Bewertung der Vorräte

Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten sind zum Abschlussstichtag nach Handelsrecht grundsätzlich einzeln und isoliert voneinander zu bewerten.

Wesentlicher Zweck dieser Vorschrift liegt darin, die Saldierung der Einzelwerte zu verhindern. Bei einer Gruppe von Gegenständen werden dadurch möglicherweise große Wertunterschiede aufgedeckt und Risiken transparent gemacht. Für die Bewertung sind die objektiven Verhältnisse zum Stichtag maßgeblich, auch wenn sie erst später bekannt werden.

Praxis-Beispiel: Objektive Verhältnisse am Stichtag maßgebend

Brennt das Außenlager infolge einer vorwitzigen Silvesterrakete bereits vor Mitternacht teilweise aus, reduziert sich der Warenbestand zum 31.12. mengenmäßig um die vernichteten Vorräte und darüber hinaus um den Wert der Beschädigung bei den geretteten Gütern. Dieser Umstand fließt auch dann in das Inventar ein, wenn der Unternehmer davon erst nach einem ausgedehnten Skiurlaub erfährt (sog. wertaufhellende Tatsache). Handelt es sich bei der Rakete aber um einen Spätzünder im neuen Jahr, so hat dieses missliche Ereignis keinen Einfluss auf Menge und Wert der Vorräte zum 31.12. gegen 24 Uhr (ggf. ist ein solcher Umstand aber im Jahresabschluss zu erläutern).

Die Einzelbewertung eines Wirtschaftsguts beruht auf den Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Wirtschaftsguts. Auch den Kfz-Händlern wird zugemutet, ihre Autos einzeln zu erfassen, weil deren Anschaffungskosten ohne Weiteres identifiziert und den einzelnen Vermögensgegenständen ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können.

Zu den Anschaffungskosten gehören alle Aufwendungen, um das Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, also auch Kosten für Transport, Verladung, Eingangszölle, die Kosten der Einlagerung usw., sog. Anschaffungsnebenkosten. Dies können auch nachträgliche Aufwendungen sein. Skonti und Rabatte mindern die Anschaffungskosten.

Bei den Herstellungskosten sind die Einzelkosten steuerlich und handelsrechtlich zwingend zu berücksichtigen. Das sind variable Kosten, die dem einzelnen Produkt direkt zuzuordnen sind. 

Bezüglich der Gemeinkosten bestanden nach Handelsrecht bis 2009 Wahlrechte bezüglich der Material- und Fertigungsgemeinkosten. Durch die Änderungen durch das BilMoG erfolgte eine Anpassung an steuerliche Vorschriften in Richtung eines Vollkostenansatzes:

Fertigungsmaterial-Einzelkosten
+Fertigungslohn und sonstige Einzelkosten der Fertigung
+Sondereinzelkosten der Fertigung (Spezialwerkzeuge, Modelle, Entwurfskosten)
+notwendige Materialgemeinkosten (Beschaffung, Lagerung, Materialverwaltung)
+notwendige Fertigungsgemeinkosten (Werkzeuge, Werkstattkosten, Energiekosten)
+planmäßige Abschreibungen auf Anlagevermögen der Fertigung
=steuerlich und handelsrechtlich mindestens anzusetzende Herstellungskosten
+allgemeine Verwaltungskosten (ohne Vertriebskosten)
+Aufwendungen für soziale Einrichtungen (Kantine, Betriebsarzt)
+Aufwendungen zur betrieblichen Altersversorgung (Pensionszahlungen und -rückstellungen, Direktversicherungen, Pensionskassen)
+Fremdkapitalkosten, sofern die Zinsen auf den Herstellungszeitraum entfallen und das Fremdkapital ausschließlich zur Finanzierung der Fertigung verwendet wird (§ 255 Abs. 3 HGB)
=steuerlich maximal anzusetzende Herstellungskosten

Von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Umlaufvermögens können "Gängigkeitsabschläge" auf den niedrigeren Teilwert vorgenommen werden. 

Praxis-Hinweis: wertlose Vermögensgegenstände

Wertlose Vermögensgegenstände aber auch so gut wie wertlose Vermögensgegenstände dürfen nicht mit den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten bewertet und in der Inventur erfasst werden.

Durchschnittsbewertung zur Bewertungsvereinfachung

Unter den Verfahren zur Bewertungsvereinfachung ist die Durchschnittsbewertung am weitesten verbreitet. Hierbei dürfen gleichartige Vermögensgegenstände oder - bei Preisschwankungen - auch Wirtschaftsgüter, die nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden (sogenannte vertretbare Wirtschaftsgüter), mit ihrem Durchschnittswert angesetzt werden.

Praxis-Tipp: Gleichartige Gegenstände zusammenzählen, messen, wiegen

Zweckmäßigerweise bereiten Sie eine geplante Durchschnittsbewertung schon bei der Aufnahme in der Inventur vor, indem Sie gleichartige Vorratsgegenstände bereits zusammenzählen, wiegen oder messen.

Schlagworte zum Thema:  Jahresabschluss