Rz. 129

Für die Umsätze des Land- und Forstwirts kommt bei richtlinienkonformer Auslegung die Anwendung der Durchschnittssätze nach § 24 Abs. 1 UStG nur dann in Betracht, wenn er selbst landwirtschaftlicher Erzeuger i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MwStSystRL i. V. m. Anhang VII MwStSystRL ist – also die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 UStG erfüllt (Rz. 41ff., 44ff.) und nur soweit er landwirtschaftliche Erzeugnisse i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL i. V. m. Anhang VII MwStSystRL (Rz. 133ff.) bzw. i. V. m. Art. 295 Abs. 2 MwStSystRL (Rz. 143ff.) liefert bzw. landwirtschaftliche Dienstleistungen i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL i. V. m. Anhang VIII MwStSystRL (Rz. 147ff.) erbringt. Andere Umsätze, die der Unternehmer im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs sowie außerhalb dieses Betriebs tätigt, unterliegen dagegen den allgemeinen Regelungen des UStG. Davon gehen auch die Abschn. 24.1ff. UStAE aus. Ausnahmen ergeben sich allein für ältere Besteuerungszeiträume vor dem 1.1.2011 (Rz. 43).

 

Rz. 130

Dies führt – wie nachfolgend dargestellt – zu einer Vielzahl von Abgrenzungsfragen (Rz. 7) und dazu, dass viele Umsätze, die nach alter Auslegung unter § 24 UStG subsumiert wurden (Rz. 43), mittlerweile aus der Durchschnittssatzbesteuerung "herausgefallen" sind. Da die unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG fallenden Umsätze nach § 19 Abs. 3 UStG zum Gesamtumsatz rechnen (Rz. 123), scheidet auch regelmäßig die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG auf die aus § 24 UStG "herausgefallenen" Umsätze aus.[1] Es kommt auch nicht in Betracht, im Wege einer Gesetzesänderung die Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG dergestalt neben der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anzuwenden, dass für die der Regelbesteuerung unterliegenden Umsätze von Pauschallandwirten bis zu derzeit 22.000 EUR im Kj. keine USt erhoben wird. Denn zum Jahresumsatz des Kleinunternehmers i. S. d. Art. 288 Abs. 1 MwStSystRL rechnen auch die der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden Umsätze. § 19 Abs. 3 UStG entspricht insoweit also den unionsrechtlichen Vorgaben.

 

Rz. 131

Somit ist also grds. häufig auch für relativ geringe Umsätze eines Pauschallandwirts, etwa aus dem Verkauf zugekaufter oder eigener, nichtlandwirtschaftlicher Erzeugnisse (Rz. 133ff.) oder aus Dienstleistungen an Nichtlandwirte (z. B. gelegentliches Schneeräumen, Rz. 147ff.), USt an das FA abzuführen. Damit können u. U. komplexe Fragen der Vorsteueraufteilung nach § 15 Abs. 4 UStG (Rz. 284f.) verbunden sein (z. B. wenn ein Pferdepensionswirt u. a. selbst produzierte landwirtschaftliche Erzeugnisse verfüttert, Rz. 211). Gleichwohl kommt es mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht, für die der Regelbesteuerung unterliegenden Umsätze von Pauschallandwirten einen pauschalen Vorsteuerabzug etwa in Höhe der Durchschnittssätze oder der Vorsteuerpauschalen nach § 24 Abs. 1 UStG zuzulassen.[2] Strunz[3] appelliert an den Verordnungsgeber, auf der Grundlage von § 23 UStG einen pauschalen Vorsteuerabzug für Pferdepensionsbetriebe in §§ 69, 70 UStDV einzuführen. Nach hier vertretener Auffassung sollte dagegen der Gesetzgeber die Besteuerung nach Durchschnittssätzen nach § 23 UStG i. V. m. §§ 69, 70 UStDV bei nächster Gelegenheit streichen. Denn diese Normen sind auf dem Rechtsstand vom 1.4.1998, und der Aufwand für die eigentlich gebotene grundlegende Überarbeitung der danach begünstigten Berufe und Gewerbe sowie der jeweils anzuwendenden Durchschnittssätze[4] stünde in keinem angemessenen Verhältnis zur praktischen Bedeutung dieser Vorschriften.

Aus Gründen der Arbeitserleichterung für Steuerpflichtige und Verwaltung hat die Finanzverwaltung jedoch in Abschn. 24.6 Abs. 1 S. 1 UStAE die alte, eingeschränkte Bagatell-/Vereinfachungsregelung in Abschn. 268 UStR 2008 derart auf bestimmte der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze von Pauschallandwirten ausgedehnt, dass diese bis zur prognostizierten[5] Umsatzhöhe von 4.000 EUR pro Jahr noch der Pauschalierung nach § 24 UStG unterworfen werden können. Berücksichtigt man, dass die vormalige Umsatzgrenze von 1.200 EUR in Abschn. 268 UStR 2008 noch auf die Umsatzgrenze von 2.400 DM aus dem Jahr 1968 zurückging[6] und insoweit also bislang keine Anpassung an die Inflation erfolgt war, erscheinen auch die Aufkommensauswirkungen dieser Vereinfachungsregelung noch vertretbar. Durch ein weiteres BMF-Schreiben[7] war die Vereinfachungsregelung mit einer Nichtbeanstandungsregelung für vor dem 1.4.2013 ausgeführte Umsätze noch leicht modifiziert bzw. präzisiert worden.

Daneben sieht der UStAE noch weitere Vereinfachungsregelungen für den Verkauf gebrauchter landwirtschaftlicher Geräte in Abschn. 24.2 Abs. 6 UStAE (Rz. 236f.) und für den Verkauf immaterieller Wirtschaftsgüter/Rechte in Abschn. 24.3 Abs. 9 UStAE (Rz. 241) vor. Die Voraussetzungen aller dieser Vereinfachungsregelungen sind jeweils an der betreffenden Stelle des UStAE abschließend gen...

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