Die 3 wichtigsten Kennzahlen für ein erfolgreiches Benchmarking
Benchmarking-Kennzahlen sollten klar, nachvollziehbar und pragmatisch sein
Ein häufiger Irrglaube beim Benchmarking ist, dass es komplexe Vergleichsparameter und Kennzahlen benötigt, um einen Erkenntnisgewinn zu erzielen. Dabei gilt: Ein gutes Benchmarking ist klar, nachvollziehbar und pragmatisch. Es soll Entscheidungsgrundlagen liefern, keine wissenschaftliche Abhandlung ersetzen. Je einfacher das Vorgehen, desto eher wird es im Unternehmen akzeptiert und tatsächlich genutzt.
Grundsätzlich lässt sich alles Benchmarken, was messbar ist und die Erhebung einer relevanten Datenbasis erlaubt. Das können finanzwirtschaftliche Kennzahlen, Geschäftsprozesse, Produktionskosten oder Kundenzufriedenheit sein. Beispielsweise aber auch in der IT Effizienz oder Stabilität (technisches Benchmarking) oder im Personalwesen Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität. Hier konzentrieren wir uns auf das im Controlling-Kontext besonders relevante finanzwirtschaftliche Benchmarking.
Dafür empfiehlt sich – zumindest im ersten Schritt – die Auswahl einiger weniger, dafür aber wirklich aussagekräftiger Kennzahlen. Vorteilhaft ist, wenn man Kennzahlen für das Benchmarking zu Rate zieht, die erfolgskritische Faktoren abbilden und zusammen das Geschäftsmodell möglichst ganzheitlich erfassen. Im Kontext der grundsätzlichen Standortbestimmung, Risikofrüherkennung, Planungsindikation oder Potenzialidentifikation haben sich drei Kennzahlen als besonders wesentlich, erfolgskritisch und benchmark-tauglich erwiesen.
- Performance-Korridor: Verhältnis von Personalkosten zu Rohertrag – um die leistungswirtschaftliche Performance einzuordnen,
- Cash Conversion Cycle (CCC) – zur Einordnung der Liquiditätsausstattung sowie Working-Capital-Bindung,
- Return on Capital Employed – zur Bewertung der Ertragssituation.
Performance-Korridor – Das Maß für angemessenen Personaleinsatz
Zwei zentrale Größen aus der Gewinn- und Verlustrechnung, die sich aus Controlling-Perspektive hervortun, sind die Rohertragsquote und die Personalkostenquote. Beide eignen sich hervorragend für Benchmarking. Die Rohertragsquote erlaubt Rückschlüsse auf Aspekte wie Preisgestaltung, Einkaufseffizienz und Wertschöpfungstiefe. Sie steht in engem Zusammenhang mit der Personalkostenquote, da eine höhere Wertschöpfungstiefe in der Regel auch mit einem höheren Bedarf an qualifiziertem Personal einhergeht. Dennoch werden diese Kennzahlen in der Praxis häufig getrennt voneinander und zu selten als Referenzgrößen betrachtet – ein Fehler, da ihre Aussagekraft erst im Verhältnis zueinander wirklich relevant wird.
Für ein Benchmarking besonders geeignet ist die Personalkosteneffizienz: Wie viel Personalaufwand ist notwendig, um einen Euro Rohertrag zu erzielen? Es lässt sich nachweisen, dass Unternehmen, die darauf achten, ein gesundes Verhältnis zwischen Personal- und Rohertragskosten zu bewahren, typischerweise wirtschaftlich erfolgreicher sind. Dieses Verhältnis zueinander bezeichnet man als den sogenannten Performance-Korridor. Unternehmen, die diesen Korridor nach unten verlassen, schaffen es statistisch nur noch in Ausnahmefällen, eine branchenübliche Rendite zu erzielen. Das Benchmarking anhand dieser Kennzahl empfiehlt sich demnach unbedingt.
Cash Conversion Cycle – Ein Schlüsselindikator für Liquidität und Effizienz
Der Cash Conversion Cycle (CCC), auch als Geldumschlagsdauer bezeichnet, sollte eine zentrale Kennzahl in jedem Benchmarking sein und dient der Bewertung der Effizienz eines Unternehmens im Umgang mit seinen Geldmitteln. Konkret misst der CCC die Zeitspanne, in der liquide Mittel im operativen Geschäftsprozess gebunden sind – also die Dauer vom Zahlungsausgang für Materialien (manchmal auch Auftragseingang/gebuchtem Umsatz) bis zum Zahlungseingang aus dem Verkauf der daraus gefertigten Produkte:
CCC = Lagerdauer + Debitorenlaufzeit − Kreditorenlaufzeit
- Lagerdauer (auch »Days Inventory Outstanding«): Zeit, die Materialien und Produkte durchschnittlich im Lager liegen.
