Rz. 50

Dem Nullsteuersatz unterliegen nicht automatisch die Lieferungen von Fotovoltaikanlagen an jedermann. Begünstigt sind nur Lieferungen an den Betreiber einer Fotovoltaikanlage. Somit kann der Nullsteuersatz nur angewendet werden, wenn der Leistungsempfänger als Betreiber der Fotovoltaikanlage anzusehen ist. Betreiber ist grundsätzlich derjenige, der als Betreiber nach § 3 Nr. 2 EEG die Anlage für die Stromerzeugung nutzt und dementsprechend im Marktstammdatenregister registrierungspflichtig ist. Es ist nicht von Bedeutung, wer zivilrechtlicher Eigentümer der Immobilie ist, auf der oder in deren Nähe die Fotovoltaikanlage installiert ist. Es besteht nämlich die Möglichkeit, dass der zivilrechtliche Eigentümer die Fotovoltaikanlage vermietet oder verpachtet. In diesem Fall ist der Mieter oder Pächter Betreiber der Fotovoltaikanlage.

 

Rz. 51

Die Anwendung des Nullsteuersatzes nur für die Lieferung an bestimmte Abnehmer (hier Betreiber einer Fotovoltaikanlage) verstößt – auch wenn sie mit Unionsrecht in Einklang steht – gegen den dem deutschen USt-Recht zugrundeliegenden Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung. Nach einem für die MwSt fundamentalen Grundsatz sollen gleichartige Waren und Dienstleistungen gleich hoch besteuert werden. Dies gilt unabhängig davon, wer den Umsatz ausführt und wer der Leistungsempfänger ist. Dementsprechend soll grundsätzlich aus systematischen Erwägungen eine Steuerermäßigung (hier in Form der Anwendung des Nullsteuersatzes) nicht davon abhängig gemacht werden, welcher Personenkreis der Empfänger der Leistung ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 41). Allerdings handelt es sich bei § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG nicht um den ersten Fall der Abkehr vom Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung. Bei der Steuerermäßigung für die Lieferung bestimmter Kunstgegenstände nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG hat der deutsche Gesetzgeber die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes allerdings davon abhängig gemacht, wer der Lieferer eines Kunstgegenstands ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG Rz. 7).

 

Rz. 52

Weil nur die Lieferungen einer kompletten Fotovoltaikanlage oder deren Komponenten an Abnehmer mit Betreibereigenschaft dem Nullsteuersatz nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG unterliegen, ist auf die in der Lieferkette vorausgehenden Lieferungen (z. B. vom Hersteller an Groß- oder Zwischenhändler, vom Groß- oder Zwischenhändler an Handwerker oder an Leasinggeber oder Mietverkäufer) zwingend der allgemeine Steuersatz von 19 % anzuwenden. Allerdings wird es sich in aller Regel bei den nicht als Betreiber anzusehenden Abnehmern wegen ihrer steuerpflichtigen Ausgangsumsätze um voll zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger handeln, die die ihnen in Rechnung gestellte USt in voller Höhe als Vorsteuer abziehen können. Diese Abnehmer werden systemgerecht nicht mit USt belastet, sondern über den Vorsteuerabzug entlastet.

 

Rz. 53

Nach der Verwaltungsauffassung[1] sind Betreiber der Fotovoltaikanlage die natürlichen Personen, juristischen Personen oder Personenzusammenschlüsse, die dem Grunde nach zum Leistungszeitpunkt (Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an der Anlage oder deren Komponenten) als Betreiber der jeweiligen Anlage im Marktstammdatenregister registrierungspflichtig sind oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden. Hierfür genügt es, wenn die Anlage unmittelbar an das Stromnetz angeschlossen werden soll; auf eine tatsächliche Einspeisung oder Förderung nach dem EEG kommt es nicht an. Als Betreiber kommen auch Wohnungseigentümergemeinschaften in Betracht.[2] Der Betreiber kann, muss aber nicht zwingend die Unternehmereigenschaft haben. Deshalb können Betreiber z. B. Privatpersonen, die öffentliche Hand in ihrem Hoheitsbereich oder Vereine im ideellen Bereich sein (z. B. wenn sie eine sog. Inselanlage ausschließlich für den Stromeigenbedarf betreiben).

 

Rz. 54

Für die Betreibereigenschaft genügt die Registrierungspflicht im Marktstammdatenregister. Auf die tatsächliche Registrierung kommt es nicht an. Deshalb ist die tatsächliche Registrierung im Marktstammdatenregister (z. B. im Falle von Steckersolaranlagen, sog. Balkonkraftwerken) für die Betreibereigenschaft nicht maßgeblich.[3]

Auch wenn keine Registrierungspflicht im Marktstammdatenregister besteht (z. B. bei sog. Inselanlagen), kann gleichwohl der Nullsteuersatz zur Anwendung kommen (Rz. 46). Bei fehlender Registrierungspflicht ist die Verwaltung großzügig. In diesem Fall ist aus Vereinfachungsgründen davon auszugehen, dass der Leistungsempfänger der Betreiber der Fotovoltaikanlage ist.[4]

 

Rz. 55

Der Abnehmer der Fotovoltaikanlage oder deren Komponenten muss im Leistungszeitpunkt grundsätzlich registrierungspflichtig sein oder voraussichtlich registrierungspflichtig werden (Rz. 53). Auf die Verhältnisse nach dem Leistungszeitpunkt kommt es nicht an. Deshalb sind nachträgliche Änderungen der Person des Betreibers unerheblich. Die Anwendung des Nullsteuersatzes durch den Lieferer muss somit nicht korrigiert werden, wenn der im Zeitpunkt der Verschaffu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge