ISSB veröffentlicht IFRS S1 und IFRS S2

Das International Sustainability Standards Board (ISSB) hat nach einer längeren Konsultations- und Überarbeitungsphase die Nachhaltigkeitsberichtsstandards IFRS S1 und IFRS S2 veröffentlicht. Die IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS SDS) sollen im Gegensatz zu den nur in Europa verbindlichen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) eine weltweit einheitliche – aber auf dieser Ebene noch freiwillige – Berichterstattung zu nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen ermöglichen.

IFRS SDS: Veröffentlichung und Zielsetzung der neuen Standards

Die beiden Standards IFRS S1 „General Requirements for Disclosure of Sustainability-related Financial Information” und IFRS S2 “Climate-related Disclosure” wurden am 26.6.2023 durch das International Sustainability Standards Board (ISSB) veröffentlicht. Nach eigener Aussage sollen sie eine neue Ära nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungen auf den Kapitalmärkten weltweit einleiten.

Die Standards

  • sollen dazu beitragen, das Vertrauen in die Offenlegung von Nachhaltigkeitsthemen durch Unternehmen als Grundlage für Investitionsentscheidungen zu stärken und
  • schaffen eine gemeinsame Sprache für die Offenlegung der Auswirkungen klimabedingter Risiken und Chancen auf die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens.

Die Standards wurden begleitend vom ISSB-Vorsitzenden Emmanuel Faber auf der Jahreskonferenz der IFRS-Stiftung und im Rahmen einer Woche mit Veranstaltungen an Börsen auf der ganzen Welt präsentiert, darunter in Frankfurt, Johannesburg, Lagos, London, New York und Santiago de Chile. Das ASEAN Capital Markets Forum veranstaltet außerdem eine Auftaktveranstaltung in Singapur.

Unterschied der IFRS S1 und S2 zu den ESRS

Anders als in den ESRS, die von der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie ausgehen, bietet der IFRS S1 eine Reihe von Offenlegungspflichten, die es Unternehmen ermöglichen sollen, Investoren über die nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen zu informieren, denen sie kurz-, mittel- und langfristig ausgesetzt sind. Es fehlt die von der EU vorgesehenen doppelte Wesentlichkeit, nach der auch die Auswirkungen des unternehmerischen Handelns auf seine Umwelt zu berücksichtigen sind. Allerdings dürfte in der Praxis häufig ein Rückschlagen der Auswirkungen auf das Unternehmen vorkommen, so dass die Unterschiede letztlich doch nicht so groß sind.

Auch richtet sich das ISSB primär an die Adressaten der IFRS, d.h. die aktuellen und potentiellen Kapitalgeber, was die Fokussierung auf die Risiken und Chancen für das berichtende Unternehmen noch einmal betont. Auch legt bislang lediglich der IFRS S2 spezifische klimabezogene Offenlegungen fest – weitere Nachhaltigkeitsthemen fehlen noch, so dass beide Standards zusammen bislang nur vollständig die Empfehlungen der Task Force on Climate-lated Financial Disclosures (TCFD) berücksichtigen.

Weltweite Verwendung wird angestrebt

Die IFRS SDS sollen gewährleisten, dass Unternehmen neben Finanz- auch gleichzeitig Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen. In seiner Pressemitteilung betont das ISSB, dass die Standards für die Verwendung in Verbindung mit jeglichen Rechnungslegungsnormen entwickelt wurden und sich daher für eine weltweite Verwendung eignen. Um eine effiziente und effektive Berichterstattung bei Anwendung der ISSB-Standards in Kombination mit anderen Berichtsstandards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu gewährleisten, kündigt der ISSB die weitere Zusammenarbeit mit den Jurisdiktionen und den GRI an. Weiterhin möchte der ISSB mit den Jurisdiktionen und Unternehmen zur Unterstützung der Einführung von IFRS S1 und S2 zusammenarbeiten. Hierfür wurde die Transition Implementation Group gebildet.

Ab wann die neuen Standards gelten

IFRS S1 tritt gleichzeitig mit IFRS S2 für jährliche Berichtsperioden in Kraft, die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig, sofern auch IFRS S2 „Klimabezogene Angaben“ angewendet wird – allerdings fehlt es bislang in Europa an einer entsprechenden Verpflichtung und global agierende Unternehmen müssten die ISSB-Standards ergänzend zu der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach dem ESRS anwenden. Hier würden sich viele Überschneidungen ergeben, da auch die ESRS auf die Angabepflichten nach TCFD referenzieren.

ISSB stellt begleitende Dokumente zur Verfügung

Zusätzlich zu den Standards hat das ISSB die folgenden begleitenden Dokumente zur Verfügung gestellt, um weitere Informationen zu geben:

  • Standardbegründungen (Basis for Conclusions) für IFRS S1 und S2, welche die Erwägungen des ISSB bei der Standardentwicklung zusammenfassen,
  • Begleitende Leitlinien (Accompanying Guidance) für IFRS S1 und S2, welche bestimmte Aspekte von IFRS S1 und S2 veranschaulichen,
  • Auswirkungsanalyse (Effects Analysis) zu IFRS S1 und S2, welche den voraussichtlichen Nutzen und die voraussichtlichen Kosten von IFRS S1 und S2 beschreibt,
  • Projektzusammenfassung (Project Summary), welche einen Überblick der Projekte zur Entwicklung von IFRS S1 und S2 enthält,
  • Feedback Statement zu IFRS S1 und S2, welches die Rückmeldungen zu den vorangegangenen Standardentwürfen zusammenfasst, sowie
  • auch die o.g. Präsentationen der Standards.

Die Dokumente sind auf der Webseite der IFRS Stiftung abrufbar – ggf. nach einer kostenfreien Registrierung.

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Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeitsberichterstattung, IFRS