Die Digitalisierung zwingt auch den Automobilzulieferer MANN+HUMMEL, sein Steuerungsmodell von Grund auf neu zu gestalten. Dazu wurde die bestehende Matrixorganisation nach dem 4S-Modell umgekrempelt. Planungs- und Forecastprozesse wurden gestrafft und auf Handeln statt Problematisieren getrimmt. Auch Controller bekamen neue Rollen.

Vereinfachung durch Fokus und Klarheit

Der Automobilzulieferer MANN+HUMMEL stand vor der Herausforderung, die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit des Konzerns zu erhöhen. Dazu musste die Komplexität reduziert werden.

Die aktuelle, seit 2010 bestehende Matrixorganisation hatte das initiale Ziel die Kommunikation zwischen Konzernleitung und einzelnen Ländermärkten zu erhöhen. Die mehrdimensionale Steuerung mit zum Teil mehreren Verantwortlichen für einzelne Märkte führte jedoch mehr und mehr zu Reibungsverlusten. Auch die Integration des größten Zukaufs der Firmengeschichte erhöhte den Druck, das System zu überdenken.

Aus diesem Grund entschied sich die MANN+HUMMEL-Gruppe dazu ein neues Steuerungsmodell für die Gruppe zu implementieren. Emese Weissenbacher, CFO, und Julius Probst, Director Finance & Controlling, schilderten Vorgehen und Ergebnis bei der Reorganisation.

Schlankere Prozesse mit Hilfe des 4S-Modells

Die Basis des neuen Steuerungsmodells bildet das sog. 4S-Modell (s. Abb. 1 in der Bilderserie). Dabei erfolgt eine Aufteilung der Gesamtorganisation in folgende Aspekte:

  • Safeguarding: Das obere Management gibt die Richtung des Unternehmens vor und stellt durch das Controlling die Zielerreichung sicher
  • Shaping: Geschäftsbereiche übernehmen Verantwortung für die einzelnen Märkte
  • Skills: Operations ist als Shared-Service für die Wertschöpfung aller Geschäftsbereiche verantwortlich
  • Services: Der Vertrieb ist als Shared-Service aller Geschäftsbereiche tätig.

Das Modell wurde in schrittweise in die Organisation übertragen. Zunächst wurden die Rollen und Verantwortlichkeiten beschrieben. Die Profit Center und Budgetverantwortungen wurden neu definiert und im Anschluss die Rollenverantwortlichkeiten entlang der Wertschöpfungskette verteilt, was letztlich auch zu einer Vereinfachung im Controlling führte.

Initial wurde (bis 2015) ein Bottom-Up Planungsprozess verfolgt, innerhalb welchem die Planung über einen Zeitraum von sechs Monaten in zwei wesentlichen Schritten entstand.

  • Überführung der strategischen Ziele in die Planung mit dem Ziel der Formulierung von Target Lettern (lose Steuerung).
  • Anschließend entstand in einem iterativen Prozess die detaillierte Ausgestaltung.

Target-orientierte Planung halbiert die Prozessdauer

Mit dem neuen, 2015 erstmals genutzten Prozess, konnte der Planungszeitraum halbiert werden. Anstelle der ersten Planungsphase wird in einem Workshop des Management-Teams eine Zielstruktur erarbeitet und klare Zielvorgaben an die Gesellschaften kommuniziert. Die Erarbeitung von Zielgrößen für die wichtigsten Kennzahlen bietet eine Basis für das weitere Handeln. In der anschließenden Phase wird geprüft, ob

  • die festgelegten Ziele durch jeweilige Maßnahmen abgedeckt sind oder
  • aufgrund von Veränderungen am Markt Anpassungen notwendig sind.

In einem Abschlussworkshop werden diese Ergebnisse letztlich nur noch verifiziert.

Controller als Performance Manager

Um dieses Steuerungsmodell operationalisieren zu können, musste auch hier ein Umdenken stattfinden. Anstelle monatlicher Performance Reviews, bei denen viel Kapazität für die Ursachenanalyse von Planabweichungen aufgewandt wurde, trat ein monatlich rollierender Forecast. Dieser wird bezüglich der Jahreszielvorgaben analysiert und mögliche Maßnahmen zur Zielerreichung bewertet und diskutiert (s. Abb. 2 in der Bilderserie). Die Aufgabe des Controllings liegt hierbei darin, durch die Erstellung einer geeigneten Datengrundlage und wichtiger Kennzahlen das Management bei

  • der Entwicklung der Jahresziele,
  • der Einhaltung der abgeleiteten Planzahlen sowie
  • der Bewertung von Chancen und Risiken etwaiger Anpassungsmaßnahmen

durch das Jahr hindurch optimal zu unterstützen.

Die Firma MANN+HUMMEL hat durch die Umstellung erreicht, dass die Rollen klar verteilt sind und die Organisation den Fokus auf strategische Ziele legen kann. Somit ist die Flexibilität gewährleistet, die für die neuen Herausforderungen der Zukunft zwingend erforderlich sind.

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