Bezahlbares Wohnen: Plant Österreich einen Mietendeckel?

Staatliche Kontrolle ist eine Möglichkeit, um hohe Wohnkosten in den Griff zu bekommen. Die deutsche Hauptstadt Berlin ist ein Reallabor in Sachen Regulierung – und scheitert immer wieder. Versucht sich jetzt Österreich am Mietendeckel?

Die Wohnungsmieten steigen seit Jahren. Die Kluft zu den Einkommen wird dabei immer größer, nicht nur in Deutschland, auch in anderen europäischen Ländern. In Österreich sind die Mieten zuletzt vor allem wegen der Inflation gestiegen. Nun hat sich die Regierung wohl zu drastischeren Maßnahmen durchgerungen, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Wie das News-Portal der Wiener Tageszeitung "Der Standard" berichtet, ist ein Mietendeckel geplant. Konkret heißt das: Von 2024 bis 2026 soll wohl der Anstieg der Mieten auf fünf Prozent pro Jahr begrenzt werden. "Danach soll eine einmalige Erhöhung der Miete pro Jahr möglich sein – im Umfang des Mittelwerts der Inflation der vergangenen drei Jahre", schreiben die Autoren, unter anderem, um extreme Mietanstiege auch in Zukunft zu verhindern.

Gedeckelt werden sollen demnach die Richtwert- und Kategoriemieten im Altbau und in manchen Gemeindebauten sowie die Mieten in Genossenschaftswohnungen – den freifinanzierten Neubau soll es wohl nicht betreffen. Das entsprechende Gesetz könnte im Oktober 2023 in Kraft treten.

OECD-Studie: Vor- und Nachteile staatlicher Mietregulierung

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) sieht eine staatliche Kontrolle der Mieten, wie es sie in den meisten der 37 OECD-Länder in irgendeiner Form gibt, teilweise kritisch.

Maßnahmen, wie etwa die Mietpreisbremse in Deutschland, könnten zwar dafür sorgen, dass die Mieten vorerst erschwinglich bleiben, es bestünde jedoch auch die Gefahr, dass "Mietern von heute auf Kosten der Mieter von morgen geholfen" werden, wie es in einer Studie der Organisation heißt.

Die OECD hat darin drei Arten von Mietkontrollen, die in den 37 Staaten zur Anwendung kommen oder kamen, unter die Lupe genommen und deren Vor- und Nachteile skizziert: Einfrieren der Miete, Kontrolle der Mietsteigerung bei Wiedervermietung und die Mietenstabilisierung.

Einfrieren der Miete (Mietendeckel)

Beim Einfrieren der Miete wird eine absolute Obergrenze für die Miete zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu vereinbart. Das betrifft also nur Neumieter.

Vorteile: Die Maßnahme kann eine Preistreiberei in angespannten Wohnungsmärkten verhindern und zu einem bezahlbaren Mietniveau führen, wenn die Mieten nicht an die Inflation und die steigenden Wohnkosten angepasst werden können.

Nachteile: Die Maßnahme kann sich im privaten Markt negativ auf die Wohnqualität auswirken, da die Vermieter womöglich keine Anreize mehr haben, in die Instandhaltung oder die Modernisierung von Wohnungen zu investieren.

Kontrollierte Mietsteigerungen bei Wiedervermietung

Bei neuen Mietverträgen wird eine gestaffelte (jährliche) Erhöhung der Miete vereinbart.

Vorteile: Vermieter können das Mietniveau an Kostensteigerungen anpassen, der Vermieter behält den Anreiz, in die Instandhaltung und Modernisierung der Wohnung zu investieren, und die Mieter sind vor unerwarteten und massiven Mieterhöhungen geschützt.

Nachteile: Die potenzielle Rendite für Vermieter sinkt, insbesondere wenn er an Langzeitmieter vermietet, Mieter ziehen weniger gerne um, und Investoren (potenzielle neue Vermieter) könnten davon abgehalten werden, auf dem privaten Vermietungsmarkt aktiv zu werden.

Mietenstabilisierung bei bestehenden Mietverhältnissen

Eine flexibel regulierte Obergrenze für Mieterhöhungen in bestehenden Mietverträgen (Mietenstabilisierung), die auch auf befristete und unbefristete Mietverhältnisse angewendet werden könnte.

Vorteile: Vermieter können die Miete innerhalb der vorgegebenen Grenzen regelmäßig an die Marktbedingungen anpassen, um langfristig Rendite zu sichern, und die Mieter sind vor plötzlichen und erheblichen Mietsteigerungen geschützt.

Nachteile: Die Rendite für Vermieter ist vor allem mit Langzeitmietern unattraktiv, das wiederum kann neue Investoren vom Eintritt in den privaten Vermietungsmarkt abhalten, Mieter ziehen weniger gerne um, und auf Dauer könnten eher einkommensstarke Haushalte in den Mietmarkt einsteigen, die möglicherweise stärker von den kontrollierten Mietsteigerungen profitieren.

OECD-Studie "Building for a better tomorrow: Policies to make housing more affordable"


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