Rz. 133

Landwirtschaftliche Erzeugnisse i. S. d. Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 MwStSystRL i. V. m. Anhang VII MwStSystRL, die der Pauschalierung nach § 24 Abs. 1 UStG unterliegen, sind die vom Land- und Forstwirt in seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 24 Abs. 2 UStG (Rz. 44ff.) im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen (Ur-)Erzeugertätigkeit selbst produzierten Erzeugnisse.[1] Dies betrifft z. B. selbst produzierte Erzeugnisse wie Getreide, Vieh, Fleisch, Milch, Obst, Gemüse und Eier.[2] Die Vermarktung der eigenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse unterliegt der Pauschalierung unabhängig von dem Vertriebsweg, den der Land- und Forstwirt wählt; betroffen ist also nicht allein die Direktvermarktung an Endverbraucher über Verkaufseinrichtungen wie Hofläden und Marktstände, sondern auch der Verkauf an Großabnehmer wie z. B. Warengenossenschaften, Landhändler, Industrie usw.[3] S. Rz. 80 zum Verkauf über einen nichtlandwirtschaftlichen Absatzbetrieb des Land- und Forstwirts. S. Rz. 136ff. zu Erzeugnissen, die der Land- und Forstwirt aus der Verarbeitung von Erzeugnissen der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion gewinnt.

Unerheblich für die Frage, ob ein landwirtschaftliches Erzeugnis vorliegt, ist die Verwendung des Erzeugnisses durch den Erwerber; dieses muss also insbesondere nicht zwingend unmittelbar der Ernährung dienen. Unter den übrigen Voraussetzungen sind also z. B. auch Möhren, die vom Käufer als Futtermittel eingesetzt werden, Mais, den der Käufer zum Betrieb einer Biogasanlage verwendet, oder Pferde, die von den Käufern zur Ausübung des Reitsports benutzt werden, landwirtschaftliche Erzeugnisse des Land- und Forstwirts.[4]

 

Rz. 134

Der bloße Verkauf zugekaufter landwirtschaftlicher Erzeugnisse anderer Land- und Forstwirte sowie der Verkauf zugekaufter nicht betriebstypischer Produkte, sog. Handelswaren (z. B. Vasen, Tongefäße), durch den Land- und Forstwirt unterliegt der Regelbesteuerung.[5] Die Finanzverwaltung war dieser Auslegung des BFH mit einer Übergangsregelung bis zum 30.6.2008 gefolgt.[6] Abschn. 264 Abs. 1 S. 11 und Abs. 2 S. 6 und 7 UStR 2008 wurden insoweit aufgehoben. S. aber Rz. 136ff. zu Erzeugnissen, die der Land- und Forstwirt aus der Verarbeitung von Erzeugnissen der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion gewinnt.

Der bloße Verkauf zugekaufter Erzeugnisse unterliegt auch dann der Regelbesteuerung, wenn diese Verkäufe nur einen geringen Umfang haben. Da die im Ertragsteuerrecht geltenden Zukaufsgrenzen bei richtlinienkonformer Auslegung des § 24 UStG umsatzsteuerlich ohne Bedeutung sind, finden etwa die Regelungen in R 15.5 Abs. 5 und 6 EStR bei der USt keine entsprechende Anwendung. Bezüglich zugekaufter landwirtschaftlicher Erzeugnisse genügt es für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nicht, dass diese aus einer land- und forstwirtschaftlichen Erzeugertätigkeit (eines anderen Land- und Forstwirts) hervorgegangen sind. Auch die Motive des Zukaufs sind insoweit unerheblich; Umsätze mit zugekauften Erzeugnissen fallen auch dann nicht unter die Pauschalierung, wenn der Zukauf betriebswirtschaftlich geboten ist, um z. B. trotz schlechter Ernte Lieferpflichten einhalten zu können, oder um trotz eines Hagelschadens die betrieblichen Grundlagen erhalten zu können. Soweit der BFH für Handelswaren den Begriff der "nicht betriebstypischen Erzeugnisse" verwendet, bedeutet dies nicht, dass diese unter die Durchschnittssatzbesteuerung fielen, wenn sie nach der Verkehrsanschauung für den jeweiligen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb womöglich noch als "betriebstypisch" angesehen werden könnten (z. B. Verkauf von Töpfen und Vasen in der Gärtnerei eines Land- und Forstwirts), denn als nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse fallen Handelswaren zwingend unter die Regelbesteuerung.

Rz. 135 einstweilen frei

 

Rz. 136

Werden zugekaufte landwirtschaftliche Erzeugnisse vom Land- und Forstwirt nicht lediglich in der Art eines Händlers weiterveräußert[7], sondern verweilen sie noch eine Weile im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen selbst erzeugten und zugekauften Erzeugnissen. In solchen Fällen wird ein selbst erzeugtes landwirtschaftliches Erzeugnis angenommen werden können, wenn das erworbene Erzeugnis beim Erwerb noch nicht als fertiges landwirtschaftliches Erzeugnis anzusehen ist und im Betrieb des Land- und Forstwirts im Rahmen eines Erzeugungsprozesses unter Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens eine wesentliche Veränderung etwa in Form einer agrarischen Kultivierung erfährt, wenn dort also in Bezug auf dieses Erzeugnis eine Tätigkeit der Urproduktion erfolgt.[8]

 

Rz. 137

Solche Abgrenzungen dürften hinsichtlich der Erzeugung von Pflanzen insbesondere im Bereich des Gartenbaus, der Baumschulen und der Forstwirtschaft vorzunehmen sein. Die Ausgangsprodukte wie Samen, Zwiebeln, Knollen, Stecklinge und Jungpflanzen müssen grds. nicht im eigenen Betrieb erzeugt worden sein. Beim Zukauf solcher Produkt...

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