4.2.1.1 Finanzanlagen

 

Rz. 93

Gehören Wertpapiere zum Anlagevermögen, rechnen sie zu den Finanzanlagen.[1] Deren Nutzung oder Verwendung ist nicht zeitlich begrenzt. Für sie kommt daher weder handelsrechtlich die planmäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB noch steuerrechtlich die Absetzung für Abnutzung nach § 7 EStG in Betracht.

[1] S. Rz. 94 ff.

4.2.1.2 Handelsbilanz

 

Rz. 94

Handelsrechtlich werden Finanzanlagen außerplanmäßig abgeschrieben, wenn ihr Wert am Bilanzstichtag niedriger ist als der Buchwert.

 

Rz. 95

Handelt es sich um eine voraussichtlich nicht dauernde Wertminderung, so darf auf den niedrigeren Wert, der am Bilanzstichtag beizulegen ist, abgeschrieben werden (§ 253 Abs. 3 Satz 6 HGB). Es besteht ein Abschreibungswahlrecht.[1]

 

Rz. 96

Liegt aber eine voraussichtlich dauernde Wertminderung vor, so sind die Finanzanlagen mit dem niedrigeren Wert anzusetzen (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB). In diesem Fall besteht ein Abschreibungsgebot.[2]

 

Rz. 97

Kapitalgesellschaften und KapCo-Gesellschaften müssen diese Abschreibungen entweder in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert ausweisen oder im Anhang angeben (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB). Bei einem Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung empfiehlt sich ein Unterposten oder ein Vorspalten-Vermerk. Wird die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren aufgestellt, erfolgt daher der gesonderte Ausweis beim Posten Nr. 12 (Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens).[3]

[1] S. "Abschreibungen, AfA und Wertminderungen", Rz. 51 ff.
[2] S. "Abschreibungen, AfA und Wertminderungen", Rz. 47.
[3] Schmidt/Kliem, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 277 HGB Rz. 3 f.

4.2.1.3 Steuerbilanz

 

Rz. 98

Steuerrechtlich kann für Finanzanlagen der aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Es besteht nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ein Abschreibungswahlrecht. Nur in diesem Fall können Finanzanlagen auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden. Bei einer voraussichtlich vorübergehenden Wertminderung besteht daher ein Abschreibungsverbot.

 

Rz. 99

Wertmäßig entspricht der steuerrechtliche Teilwert dem handelsrechtlichen niedrigeren Wert.[1] Bei Wertminderungen der Finanzanlagen bestehen somit für die Abschreibung auf den niedrigeren Wert/Teilwert zwischen Handelsbilanz[2] und Steuerbilanz folgende Unterschiede:

 
  Handelsbilanz Steuerbilanz
Voraussichtlich nicht ­dauernde Wertminderung Abschreibungswahlrecht Abschreibungs­verbot
Voraussichtlich dauernde Wertminderung Abschreibungs­gebot Abschreibungswahlrecht

Da bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung steuerrechtlich ohnehin ein Abschreibungsverbot für Finanzanlagen besteht, interessiert für die Steuerbilanz nur, ob bei voraussichtlich dauernder Wertminderung einer Finanzanlage die handelsrechtliche Bewertung Einfluss auf die Steuerbilanz hat.

 

Rz. 100

In den Jahresabschlüssen ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen eines steuerlichen Wahlrechts wird ein anderer Ansatz gewählt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Handelsrechtlich besteht bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung für den Vermögensgegenstand Finanzanlage ein Gebot der Abschreibung auf den niedrigeren Wert. Dieses folgt aus dem Niederstwertprinzip und damit aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung. Nach Auffassung der Bundesregierung soll aus diesem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz aus § 5 Abs. 1 EStG i. d. F. des BilMoG folgen, dass steuerlich eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorzunehmen ist, steuerlich also kein Abschreibungswahlrecht besteht.[3]

 

Rz. 101

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollen Wahlrechte, die nur steuerlich bestehen, unabhängig vom handelsrechtlichen Wertansatz ausgeübt werden können. Das folge aus § 5 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz EStG i. d. F. des BilMoG. Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts werde insoweit nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG durch die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beschränkt. Als Beispiel für ein solches steuerliches Wahlrecht werden Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 Satz 2 EStG) genannt. Bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung sei zwar handelsrechtlich außerplanmäßig abzuschreiben, aber steuerlich könne der niedrigere Teilwert angesetzt werden. Die Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung in der Handelsbilanz sei nicht zwingend in der Steuerbilanz durch eine Teilwertabschreibung nachzuvollziehen. Der Steuerpflichtige könne darauf auch verzichten.[4] Auf die vorstehende Auffassung der Bundesregierung wurde nicht eingegangen.

 

Rz. 102

§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG a. F. stimmt wörtlich mit § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG i. d. F. des BilMoG überein. Vor dem Inkrafttreten des BilMoG war in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F. bestimmt, dass bei der steuerlichen Gewinnermittlung steuerrech...

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