- Debitorenlaufzeit (auch »Days Sales Outstanding«): Durchschnittliche Zeit, die Kun¬den benötigen, um ihre Rechnungen zu begleichen.
- Kreditorenlaufzeit (auch »Days Payables Outstanding«): Durchschnittliche Frist, die das Unternehmen nutzt, um seine Lieferanten zu bezahlen.
Je kürzer der CCC, desto schneller fließt Geld zurück ins Unternehmen – ein Zeichen für einen effizienten Geschäftsprozess. Ein negativer CCC bedeutet sogar, dass das Unternehmen seine Lieferanten später bezahlt, als es selbst Zahlungen von Kunden erhält (Vorfinanzierung durch Lieferanten) – ein starker Indikator für Verhandlungsmacht und gute Liquiditätssteuerung.
Der CCC, als Kennzahl im Benchmark verwendet, bietet darüber hinaus konkrete Einblicke in mehrere unternehmerischen Fragestellungen:
- Wie effizient ist die Produktion?
Eine kurze Lagerdauer spricht für schlanke Prozesse und wenig Kapitalbindung. - Wie gut ist das Lagermanagement organisiert?
Optimale Bestände reduzieren die Lagerkosten und verbessern den CCC. - Wie kundenfreundlich, aber auch risikobewusst sind die Zahlungsziele?
Eine zu lange Debitorenlaufzeit kann Liquidität gefährden. - Wie wird das Unternehmen von Lieferanten eingeschätzt?
Lange Zahlungsfristen deuten auf eine starke Verhandlungsposition hin.
Return on Capital Employed – Lohnt sich der Kapitaleinsatz?
Neben dem Performance-Korridor und dem CCC bietet der Return on Capital Employed (ROCE) eine ganzheitliche Sicht auf die Leistungsfähigkeit eines Geschäftsmodells und bildet damit die perfekte dritte Dimension eines finanzwirtschaftlichen Benchmarks ab. Während der Performance-Korridor die klassische Ergebnisperformance beleuchtet und der CCC die Effizienz im operativen Kapitalbindungskreislauf widerspiegelt, verbindet der ROCE beide Perspektiven: Er misst die Gesamtperformance des eingesetzten Kapitals – operativ wie strukturell.
ROCE = EBIT : eingesetztes Kapital
Dabei steht das eingesetzte Kapital für das operativ notwendige Kapital, also das zur Ausführung des Geschäftsmodells zwingend benötigte Vermögen. In der einfachsten Form setzt es sich zusammen aus dem Anlagevermögen (z. B. Maschinen, Produktionsanlagen) und dem Working Capital (Forderungen + Vorräte – Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen).
Der ROCE zeigt, wie rentabel ein Unternehmen, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Kapital wirtschaftet. Anders formuliert: Er gibt Auskunft darüber, ob und in welchem Maß sich der Kapitaleinsatz tatsächlich lohnt – unabhängig von bloßen Gewinnkennzahlen. Zeigt sich im Benchmarking, dass ein hoher ROCE selten bis nie erreicht wird, sollte dies die unangenehme Trigger-Frage auslösen, ob das nötige Kapital im betrachteten Unternehmen überhaupt sinnvoll allokiert ist.
In der Praxis zeigt sich oft ein Missverhältnis zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Unternehmensperformance: Manche Unternehmen weisen hohe Gewinnmargen auf, binden jedoch unverhältnismäßig viel Kapital – beispielsweise durch ineffiziente Prozesse, überdimensionierte Strukturen oder schlechte Lagerhaltung. In solchen Fällen signalisiert ROCE-Benchmarking eine verzerrte Kapitalrendite und erlaubt eine objektivere Einschätzung der Geschäftsmodellqualität, insbesondere im Vergleich mit geeigneten Peers.
Der Autor
Janis Steinfort ist Partner bei der Unternehmensberatung Struktur Management Partner und berät mittelständische Unternehmen in anspruchsvollen Transformationsphasen und verantwortet den Bereich Data Analytics.
Hinweis
Der Text ist ein Auszug aus dem Beitrag „Benchmarking als Kompass und Korrektiv in Krisen und Transformationen“ von Jannis Steinfort in dem Buch „ Controlling und Management von Transformationen und Turnarounds" von Ronald Gleich, Kim Louisa Dillenberger, Hans-Joachim Grabow, Ivan Bilic Nosic und Chris Tolnai, erschienen 2025 bei Haufe.
Siehe auch: Die 6 häufigsten Stolpersteine bei Transformationen und Change-Projekten
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