietet die Wohnungen selbst verbilligt an seine Belegschaft weiter.
- Der Arbeitgeber erwirbt Belegungsrechte: Das Wohnungsunternehmen (fremder Dritter) vermietet dann die Wohnungen zu Marktpreisen oder verbilligt an die Arbeitnehmer des Arbeitgebers.
Politik erkennt Vorzüge von Mitarbeiterwohnungen
Neu ist das Konzept der Mitarbeiterwohnung nicht. Während der industriellen Revolution entstanden Wohnquartiere für die Beschäftigten großer Unternehmen, zum Beispiel die Berliner Siemensstadt – heute Weltkulturerbe der Unesco. In den 1970er Jahren gab es Westdeutschland einen Bauboom bei Mitarbeiterwohnungen. 450.000 wurden damals bundesweit errichtet, erläutert Achim Amman, Geschäftsführer des Maklerhauses Black Label mit Sitz in Berlin-Charlottenburg: "Inzwischen gibt es nur noch 100.000, der Rest wurde verkauft". Die Notwendigkeit das zu ändern, sei unter anderem darin begründet, dass es immer schwieriger werde, das passende Personal zu finden – mit steigender Tendenz. Alleine in Berlin fehlen laut Amman 140.000 Arbeitskräfte.
Die Politik habe das erkannt, heißt es in der Studie von Regio Kontext, und sie reagiert: Zum 1.1.2020 wurde die steuerrechtliche Behandlung des "geldwerten Vorteils" neu geregelt. Seitdem fallen Steuernachzahlungen weg, wenn der Chef seinen Mitarbeitern eine vergünstigte Wohnung überlässt. Durch die Einführung eines Bewertungsabschlags in Höhe von einem Drittel vom ortsüblichen Mietwert wird die verbilligte Überlassung in diesem Rahmen lohnsteuerfrei gestellt. "Der Engpass beim bezahlbaren Bauen und Wohnen ist und bleibt aber die Grundstücksvergabe", so die GdW-Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser.
Auch die Länder sind nicht untätig: Mecklenburg-Vorpommern arbeitet an einer Förderrichtlinie, die Unternehmen bei der Schaffung von Mitarbeiterwohnungen unterstützt. Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop habe Gesetzesänderungen in Aussicht gestellt, ergänzt Amman, um die Rahmenbedingungen für Werkswohnungen zu verbessern. "Für die Stadt entlastet jede gebaute Werkswohnung den Mietmarkt", zitiert er die Senatorin.
Mitarbeiterwohnen in kommunalen Wohnungskonzepten
Das Mitarbeiterwohnen taucht immer häufiger auch in kommunalen Wohnungskonzepten und Vergabeverfahren auf, heißt es bei Regio Konzept. Doch "viele Unternehmen haben dabei Angst vor dem Aufwand, den das Mitarbeiterwohnen mit sich bringt. Dabei lässt sich der Aufwand durch kompetente Planung und passende Realisierungsmodelle gut handhaben", berichtet von Bodelschwingh aus der Beratungspraxis.
Ob und wie Unternehmen sich engagieren, hänge entscheidend davon ab, ob die Wohnangebote den Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechen. Auch die Rahmenbedingungen des Arbeitgebers (etwa finanzielle und organisatorische Kapazitäten, Flächenpotenziale) beeinflussen das Vorgehen. "Das Mitarbeiterwohnen ist wie ein Rohling, der durch die Bedürfnisse der beteiligten Akteure geformt wird: von der Starterwohnung über ein dauerhaftes Mietwohnungsangebot bis hin zur Unterstützung bei der Eigentumsbildung", fährt von Bodelschwingh fort.
Die Studie "Mitarbeiterwohnen – Der 'Kampf um die Köpfe' geht übers Wohnen" wird vom Verbändebündnis Wohnungsbau unterstützt. Im ersten Teil werden Fallbeispiele, im zweiten Teil Kooperationsmodelle zwischen gewerblicher und Wohnungswirtschaft vorgestellt. Die rechtlichen Voraussetzungen und Folgen dieser Modelle – zum Beispiel im Steuer- und Mietrecht – stehen dabei im Fokus. Die Ausführungen wurden vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen erarbeitet und befassen sich mit typischen Gestaltungsmöglichkeiten des Mitarbeiterwohnens in Kooperation mit Wohnungsunternehmen.